Ergänzende Mobilitätsangebote der Stadtwerke Aschaffenburg Behandlung des Antrages von Herrn Stadtrat Thomas Giegerich (Grüne) vom 04.12.2022 wegen "Bericht Anrufsammeltaxi (AST)"


Daten angezeigt aus Sitzung:  1. Sitzung des Werksenates, 16.02.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Werksenat 1. Sitzung des Werksenates 16.02.2023 ö Beschließend 4WS/1/4/23

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

Ergänzende Mobilitätsangebote

Die Stadtwerke Aschaffenburg bieten neben dem klassischen ÖPNV mit Omnibussen ergänzende Mobilitätsangebote an. Dazu zählen der Anruf-Sammel-Transport (AST), der On-Demand-Verkehr „City-Shuttle“, ein Carsharingangebot sowie ein Fahrradverleihsystem „Hop-On“. 
Diese Angebote werden im Folgenden kurz beschrieben und bezüglich Kosten und Erlösen analysiert.


1. Anruf-Sammel-Transport (AST)

Der AST hat eine lange Tradition und wurde bereits in den 1980er Jahren eingeführt. Im Jahr 2016 wurde das System grundlegend modernisiert und digital bereitgestellt. Der AST ergänzt den Busfahrplan in den Randzeiten, wenn kein Bus mehr fährt. Zum Bedienungsgebiet gehören die Stadt Aschaffenburg sowie die Umlandgemeinden, welche auch vom Stadtbus bedient werden.
Der AST fährt nur nach Bestellung durch den Fahrgast. Die Fahrgäste werden von einer Bushaltestelle zu einer Wunschadresse befördert.

Für den AST fallen im Monat ca. 19.100 Euro an Kosten an (ca. 229.200 Euro jährlich). Die Kosten teilen sich auf in fixe Kosten für Disposition, Telefon, App und Verwaltung des Verkehrsbetriebes, sowie variable Kosten. Die variablen Kosten sind die Taxametergebühren, welche den Stadtwerken von dem Taxiunternehmen in Rechnung gestellt werden. Die variablen Kosten fallen nur an, wenn tatsächlich Fahrten bestellt werden und hängen von der Zahl der Fahrten ab.

Der monatliche Erlös im AST beträgt ca. 8.100 Euro (ca. 97.200 Euro jährlich). Die Erlöse teilen sich auf in Fahrgeldeinnahmen vom Fahrgast sowie die Weiterverrechnung an die Gemeinden. Bei Fahrten zwischen Aschaffenburg und dem Landkreis wird – mit Ausnahme von Hösbach – die Unterdeckung (= Taxameter minus Fahrgeld) zur Hälfte auf die Stadt Aschaffenburg und die jeweilige Gemeinde aufgeteilt. Diesen Teil der Unterdeckung stellen die Stadtwerke der jeweiligen Gemeinde in Rechnung. Fahrten zwischen Aschaffenburg und Hösbach zahlt der Markt Hösbach komplett.

Die Aufteilung der Kosten und Erlöse kann den Abbildungen 1 und 2 entnommen werden. Die variablen Kosten überwiegen deutlich, die Erlöse teilen sich etwa 50/50 auf Fahrgast und Gemeinden auf.

Abbildung 1

Abbildung 2

Der Kostendeckungsgrad im AST beträgt etwa 42% (inkl. Weiterverrechnung). Jährlich nutzen durchschnittlich 21.578 Fahrgäste den AST und es werden durchschnittlich 13.417 Fahrten im Jahr durchgeführt. Daraus ergeben sich folgende Kennzahlen:

  • Durchschnittliche Kosten pro Fahrgast: 10,62 €
  • Durchschnittliche Kosten pro Fahrt: 17,08 €
  • Durchschnittlicher Erlös pro Fahrgast (inkl. Weiterverrechnung): 4,50 €
  • Durchschnittlicher Erlös pro Fahrt (inkl. Weiterverrechnung): 7,24 €


2. On-Demand-Verkehr „City-Shuttle“

Der On-Demand-Verkehr „City-Shuttle“ wurde im Februar 2022 als Pilotprojekt eingeführt und fährt nur an Sonn- und Feiertagen innerhalb der Stadt Aschaffenburg. Die Betriebszeit ist von 6 Uhr morgens bis 1 Uhr nachts. Innerhalb der Stadt Aschaffenburg wurde der AST an Sonn- und Feiertagen eingestellt. Der City-Shuttle fährt nur nach Bestellung durch den Fahrgast. Die Fahrgäste werden zwischen Haltestellen (Bushaltestellen und virtuelle Haltestellen) befördert.

Ziel des On-Demand-Verkehrs (ODV) ist es, dem Fahrgast ein flexibles Angebot an Sonn- und Feiertagen anzubieten sowie Erkenntnisse über das Verkehrsverhalten und die nachgefragten Relationen an Sonn- und Feiertagen zu gewinnen.

Für den ODV fallen im Monat ca. 14.850 Euro an Kosten an (ca. 178.200 Euro jährlich). Die Kosten teilen sich auf in fixe Kosten für Fahrdienst, Disposition, App, Fahrzeugkosten und Verwaltung des Verkehrsbetriebes sowie variable Kosten für Provision des Zahlungsdienstleisters und Treibstoff bzw. Strom. Hinzu kommen noch die einmaligen Kosten für die Projekteinführung (Setup, Marketing, Verwaltung Verkehrsbetrieb). Diese werden auf den Testzeitraum von 24 Monaten umgelegt.

Der monatliche Erlös im ODV beträgt ca. 330 Euro (ca. 3.960 Euro jährlich). 

Die Aufteilung der Kosten und Erlöse kann den Abbildungen 3 und 4 entnommen werden. Die Fixkosten überwiegen deutlich. Die Fixkosten fallen immer an, auch wenn keine Fahrten gebucht werden. Die variablen Kosten sind nahezu vernachlässigbar. 

Abbildung 3

Abbildung 4

Der Kostendeckungsgrad im ODV beträgt etwa 2%. Jährlich nutzen durchschnittlich 2.675 Fahrgäste den ODV und es werden durchschnittlich 2.042 Fahrten im Jahr durchgeführt. Daraus ergeben sich folgende Kennzahlen:

  • Durchschnittliche Kosten pro Fahrgast: 66,60 €
  • Durchschnittliche Kosten pro Fahrt: 87,25 €
  • Durchschnittlicher Erlös pro Fahrgast: 1,47 €
  • Durchschnittlicher Erlös pro Fahrt: 1,93 €

Beim ODV zeigt sich bereits, dass entgegen der ursprünglichen Konzeption die Ziele Hauptbahnhof, Innenstadt und Klinikum am stärksten nachgefragt werden. Dies entspricht im Wesentlichen dem Busliniennetz. Querverbindungen spielen kaum eine Rolle. Abbildung 5 zeigt die am stärksten nachgefragten Abfahrts- und Zielhaltestellen des ODV. Je größer der Kreis, desto mehr Fahrten von/zu der Haltestelle. Die Konzentration auf Hauptbahnhof/Innenstadt und Klinikum ist deutlich zu erkennen. Eine ausführliche Auswertung des ODV wird ebenfalls in einer der nächsten Sitzungen vorgestellt.

Abbildung 5


3. Carsharing

Das Carsharing der Stadtwerke wurde 2015 eingeführt und ist ein Kooperationsprojekt mit dem Verkehrsclub Deutschland (VCD). Seit 2016 besteht zudem eine Kooperation mit der Stadtbau Aschaffenburg GmbH. Aktuell stellen die Stadtwerke 7 Fahrzeuge dem Sharingsystem an den Standorten Liebighöfe, Beckerstraße, Paulusstraße und in der Werkstraße zur Verfügung. Weitere Standorte (u.A. Anwandeweg, Gabelsbergerstraße) sind in Planung. 
Ziel des Carsharing ist es, Kunden ohne eigenes Fahrzeug die Nutzung eines Autos zu ermöglichen und zum Verzicht auf ein eigenes Auto zu bewegen.

Für das Carsharing fallen im Monat ca. 2.200 Euro an Kosten an (ca. 26.400 Euro jährlich). Dabei handelt es sich um fixe Fahrzeugkosten und fixe Kosten für die Verwaltung des Verkehrsbetriebs. Die variablen Kosten sind in den Nutzungsentgelten enthalten und schlagen daher bei den Stadtwerken nicht auf.

Der monatliche Erlös im Carsharing beträgt ca. 2.350 Euro (ca. 28.200 Euro jährlich). Die Erlöse teilen sich auf in Leihgebühren vom Nutzer sowie die Einnahmen von der Stadtbau. Die Stadtbau Aschaffenburg GmbH zahlt den Stadtwerken eine fixe monatliche Vergütung für die Aufstellung von Carsharing-Fahrzeugen an den Liegenschaften der Stadtbau.

Die Aufteilung der Kosten und Erlöse kann den Abbildungen 6 und 7 entnommen werden.

Abbildung 6

Abbildung 7

Der Kostendeckungsgrad im Carsharing beträgt etwa 107% (inkl. Stadtbau), d.h. das Carsharing trägt sich selbst mit einem kleinen Gewinn. Jährlich wird etwa 600-mal ein Fahrzeug ausgeliehen. Daraus ergeben sich folgende Kennzahlen:

  • Durchschnittliche Kosten pro Entleihvorgang: 43,89 €
  • Durchschnittlicher Erlös pro Entleihvorgang (inkl. Stadtbau): 47,00 €


4. Fahrradverleih

Der Fahrradverleih der Stadtwerke wurde im Mai 2022 als Pilotprojekt eingeführt. An 10 Stationen in Aschaffenburg wurden insgesamt 50 Leihfahrräder aufgestellt, welche über eine App buchbar sind. Die Fahrräder werden von einem Dienstleister zur Verfügung gestellt. Der Fahrradverleih ergänzt die übrigen Mobilitätsangebote der Stadtwerke.

Für den Fahrradverleih fallen im Monat ca. 5.110 Euro an Kosten an (ca. 61.320 Euro jährlich). Die Kosten sind in erster Linie fixe Kosten für die Miete der Fahrräder und Verwaltung des Verkehrsbetriebs. Variable Kosten gibt es keine. Hinzu kommen noch die einmaligen Kosten für die Projekteinführung (Setup, Marketing, Verwaltung Verkehrsbetrieb). Diese werden auf den Testzeitraum von 24 Monaten umgelegt.

Der monatliche Erlös im Fahrradverleih beträgt ca. 155 Euro (ca. 1.860 Euro jährlich). 

Die Aufteilung der Kosten und Erlöse kann den Abbildungen 8 und 9 entnommen werden. Die Fixkosten überwiegen deutlich. Die Fixkosten fallen immer an, auch wenn keine Fahrräder ausgeliehen werden.

Abbildung 8
Abbildung 9

Der Kostendeckungsgrad des Fahrradverleihs beträgt etwa 3%. Hochgerechnet auf ein Jahr wird etwa 1.965-mal ein Fahrrad ausgeliehen. Daraus ergeben sich folgende Kennzahlen:

  • Durchschnittliche Kosten pro Entleihvorgang: 26,11 €
  • Durchschnittlicher Erlös pro Entleihvorgang: 0,94 €

Zusammenfassung

Abbildung 10 fasst die Kosten der vier Angebote zusammen. Die teuersten Angebote sind der AST und der On-Demand-Verkehr. Während beim AST hauptsächlich variable Kosten anfallen, sind die übrigen Angebote sehr fixkostenlastig, d.h. die Kosten sind weitestgehend unabhängig von der Zahl der Nutzer.

Bei AST und Carsharing wurden keine Projekteinführungskosten einberechnet, da es sich um etablierte Angebote handelt, deren Einführung schon einige Jahre zurückliegt. 

Abbildung 10

Die vier ergänzenden Mobilitätsangebote kosten im Jahr zusammen ca. 500.000 Euro und bringen einen Erlös von ca. 131.000 Euro (siehe auch Abbildung 11). Das entspricht zusammen einem Kostendeckungsgrad von ca. 26% (siehe auch Abbildung 12).

Abbildung 11

Abbildung 12

Bezogen auf den einzelnen Fahrgast/die einzelne Fahrt bzw. den einzelnen Entleihvorgang ergeben sich folgende Werte (Abbildung 13):

Abbildung 13

Das teuerste Angebot ist der ODV mit 66,60 Euro pro Fahrgast bzw. 87,25 Euro pro Fahrt.


Empfehlung

Aufgrund der oben dargestellten Kosten- und Erlössituation müssen die einzelnen Angebote auf den Prüfstand gestellt werden. Gegebenenfalls lassen sich einzelne Angebote sinnvoll miteinander verknüpfen, wodurch sich neben einer verbesserten Kostendeckung auch eine Attraktivitäts-Steigerung erreichen lässt.

Der ODV und der Fahrradverleih weisen sehr hohe Kosten pro Einheit und kaum Erlöse auf. Der Kostendeckungsgrad ist nahe Null. Bei diesen Angeboten sind Anpassungen notwendig, sollten sie nach der Pilotphase weitergeführt werden. Die Stadtwerke erarbeiten einen Vorschlag, der in einer der nächsten Sitzungen behandelt werden wird.

.Beschluss:

I. Der Bericht der Stadtwerke Aschaffenburg zu den ergänzenden Mobilitätsangeboten wird zur Kenntnis genommen.

II. Angaben zur Klimawirkung:
Bewertung - jeweils Mehrung oder Minderung der Treibhausgase (THG)
wenig klimarelevant
teilweise klimarelevant
sehr klimarelevant
[ x ]  keine weiteren Angaben erforderlich
[  ]  kurze Erläuterung in den Begründungen
[  ]  ausführliche Erläuterung 
in den Begründungen 
Bewertungsschema nach KÖP (Klimaschutzmanagement in öffentlich Projekten)
(Nationale Klimaschutz-Initiative  -  Klimabündnis / ifeu-Heidelberg / BMU)

III. Angaben zu den Kosten:
Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:
ja [  ]
nein [ x ]

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 0, Dagegen: 0

Datenstand vom 21.04.2023 08:36 Uhr