Durch eine Änderung des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes (LStVG) zum 1.8.2013 ist es den Gemeinden nun möglich, das Mitführen und den Verzehr von alkoholischen Getränken in den Nachtstunden zu regulieren.
Die Gemeinden können durch Verordnung auf bestimmten öffentlichen Flächen außerhalb von Gebäuden und genehmigten Freischankflächen den Verzehr alkoholischer Getränke in der Zeit von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr verbieten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass dort auf Grund übermäßigen Alkoholkonsums regelmäßig Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung oder Straftaten begangen werden. In dieser Verordnung können die Gemeinden auch das Mitführen alkoholischer Getränke an den in der Verordnung bezeichneten Orten verbieten, wenn die Getränke den Umständen nach zum dortigen Verzehr bestimmt sind.
Zur Beurteilung können polizeiliche Statistiken und Untersuchungen über das Alkoholkonsumverhalten und die Begehung alkoholbedingter Ordnungswidrigkeiten sowie alkoholbedingter Straftaten im räumlichen Geltungsbereich der Verordnung im Vergleich zu den übrigen Teilen des Gemeindegebiets herangezogen werden.
Die Verordnungen sind auf längstens vier Jahre zu befristen.
Die Polizeiinspektion Aschaffenburg wurde zu einem Verordnungsentwurf angehört und nahm dazu mit Schreiben vom 19.8.2013 auszugsweise wie folgt Stellung:
„1. Grundsächliche Einordnung:
Die Polizeiinspektion Aschaffenburg begrüßt den geplanten Erlass einer Verordnung zur Reglementierung des Alkoholkonsums auf öffentlichen Flächen im Innenstadtbereich von Aschaffenburg. Vor dem Hintergrund der zahlreichen alkoholbedingten Sicherheitsstörungen im öffentlichen Bereich, die in besonders kritischer Quantität und Qualität zur Nachtzeit begangen werden, ist die geplante Regelung ein weiterer Baustein zur Bekämpfung von Sicherheitsstörungen in der Innenstadt. Gleichwohl wird abzuwarten sein, inwieweit die Beschränkung auf die Nachtzeit noch zu den gewünschten Wirkungen führt.
2. Räumlicher Geltungsbereich:
Der räumliche Geltungsbereich umfasst in der Betrachtung unter Sicherheitsaspekten die Quartiere
-Hauptbahnhofgelände inkl. Dammer-Tor-Carré
-Fußgängerzone
-Schöntal und Großmutterwiese
-Oberstadt
-Diskothekenviertel um die Bodelschwingh- und Elisenstraße.
2.1 Begründung:
In der polizeilichen Betrachtung der Sicherheitslage zeigt sich der beschriebene Bereich weitgehend als kriminalgeografische Einheit, für den dann auch einheitliche Regelungen zum öffentlichen Leben gelten sollten.
Die für gegenständliche Frage nächtlicher (22.00 Uhr bis 06.00 Uhr) Sicherheitsstörungen spezifischen Kriterien der Betrachtung liegen in den typischen alkoholbedingten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, die wesentlich aus den infrastrukturellen Besonderheiten des Bereiches resultieren. Zu nennen sind hier vorwiegend
? die hohe Konzentration der Gaststättenbetriebe
? die Attraktivität der betreffenden Örtlichkeiten für den Unterhaltungsbereich an sich
? die Möglichkeit zur Versorgung mit Speisen und alkoholischen Getränken durch Imbisslokale oder Tankstellen sowie
? die ÖPNV-Haltestellen und Taxistände.
Über dieses Gebiet erstrecken sich dann auch relativ gleichmäßig die nächtlichen Sicherheitsstörungen. Sowohl langjährige Erfahrungen der PI Aschaffenburg als auch eine aktuelle Erhebung für die Nachtzeit (22.00 Uhr bis 06.00 Uhr) der letzten 12 Monate vom 01.07.2012 bis 30.06.2013 belegen diesen Befund. Die diesbezügliche grafische Aufbereitung liegt als Anlage diesem Schreiben bei. Die roten Punkte symbolisieren die örtliche Verteilung der 342 registrierten Straftaten zur Nachtzeit in den genannten 12 Monaten. Das sind 42,2 Prozent der in diesem Zeitraum insgesamt, also rund um die Uhr begangenen 811 Straftaten.
Vergleichbar zeigt sich die Relation bei den Ordnungswidrigkeiten und sonstigen Sicherheitsstörungen. 126 sind zur Nachtzeit festzustellen, was einem Prozentanteil von 41,7 bei insgesamt 302 Sachverhalten rund um die Uhr gleichkommt.
Letztere sind aus Gründen der Übersichtlichkeit in der Grafik nicht dargestellt, verteilen sich aber ebenfalls im gesamten Innenstadtbereich.
2.2 Beibehaltung der Toleranzzone „Perth-Inch“
Einer besonderen Betrachtung bedürfen die Mainuferwiesen – Perth-Inch. Aufgrund der gewachsenen Nutzungsstruktur des Perth-Inch als Erholungsfläche – auf der Alkoholkonsum durchaus üblich ist – ist keine Akzeptanz für ein Alkoholverbot ab 22.00 Uhr zu erwarten. Dies dürfte sowohl für die Nutzerklientel an sich gelten aber auch für die Öffentlichkeit insgesamt. Letztendlich wäre damit auch die Frage der Durchsetzbarkeit des Verbotes problembehaftet.
Darüber hinaus ist eine gewisse räumliche Entfernung von der Innenstadt und aufgrund des Grünanlagencharakters eine strukturell andersartige Nutzung vorhanden, wodurch sich die negativen Folgen alkoholbedingter Störungen nicht unmittelbar in das Innenstadtgebiet auswirken. Und schließlich kann dieser Bereich durchaus als Ventil- und Ausweichfunktion für die eigentliche Zielgruppe des Alkoholverbots wirken.“
Bei den letzten Sitzungen des „Runden Tisches“ zur Sperrzeitproblematik wurde die beabsichtigte Gesetzesänderung von allen Seiten begrüßt. Während sich der Alkoholkonsum in den Gaststätten auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen nach dem Gaststättengesetz regeln lässt, ist die bisherige Bestimmung des „Verbots des Niederlassens zum Alkoholkonsum“ für den Konsum außerhalb von Gaststätten nicht ausreichend. Die Vollzugshinweise für den Erwerb von Alkohol an Tankstellen wurden wieder gelockert. Die örtliche Gastronomie ist durch die Verordnung nicht betroffen, da die Verordnung nicht für genehmigte Freischankflächen gilt.
Zum räumlichen Geltungsbereich der Verordnung ist noch folgendes zu erwähnen:
1.Großmutterwiese:
Die Großmutterwiese sollte vom Geltungsbereich mit erfasst werden, da zu befürchten ist, dass sie als Ausweichfläche dienen wird. Zudem gab es dort bereits Probleme mit alkoholtrinkenden Personen.
2. Bereich Ernsthofstraße/ Deschstraße/Hohenzollernring:
Vom Geltungsbereich der Verordnung mit umfasst werden sollte die Grünanlage Breslauer Platz sowie das Gebiet um die Herz-Jesu-Kirche. Dort wurden wiederholt alkoholtrinkende Personen festgestellt.
3. Mainufer:
Dem Vorschlag der Polizei folgend (s. 2.2) sollte der Perth-Inch vom Geltungsbereich der Verordnung ausgenommen werden. Auch der Bereich um das Theoderichstor sollte davon ausgenommen werden. Dort besteht seit mehreren Jahren eine kleinere Szene mit alkoholtrinkenden Personen, die dort geduldet werden und auf diese Weise die Innenstadt nicht mehr aufsuchen.
Der Spielplatz am Kapuzinerplatz sollte vom Verbot mit umfasst werden, da dort wiederholt alkoholtrinkende Personen festgestellt wurden.
4.Bereich Dammer Tor-Carre, Bahnhof Nord:
Es liegen Beschwerden über alkoholtrinkende Personen in folgenden Bereichen vor:
-St. Josefs-Apotheke,
-Spielplatz an der Dammer Straße.
Auch die Parkplätze der dort ansässigen Discount-Märkte sollten in das Verbot mit aufgenommen werden, da zu befürchten ist, dass diese als Ausweichflächen genutzt werden könnten.
Ausnahmen vom Verbot (Art. 3 des Verordnungsentwurfs):
In Hinblick darauf, dass der von der Verordnung erfasste Bereich auch als Veranstaltungsfläche dient (z. B. Stadtfest, Museumsnacht, Faschingsumzug etc.) sollte die Option offen gehalten werden, Ausnahmen von dem Verbot zuzulassen.
ENTWURF
Gesetz über das Landesstrafrecht und das Verordnungsrecht auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (Bayer. Landesstraf- und Verordnungsgesetz – LStVG);
Verordnung der Stadt Aschaffenburg über das Verbot des Mitführens und des Verzehrs alkoholischer Getränke auf öffentlichen Flächen (Alkoholverordnung)
vom ……….
Die Stadt Aschaffenburg erlässt auf Grund von Art. 30 Bayer. Landesstraf- und Verordnungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 13.12.1982 (BayRS 2011-2-1), zuletzt geändert durch Gesetz vom 08.07.2013 (GVBl. 2013 S. 403) folgende
Verordnung:
Art. 1 Gegenstand, räumlicher und zeitlicher Geltungsbereich:
(1) Die Verordnung regelt das Mitführen und den Verzehr alkoholischer Getränke im Stadtgebiet von Aschaffenburg auf bestimmten öffentlichen Flächen außerhalb von Gebäuden und genehmigten Freischankflächen täglich in der Zeit von 22.00 – 6.00 Uhr. Unter öffentliche Flächen fallen insbesondere die dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen, Wege und Plätze im Sinn des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes (z. B. Fußgängerzonen) sowie sonstige im Eigentum der öffentlichen Hand stehende Flächen, die öffentlich zugänglich sind. Darüber werden auch im Privateigentum stehende Flächen, soweit sie für den öffentlichen Verkehr freigegeben sind (z. B. Tankstellen), von dieser Verordnung erfasst.
(2) Der räumliche Geltungsbereich der Verordnung ist in dem beigefügten Plan rot markiert und jeweils mit einer durchgezogenen roten Linie umgrenzt. Er gilt für folgende Bereiche:
1 = Bereich Hauptbahnhof
2 = Bereich Diskoquartier
3 = Bereich Oberstadt
4 = Bereich Fußgängerzone
5 = Bereich der Stadtparks
6 = Bereich City-Galerie.
Der Plan ist Bestandteil dieser Verordnung.
(3) Soweit durch andere Bestimmungen das Mitführen oder der Verzehr von Alkohol reglementiert wird, bleiben diese Bestimmungen von dieser Verordnung unberührt.
Art. 2 Verzehr und Mitführen alkoholischer Getränke:
(1) Im räumlichen Geltungsbereich dieser Verordnung ist der Verzehr alkoholischer Getränke zu den in Art. 1 Abs. 1 dieser Verordnung genannten Zeiten verboten.
(2) Im räumlichen Geltungsbereich dieser Verordnung ist das Mitführen alkoholischer Getränke zu den in Art. 1 Abs. 1 dieser Verordnung genannten Zeiten verboten, wenn die Getränke den Umständen nach zum sofortigen Verzehr bestimmt sind.
Art. 3 Ausnahmen:
Aufgrund besonderer Anlässe kann die Stadt Aschaffenburg von den Verboten nach Art. 2 Ausnahmen zulassen.
Art. 4 Ordnungswidrigkeiten:
Gem. Art. 30 Abs. 3 LStVG kann mit Geldbuße belegt werden, wer dieser Verordnung zuwiderhandelt.
Art. 5 Inkrafttreten und Geltungsdauer:
(1) Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer amtlichen Bekanntmachung in Kraft.
(2) Die Geltungsdauer dieser Verordnung beträgt vier Jahre.
Aschaffenburg, ………..
Stadt Aschaffenburg
Klaus Herzog
Oberbürgermeister
Anlage