Kostenlose ÖPNV Nutzung an Samstagen


Daten angezeigt aus Sitzung:  1. Sitzung des Werksenates, 04.04.2019

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Werksenat 1. Sitzung des Werksenates 04.04.2019 ö Beschließend 5WS/1/5/19

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

Der Stadtrat hat in der Sitzung des Plenums am 19.11.2018 die Stadtwerke Aschaffenburg beauftragt, den Prüfauftrag Nr. 2 „Kostenlose Stadtbusnutzung“ an Samstagen umzusetzen. Dieser Prüfauftrag gehört zu fünf Prüfaufträgen (Anlage 1) für die innenstadtverträgliche ÖPNV Mobilität. Der Einnahmeausfall der Verkehrsunternehmen der VAB aus den Tarifzonen 9111-9116 (Stadt/Stadtteile Aschaffenburg) wird über den städtischen Haushalt ausgeglichen. Das Angebot des kostenlosen ÖPNV wurde als Pilot für die Zeitdauer von 2 Jahren befristet. Im Anschluss an die Weihnachtszeit 2019 wird zu Beginn des Jahres 2020 die Maßnahme evaluiert und im Werksenat darüber berichtet.

Die Prüfaufträge verfolgen das verkehrspolitische Ziel, den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren um damit zu einer Verbesserung der Luftqualität und zu mehr Lärm- und Klimaschutz beizutragen. Weniger Kfz-Verkehr in der Innenstadt erhöht die Lebensqualität und den Einkaufs- und Erlebniswert. Die Vorschläge sollen zu einem ungehinderten Zugang in die Innenstadt mit attraktiven Mobilitätsangeboten und –alternativen führen.

Ziel des kostenlosen ÖPNV an Samstagen ist es, möglichst viele Personen zum Stadtbesuch ohne die Nutzung des eigenen Kfz zu animieren. Der an Samstagen schwächer ausgelastete ÖPNV verfügt über ausreichende Kapazitätsreserven, die bislang ungenutzt sind. Neben den umweltpolitischen Wirkungen kann dieses neue Angebot auch zu einer deutlichen Attraktivitätssteigerung der Innenstadt führen. Es profitieren insbesondere der Einzelhandel, die Gastronomie und die Kultur. Das kostenlose Samstagticket kann damit dem Handel als Marketing-Instrument und "Werbefläche" dienen und mit weiteren Rabattfunktionen kombiniert werden.

Das Angebot bezieht sich auf eine kostenlose ÖPNV- Nutzung an allen Samstagen im Tarifgebiet (Wabe) 9111 – 9112 – 9113 – 9114 – 9115 - 9116 Aschaffenburg und schließt alle Stadtteile mit ein (s. Bild 1).
Bild 1: Geltungsbereich der kostenlosen ÖPNV-Nutzung an Samstagen

Diese Regelung beinhaltet in diesem Tarifgebiet die Nutzung aller Verkehrsangebote der Verkehrsgemeinschaft am Bayerischen Untermain (VAB GmbH) somit den Stadt- und Regionalbusverkehr und den Schienenverkehr auf den Relationen Aschaffenburg/Hauptbahnhof – Obernau.

An alle Fahrgäste werden Fahrscheine im Stadtgebiet mit Aufdruck 0,00 € ausgegeben. Die Anzahl der ausgegebenen Fahrscheine bildet die Grundlage für die Abrechnung der Verkehrsunternehmen gegenüber der Stadt Aschaffenburg.

Das kostenlose ÖPNV-Angebot im Stadtbereich führt zu einem Einnahmeausfall aller Verkehrsunternehmen der VAB. Die Tarifsubvention zu dem von der Regierung von Unterfranken genehmigten Tarif wird durch die Stadt Aschaffenburg als Aufgabenträger des öffentlichen Personennahverkehrs über den städtischen Haushalt ausgeglichen. Die Berechnung des Einnahmeverlustes erfolgt anhand der kassentechnischen Einnahmen eines durchschnittlichen Samstages (ca. 5.500 €). Hierin finden die Einnahmen der Stadtwerke wie auch der Partnerunternehmen Berücksichtigung. Auf ein Jahr hochgerechnet beträgt der Einnahmeausfall dementsprechend ca. 285.000 €. Jeder ausgegebene 0,00 € Fahrschein dient als Grundlage für die Abrechnung der Verkehrsunternehmen gegenüber der Stadt Aschaffenburg. Ausgeglichen werden die tatsächlichen Einnahmeverluste und nicht die Kosten der Erbringung der Verkehrsleistung.

Der Ausgleichsbetrag wird daher im Wesentlichen davon abhängen, wie stark das neue Angebot angenommen wird. An einem durchschnittlichen Samstag werden rund 9.300 Fahrgäste befördert und ca. 1.100 Fahrscheine, überwiegend Einzelfahrten und Tageskarten für Erwachsene und Kinder, verkauft. Wie sich die Fahrgastzahlen tatsächlich verändern werden hängt von vielen Faktoren ab, weshalb hier auch auf keine Erfahrungswerte bzw. wissenschaftliche Erkenntnisse zurückgegriffen werden kann.

Die aktuell eingesetzten Buskapazitäten an Samstagen sind in der Lage eine erhöhte Fahrgastnachfrage abzudecken. Dennoch kann es auf einzelnen Linien zu Kapazitätsengpässen kommen. Sollte dies der Fall sein, so kann der Verkehrsbetrieb auf Gelenkbusse zurückgreifen und die Platzkapazitäten auf den betroffenen Linien um mind. 1/3 erhöhen. Extreme Verkehrsspitzen wie unter der Woche zu den Berufs- und Schulanfangszeiten gibt es an Samstagen nicht, da sich die Fahrgäste über einen größeren Zeitraum verteilen.

Nach vierzehn Samstagen mit kostenlosem ÖPNV in der Stadt Aschaffenburg kann eine erste Bilanz gezogen werden. Das Angebot wird von der Bevölkerung angenommen. Von Dezember 2018 bis Anfang März 2019 haben die Stadtwerke annähernd 53.000 Samstagstickets ausgegeben. Dies entspricht einem Durchschnitt von rund 3.800 Tickets pro Samstag. Der erwartete Fahrgastzuwachs von etwa 20% (ohne Zeitkarten/Abo) an Samstagen wurde somit deutlich übertroffen. Vor der Einführung des kostenlosen ÖPNV wurden in der Preisstufe 11 (Stadt Aschaffenburg) an einem durchschnittlichen Samstag 1.100 Tickets verkauft. An Nulleurotickets geben die Stadtwerke das drei- bis vierfache an Tickets aus. Es wurden somit deutlich mehr Fahrgäste befördert als im Vorjahreszeitraum. Nach nun rund drei Monaten liegt der rechnerische Ausgleichsbetrag der Stadt Aschaffenburg gegenüber den Verkehrsunternehmen bei ca. 140 T€. Dieses Ergebnis steht noch unter dem Vorbehalt der Überkompensationskontrolle, zeigt aber bereits heute, dass der hochgerechnete Ausgleichsbetrag von 285 T€ deutlich überschritten wird.

Die meisten Tickets haben die Stadtwerke bisher im Dezember ausgegeben. An drei von vier Adventssamstagen lag die Anzahl bei über 4.000 Stück. Hierbei ist besonders der 22.12.2018 hervorzuheben mit fast 5.000 Tickets. Im Januar wurden die Stückzahlen des Dezembers nicht erreicht. Zum Jahreswechsel waren die Stückzahlen zunächst rückläufig. Seit Mitte Januar scheint sich jedoch ein Trend abzuzeichnen. Die Zahlen des Nulleurotickets pendeln seitdem im Bereich zwischen 3.500 und 4.300 Stück (s. Bild 2). Es bleibt abzuwarten, ob sich die Stückzahlen stabilisieren oder sogar wieder ansteigen. Hierüber kann aktuell noch keine Prognose abgegeben werden.

Bild 2: Vergleich Stückzahlen PS 11

Bei der Ticketausgabe zeichnen sich einige starke Linien ab. 17% der Nulleurotickets der Stadtwerke werden auf der Linie 4 ausgegeben. Ebenfalls einen hohen Anteil verzeichnen die Linie 6 (13%), die Linien 1, 3 und 5 (jeweils 11%) sowie die Linie 10 (9%). Auf den übrigen Linien ist der Anteil der Nulleurotickets geringer. Die wenigsten Tickets werden auf den Linien 7, 9, 12 und 14 ausgegeben.

Anhand der durchschnittlichen Besetzung je Bus und Linie (s. Bild 3), ermittelt durch die automatische Fahrgastzählung (AFZ), wird die Veränderung vor und nach der Einführung des 0 € Tickets nochmals deutlich. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass in den Fahrgastzahlen auch die Abo-Kunden enthalten sind.


Bild 3: Durchschnittliche Besetzung je Fahrt an einem Samstag

Bei den VAB-Partnerunternehmen hat das Samstagsticket nur eine geringe Bedeutung. Der größte Anteil der ausgegebenen Nulleurotickets liegt bei den Stadtwerken. Die KVG und VU haben im Dezember zusammen 874 Tickets ausgegeben. Dies entspricht 3,9% aller im Dezember ausgegebenen Tickets (s. Bild 4).


Bild 4: Anzahl ausgegebene Nulleurotickets je Verkehrsunternehmen (Für Januar und Februar liegen noch keine Wertemeldungen von KVG und VU vor.)

Durch das Nulleuroticket hat sich die Summe der Barverkäufe (Fahrscheinverkäufe beim Fahrer) an Samstagen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutlich vermindert. Die Bareinnahmen liegen auf einem Niveau von 35-55% der Bareinnahmen des Vorjahreszeitraums (s. Bild 5).


Bild 5: Barverkäufe der Stadtwerke an Samstagen, Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum

Die Einführung des kostenlosen Samstagstickets wirkt sich auch auf die Ticketverkäufe an den übrigen Wochentagen (Montag bis Freitag und Sonntag) aus. Dies hat Verschiebungen zwischen den Fahrscheinarten zur Folge. Im Januar 2019 ist ein Rückgang der Fahrscheinarten Tageskarte und Monatskarte Kulturpass sowie Wochenkarte GrüneNeun im Vergleich zum Vorjahresmonat zu verzeichnen.

Die Rückgänge liegen im Bereich von 7% bis 8% bei den Tageskarten bzw. Monatskarte Kulturpass sowie 13% bei der Wochenkarte GrüneNeun. Offenbar hat ein Teil dieser Kundengruppen ihr Nutzerverhalten geändert und nutzt verstärkt den kostenlosen Samstagsverkehr.

Ein zu erwartender Rückgang bei den Parkvorgängen in den Parkhäusern, durch die Einführung des kostenlosen ÖPNV an Samstagen, hat sich nicht eingestellt. Die Auslastungszahlen der Parkhäuser an diesen Tagen befinden sich auf einem gleichbleibenden Niveau. Daher liegt die Vermutung nahe, dass deutlich mehr Menschen die Innenstadt beleben.

.Beschluss:

I. Der Bericht der Stadtwerke zur kostenlosen Nutzung des ÖPNV an Samstagen wird zur Kenntnis genommen.

II. Angaben zu den Kosten:

Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:
ja [   ]
nein [ x ]

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 0, Dagegen: 0

Datenstand vom 30.07.2019 08:31 Uhr