I.
Mit Bauantrag, eingegangen bei der Stadt Aschaffenburg am 06.05.2020 beantragte der Bauherr xxx die Genehmigung zum Abbruch eines denkmalgeschützten Gebäudes und Neubau von 2 Wohnhäusern mit insgesamt 4 Wohneinheiten auf dem Baugrundstück Fl.Nr. xxx, Gem. Schweinheim, Marienstraße xxx, 63743 Aschaffenburg.
Das Baugrundstück war bisher im hinteren Bereich mit einer beidseits grenzständigen Scheune und ist im vorderen Bereich derzeit noch mit einem freistehenden denkmalgeschützten Gebäude bebaut. Es ist geplant auch das vordere Gebäude abzubrechen und durch Neubauten an etwa gleicher Stelle zu ersetzen.
Bereits am 16.01.2018 fand ein Ortstermin mit der Unteren Denkmalschutzbehörde, dem zuständigen Gebietsreferenten des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege und dem Heimatpfleger zur denkmalpflegerischen Bewertung statt.
Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege empfahl, die Bausubstanz des Gebäudes untersuchen zu lassen, um Aufschluss über den Bestand und die vorhandenen Schäden zu erhalten. Über einen möglichen Abbruch sei von der Stadt Aschaffenburg im Rahmen der einschlägigen denkmalrechtlichen Regelungen zu entscheiden. Einem Abbruch sollte allerdings nur dann zugestimmt werden, wenn gleichzeitig Pläne für eine Neubebauung vorgelegt werden, um die entstehende Baulücke mit einer – mit den beiden angrenzenden Baudenkmälern - verträglichen Bebauung zu schließen.
Der Heimatpfleger hat hierzu festgestellt, dass am Gebäude über sehr lange Zeiträume erhebliche bauliche Veränderungen vorgenommen wurden, insbesondere der frühere Stall im rückwärtigen Teil des Vorderhauses umgebaut wurde, Sparren ersetzt und im Erdgeschoss das ursprünglich vorhandene Fachwerk durch massives Mauerwerk ersetzt wurde. Auch der symmetrisch geordnete Giebel zur Marienstraße sei nicht mehr ursprünglich. Das Gebäude befinde sich in einem sehr schlechten baulichen Zustand und sei seit 30 Jahren nicht mehr bewohnt, da die Geschosshöhen zu gering und die Räume zu klein seien, sanitäre Anlagen, wie Bad und WC fehlen, wie auch der notwendige Raum um sie nachträglich einzurichten. Das Gebäude bedürfe einer umfassenden Sanierung, welche in Anbetracht des baulichen Zustandes und der eingeschränkten Nutzungsmöglichkeiten nicht vertretbar ist. Ein zeitgemäßes Wohnen sei in diesem Gebäude nicht mehr möglich. Aus Sicht des Heimatpflegers ist ein Abbruch vertretbar. empfohlen
Die Bausubstanz des Gebäudes, Marienstraße xxx wurde anschließend durch die Diplomingenieure Wombacher, Kempf und Hondl mit Gutachten vom 14.02.2018 nochmals baufachlich bewertet. Dabei wurde festgestellt, dass das Bauwerk auf nicht ausreichend vermörtelten Natursteinen ausgegründet wurde. Eine Abdichtung gegen eindringende und aufsteigende Feuchtigkeit ist nicht vorhanden. Die Wände im Erdgeschoss erfordern einen weitgehenden Austausch des Mauerwerkes wegen nicht mehr brauchbarer Vermörtelung und unzureichender Steinqualitäten. Innen sind im Bereich der Wandfüße an einzelnen Stellen Feuchteschäden an den Schwellen und Holzpfosten erkennbar. An der Deckenbalkenanlage über dem Erdgeschoss und dem 1. Obergeschoss wurden starke Schädigungen durch Fäulnis und Befall festgestellt. Vorhandene tragende Bauteile sind teilweise gebrochen und weisen Überformungen auf, so dass Hilfsträger eingezogen werden mussten. Die gesamte Holzkonstruktion der Außenwände im Obergeschoss sowie der Giebelwände im Dachgeschoss ist durch Feuchteschäden, Fäulnisbildung und Insektenbefall weitgehend befallen und so stark zerstört, dass eine Instandsetzung nicht mehr möglich ist. Teilweise fehlt es an dem kraftschlüssigen Verbund der den Außenwänden anschließenden Innenwände. Auch die Anschlüsse der Dachkonstruktion an die hohen Giebelwände sind stark geschädigt. Die Giebelwand zur Marienstraße wurde vorläufig gesichert.
Der Antragsteller plant den Abbruch des Vorderhauses und beantragt hierzu die entsprechende denkmalrechtliche Genehmigung zum Abbruch. Aus den Antragsunterlagen geht hervor, dass eine Sanierung des Gebäudes oder ein Abbruch aus o.g. Gründen dringend erforderlich ist. Diese Sanierungsmaßnahmen wären mit einem weitgehenden Austausch der alten Bausubstanz verbunden, da viele Teile nicht mehr erhalten werden könnten.
Als Ersatz für das abzubrechende Vorderhaus ist ein Gebäude geplant, welches sich weitgehend an der äußeren Kubatur und Gestalt des abzubrechenden Wohnhauses orientiert. Gleiches gilt auch für die Dachneigung. Im Vorderhaus sind insgesamt 3 Wohnungen auf 2 Geschossen und im Dachgeschoss geplant. Die beiden Wohnungen im Erdgeschoss verfügen über Grundflächen von je ca. 72 m², das Dachgeschoss über ca. 54 m².
Das geplante Rückgebäude schließt an die beiden rückwärtigen Nachbargebäude an und besteht auf der Nordseite aus einem eingeschossigen Bau mit ausgebauten Dachgeschoss und im südlichen Teil ausschließlich aus einem kleinen, im Erdgeschoss genutzten Gebäudeteil. Die Wohnung im Rückgebäude verfügt über ca. 115 m² Wohnfläche.
Die Grundstücksgröße liegt bei 533 m². Die geplante Gesamtwohnfläche erreicht ca. 313 m².
Die notwendigen 5 Stellplätze werden im Innenhof nachgewiesen. Nicht überbaute Bereiche werden begrünt. Insgesamt sind 4 Baumpflanzungen geplant.
Zur Marienstraße hin wird eine Mauer mit einer Toranlage errichtet, welche dem typischen Erscheinungsbild der im zentralen Ortskern von Schweinheim gelegenen Marienstraße entspricht.
II.
Das Bauvorhaben liegt im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans 05/04 für das „Sanierungsgebiet Schweinheim 2 - Abschnitt zwischen Rosenstraße, Marienstraße, Bachstraße und Seebornstraße“. Es gilt die BauNVO in der Fassung von 1977. Der Bebauungsplan enthält für den Bereich des geplanten Vorhabens folgende Festsetzungen:
Mischgebiet – MI
Vollgeschosse: I+D (rückwärtiges Baufeld) / II+D (vorderes Baufeld)
offene Bauweise
GRZ 0,4
GFZ 0,5 (rückwärtiges Baufeld) / 0,8 (vorderes Baufeld)
DN: 0-27° (rückwärtiges Baufeld) / SD 40° - 52° (vorderes Baufeld)
Art der baulichen Nutzung
Die geplante Wohnnutzung mit 4 Wohneinheiten entspricht der im Mischgebiet nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO zulässigen Nutzungsart.
Maß der baulichen Nutzung
Die GRZ des Gesamtbauvorhabens erreicht einen Wert von 0,38, die GFZ einen Wert von 0,8.
Das geplante Vordergebäude verfügt über II Vollgeschosse und ein ausgebautes Dachgeschoss. Das Rückgebäude weist I Vollgeschoss und im nördlichen Teilbereich ein ausgebautes Dachgeschoss auf. Im Übrigen ist das Rückgebäude ausschließlich erdgeschossig geplant.
Das Vorhaben hält sich damit innerhalb des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung.
Überbaubare Grundstücksfläche
Die beiden geplanten Baukörper liegen innerhalb der zulässigen Baufenster. Das geplante Rückgebäude schließt darüber hinaus an die grenzständigen Nachbargebäude im Norden und Süden an.
Dachform
Für beide Gebäude ist ein Satteldach geplant. Das Vorderhaus übernimmt die Dachneigung und -form das abzubrechenden Bestandsgebäudes und hält sich mit einer geplanten Dachneigung von 50° innerhalb der Vorgaben des Bebauungsplans. Das Rückgebäude passt sich hinsichtlich der Dachneigung dem unmittelbar angrenzenden Nachbargebäude mit einer Neigung von 35°, statt, wie im Bebauungsplan vorgegeben 27° an. Eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann in diesem Fall nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB erteilt werden, da die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und die geringfügige Abweichung, auch unter Berücksichtigung der Belange der Nachbarn städtebaulich vertretbar ist.
Stellplätze
Gemäß der städtischen Garagen-, Stellplatz- und Abstellplatzsatzung ist für Wohneinheiten mit Wohnflächen bis 100 m² je 1 Stellplatz, bei Wohnflächen über 100 m² je 2 Stellplätze erforderlich. Drei Wohnungen weisen Größen unter 100 m², eine Wohnung über 100 m² auf.
Hiernach ergibt sich ein Bedarf von 5 PKW-Stellplätzen, welche im Innenhof nachgewiesen werden.
Außerdem ist bei Wohngebäuden je 50 m² Wohnfläche ein Fahrradabstellplatz vorzusehen. Für die 4 Wohnungen mit einer Gesamtwohnfläche von ca. 313 m² sind daher 6 Fahrradabstellplätze nachzuweisen, welche im Innenhof hergestellt werden.
Abstandsflächen
Die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen werden eingehalten.
Denkmalschutz
Das, für den Abbruch vorgesehene Vorderhaus auf dem Grundstück Marienstraße xxx ist mit folgendem Text in der Denkmalliste der Stadt Aschaffenburg verzeichnet:
„Wohnhaus, zweigeschossiger giebelständiger Bau mit Fachwerkobergeschoss und rückwärtigem Halbwalm, 17./18. Jh.“
Auf den beiden angrenzenden Nachbargrundstücken, Marienstraße xxx und Marienstraße xxx, befinden sich Baudenkmale, die unter folgenden Texten in der Denkmalliste der Stadt Aschaffenburg verzeichnet sind:
Marienstraße xxx:
„Wohnhaus, zweigeschossiger verputzter Fachwerkbau mit Satteldach und vorkragendem Obergeschoss, 17. Jh“
Marienstraße xxx:
„Wohnhaus, zweigeschossiger giebelständiger Satteldachbau mit Fachwerkobergeschoss, 18. Jh.“
Der Abbruch des Baudenkmals, das gleichzeitig in unmittelbarer Nähe zu den Baudenkmälern Marienstraße xxx und xxx steht, bedarf der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis, gem. Art. 6 Abs. 1 Bayerisches Denkmalschutzgesetzt (DschG).
Die Erlaubnis kann versagt werden, soweit gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen oder, soweit das Vorhaben zu einer Beeinträchtigung des Wesens, des überlieferten Erscheinungsbilds oder der künstlerischen Wirkung eines Baudenkmals führen würde und gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen.
Trotz des Vorliegens gewichtiger Gründe des Denkmalschutzes für die Beibehaltung des bisherigen Zustands ist das nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG eingeräumte Ermessen aus Gründen der Verhältnismäßigkeit unter angemessener Berücksichtigung der nach Art. 14 GG geschützten Belange des Denkmaleigentümers aber in der Weise reduziert, dass die Erlaubnis zum Abbruch zu erteilen ist, wenn die Erhaltung des Denkmals dem Eigentümer objektiv wirtschaftlich nicht zumutbar ist (Art. 4 Abs. 1 DSchG). Dies ist dann der Fall, wenn der Erhalt des Denkmals auf Dauer nicht aus den Erträgen zu finanzieren ist, das Objekt sich also wirtschaftlich nicht „selbst trägt“.
Dies hat der Antragsteller nachgewiesen. Er hat eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vorgelegt, aus der sich die wirtschaftliche Unzumutbarkeit zum Erhalt des Denkmals ergibt.
Zur Wiederherstellung der dauerhaften Standsicherheit und Nutzungsmöglichkeit des Gebäudes wären erhebliche Sanierungsmaßnahmen zu treffen.
Der Antragsteller legt mit den Antragsunterlagen dar, dass die Sanierung des Gebäudes hinsichtlich der zu erwartenden Kosten im Verhältnis zur Nutzungsmöglichkeit unter Berücksichtigung sozialer Aspekte unwirtschaftlich ist.
Es wären ganz erhebliche Sanierungsmaßnahmen vorzunehmen, die einen weitgehenden Austausch der alten Bausubstanz zur Folge hätte. Hiermit ist die Gefahr verbunden, dass das Gebäude seine Eigenschaft als Baudenkmal verliert. Darüber hinaus ist das Gebäude, aufgrund des Gebäudegrundrisses, der Deckenhöhe, der Raumgrößen, etc. nur sehr eingeschränkt wirtschaftlich verwertbar.
Die vorgelegte Wirtschaftlichkeitsberechnung wurde umfassend geprüft und aus baufachlicher, wie auch aus denkmalfachlicher Sicht bestätigt. Hieraus ergibt sich, dass auch unter Berücksichtigung denkmalschutzrechtlicher Belange die Erlaubnis zum Abbruch des Gebäudes erteilt werden muss, da dem Eigentümer, gem. Art. 4 Abs. 1 DSchG den Erhalt des Denkmals objektiv wirtschaftlich nicht zumutbar ist (sog. Unzumutbarkeit der Erhaltungspflicht).
Das abzubrechende Gebäude steht jedoch darüber hinaus in einer unmittelbaren denkmalpflegerischen Beziehung zu den beiden, ebenfalls unter Denkmalschutz stehenden Nachbargebäuden (Marienstraße xxx und xxx). Eine mögliche Baulücke, bzw. eine Neubebauung wirkt sich auf das Erscheinungsbild der beiden Gebäude unmittelbar aus, weshalb die kurzfristige Umsetzung eines denkmalpflegerisch verträglichen Ersatzbaus gefordert wird.
Die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis zum Gebäudeabbruch wird daher mit der Bedingung verbunden, dass an dieser Stelle ein Ersatzbau, unter Beachtung denkmalschutzrechtlicher Auflagen errichtet wird. Zur Sicherung dieser Verpflichtung ist eine Sicherheitsleistung i.H.v. xxx € zu hinterlegen.
Baumbestand
Es gibt keine schützenswerten Bäume auf dem Grundstück. Nach dem aktuellen Luftbild ist das Grundstück momentan zu 100 % versiegelt. Der Bebauungsplan enthält keine Baumfestsetzungen.
Begrünung
Die nicht überbauten Flächen sind, gem. Freiflächenplan zu begrünen, zu bepflanzen und unversiegelt zu erhalten. Reine Kies- und Schotterflächen sind nicht zulässig. Zur Sicherung der Verpflichtung sind Sicherheitsleistungen in Höhe von xxx € für die Begrünung des Grundstückes zu leisten.
Kinderspielplatz
Ein Kinderspielplatz kann auf dem Grundstück nicht errichtet werden. Grundstücksgröße und Schnitt lassen dies nicht zu. Die Verpflichtung besteht darüber hinaus erst ab einem Bauvorhaben mit mindestens 4 Wohneinheiten (Art. 7 Abs. 3 BayBO). Diese Grenze wird durch das Bauvorhaben gerade erreicht. In einer Entfernung von ca. 150 – 200 m sind die nächstgelegenen drei öffentlichen Kinderspielplätze Am Gerbersgarten, Allerheiligenstraße und Heckenweg gelegen. Es ist daher vertretbar, von der Verpflichtung zur Schaffung eines Kinderspielplatzes abzusehen und diesen abzulösen. Zur Ablösung dieser Verpflichtung ist eine Ablösesumme von xxx € zu leisten.
Dem Umwelt- und Verwaltungssenat wird die Zustimmung zur Erteilung der beantragten Baugenehmigung vorgeschlagen.