1. Einführung und Chronologie der Mainuferplanung
Die Stadt Aschaffenburg verfolgt seit Jahrzehnten das Ziel, ihre Landschafts- und Grünräume als integralen Teil des Siedlungsraums zu entwickeln und sie für die Nutzung der Bürgerinnen und Bürger von Stadt und Region zu erschließen. Die dazu durchgeführten Projekte reichen von einer intensiven, Bestand erhaltenden und denkmalpflegerisch orientierten Parkpflege über die Neuanlage von neuen großflächigen Grünstrukturen, wie der im Rahmen der Militärkonvention geschaffenen Brentanoachse bis zur neuen Grünverbindung über die Grünbrücke der Ringstraße zwischen Großmutterwiese und Fasanerie.
Zu den Schlüsselprojekten der Freiraumentwicklung gehört die systematische Aufwertung des Mainufers im gesamten Stadtgebiet. Bereits in den 1980er Jahren entstand der „Grünordnungsplan für die Mainufer“ von Professor Grzimek. 2007 wurde die Konzeptstudie für den so genannten „Mainuferpark“ erarbeitet. Aus dieser Konzeptstudie wurde 2008 eine Machbarkeitsstudie zur Bewerbung der Stadt Aschaffenburg für eine Landesgartenschau 2016 entwickelt. Auf eine Bewerbung wurde aus Gründen der Wirtschaftlichkeit jedoch verzichtet. Das Mainufer selbst sollte aber unabhängig von einer publikumswirksamen Großveranstaltung in den Fokus der Freiraumentwicklung gestellt werden, um eine spürbare Aufwertung des Uferbereichs zwischen Pompejanum und Willigisbrücke zu erreichen.
Ein Beirat, der 2007 zur Entwicklung einer langfristig tragfähigen Konzeption für den Bereich der Grünstrukturen um das Schloss Johannisburg vom Oberbürgermeister eingerichtet wurde, hat nach acht Sitzungen die Empfehlung ausgesprochen, für den Bereich des Mainufers, der unteren Schlossterrasse, ein Plangutachterverfahren als Architektenkonkurrenz durchzuführen. Für die Aufgabenstellung des Plangutachtens wurde im Beirat eine Arbeitsgrundlage mit Präambel erstellt. Sie beschreibt die Ausgangslage, die zentralen Entwicklungsziele und die wichtigsten Fragestellungen, die im Rahmen der Plangutachten aufzugreifen sind. Es war ausdrücklicher Wunsch des Beirates, auf Detailaussagen und Detailvorgaben zur verzichten, um den einzelnen Plangutachtern einen breiten Spielraum für Ihre Entwurfsarbeit einzuräumen. Als Ergebnis der gutachterlichen Bearbeitung wurden konzeptionell durchdachte und in sich schlüssige Planungskonzepte erwartet, die präzise räumliche und sachliche Detailvorschläge zur Nutzung und funktionalen Ordnung sowie zur ästhetischen Umgestaltung und Aufwertung des rund 5,7 ha großen Planungsraums zwischen dem Pompejanum und der Willigisbrücke enthalten.
Die Empfehlung des Beirates wurde am 20.10.2009 vom Planungs- und Verkehrssenat gebilligt und die Verwaltung beauftragt, in der 1. Jahreshälfte 2010 das Gutachterverfahren durchzuführen. Im Mai 2010 wurden die Architekturbüros
- Raimund Böhringer, Landschaftsarchitekt Bdla / Srl, Bad Alexanderbad
- Stefan Fromm, Freier Garten- und Landschaftsarchitekt Bdla, Dettenhausen
- Planergruppe Hytrek, Thomas, Weyell und Weyell (HTWW), Partnerbüro Rainer Tropp, Aschaffenburg
mit der Erstellung einer grundsätzlichen Planerstudie für den Uferbereich unterhalb des Schlosses zwischen Pompejanumsfelsen und Willigisbrücke beauftragt.
Das Plangutachterverfahren mit seinen konkurrierenden 3 Fachbeiträgen wurde am 18.01.2011 im Planungs- und Verkehrssenat vorgestellt. Aus Sicht der Verwaltung haben alle Arbeiten hohe Qualität. Sie zeigen unterschiedliche Sichtweisen auf mit welchem Selbstverständnis die Weiterentwicklung des Mainufers verfolgt werden kann. Die Ansätze reichen von einem eher bestandsorientierten Ansatz bis hin zur Inszenierung des Mainufers für vielfältige Freizeitnutzungen. Mit den drei Gutachten verfügt die Stadt Aschaffenburg über einen großen Fundus an zum Teil sehr detaillierten Planungsvorschlägen. Die Plangutachten selbst sind allerdings als Rahmenkonzepte zu verstehen. Das bedeutet, dass die Realisierungen der Maßnahmenvorschläge noch eine Detaillierung und Bewertung der technischen, zeitlichen und finanziellen Umsetzung bedürfen.
Im Anschluss an die o. g. Sitzung des Planungs- und Verkehrssenats wurden die Plangutachten durch die Landschaftsarchitekten in einem sehr gut besuchten Bürgergespräch in der Stadthalle vorgestellt und erörtert.
Mit der Bewerbung der Stadt Aschaffenburg das „Mainuferprojekt“ als Pilotprojekt für eine innovative und experimentelle Bürgerbeteiligung im Rahmen der nationalen Stadtentwicklungspolitik vorzuschlagen hat der Stadtrat im Dezember 2011 den Weg bereitet, die Entwürfe der Plangutachten und auch neu eingebrachte Ideen mit der Bürgerschaft zu kommunizieren, neue Formen der Bürgerbeteiligung einzusetzen und konkrete Projekte in Form von temporären Maßnahmen umzusetzen. Hierzu gehörten die Sommerbühne, eine provisorische Wegeverbreiterung und der Biergarten. Das Bürgerbeteiligungsprojekt erfolgte in der Laufzeit von März 2012 bis Herbst 2013.
2014 konnte dem Stadtrat das Abschlussergebnis des Beteiligungsprozesses präsentiert werden. Aus dem gesamten Diskussionsprozess zur Mainufergestaltung (Plangutachterverfahren und Bürgerbeteiligung) konnte ein Katalog von 19 Einzelmaßnahmen herausgearbeitet werden, die in den nächsten Jahren schrittweise umgesetzt werden sollen. Die Punkte Nr. 5 Mähkuh und Nr. 6 Parken wurden von der Zustimmung ausgenommen. Der Schlossterrassenbeirat hat sich bereits am 25.11.2013 in seiner abschließenden Sitzung mit dem Gesamtprozess befasst und mit großer Mehrheit (bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung) die Empfehlung ausgesprochen die nachfolgend aufgeführten Maßnahmen umzusetzen.
Zur Mähkuh traf der Planungs- und Verkehrssenat in späterer Sitzung die Entscheidung auf einen Landliegeplatz zu verzichten. Auch ein Gastronomiegebäude mit integrierten Museumsbereich wurde im Zusammenhang mit Überlegungen zum Neuaufbau des ehemaligen Kutscherhofes im Planungs- und Verkehrssenats diskutiert. Hierzu wurde der Beschluss gefasst, auf einen solchen Baukörper zu verzichten.
Im Jahre 2014 wurde durch den Stadtrat festgelegt, dass das Mainufer in das Sanierungsgebiet Innenstadt in das Förderprogramm „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ aufgenommen wird. Damit wird gewährleistet, dass Maßnahmen in erheblichem Umfang durch Städtebauförderungsmittel bezuschusst werden können. Als erste vorgezogene Fördermaßnahme wurde die Mainuferpromenade durch die Regierung von Unterfranken bewilligt. Die Mainuferpromenade ist seit September 2018 in Bau.
Die Regierung von Unterfranken hatte aber auch zum Ausdruck gebracht, dass Sie eine Projektförderung nur auf der Grundlage eines abgestimmten und vom Stadtrat beschlossenen Masterplanes für das rechte Mainufer gewährt. Er vertieft und konkretisiert das Plangutachten von 2011.
Dieser Masterplan wurde daraufhin an das Landschaftsplanungsbüro Stefan Fromm vergeben. Der Masterplan wird als Fördermaßnahme bezuschusst. Die Bearbeitung der Planung verzögerte sich, da die Priorität auf die Umsetzung der Mainuferpromenade gelegt wurde und darüber hinaus abgewartet werden musste wie und in welcher Größe das Regenüberlaufbecken Willigisbrücke in das Mainufer eingeordnet werden konnte.
2. Aufgaben und Ziele des Masterplan
Der Masterplan Aschaffenburger Schlossufer schließt den sehr lebhaften Diskussionsprozess der vergangenen Jahre ab und berücksichtigt auch aktuelle Planungen wie das Regenüberlaubecken Willigisbrücke. Er vertieft und konkretisiert damit das Plangutachten von 2011. Er ist damit das beabsichtige landschafts- und städteplanerische Entwicklungskonzept. Die im Masterplan vorgeschlagenen Einzelprojekte stellen aber noch keine ausführungsreife Objektplanung dar. Diese sollen auf der Grundlage des Masterplanes entwickelt und ausgeführt werden. Der Masterplan selbst ist wiederum Voraussetzung für die Anmeldung von Einzelmaßnahmen bei der Städtebauförderung. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat fördert darüber hinaus Projekte des Städtebaus mit nationaler Bedeutung. Die Föderquote liegt bei 2/3 der förderfähigen Kosten. Die Stadt Aschaffenburg wird sich auf dieses Programm mit dem Projekt Aschaffenburger Schlossufer bewerben.
3 Maßnahmenvorschläge des Masterplans
Der Masterplan Mainufer schlägt im einzelnen folgende Einzelmaßnahmen vor:
3.1 Landschaftsgerechte Einbindung des geplanten Regenüberlaufbeckens (RÜB) an der Willigsbrücke mit einer öffentlichen Toilettenanlage im Betriebsgebäude und beschatteten Aufenthaltsflächen. Der Spielplatz wird im Zuge des RÜB angepasst (in Ausführungsplanung in Vorbereitung). Der Bau- und Finanzierungsbeschluss ist gefasst. Hierzu ist bereits ein konkreter Förderantrag in der Städtebauförderung mit der Regierung von Unterfranken vorgesprochen und in Vorbereitung.
3.2 Neugestaltung der Mainuferpromenade mit zwei Sitzstufenanlagen und Baumbastionen (Baubeginn September 2018)
3.3 Zusätzlicher Anleger für Fahrgastschiffe als Ergänzung zur Anlegestelle Floßhafen,
3.4 Funktionale und gestalterische Aufwertung der vorhandenen Slipanlage am Theoderichstor mit einer Ein- und Ausstiegsstelle für Wasserwanderer, ggf. mit Bootsverleih, Neuordnung der Abstellflächen für Bootstrailer
3.5 Aufwertung des Biergartens am Theoderichstor durch geringfügige Erweiterung
3.6 Freistellen der historischen Kranichmauer
3.7 Anlage einer zentralen Platzfläche zwischen der Treppe zum Schloss und der Kranichmauer mit gestalteten Blumenfelder und einer befestigten Fläche für temporäre Nutzungen ggf. auch Gastronomie, Ergänzung der Platzfläche vor der Kranichmauer wasserseitig durch eine zusätzliche Sitzstufenanlage
3.8 Um das Mainufer barrierefrei zu erschließen soll ein Aufzug am nördlichen Kopf des Platzes errichtet werden. Der Zustieg erfolgt am Kastanienwäldchen
3.9 Anlage von zwei Bühnenstandorten zur temporären Bespielung des Mainufers durch Veranstaltungen. Westlich der zentralen Platzfläche ist eine größer Bühne („Stadtfestbühne“) mit einer vorgelagerten Veranstaltungswiese zur Bestuhlung vorgesehen. Diese Anlage ist bemessen für ca. 840 Besucher. Auf der Ostseite der zentralen Platzfläche ist künftig eine kleine „Sommerbühne“ als Speaker Corners eingeordnet, die durch Sitzstufen gefasst werden soll.
3.10 Das zwischen Mainuferpromenade und Suicardusstraße bestehende Wegenetz wird an die neuen Nutzungselemente angepasst und ertüchtigt. Besondere Bedeutung wird hierbei die parallel verlaufende Wegeachse haben, die von der Willigisbrücke über die Toilettenanlage, Spielplatz, zentraler Platzfläche und Theoderichstor führt (Panoramaweg). Von der Mainuferpromenade besteht mit einem Querweg ein barrierefreier Zugang. Weitere Wege führen auch zur Verringerung der Nutzungsdichte auf der Mainuferpromenade
3.11 Die vorhandene Stellplatzanlage unterhalb des Schlosses soll aufgegeben und durch geordnete Stellplätze entlang der Suicardusstraße ersetzt werden. Hierzu soll auf der Westseite der Suicardusstraße eine Parkstandsreihe in Senkrechtaufstellung zur Straße mit insgesamt 100 Parkplätzen entstehen. Diese Stellplätze sollen als sogenannte Mischparkplätze mit Bewohner frei (A1) Oberstadt und einer Höchstparkdauer von 2 Stunden für Nichtbewohner ausgewiesen werden. Für die Fahrzeuge der Marktbeschicker sind davon 14 Parkplätze am nördlichen Ende der Suicardusstraße vorgesehen. Diese Stellplätze sind für Lieferfahrzeuge bis 3,5 t. bemessen. Alle 24 Bewohner-Stellplätze an der Ecke Suicardusstraße/Dalbergstraße, sollen als Anwohnerparkplätze (mit Kurzzeitparken von 8-18 Uhr 1 Stunde mit Parkschein) erhalten werden, müssen aber baulich und gestalterisch ertüchtigt werden. Der Masterplan sieht im Bereich der Einfahrt in die Suicardiusstraße eine Fläche vor um eine Schrankenanlage zu installieren. Sie ermöglicht eine Zufahrtsbeschränkung und Bewirtschaftung der Parkplätze, vergleichbar einem Parkhaus. Dadurch kann störender Parksuchverkehr verhindert werden. Eine weitere Fläche für das Parken könnte auf der erhöhten Fläche westlich des Roten Kopfes /Schlossberg angelegt werden. Der Masterplan versteht diesen Standort jedoch nur als eine Optionsfläche ggf. für Veranstaltungen am Mainufer die einen besonderen Stellplatzbedarf auslösen.
3.12 Die Aufwertung des Mainufers kann die Suicardusstraße nicht ausklammern. Der Gutachter schlägt vor die Suicardussstraße als Tempo 20 Straße mit einem Querschnitt von rund 5,00 m in Asphaltbauweise mit Aufpflasterungen auszubauen. Ein verkehrsberuhigter Bereich wird aufgrund der Länge der Straße nicht empfohlen, Entlang der Flußseite soll ein durchlaufender Gehweg mit einer Breite von ca. 2,30 m entstehen. Auf der Ostseite ist ein Schrammbord ausreichend. Der exakte Querschnitt und die Materialwahl müssen im Rahmen einer detaillierten Objektplanung festgelegt werden.
3.13 Um die Nutzungszeiten für Besucher des Mainufers zu verlängern und ein hohes Sicherheitsgefühl bei sozialer Kontrolle zu gewährleisten, wird vorgeschlagen eine Beleuchtung nach DIN aufzubauen. Wesentlich ist hier die Mainuferpromenade, die Suicardusstraße mit Wappenmauer und der Panoramaweg. Bei der Mainuferpromenade wird bereits durch Leerrohre die Voraussetzung für eine spätere Beleuchtung gelegt.
3.14 Die im Masterplan dargestellten Grünflächen und Bäume entsprechen dem heutigen Charakter des Mainufers. Dem Wunsch der Bürgerschaft die abwechslungsreiche parkartige Struktur beizubehalten ist entsprochen. Bei der Umsetzung konkreter Einzelprojekte ist eine Fällung von Einzelbäumen bei gleichzeitiger Ersatzpflanzung nicht immer ausgeschlossen. Näheres muss die Objektplanung zeigen.
4. Kosten- und Finanzierungsübersicht
Für die einzelnen Maßnahmenvorschläge hat das Büro Fromm eine grobe Kostenprognose ermittelt. Die Kalkulation bezieht sich dabei auf durchschnittliche Baupreise 2018 bei vergleichbaren Projekte nach Massen bzw. Flächen. Die Kostenprognose zeigt dem Stadtrat auf welche Beträge in die mittelfristige Finanzplanung einzustellen sind um den Masterplan umzusetzen. Der Kostenrahmen dient auch als kalkulatorischer Ansatz für die Anmeldung von Fördermaßnahmen in der Städtebauförderung.
Für jedes einzelne Vorhaben aus dem Masterplan bedarf es zur Umsetzung eine Beschlussfassung durch den Stadtrat und eine konkrete Objektplanung.
Die Kosten- und Finanzierungprognose ist in 3 räumliche Teilbereiche (Parkanlage, Suicardusstraße, nördlich Theoderichstor) gegliedert die mit einem Betrag von 4,65 Mio. € abschließt. In diesem Betrag sind die Kosten für den Aufzug zum Schlossplatz/Kastanienwäldchen, den Schiffsanleger und eine temporäre Gastronomie noch nicht enthalten.
Die Kostenprognose liegt dieser Beschlussvorlage als Anlage bei.
5. Weiteres Vorgehen
Die im Masterplan vorgeschlagenen Einzelmaßnahmen bedürfen aus Sicht der Verwaltung einer Priorisierung. Die Verwaltung empfiehlt daher kurzfristig einen Vorschlag zu erarbeiten in dem die einzelnen Maßnahmen in eine Rangfolge ihrer zeitlichen Umsetzung gebracht werden sowie einen zugehörigen Kostenplan. Danach erfolgt, bei Vorliegen der haushaltsrechtlichen Voraussetzungen, die entsprechende Objektplanung mit Vorstellung der einzelnen Verfahrensschritte in den zuständigen Stadtratsgremien.
Die Bürgerschaft war in den mehrjährigen und sehr aufwändigen Diskussionsprozess zur Neugestaltung des Mainufers sehr intensiv eingebunden. Der Masterplan berücksichtigt den Wunsch der Bürgerinnen und Bürger, den besondere Wert des Mainufers zu erhalten und zu verbessern. Die Verwaltung sieht daher keine Notwendigkeit mehr den vorliegenden Masterplan in einem umfangreichen Dialogprozess zur Diskussion zu stellen. Stattdessen empfiehlt die Verwaltung, die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger auf die Objektplanung der Einzelprojekte des Masterplanes zu beziehen.