Der Bebauungsplan des Gewerbegebietes (GE) Nilkheim wurde im Jahr 1985 (01.03.) in Kraft gesetzt. Er enthält kanaltechnisch wesentliche Aussagen über die mögliche Flächenversiegelung (GRZ = 0,8) sowie über die zu wählende Entwässerungsart. Dabei gibt der Bebauungsplan für das GE Nilkheim die Anlage eines Trennsystems vor (basierend auf einem kleineren Gewerbegebiet an dieser Stelle, das bereits im Trennsystem entwässert war). Dieses Trennsystem wurde zunächst nicht realisiert, die Entwässerung wurde im Mischsystem aufgebaut. Auch das in diesem Mischsystem vorgesehene Regenrückhaltebecken in der Großostheimer Straße wurde bisher nicht realisiert.
Ein teilweises Trennungssystem macht im GE Nilkheim aus heutiger Sicht durchaus Sinn, muss doch das gesamte Abwasser des GE über eine Pumpstation in das Ortsnetz Nilkheim übergeleitet werden (um von dort aus über Leider und ein weiteres Pumpwerk am Main zur Kläranlage zu gelangen), was mit erheblichen Pumpkosten einhergeht. Bei Regenereignissen findet an dieser Pumpstation, wie im Mischsystem üblich, ein Abschlag in den Vorfluter Main statt. Es wird nur ein kleiner Teil des dann anfallenden Mischwassers weiter ins Ortsnetz Nilkheim gepumpt. Das hier eigentlich vorgesehene RÜB, das, wie bereits ausgeführt, bislang nicht realisiert wurde, ist nach der neuen SMUSI-Überrechnung (SMUSI = Schmutzfrachtsimulationsmodell) des Stadtgebietes, bei Installation eines teilweisen Trennsystems im GE Nilkheim, verzichtbar).
Das Wasserhaushaltsgesetz WHG fordert in seiner neuestens Fassung von 2010 grundsätzlich die Prüfung, ob bei neuen Baugebieten und auch bei großen Einzelbauvorhaben ein Trennsystem realisierbar ist, eine Forderung, die im wesentlichen aus der europäischen Wasserrahmenrichtlinie übernommen wurde. Dass dies Sinn macht, zeigt eine einfache Schlussfolgerung: Im Mischsystem wird prinzipiell fast sauberes Regenwasser von Dachflächen wie auch leicht verschmutztes Wasser von Verkehrsflächen im Regenfall mit häuslichem und gewerblichem Abwasser gemischt. Ein Großteil dieses Mischwassers, daher rührt der Systemname, wird dann am nächsten Regenüberlaufbecken oder am nächsten Regenüberlauf in einen Vorfluter abgeschlagen, was zu einer nicht unerheblichen Gewässerverschmutzung führt. Dem gegenüber bleiben im Trennsystem Schmutz- und Regenwasser getrennt, das saubere Regenwasser wird gesammelt und versickert oder wird in den Vorfluter abgeschlagen, Kombinationen sind dabei üblich. Das Schmutzwasser wird zur Reinigung in die Kläranlage geleitet. Die Gewässerverschmutzung wird minimiert.
Im GE Nilkheim baut die Firma Linde eine über zwei Hektar große neue Fabrikationshalle. Von deren Dachfläche fließen im Bemessungsfall (einmal in fünf Jahren) bis zu 400 l/s Regenwasser ab, alleine dieses Dach benötigt daher künftig theoretisch ein Drittel des Kanalvolumens, das in der Wailandtstraße vorgehalten wird. Bei einer weiteren Bebauung der noch vorhandenen Freiflächen im GE Nilkheim ist absehbar, dass es hier in Zukunft zu erheblichen Rück- und Überstauproblemen im vorhandenen Kanalnetz kommen wird. Verschärft wird die Situation vor Ort durch die Tatsache, dass zum einen kleinere Erweiterungen in diesem GE existieren und auch für die Zukunft (gem. FNP) geplant sind, zum anderen auch dadurch, dass die eigentlich festegesetzte Grundflächenzahl (GRZ) von 0,8 immer wieder überschritten wurde, das heißt, es wurden mehr Flächen versiegelt (und somit an den Kanal angeschlossen), als vorgesehen. Berücksichtigt man noch die Tatsache, dass die Bemessungsregen seit der Erstellung der Kanalisation im GE Nilkheim im Jahre 1985 deutlich stärker angesetzt werden (als Reaktion auf das veränderte Niederschlagsverhalten in der Region), wird deutlich, dass das vorhandene Kanalnetz an seine Grenzen stößt. Einzig und alleine die Tatsache, dass derzeit noch große Flächen im GE unbebaut sind, verhindert dort hydraulische Probleme in größerem Umfang.
Auf Grund der Tatsache, dass die Neubaufläche der Firma Linde relativ nah am Welzbach liegt und dass sich zwischen dieser Neubaufläche und dem Gewässer ein großes städtisches Grundstück befindet, das auf Grund seiner Bodenbeschaffenheit hervorragend als Versickerungsfläche geeignet ist und zudem aus dem Wasserschutzgebiet ausgespart ist, wurde eine Versickerungsfläche auf dieser Fläche geplant. Diese Planung liegt nun vor.
Die Versickerungsfläche an sich hat eine Größe von ca. 1900 m², die maximale Einstautiefe beträgt 35 cm. Das vorhandene Gelände wird entsprechend eingetieft, wobei in Absprache mit der Unteren Naturschutzbehörde die Ränder des Beckens dem Gelände und dem Bewuchs angepasst werden. Ebenso bleiben in der Fläche verschiedene größere Gehölze inselartig auf Erhöhungen erhalten. Der Boden des Versickerungsbeckens muss zur Verbesserung der Versickerungsleistung ausgetauscht werden, dabei wird eine spezielle Bodenpackung eingebracht, die den gesetzlichen Anforderungen an eine derartige Fläche gerecht wird. Die Fläche der vorhandenen Hundeschule bleibt unangetastet.
Technisch wird das Becken über einen sogenannten Quellschacht befüllt, zum Gelände der Firma Linde hin führt von diesem Quellschacht eine Leitung DN 800, die in einem Übergabeschacht neben dem benachbarten Geh- und Radweg an das firmeninterne System der Firma Linde anbindet. Die Entwässerungssysteme der Firma Linde und der Stadt sind lage- und höhenmäßig aufeinander abgestimmt. die Firma Linde hat eine dementsprechende Baugenehmigung erhalten. Erstellt werden die beiden Systeme vom jeweiligen Eigentümer, d. h. auf dem Gelände der Firma Linde von der Firma, ab dem Übergabeschacht auf der öffentlichen Fläche von der Stadt. Abgeleitet, versickert und/oder in den Welzbach eingeleitet wird nur sauberes Dachwasser der Firma Linde. Die Ableitung in den Welzbach geschieht über eine kleine Pumpstation, die dort installierten Pumpen bieten zwei Schaltungsmöglichkeiten:
a) Regenwasser wird in die Versickerungsfläche gepumpt.
b) Regenwasser wird in den Welzbach gepumpt, mit max. 10 l/s (zulässig wäre eine deutlich höhere Beaufschlagung, Ziel ist es aber über mehrere Stunden einen gleichmäßigen Wasserstrom in den Welzbach zur Wasseranreicherung dort einzuleiten, vor allem in den Sommermonaten)
Die Pumpenanlage dient dabei im Regelfall nur zum Leerpumpen der Transportleitung DN 800 (Inhalt ca. 160 m³). Wasser, das schon im Versickerungsbecken steht, wird nicht mehr weitergepumpt. Das Becken nimmt bei einem fünfjährigen Regenereignis ca. 600 - 700 m³ Wasser auf, bei kleineren Ereignissen entsprechend weniger. Bei einer Vielzahl von kleinen Regenereignissen wird das Versickerungsbecken überhaupt nicht beaufschlagt, es wird lediglich die Transportleitung leer gepumpt (in den Welzbach).
Die Anlage ist mit den zuständigen Wasserbehörden rechtlich abgestimmt, eine Plangenehmigung (durch die Untere Wasserbehörde und das Wasserwirtschaftsamt) für die Errichtung und den Betrieb der Anlage liegt vor. Verwaltungsintern ist die Anlage ebenfalls abgestimmt, mit der Firma Linde wurde der Planungsprozess eingehend abgestimmt, auf die Belange der Firma wurde Rücksicht genommen. Die Werksplanung für das Lindegelände und die städtische Planung gehen nahtlos ineinander über.
Die Anlage ist auch im Hinblick auf ein mögliches Gewerbegebiet an der Kompostanlage (im neuen Flächennutzungsplanentwurf enthalten) so konzipiert, dass die Dachflächenwässer der dort vielleicht entstehenden Industriebauten über dieses Becken versickert und/oder abgeleitet werden können. Dieses mögliche Gewerbegebiet kann nur im Trennsystem entwässert werden, die vorhandene Kanalisation in der Schippnerstraße und der Wailandtstraße hat für dieses GE bei einer Mischwasserentwässerung keine Reserven mehr (es sei denn man würde die Kanalisation in den genannten Straßen über ca. 2,0 km Länge vergrößern und das Becken an der Großostheimer Straße bauen, beides Millionenprojekte). Die nun gefundene Lösung ist dagegen kostengünstig und entlastet zudem die Umwelt. Eine derzeit in der Schippnerstraße entstehende große Werkshalle, die auch von der Firma Linde genutzt wird (Dachfläche ca. 1 ha), ist bereits über die Baugenehmigung so konzipiert worden, dass, sollte eines Tages eine Regenwasserzuleitung von dem genannten möglichen Gewerbegebiet an das nun geplante Becken realisiert werden, diese Halle über einen bereits erstellten Anschluss bezüglich des Dachwassers nachträglich auf dieses Becken umgebunden werden kann. Die Kanalisation in der Schippnerstraße würde dadurch künftig nachhaltig entlastet.
Die Verwaltung bittet um Zustimmung zur Realisierung der vorgestellten Planung. Die reinen Baukosten (inkl. Pumpen und Technik) sind mit ca. 313.000.- Euro brutto berechnet worden, die bereits durchgeführte Ausschreibung ergab ein günstigeres Angebot mit ca. 287.000.- Euro brutto. Hinzu kommen noch die baulichen Nebenkosten (örtliche Bauleitung etc.), die mit ca. 10 % der Bausumme anzusetzen sind, so dass Gesamterstellungskosten in Höhe von ca. 315.000.- Euro brutto erwartet werden.