Zweckverbandsversammlung Klinikum Aschaffenburg-Alzenau; Aufforderung an städtische Verbandsräte, die Anträge der KI und ÖDP vom 16.05.2022 zu unterstützen


Daten angezeigt aus Sitzung:  9. Sitzung des Stadtrates (Plenum), 04.07.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Stadtrat (Plenum) 9. Sitzung des Stadtrates (Plenum) 04.07.2022 ö Beschließend 6PL/9/6/22

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

  1. Anträge

Mit Schreiben vom 16.5.2022 haben KI und ÖDP folgenden Antrag gestellt:
„Die Stadträte in der Zweckverbandsversammlung Klinikum Aschaffenburg-Alzenau werden aufgefordert, in der nächsten Zweckverbandsversammlung die nachfolgenden Prüfaufträge zu unterstützen:“ 
Im Prüfauftrag 1 wird die Geschäftsführung und der Aufsichtsrat aufgefordert, das Personal von Tochterunternehmen der Klinikums-GmbH in einem Zeitraum von zwei bis vier Jahren wieder in den TVÖD zu überführen.
Im Prüfauftrag 2 soll alternativ eine Übernahme des 49 % Fremdanteils an der Klinikum-Service-Aschaffenburg GmbH durch die Klinikum-Aschaffenburg-Alzenau GmbH geprüft werden.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Antrag verwiesen.
Der entsprechende Antrag an den Krankenhauszweckverband wurde zunächst am 16.5.2022 von Herrn Büttner als Vertreter der KI gestellt und anschließend zuständigkeitshalber von Herrn Schmitt als zuständigem Verbandsrat des Krankenhauszweckverbandes als eigener Antrag übernommen.
  1. Rechtslage

  1. Weisungsrecht des Stadtrates gegenüber Verbandsräten

Nach Art. 33 Abs. 2 Satz 4 KommZG können Verbandsmitglieder ihre Verbandsräte anweisen, wie sie in der Verbandsversammlung abzustimmen haben. Insofern dürfte der Antrag auf „Unterstützung“ eines Antrages als Antrag auf Ausübung dieses Weisungsrechtes zu interpretieren sein.

Für das Weisungsrecht im Sinne des Art. 33 KommZG gilt Folgendes (Schulz in „Praxis der Kommunalverwaltung Bayern“, Stand August 2019, Art. 33 KommZG Anm. 3.1 ff.):
„Es erfasst nur Beschlüsse der Verbandsversammlung, nicht dagegen Wahlen, da sonst der Grundsatz der geheimen Wahl verletzt wäre. Im Übrigen ist das Weisungsrecht der Verbandsmitglieder eines Zweckverbands gegenüber ihren Verbandsräten nicht auf Abstimmungen beschränkt. Weisungen, an der Verbandsversammlung teilzunehmen und bestimmte Anträge zu einem bestimmten Zeitpunkt zu stellen, sind vom Gesetz zwar nicht ausdrücklich zugelassen, aber auch nicht ausgeschlossen. Das umfassende Weisungsrecht der Gebietskörperschaften gegenüber ihren Verbandsräten ergibt sich aus der mitgliedschaftlichen Struktur des Zweckverbands (BayVGH vom 10.12.1997, BayVBl 1998 S. 242); es sichert die Legitimationskette von den Einwohnern der Mitgliedskommunen über deren Vertretungsgremien bis hinein in die Verbandsversammlung. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung muss das Weisungsrecht auch für Abstimmungen in beschließenden Ausschüssen gelten.
Art. 33 Abs. 2 Satz 4 ist als Ausnahmeregelung für die Beurteilung der Frage, wann eine Weisung vorliegt, eng auszulegen. Dafür spricht auch, dass eine Weisung dem Verbandsrat die Möglichkeit nimmt, die Beratung in der Verbandsversammlung vor seiner Stimmabgabe zu würdigen. Ein Beschluss, in dem das zuständige Organ der kommunalen Gebietskörperschaft lediglich seine allgemeine Haltung zu einem bestimmten Vorhaben des Zweckverbands festlegt, genügt daher für die Annahme einer Weisung nicht. Der Beschluss muss sich vielmehr auf eine anstehende oder zumindest erwartete Abstimmung in der Verbandsversammlung beziehen und (auf Grund objektiver Auslegung) deutlich erkennen lassen, dass die von der Kommune entsandten Verbandsmitglieder gebunden sein sollen. Nur bei einem solchen Vorgehen ist auch die notwendige Rechtssicherheit gegeben“

Das Weisungsrecht beinhaltet wohl auch ein Initiativrecht (VGH München, Urteil vom 10.12.1997 – 4 B 97.89, 4 B 97.90, 4 B 97.91, 4 B 97.92, 4 B 97.93 – BayVGHE 51,21):
„Zur Durchsetzung der Interessen der Verbandsmitglieder kann es erforderlich sein, dass diese ihre Vertreter auch zur Stellung von Anträgen zu einem bestimmten Zeitpunkt anweisen. Würde man den Gemeinderäten und Kreistagen dieses Recht verweigern, wären die Verbandsmitglieder nicht in der Lage, ihre Interessen im Zweckverband wirksam zu vertreten. Der Zweckverband könnte ohne Rücksicht auf seine Mitglieder Interessen entwickeln; dies würde seinem Wesen als Organ der kommunalen Zusammenarbeit widersprechen.“
Insofern spielt es keine Rolle, dass der Antrag von Herrn Schmitt – soweit ersichtlich – bislang auf keiner Tagesordnung einer Verbandsversammlung des Krankenhauszweckverbandes vorgesehen ist. Unabhängig hiervon ist er eingereicht und deshalb irgendwann in nächster Zeit auf die Tagesordnung zu setzen und sei es nur in der Form, dass er als unzulässig zu verwerfen ist. Man muss daher zumindest von einer anstehenden Beschlussfassung im vorbenannten Sinne ausgehen.

  1. Inhaltliche Zulässigkeit der Weisung

Die Weisung muss aber auch inhaltlich zulässig sein. Die Weisung muss sich unter anderem auf einen Regelungsgegenstand beziehen, bei dem die Entscheidungszuständigkeit beim Zweckverband liegt.
Die Entscheidung über die arbeitsrechtlichen Regelungen Tochtergesellschaften fällt in die Zuständigkeit der Geschäftsführung der jeweiligen Tochtergesellschaften. Genehmigungen der Entscheidungen durch den Aufsichtsrat sind - soweit ersichtlich - nicht erforderlich. Die im Alternativantrag 2 vorgesehene Prüfung des Erwerbs der KSA-Fremdanteile ändert an der Zuständigkeitsregelung für die Geschäftsführung nichts.
Nach Art. 26 Abs. 1 KommZG sind bei Zweckverbänden die Vorschriften über Gemeinden entsprechend anzuwenden. Nach Art. 93 Abs. 2 GO sollen sich Gemeinden gegenüber ihren Vertretern in Aufsichtsräten ein Weisungsrecht vorbehalten, müssen dies aber nicht. Ein derartiges Weisungsrecht enthält die Satzung der Klinikum GmbH nicht, sodass auch aus diesem Grund ein Weisungsrecht gegenüber dem Aufsichtsrat ausscheidet.
Die Thematik ist für die Stadt nicht neu. Auch im Zusammenhang mit der Diskussion um die Regelungszuständigkeit für Tarifvertragsabschlusse der SVG wurde klargestellt, dass mangels entsprechender Regelungen im Gesellschaftsvertrag eine Entscheidungszuständigkeit von Aufsichtsrat und/oder Stadtrat nicht gegeben ist. Die Zuständigkeit liegt bei der Geschäftsführung.
Festzuhalten ist also, dass die Verbandsversammlung keine Zuständigkeit in Sachen Tarifregelungen der Tochtergesellschaften der Klinikum-GmbH hat. Der Antrag ist daher abzulehnen.

.Beschluss:

I. Der Antrag von KI und ÖDP vom 16.05.2022 wegen „Zweckverband Klinikum Aschaffenburg-Alzenau: Tarifbindung TVöD“ wird abgelehnt.

II. Angaben zur Klimawirkung:
Bewertung - jeweils Mehrung oder Minderung der Treibhausgase (THG)
wenig klimarelevant
teilweise klimarelevant
sehr klimarelevant
[ x ]  keine weiteren Angaben erforderlich
[  ]  kurze Erläuterung in den Begründungen
[  ]  ausführliche Erläuterung 
in den Begründungen 
Bewertungsschema nach KÖP (Klimaschutzmanagement in öffentlich Projekten)
(Nationale Klimaschutz-Initiative  -  Klimabündnis / ifeu-Heidelberg / BMU)

III. Angaben zu den Kosten:
Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:
ja [  ]
nein [x ]

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 23, Dagegen: 6

Datenstand vom 20.09.2022 10:06 Uhr