I. Aktueller Projektstand
Die Museen der Stadt Aschaffenburg (MSA) bilden mit ihren demnächst acht Häusern den bedeutendsten Museumsstandort am bayerischen Untermain und dokumentieren ein für die Größe der Stadt weit überdurchschnittliches kulturelles Engagement, das auch in die Metropolregion Frankfurt-Rhein-Main ausstrahlt.
Mit ihrer Verwaltung, umfangreichen Depotbeständen und dem Schlossmuseum sind die MSA seit vielen Jahrzehnten Mieter der Bayerischen Schlösserverwaltung (BSV) im Schloss Johannisburg
Seit dem Jahr 2016 saniert der Freistaat Bayern das Schloss Johannisburg. Dazu sind alle Gebäudeteile Zug um Zug zu räumen, denn die Sanierung erfolgt in mehreren Bauabschnitten. Für die Stadt Aschaffenburg bedeutet dies den vorübergehenden, aber mehrere Jahre dauernden Auszug der Ausstellungsräume, der Räume der Museumsverwaltung und der Depots in Nordturm und Bergfried. Die Kündigung des Mietverhältnisses erwarten wir Ende des Jahres. Sie wird eine Räumungsfrist von 2 Jahren berücksichtigen.
Die Sanierung des Schlosses zieht umfangreiche und sehr kostenintensive Maßnahmen für die Stadt nach sich und wird dem Personal unserer Museen, aber auch dem städtischen Hochbauamt enorme Leistungen abfordern, die allein mit deren Stammpersonal nicht zu leisten sein werden. Dabei hält sich der unmittelbare Nutzen dieser Sanierung für die Museen in engen Grenzen, denn die staatliche Bauverwaltung saniert das Schloss nur in Dach und Fach sowie im Bereich der Haustechnik. Es geht insbesondere um Schadensbeseitigung an der Fassade, eine Verbesserung der Wärmedämmung und eine Aktualisierung der Haustechnik.
Dennoch bietet der vorübergehende Auszug auch große Chancen für substanzielle Verbesserungen:
- Beendigung der provisorischen und vor allem im Schlossturm teilweise prekären Depotsituation der MSA in derzeit sechs weiteren Behelfsliegenschaften im gesamten Stadtgebiet durch einen Neubau eines Zentraldepots auf stadteigenem Grund
- Aufgrund von Personalmehrungen u. A. für das Christian-Schad-Museum und die Provenienzforschung strukturelle Verbesserungen in den Verwaltungs- und Technikräumen
- Erste durchgreifende Neugestaltung des Schlossmuseums seit 1972
Alle diese Verbesserungen werden vollständig aus städtischen Mitteln finanziert werden müssen, denn die Stadt hat die Räume im Schloss als „Rohbau“ gemietet.
Die einzelnen Arbeitsbereiche dieses Großprojekts lassen sich dabei wie folgt charakterisieren:
- Dokumentierung, Schadstoff-Management und Verpackung des Museumsguts
- Planung und Errichtung eines Depotneubaus
- Findung und Ertüchtigung eines Ersatzquartiers für die Museumsverwaltung
- Umzug von Personal und Museumsgut
- Grundlegende Neugestaltung des Schlossmuseums
- Erweiterung und Ertüchtigung der Räume des Aufsichtspersonals, der Ausstellungsvorbereitung und der Museumsverwaltung
- Erstmalige Einrichtung eines Graphischen Kabinetts
- Wiederbezug des Schlosses
Der Stadtrat wurde letztmals im Plenum am 19.04.2021 über diesen Sachstand informiert.
II. Fördermöglichkeiten
Die Fördermöglichkeiten für die Gesamtmaßnahme sind begrenzt. Manche Dinge, wie zum Beispiel die Förderung energetischer Maßnahmen, lassen sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht seriös einschätzen. Der Bezirk Unterfranken prüft zur Zeit, in welchem Umfang er das Depotprojekt fördern wird. Dazu hat am 12. Mai ein Gespräch auf Bezirksebene stattgefunden. Seitens der nichtstaatlichen Museen wird die Aufbereitung des Museumsguts finanziell gefördert; der entsprechende Antrag wurde gestellt. Fördermöglichkeiten bei der Bayerischen Kulturstiftung können erst ermittelt werden, wenn die Gesamtplanung abgeschlossen ist. Eine Vorankündigung des Förderbedarfs an potenzielle Förderer wurde mit Unterschrift des Oberbürgermeisters versendet.
Die Neugestaltung des Schlossmuseums und die Einrichtung eines Graphischen Kabinetts im Schlossturm als wissenschaftliche Einrichtung zur Erschließung und Nutzung der wertvollen Graphikbestände der Stadt im Nordturm des Schlosses leisten sicherlich einen wichtigen Beitrag zur Attraktivitätssteigerung der Innenstadt. Es wird daher derzeit geprüft, inwieweit hierfür eine Förderung nach den Richtlinien der Städtebauförderung infrage kommen könnte.
III. Deakzession
Bei den Museen hat inzwischen eine Begehung von zwei Behelfsdepots in der Mietliegenschaft Dyroffstraße sowie in der stadteigenen ehem. Schlachthofgaststätte stattgefunden. Letztere muss wegen des bevorstehenden Verkaufs und Abbruchs demnächst geräumt und durch eine Mietliegenschaft ersetzt werden.
Die Frage der Deakzessionierung von historischem Sammlungsgut ist gegenwärtig über eine gewöhnliche Bestandsrecherche nicht valide zu beantworten, da auch die Erfassung des Gesamtbestands – darunter etwa uneröffnete Kriegsauslagerungen – aufgrund der beschriebenen Depotsituation noch nicht geleistet werden konnte.
Die Deakzessionierung wird aber bei der Beräumung der Sammlungsbestände im Schloss im Zuge von Schadstoffmanagement und Erfassung ab Ende diesen Jahres für die Museen von zentraler Bedeutung sein.
Größere Leihkonvolute von Werken der Kunst- und Kulturgeschichte, deren Rückgabe eine spürbare Verringerung des Gesamtvolumens nach sich zögen, existieren nicht.
Allerdings wird eine solche Verringerung bei den eingelagerten Betriebsmitteln, insbesondere Teilen von Ausstellungsarchitektur möglich sein. Während es in der Vergangenheit geboten schien, aus Gründen der Nachhaltigkeit mit Ausstellungselementen zu arbeiten, die verhältnismäßig leicht wiederzuverwenden gewesen wären, hat es hier einen internen Paradigmenwechsel gegeben, da es in den kommenden Jahren aufgrund der zu erwartenden hohen Sonderbelastung des gesamten Personals ohnehin keine größeren Ausstellungsprojekte geben kann (die Kunsthalle Jesuitenkirche ist davon ausgenommen).
Weitere Volumeneinsparungen wird die kritische Durchsicht unserer Buch- und Katalogbestände ergeben, da aufgrund des Wegfalls der Schlachthofgaststätte hier kurzfristig alternative Räume gesucht werden müssen. Dies betrifft im wesentlichen eigene Katalogproduktionen, nach denen nur noch geringe Nachfrage besteht, sowie ganze Reihen von Periodika, die inzwischen online verfügbar sind.
IV. Schlosssanierung
Die notwendige Erweiterung der Flächen der Museumsverwaltung soll in den jetzigen Räumen des archäologischen Depots untergebracht werden. Notwendig wurde dies aufgrund der personell gewachsenen Museumsverwaltung (u. a. Schad-Stiftung, Volontariat, Provenienzforschung). Als die Räume 1996 letztmals den Bedürfnissen der Museumsverwaltung angepasst wurden, arbeiteten dort 7 Personen in Voll- und Teilzeit. Daraus sind inzwischen 12 Personen geworden, zumal auch die Verwaltung der Kunsthalle Jesuitenkirche (2 Pers.) nicht mehr in der ehem. FOS/BOS angesiedelt ist, sondern ebenfalls im Schloss arbeitet. Ein Umbaukonzept wurde inzwischen mit der BSV erarbeitet und von dort im wesentlichen gebilligt. Detailabstimmungen sind hier zu klären. Die für das Graphische Kabinett und für die Umnutzung des archäologischen Depots notwendigen Entwurfspläne zur Berücksichtigung in der Genehmigungsplanung wurden im Einvernehmen mit der BSV und der staatlichen Bauverwaltung erarbeitet. Dies gilt auch für das Klimakonzept der künftigen Museumsräume. Es soll möglichst auf eine Vollklimatisierung verzichtet werden, um Investitions- und Betriebskosten einzusparen. Stattdessen soll durch eine sogenannte Bauteilaktivierung der massiven Wände ein ausgeglichenes Raumklima zur Einhaltung zwingender konservatorischer Vorgaben erreicht werden. Die dazu erforderlichen Vorarbeiten der BSV sind seit kurzem abgeschlossen. Die noch verbliebenen bautechnischen Fragen werden in einem Planungsgespräch mit der BSV in den nächsten Wochen geklärt.
V. Depotneubau
Nach derzeitigem Diskussionsstand ist vorgesehen, auf einem städtischen Grundstück im Stadtteil Obernau (Gewerbegebiet Bollenwald) den Neubau eines Zentraldepots zu errichten. Für dieses Projekt sollte von einem darauf spezialisierten Planungsbüro nun kurzfristig eine Projektskizze angefertigt werden, um Anfang und Konzeption des geplanten Zentraldepots gegenüber Fördergebern verdeutlichen zu können. Kontakte zu einem entsprechenden Planer wurden aufgenommen. Diese Projektskizze muss so gestaltet sein, dass sie das notwendige VgV Verfahren nicht belastet. Außerdem muss bedacht werden, dass auch die mögliche Realisierung des Depots als Generalübernehmer-Projekt oder als Mietkaufprojekt möglich sind. Das angefragte Büro hat hierin einschlägige Erfahrungen mit verschiedenen staatlichen Institutionen und ist auch für große private Wirtschaftsunternehmen mit vergleichbaren Aufgabenstellungen tätig (u. a. weltweit tätige Kunstspediteure). Ein Planungsgespräch ist für den 28. Juni vereinbart, so dass die Ergebnisse des Gesprächs in die Sitzung des Kultur- und Schulsenats einfließen können.
VI. Weiteres Vorgehen
Die Komplexität und zeitliche Verkettung der verschiedenen Teilprojekte erfordert eine parallele Bearbeitung aller oben dargelegten Arbeitsfelder. Außerdem werden derzeit von der Museumsverwaltung die umzugsvorbereitenden Maßnahmen planerisch und hinsichtlich des Schadstoff-Managements vorbereitet. Gemeinsam mit der Finanzverwaltung und der Bauverwaltung werden in Abhängigkeit von Fördereroptionen Finanzierungskonzepte für das Gesamtprojekt erarbeitet. Mit der BSV werden in den nächsten Wochen abschließende Gespräche zum Klimakonzept und zur Einrichtung des Graphischen Kabinetts erfolgen.
An konkreten Terminen ist in Vorbereitung
- Fördergespräche mit Bundes- und Landtagsabgeordneten (30.06.2021)
- Vorbereitung eines Finanzierungskonzepts (10. Juni 2021)
- Abstimmungsgespräch Projektskizze mit xxx (28.06.2021)
- Abstimmungsgespräch mit staatlichem Bauamt Aschaffenburg zur Deckentragkraft und Klimatisierung
- Abstimmungsgespräch mit der BSV (in Planung)