Per Vereinbarung vom 16.06.2008 zwischen der Stadt Aschaffenburg und dem Polizeipräsidium Unterfranken wurde das Ordnungs- und Straßenverkehrsamt, Sachgebiet Straßenverkehrswesen für die Zeit ab 01.07.2008 mit der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten im ruhenden Verkehr beauftragt.
Bei den heutigen Verkehrszahlen und der wachsenden Raumnot im öffentlichen Raum kommt einer Verkehrsüberwachung aus Sicherheits- und auch Ordnungsgründen immer mehr Bedeutung zu und stellt ein Massengeschäft dar. Zeitgleich besteht die Maßgabe festgestellte Verstöße konsequent und gerecht zu ahnden, um den Verkehr sicher und flüssig zu halten und den Verkehrsteilnehmer zur Einhaltung der Verkehrsregeln zu animieren. Es ist also wichtig die Durchführung des gesamten Verfahrens von Seiten der zuständigen Behörden zu garantieren.
Das war seit dem Einstieg in die Verkehrsüberwachung bezogen auf die Kernverwaltung der Stadt Aschaffenburg nur bedingt möglich. Daher hat man auf die Einrichtung einer Bußgeldstelle für Verkehrsordnungswidrigkeiten im ruhenden Verkehr verzichtet und nach der Richtlinie für die Verfolgung und Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten bzw. der Bekanntmachung des Staatsministeriums des Inneren bzgl. der Verfolgung und Ahndung von Verstößen im ruhenden Verkehr sowie von Geschwindigkeitsverstößen von Gemeinden verfahren. Hier werden also ohne eigene Bußgeldstelle für Verkehrsordnungswidrigkeiten im übertragenen Wirkungskreis nur Verstöße im ruhenden Verkehr im Vorverfahren zum Bußgeldverfahren, dem sogenannten Verwarnungsverfahren, verfolgt und geahndet.
Die Verkehrsüberwachung im ruhenden Verkehr gestaltet sich aktuell in Aschaffenburg wie folgt (Aufgaben, die das Ordnungs- und Straßenverkehrsamts erbringt, sind farblich hervorgehoben):
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was
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wer
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1.
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Streifendienst zur Feststellung/Protokollierung von Verkehrsordnungswidrigkeiten nach StVO
(Sachverhaltsermittlung)
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im Rahmen des übertragenen Wirkungskreises:
Verkehrsordnungswidrigkeiten mit einem Ahndungsbetrag bis zu 55 € (Bsp: unberechtigtes Parken auf einem Anwohnerparkplatz bis zu 3 Stunden => 10 €)
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Ordnungs- und Straßenverkehrsamt, SG Straßenverkehr, Verkehrsüberwachung – Außendienst
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Generelle Zuständigkeit
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Polizeiinspektion Aschaffenburg
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2.
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Verwaltungsverfahren bei
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2.1.1
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Verkehrsordnungswidrigkeiten mit Ahndungsbetrag bis 55 €
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Verwarnungsverfahren mit Halterermittlungen, Anhörung des Halters bzw. Fahrers, Prüfung der Einwendungen, Erinnerungen. Nach fruchtlosem Ablauf des Verfahrens, d. h. das Verwarnungsgeld wird nicht gezahlt, werden dieses Verfahren in ein Bußgeldverfahren gewandelt und abgegeben.
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Ordnungs- und Straßenverkehrsamt, SG Straßenverkehr, Verkehrsüberwachung – Innendienst
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Bußgeldverfahren; Es fallen ab jetzt Verwaltungsgebühren an. Vollständiger Betrag verbleibt dort.
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Polizeiverwaltungsamt Viechtach
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2.1.2
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Vollstreckung
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bis zur Erzwingungshaft
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Polizeiverwaltungsamt Viechtach
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2.2.1
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Verkehrsordnungswidrigkeiten mit einem Ahndungsbetrag über 55 €
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Bußgeldverfahren, kein Verwarnungsverfahren mehr möglich! Diese Verfahren werden nicht vom Außendienst der Verkehrsüberwachung verfolgt.
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Polizeiverwaltungsamt Viechtach
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2.2.2
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Vollstreckung
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bis zur Erzwingungshaft
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Polizeiverwaltungsamt Viechtach
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Die unmittelbaren Folgen dieser Organisationsstruktur sind folgende:
- Entgangene Verwarnungsbeträge, weil nicht angenommene Verwarnungsgelder durch die Abgabe an die zentrale Bußgeldstelle vollständig der Stadt entgehen, obwohl der personelle Aufwand hier am größten ist.
Jahr
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Fälle
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Entgangene Verwarnungsgelder
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2017
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2286
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32.965 €
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2018
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2034
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29.320 €
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2019
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3514
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49.970 €
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2020
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2674
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37.990 €
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Summe
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150.245 €
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Die Zentrale Bußgeldstelle arbeitet voll EDV-gestützt mit den von der örtlichen Verkehrsüberwachung erhobenen Daten, nimmt keine Gerichtstermine war, vereinnahmt dann aber den Gesamtbetrag aus Verwarnung und Verwaltungsgebühr.
Damit sind in den letzten 4 Jahren 150.245 € an Verwarnungsgelder der Stadt Aschaffenburg entgangen.
- Mehrfachtäter können immer nur im Verwarnungsverfahren aufgegriffen werden. Maßnahmen zeigen keine Wirkung und es gibt keine weiteren bzw. härteren Mittel wirkungsvoll gegen das Falschparken vorzugehen.
Es gibt auch im ruhenden Verkehr sogenannte Mehrfachtäter, die bewusst und vorsätzlich falsch an immer den gleichen Örtlichkeiten parken. Eingaben über Stadtratsmitglieder und die Bürgerschaft zeigen eine große Unzufriedenheit und fordert andere Maßnahmen In der aktuellen Konstellation müssen diese immer wieder mit den gleichen Verwarnungsgeldern verwarnt werden. Über die Fahrerlaubnisbehörde ist aufgrund der Anforderungen im Fahrerlaubnisrecht diesen Fahrern nicht beizukommen.
Eine sichtbare Verbesserung tritt nicht ein (Bsp.: Oberstadt – besonders Dalbergstraße, Pfaffengasse, östliche Innenstadt – besonders Bereich Sandkirche, Vorplatz Alexandraparkhaus, Roßmarkt). Eine Bußgeldstelle dürfte unmittelbar den Vorsatz mit doppelten Verwarngeldern ahnden, sobald der Vorsatz unterstellt werden könnte.
- Eingeschränkter Tatbestandskatalog, weil mit Einführung höherer Bußgelder (Bsp: Parken auf dem Gehweg länger als 1 Stunde => 70 €) wegen der Überschreitung der 55 €-Marke ehemals ahn bare Tatbestände nicht mehr geahndet werden dürften.
In der derzeitigen Konstellation ist es der Stadt Aschaffenburg nicht erlaubt außerhalb des Verwarnungsbereichs Fehlverhalten im ruhenden Verkehr zu ahnden. Es ist also denkbar, dass Fahrzeuge im Anfangstatbestand mit 55 € einmal verwarnt werden können und danach eine Erhöhung ausgeschlossen ist. Wenn ein Fahrzeug falsch und behindernd parkt (Bsp: auf dem Gehweg im Bereich einer Feuerwehrzufahrt), könnte es gar nicht angemessen verwarnt werden. Dies obliegt aktuell nur der hiesigen Polizei.
Damit kann die Verkehrsüberwachung ihren Auftrag für die öffentliche Sicherheit in der gewünschten Form nicht mehr erfüllen.
Abhilfe würde die Einrichtung einer Bußgeldstelle für Verkehrsordnungswidrigkeiten schaffen.
Eine verwaltungsinterne Lösung erscheint undurchführbar. Auch weiterhin können nicht die unverzichtbaren Vollstreckungsmaßnahmen im notwendigen Umfang garantiert werden. Erschwerend käme noch dazu, dass aufgrund der gesetzlichen Entwicklungen von einer Fallsteigerung bei den umzuwandelnden Verwarnungsverfahren nach Zeitablauf ausgegangen werden muss. Es mussten also andere Wege gefunden werden.
Es wurde daher mit dem Zweckverband Aschaffenburg und Umgebung (ZVAU) Kontakt aufgenommen.
Der Zweckverband arbeitet seit Gründung eng mit der Stadt Aschaffenburg in der Verfolgung und Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten im fließenden Verkehr (Messtätigkeit, Verwaltungsverfahren einschließlich Vollstreckung) zusammen. Die Zusammenarbeit erfolgt reibungslos, der Zweckverband wird regelmäßig durch das städtische Rechnungsprüfungsamt in seiner Rechnungslegung geprüft, es werden die gleichen Fachverfahren verwendet und es bestehen dort durch vorausschauende Personalplanung Personalreserven, die eine Übernahme der Bußgeldstelle mit einem Fallaufkommen von ca. 2.500 – 3.000 Fällen im Jahr für den ruhenden Verkehr ermöglichen würden. Vorteile dieser Konstellation sind damit:
- Die Sicherung des Gesamtverfahrens ohne Beteiligung weiterer Fachstellen wie die Stadtkasse, die personell den Aufgabenkomplex Vollstreckung -Verkehrsordnungswidrigkeiten nicht leisten können.
- Die Stadt Aschaffenburg kann nach Abzug der Verfahrenskosten, in denen sämtliche Personal- und Sachkosten enthalten sind, über die vollständigen Einnahmen der Verkehrsüberwachung verfügen.
- Der Verkehrsüberwachung stehen rechtlich mehr Maßnahmen zur Verfügung und sie kann ihre Verwaltungskosten selber geltend machen.
Die Rechtsaufsicht der Regierung von Unterfranken sieht in der Übernahme dieser Tätigkeit durch den Zweckverband keine rechtlichen Bedenken, da die gesetzlichen Regelungen und Richtlinien bzgl. der Verkehrsüberwachung für Gemeinden analog auch auf die Zweckverbände anzuwenden sind. Des Weiteren ist der Zweckverband bereits im ruhenden Verkehr in allen Instanzen für andere Mitgliedskommunen (Bsp: Stockstadt, Goldbach) tätig und kennt daher die Verfahrensabläufe und die damit entstehenden Kosten.
Nach Zustimmung des Stadtrates der Stadt Aschaffenburg wird der Zweckverband die notwendige Satzungsänderung betreiben. Die Stadt Aschaffenburg wird das Polizeiverwaltungsamt Viechtach über die Einrichtung der Ahndungsbehörde bzw. Bußgeldstelle informieren und die technischen Vorkehrungen treffen, dass ab Aufgabenübernahme die Fälle durch die Fachsoftware nicht mehr dem Polizeiverwaltungsamt sondern dem ZVAU überstellt werden.
Kosten
Der Zweckverband arbeitet selbstkostendeckend, es werden also nur tatsächliche Kosten in Rechnung gestellt.
Die Kosten des ZVAU werden geschätzt und in vier Abschlagszahlungen an den ZVAU (Quartal) überwiesen. Die Kalkulation orientiert sich am Fallaufkommen (Erfahrungswerte) und Leistungsumfang beim „Fließenden Verkehr“ und „Ruhenden Verkehr“.
Es wird gequotelt unter den Zweckverbandsmitgliedern bei den
- Personalkosten,
- Standort- und Sachkosten (Raummiete, Reinigung, Einrichtung, Porto, EDV, Fahrzeuge),
- Verfahrenskosten (Kontoführung, Zinsen, Gebühren, Steuern, Gerichts-, Anwalts- und Prüferkosten, Zustellung usw.).
Keine Quotelung erfolgt bei den Kosten für Sondermaßnahmen, die nur einzelne Mitgliedskommunen betreffen (Bsp: teilstationäre Messung - Mietkosten des Trailers pro Einsatz), hier folgt die unmittelbare Weiterbelastung an die nutzende Kommune.
Die Spitzabrechnung erfolgt am Ende eines jeden Kalenderjahres.
Die Ausgaben werden über die Haushaltsstelle 0.1122.6730 abgewickelt. Für 2021 wurde bereits mit entsprechenden Ausgaben – die Kosten der Verwaltung als Bußgeldstelle im ruhenden Verkehr mit 3.000 Fällen pro Jahr sind enthalten - kalkuliert, so dass keine weiteren Mittel bereitgestellt werden müssen.
Ausgaben
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2020
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2021
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Haushaltsansatz
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320.000 €
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320.000 €
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Kalkulation ZVAU
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193,600 €
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267.500 €
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Abrechnung ZVAU
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184.298,90 €
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