I.
Mit Bauantrag, eingegangen bei der Stadt Aschaffenburg am 20.08.2021 beantragte die MGR Immobilienverwaltung Eins Stiftung & Co.KG eine Bauvoranfrage die Errichtung eines Einzelhandelsmarktes mit Bäckerei und Café auf dem Baugrundstück Fl.-Nr. xxx, Gem. Leider, Seidelstraße xxx, 63741 Aschaffenburg.
Über das Bauvorhaben wurde bereits im Wesentlichen mit Bauvoranfrage vom 04.12.2019, welche in der Sitzung des Umwelt- und Verwaltungssenates vom 22.01.2020 behandelt wurde entschieden. Der Vorbescheid wurde am 04.03.2020 erteilt (BV-Nr.: xxx).
Zur damaligen Bauvoranfrage sind folgende Änderungen eingetreten:
- Die südliche Baugrenze wird statt um 1 m (68,4 m²), um 3 m (207 m²) überschritten.
- Der Abstand zur südlichen Grundstücksgrenze beträgt jetzt 4,0 m.
- Die Anlieferungszone wird von 5,61 m auf 6,25 m verbreitert.
- Die Baumscheiben der Bäume wurden angepasst. Die Anzahl der Bäume bleibt unverändert.
- Es wird an der westlichen Grundstücksgrenze eine Lärmschutzwand errichtet.
II.
Geplant ist der Neubau eines eingeschossigen Norma-Einzelhandelsmarktes als Ersatzbau für den bestehenden Markt mit einer derzeitigen Verkaufsfläche von ca. 600 m². Das bestehende Gebäude soll abgebrochen werden. Die künftige Verkaufsfläche des neu geplanten Marktes soll ca. 1.100 m² betragen. Dieser gliedert sich eine Bäckereifiliale mit Café mit einer weiteren Fläche von 149 m² und einer Freifläche mit ca. 23 m² an. Die gesamte Geschossfläche des geplanten Vorhabens beträgt 1.692 m².
Der Baukörper erreicht in Ost-West-Richtung eine Länge von ca. 69 m, bei einer Breite in Nord-Süd-Richtung von ca. 28 m. Das Gebäude soll längsseits von der Seidelstraße abgerückt werden und wird nahe der südlichen Grundstücksgrenze angeordnet. Hierdurch öffnet sich die nördliche Grundstücksfläche für die Aufnahme von 70 PKW-Stellplätzen und den notwendigen Fahrradabstellplätzen. Die Warenanlieferung erfolgt auf der östlichen, der Wohnbebauung abgewandten, Gebäudeseite. Die Bäckerei, bzw. das Café sind westlich im Anschluss an das Einzelhandelsgebäude geplant.
Mit der Vergrößerung der Verkaufsfläche ist keine Sortimentserweiterung beabsichtigt, es soll die Warenpräsentation verbessert werden.
Das Gebäude ist eingeschossig mit Pultdach mit einer Dachneigung von 7° geplant und erreicht Wandhöhen von ca. 5 m (Rückseite) bzw. 8,50 m (Vorderseite). Das Dach wird auf einer Fläche von 1.400 m² mit einer blendfreien Photovoltaikanlage belegt. An der westlichen Grundstücksgrenze wird eine Lärmschutzwand, gem. Vorgabe des Schallschutzgutachtens errichtet.
III.
Das Bauvorhaben liegt im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans Nr. xxx (Bebauungsplan für das Gebiet zwischen Seidelstraße, Ringstraße, Hafenbahngelände, Kirchstraße, Leiderer Stadtweg und Kapellenstraße). Dieser setzt für das betreffende Baugebiet u.a. fest:
Gewerbegebiet GE
mit Einschränkung der zulässigen Lärmemissionen
GRZ 0,8
GFZ 2,0
max. III Vollgeschosse
Baugrenzen
offene Bauweise
Flachdach
Pflanzgebote
Das Bauvorhaben ist grundsätzlich nach § 30 BauGB i.V.m. § 8 BauNVO 1977 zu beurteilen.
Art der baulichen Nutzung
Das Baugrundstück befindet sich in einem, mit Bebauungsplan festgesetzten Gewerbegebiet. Der geplante Einzelhandelsmarkt ist dort als Gewerbebetrieb aller Art
hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung allgemein zulässig. Als einziger Discounter im Stadtteil Leider hat er eine wichtige Funktion für die Nahversorgung. Mit derzeit nur ca. 600 m² Verkaufsfläche ist er aber auch nach Wertung des Einzelhandelstandort- und zentrenkonzepts aus dem Jahr 2010 zu klein und ggf. nicht dauerhaft funktionsfähig. Mit den geplanten 1.100 m² Verkaufsfläche (plus Bäckerei / Café) erreicht der Einzelhandelsbetrieb eine inzwischen marktübliche und gängige Größenordnung. Dennoch ist er aufgrund der „Vermutungsregel“ des § 11 Abs. 3 BauNVO 1977 ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb und damit zunächst sondergebietspflichtig, da er eine Geschossfläche von über 1.500 m² hat (§ 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO 1977).
Nach stadtplanerischer Einschätzung wird sich an vorliegendem Standort ein Discounter mit 1.100 m² Verkaufsfläche (ohne Bäckereifiliale) und 1.692 m² Geschossfläche nicht wesentlich auf Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung auswirken: Der Betrieb befindet sich in „integrierter Lage“ im Stadtteil Leider und dient eindeutig der verbrauchernahen Versorgung. Es sind keine negativen Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr und auf die Versorgung der Bevölkerung (vgl. § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO 1977) zu befürchten.
Die Landesplanungsbehörde bei der Regierung von Unterfranken hat der Vergrößerung der Verkaufsfläche ohne Sondergebietsausweisung zustimmt.
Vom Büro Wölfel Engineering GmbH & Co.KG, als Schallschutzgutachter wurde festgestellt, dass die Immissionsrichtwerte zum westlich angrenzenden Allgemeinen Wohngebiet (WA) geringfügig überschritten werden und nur durch Errichtung einer Lärmschutzwand eingehalten werden können. Die Lärmschutzwand wurde daraufhin zwischen Planer und Schallschutzgutachter so abgestimmt, dass diese einen optimalen Lärmschutz bietet und sich aus stadtplanerischer Sicht dennoch in das Gebiet einfügt.
Die Auflagen des Schallschutzgutachtens sind zu beachten, insbesondere ist die Schallschutzwand an der westlichen Grundstücksgrenze entsprechend den Vorgaben des Schallschutzgutachtens auszuführen. Die Auflagen der Unteren Immissionsschutzbehörde sind zu beachten.
Maß der baulichen Nutzung
Durch die eingeschossige Bauweise wird die max. zulässige Zahl der Vollgeschosse nicht überschritten.
Die GRZ von 0,8 wird mit einem Wert von 0,39 eingehalten. Gem. § 19 Abs. 4 BauNVO 1977 werden Flächen von Nebenanlagen nicht auf die GRZ angerechnet.
Die GFZ wird mit einem Wert von 0,35, bei einer zulässigen GFZ von 2,0 eingehalten.
Im Rahmen der Bauvoranfrage wurde bereits eine Befreiung gem. § 31 Abs. 2 BauGB von der festgesetzten Dachform (Pultdach statt Flachdach mit 7° Dachneigung) in Aussicht gestellt.
Überbaubare Fläche
Hinsicht der Überschreitung der westlichen Baugrenze durch den Bäckereibetrieb mit Café wurde bereits im Rahmen der Bauvoranfrage eine Befreiung in Aussicht gestellt.
Das Bauvorhaben überschreitet zudem die südliche Baugrenze um 3 m, statt, wie in der Bauvoranfrage bewilligt um 1 m. In diesem Umfang kann eine zusätzliche Befreiung erteilt werden, da der bestehende Grünstreifen erhalten wird und die Nachbargebäude durch die Verlagerung des Zugangs zum Einzelhandelsmarkt durch das Gebäude abgeschirmt werden. Darüber hinaus werden die, sich bisher im südlichen Grundstücksbereich befindlichen Stellplätze nach Norden verlagert, so dass sich auch insofern eine Abschirmung für die Nachbargrundstücke ergibt. Die Befreiung ist städtebaulich vertretbar und die Grundzüge der Planung nicht berührt. Die nachbarlichen Belange sind insofern berücksichtigt. Die Nachbarn haben der Planung auch zugestimmt.
Pkw-Stellplätze / Fahrradabstellplätze
Gemäß der städtischen Garagen-, Stellplatz- und Abstellplatzsatzung ist je 25 m² Verkaufsfläche 1 PKW-Stellplatz, für die Bäckerei je 12 m² und für die Außenbewirtung je 15 m² je 1 Stellplatz vorzuhalten. Insgesamt sind 55 PKW-Stellplätze erforderlich. Die Planung sieht 70 PKW-Stellplätze vor.
Die 17 erforderlichen Fahrradabstellplätze wurden nachgewiesen.
Im nordöstlichen Grundstücksbereich sind 4 E-Mobil-Ladeplätze vorgesehen. Die Voraussetzungen des Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetzes (GEIG) sind daher erfüllt.
Abstandsflächen
Die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen werden eingehalten.
Die südliche Außenwand erreicht eine Höhe von 4,725 m. In Gewerbegebieten beträgt die gesetzliche Abstandsfläche 0,2 H, d.h. 0,95 m, mindestens aber 3 m. Der tatsächliche Abstand zur Grundstücksgrenze beträgt 4,0 m.
Gestalterische Vorgaben und Begrünung
Gem. § 5 Abs. 6 der städtischen Garagen-, Stellplatz- und Abstellplatzsatzung ist je 4 ebenerdiger Stellplätze ein großkroniger Laubbaum zur Gliederung der Stellplatzanlage zu pflanzen. Bei 70 Stellplätzen ergibt sich ein Pflanzgebot von 18 Bäumen. In der Freiflächenplanung wird die Pflanzung von 15 Laubbäumen und der Erhalt einer Baugruppe an der südöstlichen Grundstücksgrenze nachgewiesen. Zur Sicherung der Verpflichtung zur Baumpflanzung ist eine Sicherheitsleistung i.H.v. xxx € zu hinterlegen.
Die nicht überbauten Grundstücksflächen sind, gem. Freiflächenplan zu begrünen, gärtnerisch zu gestalten zu unterhalten und pflegen. Reine Kies- oder Schotterflächen sind nicht zulässig. Zur Sicherung der Verpflichtung ist eine Sicherheitsleistung in Höhe von xxx € zu hinterlegen.
Dem Umwelt-, Klima und Verwaltungssenat wird die Zustimmung zur Erteilung der beantragten Baugenehmigung vorgeschlagen.