Mit Schreiben vom 03.03.2016 beantragte die Kommunale Initiative eine Überprüfung der Dauergenehmigungen für verkaufsoffene Sonntage ab 2016. Die Antragstellung sei deshalb nötig, da ein neues Urteil des Bundesverwaltungsgerichts die bisherige Genehmigung als rechtswidrig erscheinen lasse. Aus diesem Grund sei die Dauer-Verordnung der Stadt Aschaffenburg über das Offenhalten von Verkaufsstellen an zwei Sonntagen pro Jahr ab dem Jahr 2016 aufzuheben. Verkaufsoffene Sonntage seien jeweils auf spezielle Veranstaltungen und Märkte hin gesondert zu beantragen, auf Rechtmäßigkeit in Bezug auf das neue Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu prüfen und eventuell zu genehmigen.
Die Stadt Aschaffenburg hat zwei Dauerverordnungen erlassen, die verkaufsoffene Sonntage im Stadtgebiet frei geben:
anlässlich
-des Automarkts auf dem Schlossplatz jeweils am dritten Sonntag im Oktober
vom 20.07.2004
sowie
-des Hamburger Fischmarkts in Aschaffenburg jeweils am letzten Sonntag im April
vom 06.03.2007.
Diese Verordnungen wurden vom Stadtrat auf Dauer beschlossen. Die Begründung für den Verordnungserlass auf Dauer ergibt sich aus der Tatsache, dass es sich bei dem Fischmarkt und dem Automarkt (MOBILIA) um jährlich wiederkehrende Veranstaltungen handelt, die beide Anlass für die Einrichtung von verkaufsoffenen Sonntagen sind. Eine jährlich wiederkehrende Beantragung durch den Einzelhandelsverband sollte damit entbehrlich werden.
Die Rechtsgrundlage für die Veranstaltung von verkaufsoffenen Sonntagen ergibt sich aus § 14 Abs. 1 Ladenschlussgesetz. Den genauen Verfahrensablauf über die Voraussetzungen und den Erlass einer solchen Verordnung regelt die Bekanntmachung des Bayer. Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen vom 10.11.2004.
Das o. g. Urteil des BVerwG vom 11.11.2015 – 8 CN 2.14 enthält folgende Leitsätze:
1. Eine Gewerkschaft ist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt für einen
Normenkontrollantrag gegen eine gemeindliche Rechtsverordnung, die in ihrem
Tätigkeitsbereich gestützt auf § 14 LadSchlG eine Öffnung von Verkaufsstellen aus Anlass
eines Marktes an einem Sonn- oder Feiertag zulässt (im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 26.
November 2014 - 6 CN 1.13 - BVerwGE 150, 327 Rn. 14 ff.). (amtlicher Leitsatz)
2. Die Sonntagsöffnung von Verkaufsstellen mit uneingeschränktem Warenangebot "aus
Anlass" eines Marktes ist nach § 14 Abs. 1 LadSchlG nur zulässig, wenn die prägende Wirkung
des Marktes für den öffentlichen Charakter des Tages gegenüber der typisch werktäglichen
Geschäftigkeit der Ladenöffnung überwiegt, weil sich letztere lediglich als Annex zum Markt
darstellt. Das setzt regelmäßig voraus, dass die Ladenöffnung in engem räumlichen Bezug zum
konkreten Marktgeschehen steht und prognostiziert werden kann, dass der Markt für sich
genommen einen beträchtlichen Besucherstrom anzieht, der die bei einer alleinigen Öffnung
der Verkaufsstellen zu erwartende Zahl der Ladenbesucher übersteigt (Fortentwicklung von
BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1989- 1 B 153.89 - Buchholz 451.25 LadSchlG Nr. 27 S.
7). (amtlicher Leitsatz).
Dieses Urteil widerspricht nicht der o. a. Vollzugsbekanntmachung und bietet bis auf die Aussage, dass die Gewerkschaften für einen Normenkontrollantrag antragsberechtigt sind, keine neuen Gesichtspunkte. Wäre dies der Fall, hätte die Bekanntmachung des Bayer. Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen vom 10.11.2004 geändert oder aufgehoben werden müssen. Dies ist jedoch nicht geschehen.
Der Handelsverband Bayern hat mit Schreiben vom 14.3.2016 zu dem Sachverhalt Stellung genommen. Der Handelsverband weist zu Recht darauf hin, dass sich das o. a. Urteil nicht auf Aschaffenburg übertragen lässt. Dabei ging es um eine Gemeinde mit rund 13.300 Einwohnern, deren Gemeindegebiet in Nord-Süd-Richtung von einer Autobahn durchschnitten wird. Westlich dieser Autobahn befindet sich das Ortszentrum mit dem Bürgerplatz, östlich der Autobahn liegt ein Gewerbegebiet. Hintergrund der Klage sei vor allem gewesen, dass der erstmalige verkaufsoffene Sonntag im Gewerbegebiet seitens der Gemeinde durch einen kleinen Markt und einer Torwand auf dem Parkplatz gestattet wurde, um die Öffnung mehrerer großer Möbelhäuser und anderer Geschäfte zu begründen. Weder die Stadtgröße von Aschaffenburg noch seine oberzentrale Funktion noch die Märkte selbst und ihre Strahlwirkung seien damit vergleichbar (ausführliche Stellungnahme des Handelsverbands siehe Anlage).
In einem weiteren Schreiben vom 03.06.2016 (s. Anlage) teilte der Handelsverband Bayern der Stadt Aschaffenburg mit, dass er sich in seiner Kreisvorstandssitzung für die Beibehaltung der beiden verkaufsoffenen Sonntage ausgesprochen hat. Eine Abschaffung würde zu einer Schwächung der Wirtschaftsstrukturen führen. Der dritte verkaufsoffene Sonntag im Jahr 2015 sei kein Bestandteil der Dauerverordnungen. Gern gibt der Handelsverband für die kommenden Jahre eine Zusage, nicht mehr als zwei verkaufsoffene Sonntage zu beantragen. Dies sei ein sinnvoller Ausgleich aller Interessen, wie er etwa in Schweinfurt getroffen wurde.
Zu dem Sachverhalt wurde auch der Deutsche Gewerkschaftsbund zur Abgabe einer Stellungnahme gebeten. Diese Stellungnahme lag zum Zeitpunkt der Erstellung der Beschlussvorlage noch nicht vor, sie wird nach Eingang aber umgehend verteilt.
Nach telefonischer Rücksprache mit der Regierung von Unterfranken vom 09.03.2016 gibt es zudem bisher in Unterfranken keine Stadt oder Gemeinde, die aufgrund des o. a. Urteils ihre Genehmigungspraxis für verkaufsoffene Sonntage geändert hätte.
Nach Auffassung der Verwaltung sind sowohl der Fischmarkt als auch die Autoausstellung MOBILIA Veranstaltungen im Sinn der o. a. Bekanntmachung. Beide ziehen einen beträchtlichen Besucherstrom nach Aschaffenburg. Allein der Fischmarkt ist in der hiesigen Gegend einmalig, ohne Konkurrenz und von überörtlicher Bedeutung. Lt. Main-Echo (Stand 2012) bewegen sich die Besucherzahlen zwischen 200.000 und 240.000 Personen.
Dasselbe gilt auch für die MOBILIA. Dazu ist anzumerken, dass die Nachfrage der Händler nach Auskunft des Veranstalters FUNKHAUS ständig steigt und somit die Attraktivität dieser Veranstaltung im ganzen Umland von Aschaffenburg ebenfalls an Bedeutung zunimmt.
Eine Beschränkung der Ladenöffnung etwa auf die Innenstadt oder einen bestimmten Umkreis um die Veranstaltungen ist allenfalls für größere Städte denkbar. Bei der Größe von Aschaffenburg erscheint es nach wie vor vertretbar, die Ladenöffnungen auf das gesamte Stadtgebiet zu beschränken. Ungeachtet dessen ist auch nicht einzusehen, warum Betriebe, die dann nicht innerhalb eines begünstigen Gebiets liegen, einen unter Umständen gravierenden Wettbewerbsnachteil haben sollten.
Die Verwaltung ist der Auffassung, dass die erlassenen Verordnungen über verkaufsoffene Sonntage in Aschaffenburg rechtmäßig sind und schlägt vor, diese unverändert weiter gelten zu lassen.