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Ausgangssituation
Mit dem MSBG sind die Rollen des wettbewerblichen und des grundzuständigen Messstellenbetreibers (gMSB) geschärft worden. Jeder Netzbetreiber ist nach der Konzeption des MSBG zunächst einmal der "geborene“ grundzuständige Messstellenbetreiber für sein Netzgebiet. Nach nicht bindender Gesetzesauslegung der BNetzA kann eine juristische Person (i.e. De Minimis Stadtwerk mit Netzbetrieb und Energievertrieb in einer juristischen Person) nicht sowohl wettbewerblicher als auch grundzuständiger Messstellenbetreiber sein. Diese Position ist auch durch die 2. Auflage des Entflechtungspapiers vom 9. Juli 2018 nicht beseitigt. Vielmehr haben sich die BNetzA und sämtliche Landesregulierungsbehörden mit Ausnahme der Landesregulierungsbehörde Baden-Württemberg zu dieser Auslegung bekannt. Da die Ausführung und Überwachung des Messstellenbetriebsgesetzes der BNetzA obliegt, kommt es primär auf ihre Auffassung an.
2. Aufgabe der Gesellschaft
Grundsätzlich: Die gesetzliche Aufgabe des gMSB ist es, die Anschlussnutzer mit modernen Messeinrichtungen und intelligenten Messsystem zu versorgen. Seine Aufgaben und Befugnisse sind gesetzlich reglementiert, ebenso wie das Messentgelt (Preisobergrenze, POG). Im Wesentlichen hat der gMSB binnen drei Jahren ab dem 30. Juni 2017 10 % der Messstellen mit modernen Messeinrichtungen (mME) auszustatten (also bis zum 30.06.2020), den Verbrauch abzulesen und entsprechend den Vorgaben an die Marktteilnehmer zu kommunizieren. Drei Jahre ab der vom BSI festgestellten Marktverfügbarkeit der intelligenten Messsysteme (iMSys) hat er die 10 %- Quote für die Ausstattung mit iMSys zu erreichen.
Das iMSys kommuniziert über das Smart Meter Gateway, für das es eines eigens hierfür zertifizierten Administrators bedarf. Dieser wiederum muss sein Rechenzentrum zertifizieren lassen. Neben den Anforderungen an die Hardware bestehen auch hohe Sicherheitsanforderungen an die Software und die damit arbeitenden Mitarbeiter (gesicherter Arbeitsplatz, …).
Aufgabe der "SüdWest Metering GmbH" ist die Durchführung der weitestgehend regulierten und standardisierten Prozesse in Bezug auf die elektronische Verwaltung der Messgeräte und die Marktkommunikation, sowie Abrechnung der Preisobergrenze.
Nicht notwendig ist, dass der gMSB auch selbst die Zähler (mME und iMSys) zu Eigentum erwirbt und im Anlagevermögen führt. Vielmehr ist eine Besitzübertragung durch das Stadtwerk im Wege der Miete oder Leihe ausreichend dafür, dass der gMSB seinen gesetzlichen Pflichten nachkommen kann. Die Beschaffung der Zähler verbleibt als eigene Aufgabe beim Stadtwerk, das hier aber entweder über eigene Expertise verfügt oder sich einer Einkaufsgemeinschaft anschließen kann.
3. Gesellschaftsvertrag
Der Gesellschaftsvertrag stellt die Unternehmensverfassung dar und regelt die Grundlagen für die Tätigkeit der Gesellschaft. Hierzu zählen insbesondere Firma und Sitz, sowie Gegenstand des Unternehmens, Finanzierung, Organe, Geschäftsführung und Vertretung, Verteilung der Entscheidungsbefugnisse und damit auch Aufgaben der Gesellschafterversammlung.
Organe der Gesellschaft sind die Geschäftsführung und die Gesellschafterversammlung. Auf die Errichtung eines Aufsichtsrats wird verzichtet. Auf diesem Weg ist gesichert, dass die Gesellschafter in gleicher Weise ihrem Anteil entsprechend Einfluss auf die Tätigkeit der Gesellschaft nehmen können. Die Geschäftsführung vertritt die AVG in der Gesellschafterversammlung. Der Gesellschafterversammlung obliegen alle grundsätzlichen Gegenstände. Sie sind in § 8 des Gesellschaftsvertrags dargestellt. Darüber hinaus kann die Gesellschafterversammlung der Geschäftsführung Weisungen erteilen.
4. Ausstattung und Finanzierung der Gesellschaft
Die Gesellschaft hat zunächst - mit Ausnahme des Geschäftsführers - kein eigenes Personal erhalten, sondern bedient sich zur Erfüllung der Aufgaben (inklusive der Buchhaltung) des Personals der Südwestdeutschen Stromhandels GmbH. Hierzu ist ein entsprechender Geschäftsbesorgungsvertrag mit der südwestdeutschen Stromhandels GmbH abzuschließen (wie das auch mit den bisherigen Beteiligungen der Südwestdeutschen Stromhandels GmbH erfolgt ist). Darüber hinaus wird es zur Erfüllung von Aufgaben insbesondere im Rechnungswesen lediglich notwendig sein, Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung externe Dienstleister zu beauftragen.
Geschäftsführer wird Herr Daniel Henne sein. Herr Henne verfügt als Geschäftsführer der Südwestdeutschen Stromhandels GmbH Erfahrung in der Führung einer Gesellschaft mit kommunaler Beteiligung in der Energiewirtschaft.
Stammkapital und Kapitalrücklage sind so konzipiert, dass die Gesellschaft im Wesentlichen Investitionen tätigen kann. Ein Kapitalrückfluss ist bilanziell bereits in den ersten drei Jahren zu erwarten. Ziel ist, dass die Gesellschaft eine „Schwarze Null“ schreibt. Eventuelle Überschüsse/ Gewinne werden an die Gesellschafter ausgeschüttet. Eine Gewinnerzielung ist nicht primäres Ziel, allerdings auch keine Verluste (steuerlicher Querverbund).
Die Aschaffenburger Versorgungs-GmbH (AVG) besitzt 64.000 Zählpunkte in ihrem Stromverteilnetz. Dies entspricht einem Stammkapital von ca. 32.000 Euro.
Zum Eigenkapital hinzu kommt, dass die Gesellschafter die auf die Gesellschaft die Dienstleistungskonzession unentgeltlich übertragen (für die Dauer von maximal 20 Jahren). Die Gesellschaft vereinnahmt als gMSB die Messentgelte in Höhe der gesetzlich vorgegebenen Preisobergrenze. Diese werden an die Konzessionsgeber weitergereicht mit einem "Abschlag" für erbrachte Dienstleistungen.
Die Übertragung der Konzession von der AVG auf die Gesellschaft erfolgt ohne die Pflicht zur Ausschreibung. Grund hierfür ist, dass dies im Wege einer In House Übertragung nach §§ 108, 139 GWB erfolgt. Ausnahmslos alle ein Stromnetz betreibende Stadtwerke mit einer überwiegenden kommunalen Beteiligung oder Eigenbetriebe sind Sektorenauftraggeber im Sinne des § 139 GWB. Diese können öffentliche Aufträge oder Dienstleistungskonzessionen auf dieses Gemeinschaftsunternehmen übertragen, ohne dass eine Ausschreibungspflicht nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) besteht.
5. Wirtschaftliche Rahmenbedingungen der Gesellschaft
Wirtschaftlich bewegt sich die Gesellschaft im regulierten Bereich. Die Gesellschaft vereinnahmt von den Anschlussnutzern das Messentgelt in der gesetzlich vorgesehenen Höhe (gesetzliche Preisobergrenze). Die Aufwände für zu erbringenden Dienstleistungen sind ebenfalls gut kalkulierbar. Insofern ist das wirtschaftliche Risiko deutlich überschaubar.
6. Stellungnahme der AVG
Die Gründung der Gesellschaft wird aus zweierlei Erwägungen begrüßt. Zum einen überzeugt das Konzept, dass bei einheitlichen Prozessen ein hohes Synergiepotenzial ausgeschöpft werden kann. Zum anderen kann aus der Übernahme der Aufgaben an und für sich kein Mehrwert gewonnen werden. Präsenz vor Ort, Kundenkontakt und damit Kundenbindung bleibt bei der AVG. Zum anderen stärkt die Südwestdeutsche Stromhandels GmbH mit dieser Tätigkeit ihre Kundenbindung innerhalb der Stadtwerkegemeinschaft, was der Wertigkeit der Beteiligung zugutekommt.
An der Kompetenz der Südwestdeutschen Stromhandels GmbH an der korrekten Durchführung der übertragenen Aufgaben bestehen keinen Zweifel.
Eine eigene Beteiligung an der Gesellschaft und die Übertragung der Grundzuständigkeit auf diese werden befürwortet. Damit kann sich die AVG weiterhin auf zukunftsweisende Tätigkeiten konzentrieren und muss weder neue Mitarbeiter hierfür einstellen noch ihre Mitarbeiter mit diesen Aufgaben betrauen. Die Versorgung der Kunden und Bürger innerhalb des Netzgebiets mit sicheren Zählern und einer dem Datenschutz dieser sensiblen Daten verpflichteten Gesellschaft ist damit sichergestellt.