1 Zielvorstellung und Zustandsbeschreibung
Das Radverkehrskonzept definiert den Straßenzug Deschstraße – Deutsche Straße – Lufthofweg als Hauptverbindung 1. Ordnung (rote Linie in Bild 1) und stellt damit auch die empfohlene Regionalverbindung zwischen Stadt und dem Markt Goldbach bzw. Hösbach dar. Das Kronberg-Gymnasium liegt als radverkehraffines Ziel unmittelbar an dieser Route.
Bild 1: Radverkehrszielnetz (Radverkehrskonzept)
Über diese Route wird der Radverkehr aus der Platanenallee, Hofgartenstraße und Ringstraßen-Radweg gen Osten hin gebündelt. Es gilt nun, den Straßenzug Deschstraße – Deutsche Straße – Lufthofweg in ihrer Funktion als Radverkehrsverbindung zu stärken und sichtbar zu verbessern.
Die Route ist heute schon sehr beliebt, weil sie weitgehend durch die Tempo-30-Zone Österreicher Kolonie führt, in der die Deutsche Straße mittels Berliner Kissen stark verkehrsberuhigt ist. Im Bild 2 zeigen Zählungen vom 18.06.2013 den hohen Radverkehrsanteil im Vergleich zum Kfz-Verkehr.
Bild 2: Radverkehrsanteil in der Deutschen Straße (18.06.2013)
Gleichwohl wird der Weg am Rand der Fasanerie oder durch die Großmutterwiese in hohem Umfang vom Radverkehr genutzt, insbesondere in Verbindung mit der Landschaftsbrücke. Diese Wege sind für den Freizeitverkehr hervorragend, aber für den Alltagsverkehr nur eingeschränkt geeignet. Sie zeichnen sich in erster Linie durch eine breite Nutzungsüberlagerung aus, die für den Alltagsverkehr hinderlich ist (Spaziergänger, Hunde, Spielplatz, Kinder, Bouleplatz) und in Kombination mit den eher geringen Wegbreiten dann sogar gefährlich wird. Zudem sind die Wege nicht asphaltiert. Dieses Kriterium gewinnt durch den Gebrauch hochwertiger Fahrräder immer mehr an Gewicht. Letztlich sind diese Wege auch nicht durchweg beleuchtet und bieten daher auch nicht das Sicherheitsmaß straßengeführter Routen.
In Bild 3 sind die unterschiedlichen Verkehrsregelungen bzw. Höchstgeschwindigkeiten entlang der Route dargestellt.
Bild 3: Verkehrsregelungen bzw. Höchstgeschwindigkeiten
2 Die Fahrradstraße Deutsche Straße im Kontext zur Machbarkeitsstudie Radschnellverbindung Aschafftal
Im Juni 2017 wurde das Ingenieurbüro Habermehl & Follmann von Seiten der Stadt, bzw. das Ingenieurbüro Obermeyer von Seiten des Landkreises Aschaffenburg mit der Durchführung einer Machbarkeitsstudie für eine Radschnellverbindung im Aschafftal beauftragt. Das Gutachten steht zumindest für den städtischen Bereich kurz vor dem Ende – es fehlt bislang noch die abschließende Bewertung der untersuchten Korridore und Varianten.
Auf dem Stadtgebiet wurden drei Korridore (mit Untervarianten) für die Radschnellverbindung untersucht:
- Goldbacher Straße,
- Elsässer Straße und
- Deutsche Straße.
Start- bzw. Zielpunkt ist dabei immer der Radweg An der Lache (abgestimmter Übergabepunkt mit dem Landkreis) und der Kreisverkehr Platanenallee / Goldbacher Str. mit direktem Anschluss an Innenstadt und Hauptbahnhof.
Über das Projekt der Radschnellverbindung wird unter Berücksichtigung des Planungsstands im Landkreis in einer gesonderten Stadtratssitzung umfassend berichtet. Wichtig bleibt aber bereits jetzt festzuhalten, dass die Einrichtung der Fahrradstraße in der Deutschen Straße den Überlegungen der Radschnellverbindung nicht im Weg steht. Im Gegenteil: durch eine Überlagerung beider Projekte wird die Fahrradstraße noch an Komfort gewinnen, etwa durch eine Vorfahrtsregelung für den Radverkehr.
Fällt die Entscheidung über die Route der Radschnellverbindung auf eine andere Trasse, so kann die Fahrradstraße dennoch in der im Folgenden beschriebenen Weise ausgeführt werden und stellt eine zusätzliche gute Verbindungsoption für den Radverkehr dar.
3 Maßnahmenentwicklung
Gemäß dem Abschnittsplan in Bild 4 erfolgt die Maßnahmenbeschreibung.
Abschnitt 1: Deschstraße
Die Deschstraße ist nicht Bestandteil der Tempo-30-Zone Herz-Jesu Viertel, aber mit einer Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h versehen. Das Basaltpflaster stellt mit seinen Verwerfungen und Asphaltflicken keine komfortable Oberfläche dar. Radverkehrsanlagen sind keine vorhanden. Der Neubau von Radverkehrsanlagen erscheint unter der momentanen Straßenraumgestaltung mit der Dominanz des ruhenden Verkehrs kaum möglich. Grundlegende Voraussetzung für die Verbesserung der Radverkehrssituation wäre ein Deckenneubau und ggf. eine Umgestaltung, der sich jedoch finanziell mittelfristig nicht abbilden lässt. Für die Deschstraße wird daher jetzt keine Maßnahme empfohlen. Langfristig soll hier die Fahrradstraße ihre Fortsetzung finden.
Bild 4: Abschnittsbildung
Abschnitt 2: Einmündung Deschstraße / Hohenzollernring / Deutsche Straße
Die Einmündung war im Zuge des Ringstraßenbaus zunächst ohne Lichtsignalanlage geplant. Auf Wunsch der anliegenden Schulen (Fröbel- und Gutenbergschule, Kronberg-Gymnasium) und des Altenheims St.-Elisabeth sollte aber an dieser Stelle die signalisierte Querungsmöglichkeit erhalten bleiben. Die nunmehr eingetretene massive Reduzierung der Verkehrsbelastung an dieser Einmündung lassen eine Optimierung der Lichtsignalsteuerung zu. Aus dem bislang 3-phasigen Programm
- Freigabe Hohenzollernring
- Freigabe Deutsche Straße und Deschstraße
- Freigabe Fußgänger über die Deschstraße und Hohenzollernring
soll die dritte Phase in die beiden ersten integriert werden. Dies ist der Regelfall bei Lichtsignalsteuerungen im Stadtgebiet und reduziert die Wartezeit für alle Verkehrsteilnehmer. Konkret: Bei Freigabe Hohenzollernring erhalten auch die Fußgänger über die Deschstraße (mit Vorlauf) ihre Freigabe. Bei Freigabe des Straßenzugs Deschstraße – Deutsche Straße erhalten auch die Fußgänger über den Hohenzollernring (mit Vorlauf) ihre Freigabe.
Die Phase 2 (Freigabe Deutsche Straße und Deschstraße) mit Fußgängerfreigabe über den Hohenzollernring soll dauerhaft geschaltet bleiben. Phase 1 und Fußgängerfreigabe Deschstraße dagegen nur auf Anforderung von Fahrzeugen im Hohenzollernring und von Fußgängern, die die Deschstraße queren möchten.
Diese dann verkehrsabhängige Schaltung wird die Wartezeit für alle Verkehrsteilnehmer (auch Fußgänger) noch weiter senken und die Radverkehrsachse Deschstraße – Deutsche Straße beschleunigen. Es hat sich erwiesen, dass die Länge der Wartezeit Einfluss auf die Akzeptanz einer Verkehrsanlage hat. Aktuelle Beobachtungen an der Einmündung lassen einen hohen Grad an Rotlichtverstößen erkennen. Somit verhilft diese Maßnahme auch zu mehr Verkehrssicherheit, wenn die Rotzeiten verkürzt werden und damit die Reizschwelle für eine Regelübertretung erhöht wird.
Abschnitt 3: Deutsche Straße zwischen Desch- und Bayernstraße
Nach der Einmündung aus Abschnitt 2 beginnt hier die Tempo-30-Zone der Österreicher Kolonie. Die Deutsche Straße dient hier überwiegend als Erschließungs-Sammelstraße. Der Radverkehr tritt hier zwar nicht als vorherrschendes Verkehrsmittel auf, aber in der Gesamtbetrachtung der Route ist dieser Abschnitt unumgänglich. Es wird daher empfohlen, auch diesen Abschnitt als Fahrradstraße auszuweisen. Die Vorfahrtsregeln bleiben wie im Bestand erhalten.
Ein Neubau eines Radwegs alternativ zur Fahrradstraße in Abschnitt 3 erweist sich als weit aus kostspieliger und umständlicher, ohne dabei einen deutlichen Mehrwert für den Radverkehr zu erzielen: Ein eigenständiger Zweirichtungs-Radweg abseits der Straße etwa an den Kleingärten entlang wäre zwar technisch denkbar, aber letztlich besteht dann immer die Problematik, die Fahrtrichtungsströme am Ende des Radwegs wieder in den Mischverkehr zu entflechten. Zudem ein solcher Weg mehrfach rege frequentierte Fußwegbeziehungen zu den Schulen kreuzen müsste und damit einer Schnellverbindung nicht gerecht wird. Und für Radverkehrsanlagen auf der Fahrbahn (Radfahrstreifen oder Schutzstreifen) ist die Fahrbahnbreite mit 7,0 bis 7,6 m zu gering. Zudem sind nach § 45 Abs. 1c) der Straßenverkehrsordnung Radverkehrsanlagen in Tempo-30-Zonen nicht zulässig.
In der Anlage 1 werden zwei Varianten einer eigenständigen Führung in diesem Abschnitt gezeigt. Variante 1 leitet den Radverkehr von der Deutschen Straße wieder zurück auf die Deutsche Straße und unterbricht damit eine kontinuierliche Führung. Problematisch ist hierbei besonders der Übergang vom Radweg auf die Fahrbahn in unmittelbarer Nähe zum Knoten mit dem Hohenzollernring. Variante 2 sieht die Weiterführung über die Landschaftsbrücke bis zur Lindenallee vor. Die Wege der Landschaftsbrücke genügen hinsichtlich ihrer Oberfläche und Breite nicht den Anforderungen einer Radschnellverbindung. Die Führung über die Lindenallee weist bereits einen beträchtlichen Umweg auf dem Weg zur Innenstadt / Hauptbahnhof auf und besitzt in Fahrtrichtung Goldbach auch keine Radverkehrsanlage in der Lindenallee.
Vor dem Hintergrund, dass die Deutsche Straße im Abschnitt 3 von nur rund 2.500 Kfz / Tag befahren wird, werden Überlegungen für einen eigenständigen Radweg nicht weiterverfolgt. Bei dieser Belastung ist der Mischverkehr auf der Fahrbahn – wie ohnehin in jeder Tempo-30-Zone – die empfohlene Führungsart.
Abschnitt 4: Deutsche Straße zwischen Bayernstraße und Elsässer Straße
Der Verlauf der Fahrradstraße wird mittels deutlichen Markierungen auf der Fahrbahn verdeutlicht. Auch hier bleibt die Vorfahrtsregel Rechts-vor-Links erhalten. Der aus dem Quartier auf die Deutsche Straße einfahrende Verkehrsmenge ist insgesamt so gering, dass eine Vorfahrtsregelung pro Deutsche Straße keinen nennenswerten Vorteil bringt – in anderem Fall aber der Beschilderungsaufwand recht groß ist. Die Berliner Kissen an den Einmündungen der Deutschen Straße bleiben erhalten. Sie stellen für den Radverkehr kein Hindernis dar.
An der Einmündung zur Elsässer Straße soll der eingebaute Fahrbahnteiler entfernt werden. Zurzeit dient der Fahrbahnteiler als Einfahrtsschleuse in die unechte Einbahnstraße Deutsche Straße. Sie lässt sich aber von Goldbach kommend nur mühselig befahren und wird in der Praxis ignoriert. Im Prinzip bleibt die Einfahrtsschleuse erhalten. Sie wird aber lediglich mit einer Markierung angelegt und insgesamt breiter ausgeführt (s. Bild 5).
Bild 5: Einmündung Deutsche Straße / Elsässer Straße
Abschnitt 5: Deutsche Straße, zwischen Elsässer Straße und Lufthofweg
Hier treffen im Wesentlichen die Ausführungen aus Abschnitt 3 zu. Die Deutsche Straße ist hier noch Tempo-30-Zone und weist versetzte Parkstände auf, so dass sich die Anlage von Radverkehrsanlagen schwierig bis unmöglich erweist. Die Erweiterung der Fahrradstraße bis zum Lufthofweg schafft auch hier den notwendigen Lückenschluss in der Gesamtverbindung.
Abschnitt 6: Lufthofweg von Deutscher Straße bis zur Ortsgrenze zum Markt Goldbach
In diesem Abschnitt verläuft ein benutzungspflichtiger Geh- und Radweg bis nach Goldbach. Für diesen Abschnitt sind keine Maßnahmen im Rahmen des Projekts Fahrradstraße Deutsche Straße vorgesehen. Die Benutzungspflicht des Geh- und Radwegs kann in Frage gestellt werden. Dies erfolgt aber in Abstimmung mit dem Markt Goldbach zu einem späteren Zeitpunkt.
4 Abstimmungen
Das Projekt wurde am 26.01.2018 im Fahrradforum vorgestellt und die Empfehlung ausgesprochen, eine Fahrradstraße zwischen der Deschstraße und dem Lufthofweg auszubilden.
Zum Thema Lichtsignalanlage aus Abschnitt 2 wurde mit der Fröbel-/ Gutenbergschule sowie dem Kronberg-Gymnasium gesprochen. Es besteht Einvernehmen darüber, dass die Lichtsignalanlage einen wichtigen Beitrag zur Schulwegsicherheit leistet. Der Vorschlag der Verwaltung zur beschriebenen Programmänderung wird von beiden Schulen befürwortet – die Fahrradstraße ebenso.
Das Landratsamt wurde über die Absicht der Verwaltung informiert, eine Fahrradstraße in der Deutschen Straße zu errichten. Zwar gelangen Besucher und Beschäftigte des Landratsamts überwiegend von der Goldbacher Straße zum Landratsamt, die Rückfahrt führt aber häufig über die Deutsche Straße zur Deschstraße und weiter über die Lindenallee zur Ringstraße. Das Landratsamt erhebt grundsätzlich keine Bedenken gegen die Fahrradstraße. Lediglich im Abschnitt 3, zwischen Desch- und Bayernstraße, sieht das Landratsamt den Radverkehr in den Hauptverkehrszeiten mit dem Berufs- und Ausbildungsverkehr eher gefährdet. Die Stadtverwaltung sieht diesen Punkt eher unkritisch, da sich der Radverkehr auch heute schon zu jeder Tageszeit gut im Mischverkehr auf der Fahrbahn mit anderen Verkehrsteilnehmern arrangiert. Unfälle mit Radverkehrsbeteiligung sind in den letzten drei Jahren nicht aufgetreten.
Die Polizei sieht keine Bedenken und befürwortet die Fahrradstraße in ganzer Länge.
Der Verkehrsbetrieb weist darauf hin, dass es im Abschnitt 3, zwischen Desch- und Bayernstraße, zu Fahrzeitverlusten kommen kann, wenn der Radverkehr sein Privileg in der Fahrradstraße nutzt und nebeneinander auf der Fahrbahn fährt. Tatsächlich ist es dem Bus aber bereits jetzt nicht möglich, ein einzelnes Fahrrad zu überholen, da die Fahrbahn bedingt durch den ruhenden Verkehr zu schmal zum Überholen ist.
Den Bedenken des Landratsamts sowie des Verkehrsbetriebs soll aber dahingehend Rechnung getragen werden, dass dieser Abschnitt der Fahrradstraße zunächst auf Probe eingerichtet und einer besonderen Beobachtung durch das Stadtplanungsamt unterstellt wird.
5 Fazit
Mit der Einrichtung einer Fahrradstraße in der Deutschen Straße gelingt eine Erweiterung der Radverkehrsinfrastruktur gemäß dem Radverkehrskonzept. Die Einrichtung ist kostengünstig und besitzt einen hohen Symbolwert für den Radverkehr. Einzig der Abschnitt zwischen Desch- und Bayernstraße, auf dem auch der Linienverkehr verläuft, wird vom Landratsamt und Verkehrsbetrieb kritisch gesehen. Es wird daher empfohlen, die Fahrradstraße für diesen Abschnitt zunächst für ein Jahr zur Probe einzurichten und die Situation insbesondere zur Hauptverkehrszeit zu beobachten. Der Bericht über den Probezeitraum wird dem Stadtrat vorgestellt. Es wird angestrebt, die Maßnahmen zur Fahrradstraße nach den Sommerferien zum Schulbeginn umzusetzen.