Verlängerung der Jagdpachtverträge für die städtischen Eigenjagdreviere; - Antrag der SPD-Stadtratsfraktion vom 14.11.2014 - Antrag der Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 17.11.2014


Daten angezeigt aus Sitzung:  19. Sitzung des Stadtrates (Plenum), 15.12.2014

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Stadtrat (Plenum) 19. Sitzung des Stadtrates (Plenum) 15.12.2014 ö Beschließend 10pl/19/10/14

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

A.        Istsituation
Die Stadt Aschaffenburg ist als Eigentümerin zusammenhängender land-, forst- oder fischereiwirt-schaftlicher Flächen Inhaberin des Jagdrechtes über insgesamt sechs sogenannte Eigenjagdbezirke. Fünf davon befinden sich im Stadtgebiet. Einer (Hohe Warte) liegt auf außermärkischem Gebiet. Ein weiterer Eigenjagdbezirk im Bereich des Wasserwerks steht im Eigentum der Aschaffenburger Versorgungs GmbH und wird demzufolge durch die AVG verwaltet.
Die städtischen Eigenjagdreviere weisen nachfolgende Größen auf:

Revier
Fläche
Hohe Warte
468 ha
Aschaffenburg-Nord (Strietwald)
260 ha
Schweinheim
459 ha
Aschaffenburg-Ost (Büchelberg)
190 ha
Obernau
250 ha
Gailbach
378 ha

In vier der sechs Eigenjagdbezirke hat die Stadt zurzeit das Jagdausübungsrecht im Wege der Jagdpacht an Dritte übertragen.
In den übrigen zwei Jagdrevieren (Hohe Warte, Obernau) hat die Stadt – vertreten durch ihre drei Förster – das Jagdrecht selbst wahrgenommen. Die tatsächliche Jagdausübung erfolgt durch Jäger, die nicht städtische Förster sind. Hierfür gibt das Forstamt sogenannte Begehungsscheine aus (z. Zt. Obernau 3, Hohe Warte 6). Die Vergütung für die Begehungsscheine orientiert sich an den staatlichen Vergütungsregelungen. Das Wild ist gesondert zu bezahlen.
Die bestehenden Jagdpachtverträge laufen zum 31.3.2015 aus. Alle Jagdpächter haben einen Antrag auf Verlängerung des Jagdpachtvertrages um neun Jahre gestellt.

B.        Rechtslage
I.        Inhalt des Jagdrechts
Das Jagdrecht ist die ausschließliche Befugnis auf einem bestimmten Gebiet wildlebende Tiere, die dem Jagdrecht unterliegen (Wild) zu hegen, auf sie die Jagd auszuüben und sie sich anzueignen. Mit dem Jagdrecht ist auch die Pflicht zur Hege verbunden (§ 1 Abs. 1 BJagdG).

II.        Entscheidungsmöglichkeiten der Stadt
Nach § 7 BJagdG ist in einem Eigenjagdbezirk der Grundstückseigentümer jagdausübungsberechtigt. Das Jagdrecht ist untrennbar mit dem Eigentum an Grund und Boden verbunden (§ 3 Abs. 1 S. 2 BJagdG). In Bayern wurde durch Art. 7 Abs. 1 BayJG festgelegt, dass derjenige, der jagdausübungsberechtigt ist, auch zur Ausübung der Jagd verpflichtet ist. Handelt es sich beim Grundstückseigentümer um eine juristische Person, so hat diese juristische Person eine oder mehrere jagdpachtfähige Personen zu benennen, wenn die Jagd nicht durch Verpachtung ausgeübt werden soll (Art. 7 Abs. 2 S. 1 BayJG). Benannt werden müssen jagdpachtfähige Personen, d. h. grundsätzlich nur natürliche Personen, die einen Jagdschein besitzen (§ 11 Abs. 5 BJagdG). Aufgrund von Art. 14 Abs. 3 BayJG muss jedoch juristischen Personen des öffentlichen Rechts die Jagdpachtfähigkeit zuerkannt werden, soweit sie Inhaber von Eigenjagdrevieren sind. Die Stadt Aschaffenburg hat demzufolge zwei Möglichkeiten ihrer Jagdausübungspflicht gerecht zu werden:
       durch angestellte Jäger (sogenannte Regiejagd) oder
       durch Verpachtung im Sinne des § 11 BJagdG i. V. m. Art. 14 ff. BayJG
In dem Fall, in dem die Stadt Aschaffenburg selbst das Jagdrecht ausübt, bedient sie sich der städtischen Förster. Sie benötigen keinen Jagderlaubnisschein. Ausreichend ist der Anstellungsvertrag (Art. 17 Abs. 5 BayJG). Nach Art. 7 Abs. 1 S. 2 BayJG ist auf diesen Flächen die Stadt Aschaffenburg der nach außen verantwortliche Revierinhaber. Ist das Jagdrevier verpachtet, liegt die Verantwortung beim Pächter als Revierinhaber. Neben ihm kann der Verpächter nicht verantwortlich gemacht werden. Das Jagdrecht ist gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 BJagdG nicht teilbar. Ein Verstoß gegen den Grundsatz führt zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages (BGH, Urt. v. 4.7.1991, Az. III ZR 101/90). Ein Jagdrevier kann also nur ganz oder gar nicht verpachtet werden.

C.        Alternativen Verpachtung oder Regiejagd
Die Frage, ob die Bejagung einer Eigenjagdfläche im Wege der Verpachtung oder der Regiejagd sinnvoller ist, löst regelmäßig größere Diskussionen aus. Üblicherweise werden für den jeweiligen Standpunkt die nachfolgenden Argumente verwendet:
Der Vorteil der Regiejagd soll darin liegen, dass
       der Grundstückseigentümer dabei in vollem Umfang die Kontrolle über die ordnungsgemäße Jagdausübung hat,
       über Begehungsscheine – je nach Handhabung - einer größeren Anzahl von Bürgern eine Jagdausübungsmöglichkeit gegeben wird,
       und dass bei der so genannten Regiejagd durch eigenes Personal der Wildschaden durch Verbiss faktisch geringer ist als bei Verpachtungsfällen .




Der Vorteil der Verpachtung soll darin liegen, dass der Grundstückseigentümer
       für die ordnungsgemäße Jagdausübung nicht mehr in der Verantwortung nach außen steht,
       er nicht für Wildschäden bei Dritten einzustehen hat bzw. Wildschäden an eigenen Vermö-gensgegenständen ersetzt bekommt  (wird bei Waldschäden aufgrund von Berechnungsproblemen allerdings normalerweise nicht geltend gemacht) und
       dass Personalkapazitäten nicht für Jagdangelegenheiten gebunden sind.
Der Freistaat Bayern hat rund 20 % seiner Waldflächen verpachtet. Die Bayerischen Staatsforsten verpachten grundsätzlich nur Flächen, die waldbaulich unproblematisch sind. Waldbaulich sensible Bereiche oder Schutzwaldlagen sind grundsätzlich von einer Verpachtung ausgeschlossen. In den „Grundsätzen für die Jagd im bayerischen Staatswald“ (Stand 1.11.2011) ist u. a. Folgendes ausgeführt:
„Der Wald schützt uns vor Lawinen, Hochwasser und Erosion; zudem reinigt er Luft und Wasser, ist CO2-Speicher und dient den Menschen zur Erholung. Der nachhaltig produzierte Rohstoff Holz wird von der Gesellschaft in steigendem Maße nachgefragt. Gemischte, strukturreiche und damit stabile Wälder können die vielfältigen Schutz- und Nutzfunktionen bei gleichzeitig geringem Schadensrisiko langfristig am besten erfüllen. Zu einem naturnahen Waldbau, der auf Naturverjüngung sowie gemischte und stabile Waldbestände mit standortgemäßen Baumarten setzt, besteht keine Alternative. Angesichts des Klimawandels kommt hierbei den Baumarten Buche, Eiche, Edellaubholz sowie Tanne und Douglasie eine zentrale Bedeutung zu. Diese Zielsetzungen lassen sich nur erreichen, wenn wir die Jagd als wesentliches Element des Waldbaus betrachten. Die Bejagung soll sicherstellen, dass standortgemäße Verjüngung im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen aufwachsen kann. Die Gesellschaft räumt diesem Ziel eine hohe Bedeutung ein, was letztlich auch durch den im Waldgesetz für Bayern festgeschriebenen Grundsatz „Wald vor Wild“ zum Ausdruck kommt. Sowohl in ökologischer (bessere Wurzelentwicklung, höhere Stabilität) wie auch ökonomischer (geringere Pflanzen-, Pflanzungs- und ggf. Wildschutzkosten) Hinsicht stellt Naturverjüngung das waldbauliche Mittel der Wahl dar. Die Jagd hat deshalb im Bayerischen Staatswald eine eindeutig den naturnahen Waldbau unterstützende Funktion. Im Spannungsfeld von Ökonomie und Ökologie sowie von Wald, Wild und Gesellschaft geben sich die Bayerischen Staatsforsten klare Rahmenbedingungen, wie die Jagd ausgeübt werden soll.

Die Bayerischen Staatsforsten binden eine Vielzahl privater Jägerinnen und Jäger intensiv in die Regiejagd ein. So liegt zwischenzeitlich der Anteil des von privaten Jägerinnen und Jägern erlegten Schalenwildes bei etwa 75 Prozent. Insgesamt über 4.400 Jägerinnen und Jäger sind im Besitz einer Jagderlaubnis (Pirschbezirk) im Staatsforst. Rund 20 Prozent der Gesamtjagdfläche sind an private Jagdpächter verpachtet; waldbaulich sensible Gebiete und Schutzwälder sind dabei grundsätzlich von einer Verpachtung ausgenommen. Über die Pirschbezirke sowie die überwiegend unentgeltliche Teilnahme an Bewegungsjagden und Sammelansitzen im Staatswald beteiligen sich jährlich über 8.000 Jägerinnen und Jäger an der Jagd in den Bayerischen Staatsforsten. Dies sind knapp 20 Prozent aller bayerischen Jägerinnen und Jäger. Angesichts eines Flächenanteils des Staatswaldes von zehn Prozent an der Gesamtfläche Bayerns ein stolzer Wert.“
Die Stadtverwaltung hält das Konzept des Freistaates Bayern für überzeugend. Sie hat vor dem Hintergrund, dass auch der Stadtwald in erheblichem Umfang einer Verpflichtung zum Waldumbau unterliegt, die Eigenjagdreviere daraufhin untersucht, welche Reviere in besonderem Maße vom Waldumbau betroffen sind und damit waldbaulich sensibel sind. Im städtischen Forst sind die Eigenjagdreviere Hohe Warte, Obernau und Strietwald in besonderem Maße vom Waldumbau betroffen und sollten deshalb aus Sicht der Verwaltung nicht verpachtet werden. Unproblematisch sind die Reviere Gailbach und Aschaffenburg-Ost. Das Eigenjagdrevier Schweinheim ist lediglich im Bereich um den Erbig massiv vom Waldumbau betroffen. Hier wird eine Anpassung der Jagdreviergrenzen angestrebt.

Mit Anträgen vom 17.11.2014 haben die Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen jeweils beantragt, dass alle Eigenjagdreviere in Zukunft in Regiejagd betrieben werden und damit von einer Verpachtung abgesehen wird.

.Beschluss: 1

Dem Antrag der GRÜNE-Stadtratsfraktion vom 17.11.2014 wegen „Regiejagd in allen städtischen Jagdrevieren“ in Anlage 10 wird zugestimmt.

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 11, Dagegen: 29

Abstimmungsbemerkung:
Der Antrag ist damit abgelehnt.

.Beschluss: 2

1. Einer Verlängerung der bestehenden Pachtverträge für die Eigenjagdreviere Gailbach,
Aschaffenburg-Ost und Schweinheim ab dem 01.04.2015 wird grundsätzlich zugestimmt.

2.Die Eigenjagdreviere Hohe Warte und Obernau, sowie ab dem 01.04.2015 Strietwald werden in
Regiejagd geführt. Begehungsscheine sind vorrangig Jägern mit Wohnsitz in Aschaffenburg
einzuräumen.

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 0, Dagegen: 0

Abstimmungsbemerkung:
Mit Stimmenmehrheit so beschlossen.

Datenstand vom 01.04.2015 09:53 Uhr