Mit Antrag, eingegangen bei der Stadt Aschaffenburg am 20.06.2018 reichte die Bauherrin, die Firma May Bauträger GmbH eine Bauvoranfrage für die Errichtung eines Lebensmittelmarktes und eines Mehrfamilienwohnhauses mit Parkdeck auf den Grundstücken Fl. Nrn.: xxxx, Gem. Damm, Mühlstraße xxx, 63741 Aschaffenburg mit folgenden Fragestellungen ein:
- Fragen zum geplanten Lebensmittelmarkt:
- Ist ein Lebensmittelmarkt in der geplanten Bauart (Mühlstraße / Ecke Strietwaldstraße) in der geplanten Form genehmigungsfähig?
- Ist ein Markt mit einer Verkaufsfläche von 779 m² möglich?
- Ist der im Plan dargestellte Grenzabstand an der Kreuzung Mühl-/Strietwaldstraße möglich?
- Stehen dem geplanten Bauvorhaben wasserrechtliche Belange entgegen?
B Fragen zum geplanten Wohngebäude:
- Ist ein Wohngebäude mit EG/Parkdeck, 1. – 3. OG und einem Staffelgeschoss, wie dargestellt möglich?
- Darf die im Plan dargestellte, südliche Abstandsfläche die Straßenmitte der Mühlstraße überschreiten?
Die Bauvoranfrage umfasst die Errichtung eines Lebensmittelmarktes und eines Mehrfamilienwohnhauses mit Parkdeck auf den Grundstücken Fl. Nrn.: xxxx, Gem. Damm, Mühlstraße xxx, 63741 Aschaffenburg durch die Firma May Bauträger GmbH.
Das bestehende Gebäude (eingeschossiger Lebensmittelmarkt) im östlichen Bereich der Grundstücke soll abgebrochen und durch die geplante Neubebauung ersetzt werden.
Geplant ist die Errichtung eines neuen eingeschossigen Lebensmittelmarktes mit einer Verkaufsfläche von 779 m² im östlichen Bereich des Grundstückes, mit einem Randstreifen von ca. 4 – 7 m Breite an die Strietwaldstraße/Mühlstraße angrenzend. Im bisher, mit dem bestehenden Lebensmittelmarkt bebauten Bereich ist die Errichtung eines Mehrfamilienwohnhauses mit 4 Vollgeschossen, zuzüglich Staffelgeschoss geplant. Die für das Wohngebäude erforderlichen Stellplätze werden in einem Parkdeck auf Erdgeschossebene des geplanten Mehrfamilienhauses nachgewiesen. Im freien Bereich zwischen dem Wohnbauvorhaben und dem Lebensmittelmarkt sind die für den Markt nachzuweisenden Stellplätze geplant.
Die Baugrundstücke verfügen über eine Größe von insgesamt ca. 5.800 m². Die Gebäudeabmessungen des geplanten Lebensmittelmarktes liegen bei ca. 25 m x 47 m.
Die Abmessungen des Parkdecks betragen ca. 25 m x 42,4 m, des Wohngebäudes ca. 14 m x 42 m und des Staffelgeschosses ca. 8 m x 36 m. Das geplante Staffelgeschoss wird gegenüber dem 3. OG allseitig um 3 m eingerückt. Auf den nicht überbauten Flächen des Parkdecks ist eine Terrasse geplant.
Die Erschließung des Geländes soll sowohl über eine Zufahrt in der Mühlstraße, als auch über die Strietwaldstraße, ähnlich der bisherigen Erschließung erfolgen.
Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplanes Nr. 17/5 (Bebauungsplan für das Gebiet zwischen Aschaff, östlicher Begrenzung, Mühlstraße und Strietwaldstraße). Dieser setzt für das betreffende Baugebiet folgendes fest:
Baugebiet: Gewerbegebiet - GE
GRZ: 0,6
GFZ: 1,0
Zahl der Vollgeschosse: 3
Dachneigung von 0 bis 30°
offene Bauweise
Die Errichtung von Einzelhandelsbetrieben (Verkauf an Endverbraucher) ist ausgeschlossen.
Ausnahmsweise kann ein Lebensmittelfachgeschäft mit einer Geschossfläche bis 900 m² zugelassen werden, wobei die Verkaufsfläche auf 600 m² begrenzt wird.
Das Bauvorhaben ist daher grundsätzlich nach § 30 BauGB zu beurteilen, d.h. als Vorhaben innerhalb des Geltungsbereiches eines qualifizierten Bebauungsplans.
Der Bebauungsplan setzt für das Gebiet als Art der baulichen Nutzung Gewerbegebiet fest. Gemäß 8 Abs. 1 BauNVO (1977) dienen Gewerbegebiete der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben. Wohnungen sind nur für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen, sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter zulässig (§ 31 BauGB, § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO).
Die Baugrundstücke liegen außerhalb der Neufestsetzung des Überschwemmungsbereiches der Aschaff. Ein gesondertes wasserrechtliches Verfahren ist daher nicht durchzuführen. Im Rahmen eines noch durchzuführenden Baugenehmigungsverfahrens ist allerdings über eine evtl. noch notwendige Anlagengenehmigung nach Art. 20 BayWG i. V.m. § 36 WHG zu entscheiden, da sich das Bauvorhaben im 60-m-Bereich der Aschaff befindet. Hiernach sind Anlagen an oberirdischen Gewässern so zu errichten, zu betreiben und zu unterhalten, dass keine schädlichen Gewässerveränderungen zu erwarten sind und die Gewässerunterhaltung nicht mehr erschwert wird, als es den Umständen nach unvermeidbar ist. Der Nachweis ist im Baugenehmigungsverfahren zu führen.
Feststellungen zum Lebensmittelmarkt:
Ein Lebensmittelmarkt ist in Gewerbegebieten als nicht erheblich belästigender Gewerbebetrieb aller Art allgemein zulässig (§ 6 Abs. 2 Nr. BauNVO 1977). Der geplante Lebensmittelmarkt überschreitet mit einer geplanten Verkaufsfläche von 779 m² allerdings die Festsetzungen des Bebauungsplanes, welcher eine maximal zulässige Verkaufsfläche von 600 m² vorsieht.
Als großflächig i. S .d. § 11 Abs. 3 BauNVO 1977 gelten Handelsbetriebe nach herrschender Meinung ab einer Verkaufsfläche von 1.000 m², bzw. einer Geschossfläche von 1.500 m². Bei Sortimenten des täglichen Bedarfs (Lebensmittelmärkte) wird jedoch eine Verkaufsfläche ab ca. 700 bis 800 m² als raumbedeutsam angenommen. Der Verband des Lebensmitteleinzelhandels geht aktuell von einem Schwellenwert von 900 m² für die Regelvermutung der Großflächigkeit aus. Mit der geplanten Verkaufsfläche von 779 m² bewegt sich der geplante Lebensmittelmarkt noch knapp unterhalb des Schwellenwertes für raumbedeutsam angenommene Verkaufsflächen.
In vorliegendem Fall ist trotz der formalen Überschreitung der maximal zulässigen Verkaufsfläche durch den geplanten Lebensmittelmarkt mit keinen negativen Auswirkungen auf die raumordnerische und städtebauliche Entwicklung und Ordnung zu rechnen, da
- der Standort des Lebensmittelmarktes städtebaulich in einen Siedlungszusammenhang mit wesentlichen Wohnanteilen integriert ist,
- er zu einer wohnort- und verbrauchernahen Versorgung beiträgt,
- eine Anbindung an den ÖPNV von hinreichender Qualität und Kapazität vorhanden ist,
- der bisher, auf diesem Grundstück betriebene und genehmigte Lebensmittelmarkt bereits über eine Verkaufsfläche von 679 m² verfügt und die Vergrößerung um 100 m² nicht wesentlich ins Gewicht fällt.
Eine Befreiung von der festgesetzten, maximal zulässigen Verkaufsfläche von 600 m² in einem Umfang von 179 m² ist städtebaulich vertretbar und kann daher erteilt werden.
Der Standort des geplanten Lebensmittelmarktes an der Mühlstraße/Ecke Strietwaldstraße liegt außerhalb der, gem. Bebauungsplan überbaubaren Flächen und innerhalb des, für die Errichtung eines Regenrückhaltebeckens vorgesehenen Bereiches. Die Fläche für das Regenrückhaltebecken wird an dieser Stelle allerdings nicht mehr benötigt. Das Baugrundstück liegt außerdem außerhalb des Überschwemmungsbereiches der Aschaff. Eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes hinsichtlich des Standortes des geplanten Lebensmittelmarktes außerhalb der festgesetzten Bauflächen mit den, in den Plänen dargestellten Maßen kann gewährt werden.
Die Befreiung ist städtebaulich vertretbar, da der geplante Markt außerhalb der neuen Überschwemmungsbereichsverlaufsgrenzen liegt und die Ecke Mühlstraße/Strietwaldstraße städteräumlich neu fasst und in Verbindung mit einer erforderlichen Begrünung auf den südlichen und östlichen Gebäudeseiten aufwertet. Die nicht überbauten Flächen, insbesondere die beiden unbebauten Randstreifen entlang der Mühlstraße und Strietwaldstraße sind stadtbildverträglich zu begrünen und mit Bäumen zu bepflanzen.
Die Festsetzungen zur maximal zulässigen Höhe, der Dachform und Dachneigung sind eingehalten.
Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens ist eine verbesserte verkehrsmäßige Erschließung für Fußgänger im nördlichen Zufahrtsbereich nachzuweisen.
Feststellungen zum Wohngebäude:
Das geplante Wohngebäude ist hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung in dem mit Bebauungsplan festgesetzten Gewerbegebiet generell nicht zulässig. Auch die Gewährung von Ausnahmen oder Befreiungen ist unzulässig, da hierdurch die Grundzüge der Planung berührt würden.
In der Sitzung des Planungs- und Verkehrssenates am 18.09.2018 wird vorgeschlagen ein Verfahren zur Aufhebung, bzw. Teilaufhebung des Bebauungsplans Nr. 17/5 (Bebauungsplan für das Gebiet zwischen Aschaff, östlicher Begrenzung, Mühlstraße und Strietwaldstraße) einzuleiten. Zur näheren Begründung wird auf die entsprechende Beschlussvorlage für die Sitzung des Planungs- und Verkehrssenates verwiesen.
Soweit der v.g. Bebauungsplan für den, von der geplanten Wohnbebauung betroffenen Grundstücksbereich rechtskräftig aufgehoben werden sollte, wäre das Vorhaben als sog. Innenbereichsvorhaben nach § 34 BauGB zu beurteilen. Die Zulässigkeit des Vorhabens wäre auf dieser Grundlage neu zu prüfen.
Hinsichtlich der – im Baugenehmigungsverfahren - nachzuweisenden KFZ-Stellplätze und Fahrradabstellplätze sind die Regelungen der städtischen Garagen-, Stellplatz- und Abstellplatzsatzung zu beachten.
Dem Umwelt- und Verwaltungssenat wird die Zustimmung zur Erteilung des beantragten Bauvorbescheides mit den im Beschlusstext ausgeführten Antwortformulierungen vorgeschlagen.