1. Sachverhalt
Mit Schreiben vom 27. September 2012 beantragt die Kommunale Initiative (KI), die Stadt Aschaffenburg solle die Initiative „Vermögensteuer jetzt!“ unterstützen und damit Bund und Länder auffordern, die notwendigen gesetzgeberischen Schritte zur Wiedereinführung der Vermögensteuer in die Wege zu leiten.
„Ich, Vorname, Nachname, fordere, schnellstmöglich wieder eine Steuer auf große Vermögen in Deutschland einzuführen.“
Zur Erläuterung der Bemessungsgrundlage für die Vermögensteuer wird Folgendes angegeben:
„Eine Steuer von einem Prozent auf das Nettovermögen (nach Abzug von Schulden) oberhalb eines Freibetrags von 500.000 Euro für einen Familienhaushalt würde etwa 20 Milliarden Euro im Jahr einbringen.“
Die Initiative ist überparteilich. Laut homepage der Initiative unterstützen folgende Städte und Gemeinden die Initiative:
Marburg (Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 25. Mai 2012), Landkreis Gießen (Beschluss des Kreistages vom 25. Juni 2012), Göttingen (Beschluss des Stadtrats vom 14. September 2012), Duisburg (Beschluss des Stadtrats vom 24. September 2012), Kreis Groß-Gerau (Beschluss des Kreistages vom 24. September 2012), Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg (Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung vom 26. September 2012), Flensburg (Beschluss der Ratsversammlung vom 27. September 2012), Herne (Beschluss des Stadtrats vom 02. Oktober 2012), Iserlohn (Beschluss des Stadtrats vom 10. Oktober 2012), Rüsselsheim (Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 11.10.2012), Leipzig (Beschluss des Stadtrats vom 17.10.2012)
2. Rechtslage
a) Befassungskompetenz des Gemeinderates
Der BayVGH hat beispielsweise im Urteil vom 6.12.1989 – 4 B 86.689 – Folgendes festgelegt:
„Den bayerischen Gemeinden obliegen -- als Ausfluß des im Kernbereich verfassungsrechtlich garantierten Selbstverwaltungsrechts -- "alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft" (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 7 Abs. 1 GO), die Erfüllung ihrer "eigenen Angelegenheiten" (Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV) bzw. der "örtlichen Angelegenheiten" (Art. 1 Satz 1 GO). Diese Vorschriften meinen trotz ihres voneinander abweichenden Wortlauts inhaltlich das gleiche. Sie besagen, daß die Gemeinden als hoheitlich handelnde Gebietskörperschaften -- soweit ihnen nicht Auftragsangelegenheiten vom Staat zugewiesen sind (Art. 83 Abs. 3, 11 Abs. 3 BV, Art. 8 GO) -- von Rechts wegen darauf beschränkt sind, sich mit Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises zu befassen. Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises sind -- nur -- solche Aufgaben, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf die örtliche Gemeinschaft einen spezifischen Bezug haben und von dieser örtlichen Gemeinschaft eigenverantwortlich und selbständig bewältigt werden können (BVerfG vom 30.7.1978, BVerfGE 8, 122/134). Wird die Gemeinde durch eine -- sie speziell berührende -- staatliche Maßnahme an der Erfüllung dieser Aufgaben gehindert, erwächst ihr aus der Selbstverwaltungsgarantie ein Abwehrrecht. Andererseits ergibt sich aus der Beschränkung auf Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft eine Begrenzung des gemeindlichen Zuständigkeitsbereichs. Eine Überschreitung dieser Grenze ist dann anzunehmen, wenn eine Gemeinde, wie das Bundesverfassungsgericht (a.a.O.) grundsätzlich ausgeführt hat, zu allgemeinen, überörtlichen, vielleicht hochpolitischen Fragen Resolutionen fasst oder für bzw. gegen eine Politik Stellung nimmt, die sie nicht als einzelne Gemeinde besonders trifft, sondern der Allgemeinheit -- ihr nur so wie allen Gemeinden -- eine Last aufbürdet oder sie allgemeinen Gefahren aussetzt. Eine Gemeinde überschreitet ihren Zuständigkeitsbereich in der Regel dann, wenn anderen Trägern öffentlicher Gewalt ausdrückliche Zuständigkeiten zugewiesen sind.“
b) Spezifisch örtlicher Bezug
Nach Art. 106 Abs. 2 Nr. 1 GG fließt die Vermögenssteuer nicht den Kommunen sondern den Ländern zu. Die Gesetzgebungskompetenz für die Vermögenssteuer liegt im Wege der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz beim Bund (Art. 105 Abs. 2 GG). Auch hier ist kein spezifisch örtlicher Bezug erkennbar.
Selbst wenn die Vermögenssteuer erhoben werden würde, würde das Aufkommen den Ländern zufließen. Ob und wie dieses Aufkommen verteilt würde ist völlig offen. Auf der homepage der Initiative findet sich folgende Aussage:
„Was fordert die Initiative genau, welches Modell einer Vermögensteuer hat sie?
Die Forderung der Initiative ist kurz und knapp: „Vermögensteuer jetzt! Ich fordere, schnellstmöglich wieder eine Steuer auf große Vermögen in Deutschland einzuführen.“ Sie lässt Spielraum für verschiedene Ausgestaltungen einer Vermögensteuer. Sie kann schnell gelesen und verstanden werden und eignet sich deshalb gut für die Unterschriftensammlung in der Öffentlichkeit, bei Veranstaltungen und Aktionen, in Organisationen, auf der Straße, in Betrieben und Verwaltungen, an Schulen und Hochschulen, im Bekanntenkreis....
Die Erläuterung soll deutlich machen, dass die Vermögensteuer einen substanziellen Beitrag zur Finanzierung der öffentlichen Haushalte leisten kann und soll: Eine Steuer von einem Prozent auf das Nettovermögen (nach Abzug von Schulden) oberhalb eines Freibetrags von 500.000 Euro für einen Familienhaushalt würde etwa 20 Milliarden Euro im Jahr einbringen. Eine Festlegung auf ein bestimmtes Modell oder Aufkommen ist damit nicht verbunden. Das Aufkommen der Vermögensteuer fließt den Ländern zu. Zuweisungen der Länder sind eine Hauptquelle der Finanzausstattung der Städte und Gemeinden, die damit indirekt gestärkt würde.“
Die Initiative fordert nicht, dass ein Teil der Vermögenssteuer bei den Kommunen landet. Sie geht lediglich davon aus, dass dies „indirekt“ über Finanzzuweisungen erfolgt. Auch hier also kein spezifischer örtlicher Bezug zur Stadt Aschaffenburg.
Deshalb wird dem Stadtrat empfohlen, den Antrag der KI mangels Befassungskompetenz des Stadtrates abzulehnen.