Antrag der Firma Linde Material Handling GmbH für die Errichtung und den Betrieb einer Wasserstoffinfrastruktur mit Wasserstofferzeugung für die Betankung der betriebseigenen Flurförderfahrzeuge am Standort Dr.-Hans-Meinhardt-Allee 1, 63741 Aschaffenburg, gem. § 4 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG)


Daten angezeigt aus Sitzung:  6. Sitzung des Umwelt-, Klima- und Verwaltungssenates, 22.06.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Umwelt-, Klima- und Verwaltungssenat 6. Sitzung des Umwelt-, Klima- und Verwaltungssenates 22.06.2022 ö Beschließend 1UKVS/6/1/22

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

Die Firma Linde Material Handling GmbH beabsichtigt im Rahmen eines vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur geförderten Modellprojekts die Errichtung und den Betrieb einer Wasserstoffinfrastruktur mit Wasserstofferzeugung für die Betankung der betriebseigenen Flurförderfahrzeuge am Standort xxx.

Im Rahmen des beantragten Vorhabens sollen insgesamt xxx Gabelstapler mit Brennstoffzellenantrieb angeschafft werden, welche die bisherigen verbrennungsmotorbetriebenen Flurförderfahrzeuge ersetzen sollen. Neben der Umstellung auf emissionsfreie Gabelstapler in der Intralogistik soll im Projekt auch eine klimaneutrale Wasserstoffproduktion und Betankungsinfrastruktur für die Fahrzeuge aufgebaut werden. Das beabsichtigte Vorhaben umfasst die Errichtung und den Betrieb folgender Hauptkomponenten:

  • 1 Elektrolyseur (max. Erzeugung von 100 kg Wasserstoff pro Tag und einer max. Wirkleistung von 350 kW)
  • 1 Hochdruckkompressor (Kolbenverdichter)
  • 1 Hochdruckspeicher (Lagerung von max. 150 kg Wasserstoff)
  • 1 Bündelwasserstoff (Temporäre Lagerung von max. 90 kg Wasserstoff)
  • 1 Prozessleittechnik (Regelung und Steuerung der Wasserstoffinfrastruktur)
  • 1 Dispenser (Abgabeeinrichtung für die Betankung der Fahrzeuge)

Für das Vorhaben besteht Genehmigungspflicht nach § 4 Abs. 1 BImSchG i. V. m. § 1 Abs. 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV), da dieses der Nr. 4.1.12 des Anhang 1 der 4. BImSchV zuzuordnen ist. 

Die geplante Inbetriebnahme der zu genehmigenden Anlage ist im Quartal II/III 2022 vorgesehen. Die Wasserstoffinfrastruktur soll 24 Stunden pro Tag, sieben Tage die Woche betrieben werden. 

Im Rahmen der Antragsunterlagen wurden die folgenden Fachgutachten vorgelegt:

  • Schalltechnische Stellungnahme 
  • Gefährdungsbeurteilung des notwendigen Anfahrschutzes 
  • Blitzschutzkonzept 
  • Brandschutzkonzept 
  • Explosionsschutzdokument 
  • Prüfbericht zum Erlaubnisantrag nach § 18 der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)
  • Unterlagen zur allgemeinen Vorprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) 

Im Zuge des Verfahrens wurden die folgenden Träger*innen öffentlicher Belange beteiligt:

  • Amt für Umwelt- und Verbraucherschutz (Untere Immissionsschutzbehörde, Untere Abfallbehörde, Untere Naturschutzbehörde, Untere Bodenschutz- und Wasserbehörde, Fachkundige Stelle für Wasserwirtschaft)
  • Bauordnungsamt (Bautechnik, vorbeugender Brandschutz, Denkmalschutz)
  • Stadtplanungsamt
  • Amt für Brand- und Katastrophenschutz
  • Tiefbauamt 
  • Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg
  • Regierung von Unterfranken – Gewerbeaufsichtsamt
  • Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen

Daneben wurde das Genehmigungsverfahren unter Einbeziehung der Öffentlichkeit durchgeführt. Das beantragte Vorhaben wurde daher durch die Stadt Aschaffenburg am 04.03.2022 im Main-Echo amtlich bekanntgegeben. Zugleich erfolgte die öffentliche Bekanntmachung auf der Website der Stadt Aschaffenburg sowie im UVP-Portal Bayern unter www.uvp-verbund.de/by

Gem. § 7 Absatz 1 Satz 1 UVPG war für die Errichtung und den Betrieb der geplanten Anlage ebenso eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nach dem UVPG durchzuführen, da das Vorhaben Nr. 4.2 der Anlage 1 zum UVPG zuzuordnen ist.

Im Rahmen dieser allgemeinen Vorprüfung war zu klären, ob für das Vorhaben eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht (vgl. § 7 Abs. 1 Sätze 2 und 3 UVPG). Im Ergebnis war dies zu verneinen, da durch das Neuvorhaben keine erheblich nachteiligen Umweltauswirkungen hervorgerufen werden können.

Diese Feststellung wurde der Öffentlichkeit ebenfalls am 04.03.2022 im Main-Echo, auf der städtischen Website sowie im o. g. UVP-Portal unter Nennung der folgenden wesentlichen Gründe bekanntgegeben:

Der beim Betrieb entstehende gasförmige Sauerstoff sowie der für Spül- und Inertisierungsvorgänge verwendete Stickstoff führt zu keiner Luftverunreinigung. Der zukünftige Betrieb der Flurförderzeuge mit Wasserstoff führt zu einem Entfall des bisher verwendeten Treibgases. Geräuschemissionen treten durch den Anlagenbetrieb sowie durch den Fahrverkehr lediglich auf dem Anlagengelände auf. Gem. vorgelegter schalltechnischer Stellungnahme werden die maßgeblichen Immissionsrichtwerte sowohl am Tag als auch in der Nachtzeit um mehr als     10 dB (A) unterschritten. Eine Lärmbelästigung für die umliegende Nachbarschaft kann daher ausgeschlossen werden. 

Durch die geschützte Wasserstofflagerung (Anfahrschutz, Brandschutzwände) sowie anderweitige bauliche Maßnahmen (z. B. federbelastete Sicherheitsventile, Überspannungsableiter, Brandmelder, Blitzfangstange) und organisatorische Vorkehrungen (z. B. Umzäunung, Drucküberwachung, Temperaturüberwachung, Not-Aus-Konzept) wird sichergestellt, dass die sicherheitstechnischen Anforderungen beim Betrieb der Anlage eingehalten werden. Die Anlage wird ferner nur von unterwiesenem Personal bedient, welches auch in den Alarmplan der Anlage eingewiesen ist. Die verwendeten Baustoffe, Maschinen und Aggregate sind für ihre jeweilige Verwendung zugelassen und bereits langjährig einsatzerprobt. Dies gilt insbesondere für die Wasserstoffinfrastruktur. Der Standort des Vorhabens unterliegt nicht der Störfall-Verordnung (12. BImSchV), da die entsprechenden Schwellenwerte nicht erreicht werden. Der Vorhabenstandort befindet sich auch außerhalb des angemessenen Sicherheitsabstandes einer im nahen Umkreis befindlichen Flüssiggasumschlagsanlage. 

Die Antragsunterlagen (ohne Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse) mit den der Genehmigungsbehörde zum Zeitpunkt des Auslegungsbeginns vorliegenden entscheidungserheblichen Berichten und Empfehlungen lagen vom 14.03.2022 bis einschließlich 13.04.2022 im Amt für Umwelt- und Verbraucherschutz der Stadt Aschaffenburg öffentlich zur Einsicht aus. Gleichzeitig wurden die o. g. Unterlagen für den vorstehenden Zeitraum auch vollständig im Internet unter www.aschaffenburg.de/umwelt_bekanntmachungen veröffentlicht. 

Einwendungen gegen das Vorhaben konnten vom 14.03.2022 bis einschließlich 13.05.2022 schriftlich oder elektronisch beim Amt für Umwelt- und Verbraucherschutz der Stadt Aschaffenburg erhoben werden. Da diese unterblieben, wurde von der Durchführung des ursprünglich für den 24.05.2022 im Großen Sitzungssaal des Rathauses der Stadt Aschaffenburg vorgesehenen Erörterungstermins abgesehen. Auch diese Entscheidung wurde amtlich bekannt gegeben. 

Die Genehmigung ist nach § 6 Abs. 1 BImSchG i. V. m. den §§ 5 und 7 BImSchG zu erteilen, wenn unter Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt 

  1. schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft und die Allgemeinheit nicht hervorgerufen werden,
  2. Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen,
  3. Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden,
  4. Energie sparsam und effizient verwendet wird,
  5. der Betreiber seinen Pflichten bei Betriebseinstellung nachkommen wird und
  6. andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

Alle o. g. Träger*innen öffentlicher Belange haben dem Vorhaben, teilweise unter Beachtung von Auflagen, zugestimmt. Die Einhaltung der Genehmigungsvoraussetzungen wird dadurch sichergestellt. 

Aufgrund der vorstehenden Ausführungen wird vorgeschlagen, dem Antrag der Firma Linde Material Handling GmbH auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gem. § 4 BImSchG für die Errichtung und den Betrieb einer Wasserstoffinfrastruktur mit Wasserstofferzeugung für die Betankung der betriebseigenen Flurförderfahrzeuge am Standort xxx, unter der Voraussetzung zuzustimmen, dass die Auflagen der beteiligten Fachstellen festgesetzt werden. 

.Beschluss:

I. Der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gem. § 4 BImSchG für die Errichtung und den Betrieb einer Wasserstoffinfrastruktur mit Wasserstofferzeugung für die Betankung der betriebseigenen Flurförderfahrzeuge am Standort xxx, wird unter der Voraussetzung zugestimmt, dass die Auflagen der beteiligten Fachstellen festgesetzt werden.

II. Angaben zur Klimawirkung:
Bewertung - jeweils Mehrung oder Minderung der Treibhausgase (THG)
wenig klimarelevant
teilweise klimarelevant
sehr klimarelevant
[  ]  keine weiteren Angaben erforderlich
[  ]  kurze Erläuterung in den Begründungen
[  ]  ausführliche Erläuterung 
in den Begründungen 
Bewertungsschema nach KÖP (Klimaschutzmanagement in öffentlich Projekten)
(Nationale Klimaschutz-Initiative  -  Klimabündnis / ifeu-Heidelberg / BMU)

III. Angaben zu den Kosten:
Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:
ja [  ]
nein [ x ]

Abstimmungsergebnis:
Einstimmig angenommen

Datenstand vom 14.11.2022 10:14 Uhr