Der Wohnungsmarkt in Aschaffenburg ist belastet. Für bestimmte Teilsegmente, kleine und große preiswerte Wohnungen ist der Markt schon seit einiger Zeit und mit sich verstärkender Tendenz nicht in der Lage, eine ausreichende Wohnungsmenge zur Verfügung zu stellen.
Diese Situation wird schon seit vielen Jahren dadurch verstärkt, dass geförderte Sozialwohnungen aus der sogenannten Belegungsbindung herausfallen (ca. 100 Wohnungen pro Jahr) ohne das gleichzeitig im selben Umfang neue Sozialwohnungen entstehen. Gleichzeitig nimmt die Nachfrage nach preiswertem Wohnraum jedoch insbesondere bei kleinen und großen Wohnungen überproportional zu. Dies ist der allgemeinen gesellschaftlichen Situation geschuldet (Zunahme der Haushalte und damit erhöhte Nachfrage nach Wohnungen). Die aktuelle Zuwanderungssituation durch Flüchtlinge wird dies in den nächsten Monaten und Jahren noch verstärken.
Die Entwicklung des Wohnungsbaus ist für die Mittel- und Großstädte besorgniserregend. Sie müssen daher alle Möglichkeiten ergreifen, um das Angebot an preiswerten Wohnungen kurzfristig zu erhöhen. Dies ist schwierig, da der Wohnungsbau sehr träge ist (zwischen Planungsabsicht und Einzug liegen in der Regel 1,5 bis 2 Jahre) und weil die Förderung zur Errichtung und zur Pflege des Bestandes an Sozialwohnungen eine Aufgabe von Bund und Land ist.
Zur Gewährleistung des sozialen Friedens in der Stadt und zur Gewährleistung einer angemessenen Wohnungsversorgung für alle Schichten und Nachfragegruppen muss jedoch bereits jetzt gehandelt werden. Der Stadt Aschaffenburg stehen hierfür nur wenig Möglichkeiten zur Verfügung, die allerdings nicht kurzfristig greifen (können).
Je nach Unterbringung der Stellplätze auf einem Baugrundstück ergibt sich mit einer Einschränkung der Stellplatzverpflichtung auch die Möglichkeit das direkte Wohnumfeld am Haus attraktiver zu gestalten, da auf Zufahrtswege, Zufahrtsrampen, etc. verzichtet werden kann. Damit können attraktivere wohnungsnahe Freiräume entstehen. Dies betrifft insbesondere die Qualität der Bepflanzung, da durch Erdschluss (statt auf Tiefgaragen) großvolumiges Grün insbesondere Bäume auf den Grundstücken gepflanzt werden können.
Eine schnell umsetzbare Möglichkeit ist, den Stellplatzbedarf für Sozialwohnungen zu verringern, da dies Baukosten einspart. Es wird daher vorgeschlagen, die Stellplatzsatzung zu novellieren.
Die Stadt Aschaffenburg schreibt im Rahmen der Stellplatzsatzung eine bestimmte Zahl und Qualität von Fahrrad- und KFZ-Stellplätzen vor. Die Verwaltung empfiehlt die Fahrradstellplätze zu belassen, da hier – gerade bei preiswerten Wohnungen – eher eine Zunahme des Stellplatzbedarfs festzustellen ist. Denkbar erscheint jedoch bei ausgesprochenen Sozialwohnungen die quantitative Verpflichtung von Stellplätzen zu reduzieren. Die Vorschriften zur Durchgrünung sollten im Interesse eines guten Wohnumfeldes nicht eingeschränkt werden. Schließlich ist gerade bei dichten Wohnanlagen ein besonderes Augenmerk auf ein lebenswertes Wohnumfeld geboten.
Bereits im Jahr 2014 wurde die Verpflichtung zur Anlage von Stellplätzen bei Sozialwohnungen erstmals reduziert sofern der Wohnungsbauträger sich dauerhaft dazu verpflichtet, in seiner Wohnanlage ein Car-Sharing-Angebot vorzuhalten. Von dieser Möglichkeit hat die Stadtbau Aschaffenburg im Hefner-Alteneck-Viertel Gebrauch gemacht.
Zusätzliche Vorschläge zur Reduzierung des Stellplatzbedarfs für Sozialwohnungen:
Zur Prüfung, inwieweit die Praxis der Belegung von Sozialwohnungen eine weitere Reduzierung der Stellplatzverpflichtung ermöglicht, wurde mit der Stadtbau Aschaffenburg (dem einzigen nennenswerten Anbieter von Sozialwohnungen in Aschaffenburg) deren Vermietungspraxis analysiert. Es zeigte sich, dass der Bedarf an Stellplätzen in den Gebieten, in denen Menschen mit einem Wohnungsberechtigungsschein leben, deutlich geringer ist. Die Stadtbau Aschaffenburg kann dort in der Regel nicht alle von ihr vorgehaltenen Stellplätze überhaupt vermieten und im öffentlichen Raum herrscht trotzdem zumeist kein besonderer Parkdruck. Aus diesem Grund wird vorgeschlagen, die Stellplatzsatzung wie folgt zu novellieren:
1. Unabhängig von der Wohnungsgröße wird bei ausgewiesenen Sozialwohnungen nur ein Stellplatz pro Wohnung verlangt.
Begründung: Die Sozialwohnungen sind in aller Regel nicht mit Familien belegt, in denen mehrere Personen ein großes Einkommen beziehen. Die großen Wohnungen mit einem höheren Stellplatzbedarf dienen zumeist der Unterbringung von kinderreichen Familien, bestenfalls mit einem Auto pro Familie. Es ist daher gerechtfertigt, unabhängig von der Wohnungsgröße, nur einen Stellplatz pro Wohnung zu verlangen.
2. Der Stellplatzbedarf für Sozialwohnungen wird nur auf 80 % des Sozialwohnungsbestands eines Gebäudes angewendet.
Begründung: Der soziale Wohnungsbau wird in Stadtbereichen errichtet, die für den Geschosswohnungsbau ausgelegt sowie geplant sind und verfügt daher über eine gute Versorgungsinfrastruktur. Außerdem sind die Gebiete des Geschosswohnungsbaus in Aschaffenburg immer hervorragend an den ÖPNV angebunden. Viele Mieter (die Untergrenze liegt über 20%) können sich daher ein KFZ ersparen, da sie ihre Bedürfnisse zu Fuß oder mit dem ÖPNV befriedigen können. Dieser Prozentsatz wird in den nächsten Jahren noch zunehmen, da der Anteil der älteren Menschen im sozialen Wohnungsbau ansteigen wird und gerade diese Personengruppe über geringere Einkommen verfügt und deshalb auf ein Auto verzichtet. Unabhängig von den obengenannten Gründen ist anzumerken, dass die Einschränkung der Stellplatzverpflichtung im sozialen Wohnungsbau auch ein Beitrag zum Flächensparen ist und dadurch mittelbar Baukosten eingespart werden. Schließlich können weniger Stellplätze häufig oberirdisch und damit preiswerter als in einer Tiefgarage untergebracht werden. Pro Stellplatz lassen sich etwa 20 m2 überbaute Fläche einsparen.
Weiteres Vorgehen
Die Verwaltung empfiehlt die unter 1. und 2. genannten Reduzierungen in eine Novelle der Stellplatzsatzung einzuarbeiten und diese dem Plenum zur Beschlussfassung vorzulegen.