Anlass
Das Parken von Kraftfahrzeugen auf dem Gehweg ist in der bestehenden Straßenverkehrsordnung grundsätzlich nicht gestattet. Diese Rechtslage blieb bei der Novellierung des Bußgeldkataloges im November 2021 unverändert. Allerdings wurden insbesondere in diesem Bereich die Bußgelder für Verstöße sehr stark erhöht. Für rechtswidriges Gehwegparken sind mindestens 55 EUR Bußgeld zu zahlen. Bei Parken mit Behinderung und Gefährdung anderer oder bei langen Zeiträumen müssen bis zu 100 EUR gezahlt werden und es gibt zusätzlich 1 Punkt im Verkehrszentralregister in Flensburg.
Durch diese deutliche Verschärfung ist es wichtiger geworden, dass klare und eindeutige Verhältnisse bestehen und die Bürger immer vor Ort erkennen können, wo ein Gehwegparken erlaubt und möglich ist. Denn die Problematik des Gehwegparkens verschärft sich seit Jahrzehnten langsam, aber kontinuierlich. Die Pkw-Dichte hat in Aschaffenburg in den vergangenen 40 Jahren sehr stark um über 50 % zugenommen, so dass aktuell rund 630 Pkw (ohne Transporte, Wohnmobile und Lkw) je 1.000 Einwohner statistisch erfasst sind.
Die Duldung von Gehwegparken ist insbesondere in den Stadtteilen mit geringerem Parkdruck und Regelungsdichte des Parkens eine gängige Praxis. Über diese wurde zuletzt durch ein Rundschreiben vom Stadtentwicklungsreferat vom 26.11.2018 informiert (Anlage 1).
Die Beurteilung der Situation und damit auch die Höhe der Verwarngelder liegen im Ermessensspielraum der Polizei und des Verkehrsüberwachungsdienstes. Beide werden aktuell ausschließlich bei Behinderungen anderer Verkehrsteilnehmer durch das Gehwegparken tätig. Diese Duldungspraxis funktioniert, allerdings sind Anzeigen und Beschwerden durch Nachbarn oder Passanten möglich und müssen dann wegen der eindeutigen Rechtslage auch geahndet werden.
Präventiv ist es deshalb ratsam, einheitliche, eindeutige und rechtskonforme Parkregelungen ohne Interpretationsspielräume zu beschildern und zu markieren. Zahlreiche Beschwerdeschreiben und Hinweise der Bürgerinnen und Bürger zeigen, dass mit steigender Tendenz ein Wille für eine Veränderung besteht. Auch in der Bürgerversammlung in der Stadthalle am 16.10.2023 wurde durch den Vorsitzenden des VCD Aschaffenburg-Miltenberg das Thema Gehwegparken und die Anwendungspraxis bemängelt. Oberbürgermeister Herzing sagte zu, dass die Verwaltung das Thema zeitnah im Planungs- und Verkehrssenat behandeln wird.
Ziele
Der Fußverkehr ist ein Teil des Umweltverbundes und hatte in den letzten großen Mobilitätsumfragen weniger als 10 % Anteil aller Wege am Modal-Split. Bei größerer Attraktivität könnte der Fußverkehr einen höheren Stellenwert einnehmen. Jeder Weg beginnt und endet als Fußgänger an der eigenen Haustür oder dem Ziel. Aktuell ist es schwierig, durchgängig nebeneinander zu laufen oder sich mit Gehhilfen und Rollatoren fortzubewegen oder begegnen zu können.
Die Änderung der Parkpraxis wird vielfach ohne objektive Einschränkungen bei nur geringen Änderungen des Parkverhaltens möglich sein. Viele Vorteile können aber bei einer Neuregelung gewonnen werden. Dies gilt insbesondere für
- ältere und mobilitätseingeschränkte Mitbürger
(z.B. mit Rollatoren, Rollstühlen, Gehilfen u.ä.)
- Eltern mit Kinderwagen
- Kinder auf dem Weg zur Schule
- legal Rad fahrende Kinder auf dem Gehweg
- Kinder mit Roller, Skateboard, Inline-Skates auf dem Gehweg
Neben den Behinderungen und Einschränkungen für die Fußgänger ist der fließende Verkehr und insbesondere der Buslinienverkehr zu nennen, die durch das Parken vielfach eingeschränkt oder behindert werden. Es kommt vielfach zu kleinen Unfällen und durch hohe Beeinträchtigungen der Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit, weil an Engstellen ein Passieren mit dem Bus nur mit vorsichtiger Fahrweise und durch Rangieren möglich ist. An den Hauptachsen des Radverkehrs kann durch eine Änderung des Parkens und die Einführung von Fahrradstraßen eine weitere Attraktivitätssteigerung des Umweltverbundes gelingen.
Praktische Umsetzung
Die Problemlage ist kein Aschaffenburger Einzelphänomen. Hinsichtlich einer aktiven Änderung der Praxis und einer positiven Herangehensweise an das Thema wurde im verwaltungsinternen Arbeitskreis Verkehr der Leitfaden „Faires Parken“ aus Karlsruhe besprochen. Dieser kann aufgrund bundesweiter einheitlicher Rechtslage auch inhaltlich weitestgehend auf Aschaffenburg übertragen werden.
Für die Vermittlung neuer Regelungen soll stets eine begleitende Öffentlichkeitsarbeit durchgeführt werden. Dies ist zur Information der Anwohner sowie für eine Akzeptanz der Maßnahmen unerlässlich. Vor allem die Vorteile der neuen Regelung sollen dabei transparent dargestellt werden. Die Umsetzung soll sukzessive und straßenbezogen auf Basis einer Beschwerdelage, nach Baustellen, bei erforderlichen Neumarkierungen oder nach Erneuerungen der Oberfläche erfolgen.
Als aktuelles Beispiele für die Umsetzung einer neuen Parkregelung ist die Gailbacher Straße zu nennen. Hier wurde auf Basis verschiedener Planungen und einer Anwohnerbeteiligung am 10.10.2023 im Planungs- und Verkehrssenat die Neuordnung des ruhenden Verkehres beschlossen. Ursächlich waren Beschwerden von Passanten sowie große Probleme der Verkehrsbetriebe bei der Durchfahrt. Da die Gailbacher Straße auch eine Radhauptroute nach dem Radverkehrskonzept ist, wird die neue Parkregelung den gesamten Umweltverbund fördern und nur geringe Einschränkungen für die Anwohner bringen.
Angaben zur Klimawirkung
Die Maßnahmen für den Fußverkehr werden das Stadtgebiet attraktiver und sicherer machen. Insbesondere im Umfeld von Schulen und Kindergärten, an Buslinien und an Radhauptrouten nach dem Radverkehrskonzept sollen die Maßnahmen auch zur Erhöhung der Verkehrssicherheit führen. Insgesamt werden die Umgestaltungen für freie Gehwege durch faires Parken den gesamten Umweltverbund stärken und auch zu einer größeren Flächengerechtigkeit bei der Aufteilung des Straßenraums führen. Dies wird mittel- und langfristig auch das Mobilitätsverhalten positiv im Sinne der Umweltbelastungen und Klimawirkung beeinflussen.