Klimaanpassung: Förderung der Dach- und Fassadenbegrünungen


Daten angezeigt aus Sitzung:  11. Sitzung des Umwelt- und Verwaltungssenates, 06.12.2017

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Umwelt- und Verwaltungssenat 11. Sitzung des Umwelt- und Verwaltungssenates 06.12.2017 ö Beschließend 2uvs/11/2/17

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

1. Bericht: Dach- und Fassadenbegrünung im Agenda21-Beirat.

In der Agenda21-Beiratssitzung am 11.03.2015 wurde auf die Herausforderungen der Klimaanpassung für die Stadt Aschaffenburg also die unvermeidlichen Folgen des Klimawandels in einem Einführungsvortrag eingegangen.
Der Klimawandel ist als globales Problem mit regionalen Konsequenzen anzusehen. Die moderne Klimapolitik besteht aus zwei Säulen: Dem Klimaschutz (Maßnahmen gegen den Klimawandel) und der Klimaanpassung (reagieren auf den Klimawandel). Grundlagen und Aktivitäten der Stadt Aschaffenburg sind im Wesentlichen die Flechtenkartierung, Klimagutachten, Teilnahme am Praxistest Stadtklimalotse, Täler-Konzept, grüne Verbindungen wurden und werden erweitert z.B. „Aschaffgrünzug“ oder Großmutterwiese.
Der Vortrag endete mit der Frage welche Impulse vom Agenda21-Beirat zum Thema Klimaanpassung ausgehen können.
Als wichtiges Thema wurde in der Diskussion die Dach-und Fassadenbegrünung angesehen. Auf Wunsch der Agenda21-Beiräte wurde das Thema Dach- und Fassadenbegrünungen im Agenda21-Beirat zu weiterbearbeitet. Da die Gebäudebegrünung als ein wichtiger Baustein zur Reduzierung der Überhitzung in der Stadt und als Rückhalt von Niederschlagswasser angesehen wurde.
Im März 2016 stellte Frau Nicole Pfoser, von der Fachvereinigung Bauwerksbegrünung e.V. (FBB)/ TU Darmstadt) die Möglichkeiten und Wirkungen der Dach- und Fassadenbegrünung vor. Frau Pfoser erläuterte die Leistungsfaktoren der Gebäudebegrünung: Kühlung, Verschattung, Strahlungs- und Witterungsschutz, Minderung von Temperaturextremen, Wasserrückhalt, Bildung und Filterung von Staub- und Luftschadstoffen, Schallabsorption und Biodiversität.
Weiter ging die Referentin auf den Status quo Stadtklima ein und erläuterte die Unterscheidung der Begrünungsform/Pflanzenauswahl bei der Dach- und Fassadenbegrünung. Die Motivation zur Schaffung einer Dach- oder Fassadenbegrünung liegt in den klimarelevanten Leistungen, den positiven Effekten und Vorteilen. Ein wichtiger Aspekt ist die Gebäudeoptimierung in puncto „Licht/Sonnenschutz“. Auch trägt die Dachbegrünung zur Wirkungssteigerung von Photovoltaikanlagen bei.

Im Anschluss an die Sitzung wurde die Frage diskutiert, wie es gelingt, die Dach- und Fassadenbegrünung den Bürgern in Aschaffenburg nahezubringen. Ebenfalls kam die Frage auf wieviel Gebäudebegrünung schon in Aschaffenburg vorhanden ist. In der anschließenden Sitzung am 19.10.2016 wurden im Vorfeld die Agenda21 Beiräte und Stellvertreter gebeten, sich zu überlegen wo sie Dach und Fassadenbegrünungen in Aschaffenburg kennen.
Die Beiräte markierten anhand von vorbereiteten Luftbildern der Stadt Aschaffenburg Dachbegrünungen sowie Fassadenbegrünungen.
Ergebnisse: Es wurden 11 Fassadenbegrünung auf städtischem Gebiet markiert und 27 Dachbegrünungen. Ziel war es sich intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen. Um weitere Daten und Beispiele zu erhalten, wurden 2 Beschlüsse gefasst. Die Agenda21-Beiräte regen in ihren Organisationen an, Fotos von Gebäudebegrünungen aufzunehmen. Dies dient dazu eine Bildersammlung über vorhandene Dach-und Fassadenbegrünung in Aschaffenburg aufzubauen. Diese Datenbank wird vom Amt für Umwelt- und Verbraucherschutz verwaltet. Des Weiteren wurde eine Prüfung durchgeführt wie viele Dach- und Fassadenbegrünungen in den vergangenen Jahren in Bauanträgen enthalten waren. Von 204 relevanten Bauanträgen im Zeitraum 01.01.2015 bis 31.10.2016 wurden 20 Dachbegrünungen realisiert und 0 Fassadenbegrünungen.
Um einen besseren Einblick in die Praxis zu bekommen, wurden für die Agenda21-Beiratssitzung am 26.10.2017 Experten eingeladen, um zu erfahren in welchen Fällen die Gebäudebegrünung realisiert wird und weshalb in anderen Fällen darauf verzichtet wird. Von den Referenten Herrn Metzing MIB Unternehmensgruppe, Matthias Sattig Architekturbüro Sattig sowie    Wolfgang Geibel und Andreas Roß Geibel Steil- und Flachdachtechnik erfuhren die Beiräte von gelungenen positiven Beispielen und welche Gründe im Einzelfall gegen eine Dachbegrünung sprachen. Die Fassadenbegrünungen sind in der Regel sehr kostenintensiv und aufwändig in der Pflege. Mit der Dachbegrünung sind Mehrkosten verbunden, aber es wird auch die Langlebigkeit der Dachhaut erhöht.
Als Ergebnis der Bearbeitung der Dach-und Fassadenbegrünung wurden vom Agenda21-Beirat zwei Empfehlungen an den Stadtrat am 26.10.2017 beschlossen.


2. Beschlussvorschlag 1:
Mit der Neufassung der Entwässerungssatzung (EWS) der Stadt Aschaffenburg und der damit einhergehenden Einführung der Niederschlagswassergebühr ist die Fläche der begrünten Dächer bei der Bemessung der Niederschlagswassergebühr zu berücksichtigen.

Begründung:
Mit der Neufassung und der damit einhergehenden Einführung der Niederschlagswassergebühr wird die Fläche der begrünten Dächer bei der Bemessung der Niederschlagswassergebühr berücksichtigt. Neben der kühlenden Wirkung für die Stadt speichern Dachbegrünungen auch Niederschlagswasser und entlasten dadurch den Kanal.
Der Agenda21-Beirat möchte mit diesem Beschlussvorschlag erreichen, die Zahl der Dachbegrünungen in Aschaffenburg zu erhöhen. Gebäudebegrünungen leisten einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung des Stadtklimas und sind damit ein wichtiger Teil einer nachhaltigen Stadtentwicklung. Durch die Begrünung wird auch die Regenverdunstung verbessert, die Wärmebelastung reduziert und insbesondere bei Starkregen das Niederschlagswasser aufgenommen und die Kanalisation entlastet. Dachbegrünungen tragen ebenfalls dazu bei, die Lebensdauer des Gebäudes zu verlängern, da sie Klima- und Umwelteinflüsse abpuffern.

Die Überarbeitung der Entwässerungssatzung (EWA) der Stadt Aschaffenburg und damit die Einführung von getrennten Abwassergebühren von Frischwasser und Niederschlagswasser wird in geraumer Zeit erfolgen. Es wird in diesem Zuge auch die positiven Eigenschaften der Dachbegrünung bei der Gebührenbemessung des Niederschlagswassers berücksichtigt.

3. Beschlussvorschlag 2:
Zur Steuerung und Förderung von Dach- und Fassadenbegrünungen im dicht besiedelten Stadtgebiet werden folgende planungsrechtlichen Leitlinien eingeführt:
  • Bei der Neuaufstellung von Bebauungsplänen werden verpflichtend Begrünungsmaßnahmen an Gebäuden in hochverdichtenden Gebieten festgesetzt
  • Grünflächen auf gewachsenem Boden und Bepflanzung genießen grundsätzlich Vorrang vor bautechnisch aufwendigeren und anfälligeren Begrünungsmaßnahmen an Gebäuden
  • Sofern eine Befreiung der zulässigen Versiegelungsobergrenze möglich ist, ist eine grünordnerische Kompensation in Form von Begrünungsmaßnahmen an Gebäuden vorzusehen
Für die planungsrechtliche Steuerung und Förderung von Begrünungsmaßnahmen wird im nicht überplanten Innenbereich folgende Leitlinie eingeführt:
  • In Ermangelung einer Rechtsgrundlage zur Verpflichtung auf Begrünungsmaßnahmen, ist im Rahmen der Bauberatung seitens der Verwaltung auf die Möglichkeiten von Begrünungsmaßnahmen einzugehen. 

Begründung:
Der Agenda21-Beirat gab am 15.11.2017 die Beschlussempfehlung zur Einführung von planungsrechtlichen Leitlinien zur Steuerung und Förderung von Dach- und Fassadenbegrünungen im dicht besiedelten Stadtgebiet. Bei der Neuaufstellung von Bebauungsplänen soll eine verpflichtende Begrünungsmaßnahme an Gebäuden in hochverdichtenden Gebieten festgesetzt werden.
Einführung von Leitlinien für die planungsrechtliche Steuerung und Förderung von Begrünungsmaßnahmen im nicht überplanten Innenbereich.




a) Neuaufstellung von Bebauungsplänen

Bei der Neuaufstellung von Bebauungsplänen werden aus stadtklimatischen, ökologischen und stadtgestalterischen Gründen regelmäßig (auch) Begrünungsmaßnahmen an Gebäuden festgesetzt.
Verpflichtend soll dies bei hochverdichteten Gebieten mit einem planungsrechtlich zulässigen Gesamtversiegelungsgrad von 80% oder mehr erfolgen.
Der Aspekt der Festsetzung von Begrünungsmaßnahmen an Gebäuden soll in den betreffenden Fällen regelmäßig in den Begründungen der Bebauungspläne thematisiert werden; sowohl die Anwendung als auch der Verzicht auf die Festsetzung von Begrünungsmaßnahmen an Gebäuden sind verbal-argumentativ kurz zu begründen.
Die Kompensation bei erforderlichen Befreiungen vom Überbauungsgrad und von grünordnerischen Festsetzungen in geltenden Bebauungsplänen.
Grünflächen auf gewachsenem Boden und Bepflanzung genießen grundsätzlich Vorrang vor bautechnisch aufwendigeren und anfälligeren Begrünungsmaßnahmen an Gebäuden, umso mehr, wenn damit positive Effekte für die im Gebiet Wohnenden und Arbeitenden oder für das Stadtbild verbunden sind.
Sofern bei Einzelbauvorhaben auf Grundstücken im Geltungsbereich von rechtskräftigen Bebauungsplänen Befreiungen von der zulässigen Versiegelungsobergrenze oder von festgesetzten Begrünungen erteilt werden können / sollen, so sind grünordnerische Kompensationen in Form von Begrünungsmaßnahmen an Gebäuden vorzusehen und ggf. verbindlich zu beauflagen. Aus Gründen der Funktionsfähigkeit und der Dauerhaftigkeit sind hierbei Maßnahmen zur (mindestens extensiven) Dachbegrünung der Vorrang vor Maßnahmen zur Fassadenbegrünung zu geben.


b) Leitlinien für die planungsrechtliche Steuerung und Förderung von Begrünungsmaßnahmen an Gebäuden im nicht überplanten Innenbereich

Nicht überplanter Innenbereich (§ 34 Baugesetzbuch) - Bauberatung
In den nicht überplanten Siedlungsteilen der Stadt Aschaffenburg („im Zusammenhang bebaute Ortsteile“ im Sinne des § 34 Baugesetzbuch) ermangelt es einer Rechtsgrundlage zur Verpflichtung auf Begrünungsmaßnahmen an Gebäuden, sofern Bauvorhaben das planungsrechtliche „Einfügungsgebot“ des § 34 BauGB erfüllen. Die Verwaltung möge daher im Rahmen der Bauberatung darauf hinwirken, dass insbesondere in Siedlungsteilen mit hohem Versiegelungsgrad (z.B. größere Teile der Innenstadt) die Möglichkeiten von Begrünungsmaßnahmen ergriffen werden. Auch hier genießen Grünflächen auf gewachsenem Boden und Bepflanzung Vorrang vor bautechnisch aufwendigeren und anfälligeren Begrünungsmaßnahmen an Gebäuden.

.Beschluss:

I.
Vorberatend im Agenda21-Beirat am 26.10.2017 werden die nachfolgenden Beschlussvorschläge empfohlen.
1.) Der Bericht „Dach- und Fassadenbegrünung im Agenda21-Beirat“ wird zur Kenntnis genommen.

2.)
Mit der Neufassung der Entwässerungssatzung (EWS) der Stadt Aschaffenburg und der damit einhergehenden Einführung der Niederschlagswassergebühr ist die Fläche der begrünten Dächer bei der Bemessung der Niederschlagswassergebühr zu berücksichtigen.

3.)
Zur Steuerung und Förderung von Dach- und Fassadenbegrünungen im dicht besiedelten Stadtgebiet werden folgende planungsrechtlichen Leitlinien eingeführt:
  • Bei der Neuaufstellung von Bebauungsplänen werden verpflichtend Begrünungsmaßnahmen an Gebäuden in hochverdichtenden Gebieten festgesetzt.
  • Grünflächen auf gewachsenem Boden und Bepflanzung genießen grundsätzlich Vorrang vor bautechnisch aufwendigeren und anfälligeren Begrünungsmaßnahmen an Gebäuden.
  • Sofern eine Befreiung der zulässigen Versiegelungsobergrenze möglich ist, ist eine grünordnerische Kompensation in Form von Begrünungsmaßnahmen an Gebäuden vorzusehen.
Für die planungsrechtliche Steuerung und Förderung von Begrünungsmaßnahmen wird im nicht überplanten Innenbereich folgende Leitlinie eingeführt:
  • In Ermangelung einer Rechtsgrundlage zur Verpflichtung auf Begrünungsmaßnahmen, ist im Rahmen der Bauberatung seitens der Verwaltung auf die Möglichkeiten von Begrünungsmaßnahmen einzugehen.




II. Angaben zu den Kosten:
                                               
Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:
ja [   ]
nein [ x  ]

Sofern Kosten entstehen:


Die Kosten sind im laufenden Haushaltsplan veranschlagt
ja [   ]
nein [   ]
Es entstehen Folgekosten
ja [   ]
nein [   ]
Häufigkeit der Folgekosten
einmalig
[  ]
wiederkehrend
[   ]

Abstimmungsergebnis:
Einstimmig angenommen

Datenstand vom 11.04.2018 14:24 Uhr