I.
Mit Bauantrag, eingegangen bei der Stadt Aschaffenburg am 17.01.2023 und Planänderung vom 08.02.2023 beantragte der Bauherr xxx den Neubau eines Getränkefachmarktes auf dem Baugrundstück Fl.-Nr. xxx, Gem. Leider, Magnolienweg xxx, 63741 Aschaffenburg.
Ein bestehendes Betriebsgebäude, welches bisher als Malerbetrieb genutzt wurde, mit Abmessungen von ca. 27 m x 12 m soll abgebrochen und durch einen Neubau mit den Abmessungen von ca. 33 m x 20,6 m ersetzt werden. Geplant ist ein Getränkefachmarkt mit einer Verkaufsfläche von ca. 370 m² und einer Lagerfläche von 189 m². Die Höhe des Gebäudes liegt bei ca. 10,4 m.
Die Grundstücksgröße liegt bei 1.477 m².
Für das Bauvorhaben wurde bereits eine Bauvoranfrage eingereicht, über welche in der Sitzung des Umwelt-, Klima- und Verwaltungssenates am 20.07.2022 entschieden wurde. Der Vorbescheid wurde mit Bescheid vom 28.07.2022 (BV-Nr.: xxx) erteilt.
Das Bauvorhaben weicht nunmehr von der Bauvoranfrage ab, da die bestehende Halle nicht erhalten und erweitert werden kann, sondern durch einen Neubau ersetzt werden soll. Hierbei bleibt die nunmehr geplante Verkaufsfläche mit 370 m² sogar hinter der damals geplanten Verkaufsfläche von 480 m² zurück. Die Öffnungszeiten sind von 8 - 19 Uhr, die Betriebszeiten von 7 - 20 Uhr geplant.
Die Stellplätze werden, wie in der bisherigen Planung entlang des Ahornweges angelegt. 11 PKW-Stellplätze werden von zwei Zufahrten über den Magnolienweg erschlossen. 4 PKW-Stellplätze werden direkt vom Ahornweg aus angefahren. Die LKW-Andienung des Getränkemarktes erfolgt vom Magnolienweg aus.
Nicht überbaute Grundstücksflächen werden begrünt.
Auf dem Flachdach ist die Errichtung einer Photovoltaikanlage geplant.
II.
Planungsrechtliche Vorgaben
Das Vorhaben liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans 08/04 für das Gebiet zwischen Kastanienweg, Pappelweg, Efeuweg, Ahornweg, nordöstlicher Grenze und Großostheimer Straße (2. Änderung). Es gilt die Baunutzungsverordnung (BauNVO) von 1990. Der Bebauungsplan setzt für den Bereich des geplanten Vorhabens folgendes fest:
- GEb - Eingeschränktes Gewerbegebiet mit Ausschluss bzw. Begrenzung des Einzelhandels / Ausschluss von Anlagen für kirchliche, soziale und gesundheitliche Zwecke / Ausschluss reiner Lagerplätze / Ausschluss von Freisportanlagen / Ausschluss von Vergnügungsstätten / Beschränkung der zulässigen Lärmemissionen
- Grundflächenzahl (GRZ) von 0,8
- Geschossflächenzahl (GFZ) von 2,2
- Max. IV Vollgeschosse, maximale Gebäude-Oberkante 16 m ü. Gehsteighinterkante der angrenzenden Verkehrsfläche
- „Besondere Bauweise“, definiert als „offene Bauweise“, in der Gebäude ein Längenmaß von 50 m überschreiten dürfen; außerdem Möglichkeit der gemeinsamen, einseitigen Grenzbebauung bei nachbarlichem Einvernehmen
- Dachneigung 0° – 10°
- Mindestgrundstücksgröße: 2.000 m²
- Baumpflanzgebot: je 300 m² privater Grundstücksfläche ist ein standortgerechter, heimischer Laubbaum (Stammumfang mind. 16-18 cm) zu pflanzen
- Max. 40 % der Vorgartenlänge darf mit Stellplätzen belegt werden
- Einfriedungen / Zaunanlagen max. 2,10 m hoch
III. Bauplanungsrechtliche und bauordnungsrechtliche Prüfung
Art der baulichen Nutzung
Bei dem geplanten Getränkefachmarkt handelt es sich grundsätzlich um eine gewerbliche Nutzung, welche in Gewerbegebieten, gem. § 8 BauNVO allgemein zulässig ist. Allerdings schließt der vorliegende Bebauungsplan Einzelhandelsbetriebe (Verkauf an Endverbraucher) aus. Ausnahmsweise können Einzelhandelsbetreibe, die der Versorgung des Gebietes dienen bis zu einer Verkaufsfläche von 50 m² zugelassen werden.
Mit Vorbescheid vom 28.07.2022 (BV-Nr.: xxx) wurde bereits eine Befreiung mit folgendem Inhalt in Aussicht gestellt:
„Für die Errichtung und den geplanten Betrieb eines Getränkefachmarktes mit einer Verkaufsfläche von 480 m² und einer Lagerfläche für Leergut von ca. 200 m² kann eine Befreiung von der Festsetzung des Bebauungsplans zum Ausschluss bzw. zur Begrenzung des Einzelhandels in Aussicht gestellt werden.
Für den geplanten Getränkemarkt ist eine Atypik zu den im Bebauungsplan ausgeschlossenen bzw. beschränkten Einzelhandelsnutzungen festzustellen. Die Grundzüge der Planung werden durch den geplanten Getränkefachmarkt nicht berührt.
Die Zielsetzungen des Bebauungsplans bezüglich der Einzelhandelssteuerung sind:
- Die Wahrung der Entwicklungsmöglichkeiten für das vorhandene bzw. zu erweiternde Stadtteilzentrum am Geschwister-Scholl-Platz und Martin-Luther-Platz.
- Das Freihalten des Gewerbegebiets vorrangig zur Ansiedlung von produzierendem Gewerbe.
- Die Verhinderung von Störungen der Wohnnutzungen durch Kunden- und Lieferverkehr entlang der Pappelallee.
Zu a)
Die Verkaufsfläche des geplanten Getränkemarkts unterschreitet die Schwelle zur Großflächigkeit deutlich. Zudem ist das Sortiment des Getränkemarktes eingeschränkt und hauptsächlich auf sogenannte „Kastenware“ ausgerichtet. Eine Beeinträchtigung der Entwicklungsfähigkeit des geplanten Stadtteilzentrums am Geschwister-Scholl-Platz und Martin-Luther-Platz mit einem Lebensmittelvollsortimenter und einem Drogeriemarkt wird hierdurch nicht entstehen. Ein Getränkemarkt ist am Geschwister-Scholl-Platz und Martin-Luther-Platz nicht geplant.
Insofern steht die Befreiung unter der Bedingung, dass eine Beschränkung des Warensortiments erfolgt. Diesbezüglich ist in die Baugenehmigung eine Auflage zum Warensortiment mit folgendem Inhalt aufzunehmen:
Ausschließlicher Verkauf von Getränken mit Beschränkung der Randsortimente auf 10 % der Verkaufsfläche. Angebot der „Kastenware“ auf mindestens 75 % der Verkaufsfläche.
Zu b)
Die Flächenproduktivität eines Getränkemarktes liegt deutlich unter den flächenbezogenen Umsatzerwartungen des Lebensmitteleinzelhandels allgemein. Im Gegensatz zu umsatzstarken Einzelhandelsnutzungen wie Discounter, Drogeriefachmärkte sowie den ebenfalls ausgeschlossenen Vergnügungsstätten sind durch die Ansiedlung des geplanten Getränkemarkts keine negativen Auswirkungen auf das Miet- und Bodenpreisgefüge zu erwarten.
Zu c)
Getränkemärkte weisen grundsätzlich im Vergleich zu Supermärkten oder Discountern eine deutlich geringere Kundenfrequenz auf. Beim konkreten Vorhaben kommt hinzu, dass hier die Schwelle der Großflächigkeit deutlich unterschritten wird.
Durch die Anlieferung des Marktes darf es aber nicht zu unverträglichen Lärmimmissionen im angrenzenden Wohngebiet kommen, weshalb die Anlieferung vom Magnolienweg aus und nur außerhalb der Ruhezeiten zu erfolgen hat.
Daher ist die Anlieferung entsprechend umzuplanen. Die Anlieferung ist auf die Zeiten außerhalb der Ruhezeiten (22 bis 6 Uhr) zu beschränken.
Im späteren Baugenehmigungsverfahren ist durch eine schallschutztechnische Untersuchung eines Fachgutachters zwingend nachzuweisen, dass die im Bebauungsplan beschränkten Emissionen und daraus resultierend die Immissionswerte für ein Allgemeines Wohngebiet an den nächstgelegenen Immissionsorten im Neubaugebiet „Anwandeweg“ tags und nachts eingehalten werden. Die Untere Immissionsschutzbehörde ist zu beteiligen.“
Das geplante Bauvorhaben hält sich in diesem Rahmen. Die Getränkeanlieferung wurde umgeplant und die Zufahrt in den Magnolienweg verlegt.
Bezüglich der Lärmemissionen durch die Getränkeanlieferungen ist eine schallschutztechnische Untersuchung eines Sachverständigen, gem. § 29b BImSchG vorzulegen. Die Auflagen der Unteren Immissionsschutzbehörde sind zu beachten.
Maß der baulichen Nutzung
Das Bauvorhaben erreicht eine GRZ1 von 0,46 und eine GRZ2 von 0,79. Die zulässige GRZ von 0,8 wird daher eingehalten. Die zulässige GFZ von 2,2 wird mit einem Wert von 0,48 deutlich unterschritten. Der Bebauungsplan lässt Gebäude mit einer Höhenentwicklung bis 16 m zu. Das Bauvorhaben erreicht eine Höhe von maximal 10,4 m.
Bauweise und überbaubare Fläche
Die Gebäudelänge liegt mit 32,90 m unter dem Wert für die offene Bauweise und hält damit die besondere Bauweise, gem. Bebauungsplan ein.
Das Bauvorhaben hält sich innerhalb der Baugrenzen. Es liegt lediglich auf der Südseite eine Überschreitung durch die Überdachung des Anlieferbereiches mit Abmessungen von 3 m x 6 m vor. Diese Überschreitung kann im Wege einer Befreiung zugelassen werden.
Mindestgrundstücksgröße
Das Grundstück verfügt bereits im aktuellen Bestand lediglich über eine Größe von 1.477 m². Der Bebauungsplan schreibt eine Mindestgrundstücksgröße von 2.000 m² vor. Das Bauvorhaben bedarf daher einer Befreiung von der festgesetzten Mindestgrundstücksgröße, weil das Grundstück bereits im Bestand zu klein ist. Unter der Voraussetzung, dass die o.g. Anforderungen (Sortiment, Anlieferung, GRZ, Gestaltung und Begrünung Vorzone) erfüllt werden, wurde diese Befreiung vom Bebauungsplan bereits mit Vorbescheid vom 28.07.2022 in Aussicht gestellt.
Abstandsflächen
Die gesetzlichen Abstandsflächen werden eingehalten.
Pkw-Stellplätze / Fahrradabstellplätze
Gemäß der städtischen Garagen-, Stellplatz- und Abstellplatzsatzung (GaStAbS) ist für Fachmärkte je 25 m² Verkaufsfläche 1 PKW-Stellplatz zu errichten. Bei einer geplanten Verkaufsfläche von 370 m² ergibt sich ein Bedarf von 14,8 PKW-Stellplätzen. Demnach wären nach der aktuellen Planung 15 PKW-Stellplätze erforderlich.
In der vorliegenden Planung sind die Stellplätze Nrn. 12 und 13 hintereinander angeordnet. Grundsätzlich sind die Stellplätze so anzuordnen, dass diese selbständig nutzbar und anfahrbar sind. Nur in diesem Falle handelt es sich um geeignete Stellplätze i.S.d. Art. 47 Abs. 1 Satz 1
BayBO, Für das geplante Bauvorhaben sind 15 PKW-Stellplätze nachzuweisen. Hiervon wäre nach der vorliegenden Planung 1 PKW-Stellplatz nicht selbständig anfahrbar. Gem. § 2 Abs. 4 GaStAbS kann die Anzahl der Stellplätze in besonderen Fallsituationen erhöht oder reduziert werden, wenn dies nach der besonderen Lage des Einzelfalles geboten ist. Diese Regelung kann analog angewendet werden, wenn zwar der Stellplatzbedarf nicht reduziert werden soll, aber ein nicht uneingeschränkt geeigneter Stellplatz berücksichtigt werden soll. Vorliegend ist davon auszugehen, dass mehrere Mitarbeiter/innen in diesem Fachmarkt beschäftigt sind. Absprachen über die Parkplatznutzung wären daher möglich. Mit Vorbescheid vom 28.07.2022 wurde bereits eine Zustimmung für eine Hintereinanderanordnung von 2 PKW-Stellplätzen (Nrn. 12 und 13) in Aussicht gestellt.
Die Errichtung der notwendigen Fahrradabstellplätze ist im Baugenehmigungsverfahren nachzuweisen. Für Fachmärkte ist je 120 m² Verkaufsfläche 1 Fahrradabstellplatz nachzuweisen. Vorliegend wären daher 4 Fahrradabstellplätze erforderlich.
Die notwendigen Stellplätze werden auf dem Grundstück nachgewiesen.
Gem. § 7 des Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetzes (GEIG) sind alle Stellplätze mit der Leitungsinfrastruktur für die Elektromobilität auszustatten.
Erschließung
Die Erschließung des Baufeldes ist gesichert. Die Andienung mit LKW ist über den Magnolienweg sichergestellt.
Gem. § 5 Abs. 1 GaStAbS, ist die Anzahl der Zufahrten und deren Zufahrtsbreite grundsätzlich auf 3,5 m, bzw. 5 m zu begrenzen. Für das Bauvorhaben sind 4 PKW-Stellplätze, mit 3 Zufahrten entlang des Ahornweges und zwei Zufahrten mit LKW-Anlieferung am Magnolienweg geplant. Die Zufahrtsbreite beläuft sich auf ca. 25 m. Für die Überschreitung um ca. 20 m wurde bereits eine Abweichung mit Vorbescheid vom 28.07.2022 in Aussicht gestellt.
Gestalterische Vorgaben und Begrünung
Der Bebauungsplan setzt fest, dass max. 40 % der Vorgartenlänge mit Stellplätzen belegt werden darf.
Die zulässigen 40 % Stellplätze in der Vorgartenzone werden durch das Bauvorhaben überschritten. Zunächst war nur ein schmaler Grünstreifen am Ahornweg geplant. Der Freiflächenplan wurde lt. Tektur vom 08.02.2023 dahingehend verändert, dass die Vorgartenfläche deutlich vergrößert wurde und die Bäume als gliedernde Elemente der in der Vorgartenfläche geplanten Stellplätze erscheinen. Damit hat der Bauherr der Forderung nach einer deutlichen Vorgartenzone zum Ahornweg Rechnung getragen. Ein Begrünungsanteil von 60 % der Vorgartenfläche wird nicht erreicht, kann aber aufgrund der geänderten Freiflächenplanung befreit werden.
Die nicht überbauten Grundstücksflächen sind, gem. Freiflächenplan zu begrünen, gärtnerisch zu gestalten zu unterhalten und pflegen. Reine Kies- oder Schotterflächen sind nicht zulässig. Zur Sicherung der Verpflichtung ist eine Sicherheitsleistung in Höhe von xxx € zu hinterlegen.
Der Bebauungsplan setzt fest, dass je 300 m² privater Grundstücksfläche ein standortgerechter, heimischer Laubbaum (Stammumfang mind. 16-18 cm) zu pflanzen ist. Bei einer Grundstücksgröße von 1.477 m² wären daher im Baugenehmigungsverfahren 4 Laubbäume nachzuweisen.
Dem Umwelt-, Klima- und Verwaltungssenat wird die Zustimmung zur Erteilung der beantragten Baugenehmigung vorgeschlagen.