Bericht über E-Roller in Aschaffenburg - Antrag der SPD-Stadtratsfraktion vom 23.07.2019


Daten angezeigt aus Sitzung:  10. Sitzung des Planungs- und Verkehrssenates, 08.10.2019

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Planungs- und Verkehrssenat 10. Sitzung des Planungs- und Verkehrssenates 08.10.2019 ö Beschließend 1PVS/10/1/19

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

Vorbemerkung
In der Stadt Aschaffenburg werden mittlerweile auch die ersten E-Roller genutzt. Eine starke Verbreitung verschiedener Verleihsysteme wie beispielsweise in Frankfurt ist aber noch nicht gegeben. Für die Stadt gilt der Grundsatz „neue Formen der Fortbewegung sind so zu ermöglichen, dass sie niemanden gefährden.“
Es ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Einführung der E-Roller noch sehr jung ist und deshalb noch kein verlässlicher Erfahrungsschatz vorliegt. In Deutschland und Europa werden E-Roller in hohen Stückzahlen bislang vorwiegend in touristisch geprägten Großstädten genutzt. Dort wiederum sind sie nahezu ausschließlich in den Innenstädten und in der Nähe der touristischen Highlights zu sehen.
Im Folgenden können nur Informationen von diesen Städten wiedergeben werden, welche aus Medien und Gesprächen stammen und auch subjektive Meinungen enthalten. Sämtliche Medien sind aktuell eher geprägt von kritischen Berichten, die vor allem aus der falschen und straßenverkehrsrechtlich nicht korrekten Benutzung der Roller resultiert. Um die verkehrliche Wirkung von E-Scootern zu beurteilen, ist es deshalb aus Sicht der Verwaltung derzeit noch zu früh, um verlässliche Bewertungen abgeben zu können.

Beschreibung
E-Roller (bzw. „E-Scooter“) sind Tretroller mit einem Elektroantrieb. Das eigentliche „Treten“ entfällt durch den Antrieb. Sie sind wendig, klein und dank eines meistens vorhandenen Klappmechanismus relativ leicht zu transportieren. Mit der „Verordnung über die Teilnahme von Elektrokleinstfahrzeugen am Straßenverkehr“ gibt es seit dem 06.06.2019 eine gesetzliche Grundlage für die Verwendung dieser Elektroroller.
Für die Nutzung im Straßenverkehr wird weder eine Mofa-Prüfbescheinigung noch einen Führerschein benötigt. Das Mindestalter für das Fahren mit einem Elektro-Tretroller liegt bei 14 Jahren.
Eine Helmpflicht besteht für E-Roller nicht. Es ist aber wie beim Fahrrad sehr empfehlenswert, sich mit einem Helm zu schützen.
E-Roller sind nur für eine Person zugelassen. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn man zu zweit das zulässige Gesamtgewicht nicht überschreiten würde.
Eine Haftpflichtversicherung ist zwingend vorgeschrieben und wird mit einer aufgeklebten Versicherungsplakette am Roller nachgewiesen. Das Kennzeichen wird hinten auf den E-Scooter geklebt. Die Haftpflichtversicherung haftet für Schäden, die Dritten durch den E-Scooter zugefügt werden. Zudem bieten manche Versicherung die Möglichkeit zusätzlich eine freiwillige Teilkasko-Versicherung abzuschließen.
Gemäß den Vorgaben des § 10 der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung dürfen E-Roller nur baulich angelegte Radwege, darunter auch gemeinsame Geh- und Radwege und die dem Radverkehr zugeteilte Verkehrsfläche eines getrennten Geh- und Radwegs, Radfahrstreifen und Fahrradstraßen befahren. Wenn diese Radverkehrsanlagen nicht vorhanden sind, dann muss auf der Fahrbahn gefahren werden. Auch das Befahren verkehrsberuhigter Bereiche ist zulässig.

Die Vorgabe zur Mitbenutzung der Fahrradinfrastruktur führt vielfach zu der falschen Annahme, dass die E-Roller rechtlich mit dem Fahrrad gleichgestellt wären. Dies ist aber nicht der Fall. Der E-Roller ist ein Kraftfahrzeug. Fahrräder, auch die zahlreichen E-Bikes mit der Tretunterstützung bis 25 km/h, sind kein Kraftfahrzeug. Auch das Zusatzzeichen 1022-10 (Radfahrer frei) gilt nur für Fahrräder und nicht für Elektrokleinstfahrzeuge. Das Befahren von Gehwegen und Fußgängerzonen ist also auch dann nicht erlaubt, wenn es zum Radfahren freigegeben ist. Das Befahren von Gehwegen und Fußgängerzonen kann aber theoretisch analog dem Radverkehr durch das Zusatzzeichen „Elektrokleinstfahrzeuge frei“ freigegeben werden.

Speziell für die städtischen Grünanlagen in Aschaffenburg gilt nach § 2 Abs. 2 der Grünanlagensatzung zum Verhalten in den Grünanlagen, dass das Fahren, Schieben, Parken und Abstellen von Kraftfahrzeugen, zu denen auch die E-Roller als Elektrokleinstfahrzeuge zählen, untersagt ist.

Auch bei den Alkoholgrenzwerten ist der E-Roller nicht dem Fahrrad, sondern Kraftfahrzeugen gleichgestellt. Es gelten also dieselben Alkoholgrenzwerte wie für Autofahrer. Das heißt, wer mit 0,5 bis 1,09 Promille fährt und keine alkoholbedingte Auffälligkeit zeigt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und erhält einen Bußgeldbescheid: in aller Regel sind das 500 Euro, 1 Monat Fahrverbot und 2 Punkte in Flensburg. Eine Straftat liegt vor, wenn der Fahrer trotz einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,1 Promille mit dem E-Roller unterwegs ist. Von einer Straftat kann aber auch schon ab 0,3 Promille die Rede sein, wenn der Fahrer alkoholbedingte Ausfallerscheinungen zeigt. Wichtig ist auch hier: Für Fahrer unter 21 Jahren und Führerscheinneulinge in der Probezeit gelten 0,0 Promille – sie dürfen also auch nicht mit geringsten Mengen Alkohol unterhalb der 0,3 Promille-Grenze hinter den Roller-Lenker“.

Einschätzung des Einsatzes von E-Rollern zur Reduzierung von Autos und Emissionen?

Es sind zurzeit keine konkreten Erfahrungen mit E-Roller in Bezug auf ihre tatsächliche Wirksamkeit zur Verbesserung der Luftqualität bekannt. Wenn sie Pkw-Fahrten ersetzen, kann dies lokal zu einer Verringerung der Emissionen an Luftschadstoffen führen. Je nach verwendetem Strommix zum Laden der Akkus kann es aber durch die Stromerzeugung überregional zu Luftverschmutzungen kommen.

Auch internationale Vergleiche zeigen, dass zurzeit überwiegend umweltfreundliche Fußwege/Radwege/ÖPNV-Fahrten durch Fahrten mit dem E-Roller ersetzt werden könnten. Es ist wohl auch insbesondere in Großstätten das Potential vorhanden, in nennenswerter Anzahl Pkw-Fahrten zu ersetzen. (s. Agora Verkehrswende (2019): E-Tretroller im Stadtverkehr – Handlungsempfehlungen für deutsche Städte und Gemeinden zum Umgang mit stationslosen Verleihsystemen)

Aus Sicht der Luftreinhaltung kann die Nutzung von E-Roller in der Gestaltung der Verkehrswende ein Baustein sein. Es scheint jedoch momentan zielführender, im Bereich Verkehr das Augenmerk auf die zahlreichen Pkw und deren Umweltbelastungen zu legen. Für eine notwendige Verkehrswende müssen es weniger private Pkw-Fahrten werden, notwendig dafür sind v.a. der Ausbau und die Entwicklung der Rad- und Fußverkehrsinfrastruktur und ein attraktiver ÖPNV.

Aussagen zum Thema E-Roller sind neben der oben zitierten Studie auch der Homepage des Umweltbundesamtes vom 02.09.2019 zu entnehmen (https://www.umweltbundesamt.de/e-scooter-momentan-kein-beitrag-zur-verkehrswende#textpart-1).






Einsatz von E-Rollern in Aschaffenburg

In Aschaffenburg sind E-Roller bislang nur vereinzelt zu sehen. Informationen über die Zulassungszahlen der Elektrokleinstfahrzeuge liegen nicht vor, da diese Fahrzeuge nicht zulassungspflichtig sind. Es besteht lediglich eine Versicherungspflicht (wie bei Kleinkrafträdern), bei der das Anmeldeverfahren aber direkt über die Versicherungsgesellschaften abgewickelt wird.
Nach Einschätzung der Stadtverwaltung wird der gute Hintergedanke zur Einführung der E-Rollern als Beitrag zur Verkehrswende und zur Substituierung von Fahrten mit Autos und anderen Kraftfahrzeugen bislang verfehlt. Denn in der zu beobachtenden Praxis findet nur eine Umverteilung des Verkehrsmittels innerhalb des Umweltverbundes (Fuß-, Rad- und öffentlicher Verkehr) statt. Unter der Berücksichtigung, dass auch nur ein eher geringer Teil des motorisierten Verkehrs durch Roller ersetzt werden kann, werden auch nur geringe Chancen für eine spürbare verkehrspolitische Wende gesehen. Bei größeren Fahrstrecken wird weiterhin das Auto benötigt werden, ebenfalls, wenn Waren oder Einkäufe transportiert werden müssen. Insbesondere bei schlechter Witterung ist damit zu rechnen, dass weiterhin bevorzugt das Auto genutzt wird.

Unfallzahlen und Kontrollen in Aschaffenburg
Nach Mitteilung der Polizeiinspektion Aschaffenburg liegen derzeit noch keine Erkenntnisse über Verkehrsunfälle mit Beteiligung von Elektrokleinstfahrzeugen für den Bereich Aschaffenburg vor. Da es sich bei den Elektrokleinstfahrzeugen verkehrsrechtlich um Kraftfahrzeuge handelt und diese am fließenden Verkehr teilnehmen, obliegen eventuelle Kontrollen grundsätzlich den Polizeibehörden. Die Konsequenzen für etwaiges Fehlverhalten richten sich nach den geltenden Bußgeldvorschriften im Straßenverkehr.

Verleih von E-Rollern in Aschaffenburg
Ein öffentliches Verleihsystem gibt es in Aschaffenburg bislang nicht. Beim Ordnungs- und Straßenverkehrsamt wurde bis zum heutigen Zeitpunkt noch kein Verleihgewerbe für Elektrokleinstfahrzeuge im Stadtgebiet Aschaffenburg angemeldet. Ob beispielsweise etablierte Verleiher von Fahrrädern oder Fun-Fahrzeugen ihr Angebot ergänzen möchten, ist nicht ausgeschlossen.
Ein Verleiher verhandelt derzeit mit den Stadtwerken Aschaffenburg über die Einführung eines Verleihsystems. In diese Verhandlungen sind die Dienststellen der Verwaltung eingebunden. Zielsetzung hierbei ist es ein Verleihsystem zu etablieren, welches eine sinnvolle Ergänzung zum ÖPNV-Angebot darstellt und über vereinbarte Regelungen möglichst viele der derzeit eher nachteiligen Erfahrungen vermeidet.

Aufgrund zahlreicher negativer Erfahrungen in anderen Städten bezüglich einer ungeregelten Abstellpraxis werden in Aschaffenburg unabhängig vom jeweiligen Anbieter klare Reglungen getroffen werden müssen. Ein stationsgebundener Verleih und Rückgabe würde die geringste Problematik garantieren, hat aber den großen Nachteil, dass die Nutzer ihr jeweiliges Fahrziel nicht direkt anfahren können. Die GPS-basierte Ortung frei verfügbarer E-Roller und ein Abstellen direkt am Fahrziel ist aber gerade der große Vorteil beim „free-floating“-System und macht dessen Attraktivität erst aus.



Perspektive
Aktuell ist davon auszugehen, dass die Elektrokleinstfahrzeuge wie in anderen Städten eher für Freizeitverkehr genutzt werden und daher keine nennenswerte Reduzierung von Kraftfahrzeugverkehr und Emissionen im Stadtgebiet abzusehen sind. Es ist auch hier eher damit zu rechnen, dass Sie ähnliche Verkehre im Kurzstreckenbereich ersetzen, z. B. als Ersatz für die Nutzung mit klassischen Tretrollern, dem Fahrrad, öffentlichen Verkehrsmitteln oder Taxen. Da die E-Roller Strom benötigen ist deshalb eher davon auszugehen, dass mehr Emissionen entstehen.
Eine sinnvolle Verwendung von E-Rollern ist aber möglich. Der Stromverbrauch ist durch das geringe Gewicht ebenfalls gering und das Laden kann durch Ökostrom oder durch eigene Solarzellen gewährleistet werden. Je nach individuellem Wohn- und Arbeitsstandort kann die Kombination aus E-Roller und Bahnfahrt auch im alltäglichen Pendelverkehr eine schnelle und gute Alternative sein. Denn die E-Roller haben die Probleme der teilweise aufwendigen und problematischen Fahrradmitnahme im öffentlichen Verkehr nicht. In zusammengeklapptem Zustand wird der E-Roller schnell zum Gepäckstück. Damit gibt es in Bus- und Bahn keine Beschränkungen hinsichtlich der Zeit, der Kapazität oder einer Begrenzung auf den Regionalverkehr mit Fahrradmitnahme. So ist beispielsweise eine Mitfahrt im attraktiven und direkten ICE nach Frankfurt mit E-Roller möglich, so dass insgesamt eine dem Auto konkurrenzfähige Reisezeit entstehen kann.
Auch innerhalb Aschaffenburgs kann der E-Roller eine sinnvolle Ergänzung werden. So wäre ein Verleih von E-Rollern an den wichtigen Einpendler-Haltestellen und Bahnhöfen denkbar, der den Kunden des öffentlichen Verkehrs dann eine rasche Weiterfahrt zum Ziel der Reise in Aschaffenburg ermöglicht („die letzte Meile“). Ebenso könnte es auch an den Parkhäusern sinnvoll sein, dass sich auswärtige Kunden direkt im Parkhaus einen E-Roller zum Erreichen eines innerstädtischen Ziels ausleihen und zurückgeben können.

.Beschluss:

I.
  1. Der Bericht der Verwaltung und der Polizei wird zur Kenntnis genommen (Anlage 1) .
II. Angaben zu den Kosten:

Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:
ja [   ]
nein [  x ]

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 0, Dagegen: 0

Datenstand vom 22.01.2020 08:27 Uhr