Gemäß „Richtlinie der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) zur verbilligten Abgabe von Grundstücken“ vom 25.11.2015 räumt die BImA den Gebietskörperschaften für bestimmte Nutzungen z.B. geförderter Wohnungsbau eine „Erstzugriffsoption“ zum Erwerb von Konversionsgrundstücken aus ehemals militärischer Nutzung und von „weiteren entbehrlichen Grundstücken“ der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben ein. Mit dem Erwerb des Grundstücks ist die Stadt an den beantragten Nutzungszweck gebunden.
In diesem Zusammenhang hat die Stadt Aschaffenburg gegenüber der BImA u.a. auch den Erstzugriff für einen Erwerb des Grundstücks Fl.Nr. xxxxx, gelegen zwischen xxxx-, xxxx- und xxxx Straße auf dem Gelände der ehemaligen „xxxx“, beantragt. Mit Schreiben vom 14.09.2016 (Posteingang) bittet die BImA um Mitteilung bis Ende 2016, ob die Stadt Aschaffenburg einen Erwerb des Grundstücks im Rahmen ihrer „Erstzugriffsoption“ anstrebt.
Das derzeit brachliegende Grundstück Fl.Nr. xxxxx hat eine Größe von ca. xxxxqm. Es besteht aktuell zu etwa xx% aus Grünfläche, ca. xx% des Grundstücks sind versiegelt. Zwischenzeitlich war das Grundstück Fl.Nr. xxxxx in die Planungen des Freistaats Bayern bzw. der Regierung von Unterfranken zum Bau einer Aschaffenburger Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge einbezogen, und zwar mit dem Ziel einer Nutzung für notwendige Kfz-Stellplätze. Da hierfür nun andere Flächen innerhalb des Geländes der Erstaufnahmeeinrichtung genutzt werden können (xxxxx), wird das Grundstück Fl.Nr. xxxxx vom Freistaat Bayern bzw. der Regierung von Unterfranken nicht mehr für vorrangige Zwecke der Erstaufnahmeeinrichtung benötigt und gelangt somit wieder in die Verfügungsgewalt der BImA.
Die Frage nach einer Eignung des Grundstücks Fl.Nr. xxxxx für Sozialen Wohnungsbau lässt sich in erster Linie anhand der bauplanungsrechtlichen Rahmenbedingungen beantworten. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. xxxx für das Gebiet „xxxxx“. Der Bebauungsplan trifft für das Gebiet im Wesentlichen folgende Festsetzungen (siehe auch anhängender Planausschnitt):
- Teilbaugebiet entlang der xxxxx Straße: Ausweisung als Kerngebiet „MK“ mit Beschränkung des Einzelhandels, Wohnnutzung erst ab dem 3. Obergeschoss zulässig; Maß der baulichen Nutzung mit GRZ 0,8 und GFZ 3,0 bei abschnittsweise zwei- bis viergeschossigen Gebäuden in geschlossener Bauweise
- Teilbaugebiet an der xxxxx Straße: Ausweisung als Gewerbegebiet „GE“ mit Ausschluss von Einzelhandel, Tankstellen, Gartenbaubetrieben und Vergnügungsstätten. Betriebswohnungen z.B. für Betriebsleiter eines auf dem Gelände ansässigen Gewerbebetriebs sind innerhalb der Betriebsgebäude zulässig. „Normale“ Wohnungen, also auch Sozialer Wohnungsbau, sind im Gewerbegebiet generell unzulässig.
Ausschnitt aus Planzeichnung Bebauungsplan xxxx:
Die planungsrechtliche Einschätzung der Verwaltung kommt zu folgendem Ergebnis:
Der rechstkräftige Bebauungsplan verfolgt das Planungsziel einer vorrangig dienstleistungsorientierten gewerblichen Nutzung entlang der xxxx Straße mit gewerblichem Schwerpunkt auf den hinteren Grundstücksteilen. Der Bebauungsplan folgt damit dem städtebaulichen Leitbild, die xxxx Straße zur „Dienstleistungsachse“ zu entwickeln.
Auf dem Grundstück Fl.Nr. 5360/21 könnte nach den Festsetzungen des Bebauungsplans entlang der xxxx Straße ein Grundstücksteil (ca. xxxxqm) untergeordnet, nämlich im/ab dem 3. Obergeschoss, für (Sozialen) Wohnungsbau genutzt werden. Bei voller Ausschöpfung der gemäß Bebauungsplan hierfür ab dem 3. OG nutzbaren Baufenster käme man auf eine wohnbaulich nutzbare Bruttogeschossfläche von knapp xxxxqm; je nach Wohnungsgröße ergäbe dies etwa 15 bis 20 Wohnungen auf einem insgesamt gut xxxxqm großen Grundstück.
Jegliche Wohnnutzung entlang der xxxx Straße erfordert aufgrund der gravierenden Verkehrslärmimmissionen allerdings erhebliche Aufwendungen für passiven baulichen Schallschutz, der gutachterlich unter Beteiligung der Unteren Immissionsschutzbehörde zu bestimmen wäre - z.B. wären zur Wahrung gesunder Wohnverhältnisse voraussichtlich nicht öffenbare Fenster der Lärmschutzklasse IV mit Lüftungseinrichtung einzubauen.
Der Grundstücksteil an der xxxx Straße (ca. xxxxqm) kann nicht für Wohnungsbau genutzt werden, auch Befreiungen vom Bebauungsplan hierfür sind planungsrechtlich nicht statthaft – Wohnnutzung im Gewerbegebiet verstößt regelmäßig gegen die „Grundzüge der Planung“ (§ 31 Abs.2 BauGB).
Die planungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Wohnbebauung ließen sich hier theoretisch nur über eine Bebauungsplanänderung mit entsprechendem Verfahren schaffen – hierzu kann aber keinesfalls geraten werden, da durch ein Heranrücken von Wohnnutzung an gewerblich genutzte Gebiete immissionsschutzrechtliche Konflikte hervorgerufen werden, die evtl. nicht beherrschbar sein werden oder aber eine Beschneidung der bereits ausgeübten gewerblichen Nutzungen auf angrenzenden oder in der Nähe befindlichen Betriebsgrundstücken erzwingen.
Im Ergebnis ist festzustellen, dass sich das Grundstück Fl.Nr. xxxxx der Gemarkung Aschaffenburg aufgrund des geltenden Bauplanungsrechts, der benachbarten Gewerbegebiete und der erheblichen Lärmbelastungen durch den Verkehr der xxxx Straße nicht für Sozialen Wohnungsbau eignet. Die Verwaltung empfiehlt daher, auf die „Erstzugriffsoption“ zum Erwerb des Grundstücks von der BImA zu verzichten.
Bei entsprechendem Beschluss und Mitteilung an die BImA kann die Immobilie in der Folge durch die BImA vermarktet und an geeignete private gewerbliche Nutzer oder Investoren veräußert werden.