Konzept zur Änderung der Regelungspraxis zum Gehwegparken


Daten angezeigt aus Sitzung:  10. Sitzung des Planungs- und Verkehrssenates, 03.12.2024

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Planungs- und Verkehrssenat 10. Sitzung des Planungs- und Verkehrssenates 03.12.2024 ö Beschließend 4

.Beschlussvorschlag

I.
  1. Der PVS nimmt den Bericht der Verwaltung zum Konzept zur Änderung der Regelungspraxis zum Gehwegparken zur Kenntnis.

  2. Gehwege sind im Regelfall für Fußgänger freizuhalten. Ausnahmen und eine Freigabe des Gehwegparkens sind ausschließlich bei hohem Parkdruck vorzusehen. Die erforderlichen Mindestbreiten von Gehwegen (> 1,8 m im Regelfall, > 1,6 m im begründeten Ausnahmefall) sind einzuhalten.

  3. Die freigegebenen Bereiche sind zukünftig immer durch Markierung und Beschilderung deutlich erkennbar auszuweisen.

  1. Eine Änderung der bestehenden Parkpraxis ist abschnittsweise umzusetzen. Eine Anwohnerbeteiligung ist vorab durchzuführen. Über die Art der Beteiligung entscheidet die Verwaltung im Einzelfall. Die Umsetzung der Planungen zu den einzelnen Straßenabschnitten beschließt der PVS.

  2. Der PVS beschließt die Empfehlung zur Priorisierung von Straßenabschnitten und die Bearbeitung der vorgeschlagenen Abschnitte.

II. Angaben zur Klimawirkung:
Bewertung - jeweils Mehrung oder Minderung der Treibhausgase (THG)
wenig klimarelevant
teilweise klimarelevant
sehr klimarelevant
[  ]  keine weiteren Angaben erforderlich
[ x ]  kurze Erläuterung in den Begründungen
[  ]  ausführliche Erläuterung 
in den Begründungen 
Bewertungsschema nach KÖP (Klimaschutzmanagement in öffentlichen Projekten)
(Nationale Klimaschutz-Initiative  -  Klimabündnis / ifeu-Heidelberg / BMU)

III. Angaben zu den Kosten:
Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:
ja [  ]
nein [ x ]

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

Sachstand

Die Duldung von Gehwegparken ist insbesondere in den Stadtteilen mit geringerem Parkdruck und Regelungsdichte des Parkens eine gängige Praxis. Viele Beschwerdeschreiben und Hinweise der Bürgerinnen und Bürger zeigen, dass mit steigender Tendenz ein Wille für eine Veränderung dieser Praxis besteht.

Die Verwaltung hat das Thema nach der Bürgerversammlung vom 16.10.2023 aufgenommen und am 16.01.2024 im PVS thematisiert. Folgende Beschlüsse wurden dabei gefasst:

  1. Der Planungs- und Verkehrssenat nimmt den Bericht der Verwaltung zum Gehwegparken in Aschaffenburg zur Kenntnis.

  2. Die Stadtverwaltung wird beauftragt bis Ende 2024, ein Konzept zur Änderung der bisherigen Regelungspraxis zum Gehwegparken zu erarbeiten und dem Planungs- und Verkehrssenat vorzulegen. Hierbei dient das „Karlsruher Modell“ als inhaltliche Vorlage, jedoch mit der Vorgabe 1,80 m Mindestbreite.

  3. Die Änderungen der Regelungspraxis sind straßenbezogen unter Beteiligung der Anlieger zu erarbeiten.


Bestandsaufnahme zum Gehwegparken

Das Amt für Stadtplanung und Klimamanagement hat auf Basis dieses Beschlusses sämtliche Straßenräume im Stadtgebiet untersucht. Dies sind rund 700 Straßen mit einer Länge von ca. 300 km. Die Analyse erfolgte anhand von Luftbildern verschiedener Jahrgänge sowie Google StreetView. In zahlreichen Abschnitten wurden zusätzliche Begehungen und Messungen vor Ort durchgeführt.

Folgende Merkmale wurden bei der Bestandsaufnahme erfasst:

  • Gehwegparken vorhanden (ja / nein)
  • Gehwegparken genehmigt durch Beschilderung oder Markierung (ja / nein)
  • Verbleibende Gehwegbreite (kleiner 1,6 m / zwischen 1,6 und 1,8 m / größer 1,8 m)

Hieraus ergeben sich sechs unterschiedliche Zustände, die räumlich dargestellt und farblich entsprechend unterteilt wurden. Der Gesamtplan sowie detailliertere stadtteilbezogene Pläne sind im Anhang einzusehen.

Die Befahrungen und Flüge für Luftbildaufnahmen erfolgen zumeist werktags und mittags. Dadurch werden die Spitzenstunden des Parkens (abends nach Feierabend oder am Wochenende) nicht erfasst und deshalb kann die tatsächliche Parkpraxis von den Ergebnissen der Bestandsaufnahme abweichen. Eine Überprüfung vor Ort ist bei jeder Planung einer Neuordnung unverzichtbar.


Ergebnisse und Schlussfolgerungen aus der Bestandsaufnahme

Gehwegparken wird im gesamten Stadtgebiet praktiziert. Während in der Innenstadt zumeist klare Regelungen vorhanden sind, ist eine Häufung von Gehwegparken insbesondere in Schweinheim und Damm festzustellen. Dementsprechend ist dort auch ein räumlicher Schwerpunkt bei der Umsetzung. 

Es gibt Straßenzüge in verdichteten Bereichen, in denen beidseitiges Parken auf dem Gehweg stattfindet. Bei ausreichender Fahrbahnbreite kann teilweise eine Verlegung der Parkstände auf die Fahrbahn durchgeführt werden. Oftmals funktionieren Fahr- und Busverkehr allerdings nur wegen des beidseitigen Parkens auf den Gehwegen. Die Neuordnung der Parkregelung wird dann voraussichtlich zu einseitigem Parken auf der Fahrbahn führen. Die Anzahl zukünftiger legaler Parkstände wird sich dann im Vergleich zur aktuellen Praxis verringern. Jedoch kann durch eine geschickte Anordnung das Angebot maximiert werden. Durch versetztes Parken werden Ausweichräume geschaffen und zu schnellem Fahren wird entgegengewirkt. Als positive Wirkung kann eine Neuordnung auch zu übersichtlicheren, sichereren und städtebaulich attraktiveren Straßenräumen führen.

Vor allem in den Stadtteilen gibt es viele Bereiche, in denen ohne Notwendigkeit auf den Gehwegen geparkt wird. Dies gilt insbesondere in locker bebauten Bereichen mit Ein-, Zwei- oder Mehrfamilienhäusern mit entsprechenden Freiflächen auf privatem Grund. Die geringe Parkdichte ermöglicht es, dass die Fahrzeuge legal auf der Fahrbahn oder auf privaten Flächen stehen könnten, ohne dass es Einschränkungen des Fahrverkehrs geben würde.


Umsetzungskonzept

  1. Angesichts der Vielzahl der zu bearbeitenden Straßenabschnitte ist als erster Schritt eine Priorisierung und Auswahl zu bearbeitender Straßenabschnitte erforderlich.

  2. Für jede Änderung der Parkpraxis ist die Erstellung einer Planung zur Neuordnung erforderlich. Dabei ist eine Erfassung vor Ort erforderlich und die Bedeutung des Abschnittes für den Fußverkehr wird berücksichtigt.

  3. Die Planungen zur Neuordnung sind mit der Straßenverkehrsbehörde und Tiefbauamt sowie den Verkehrsbetrieben und der Feuerwehr abzustimmen.

  4. Auf Basis einer abgestimmten Planung ist eine Anwohnerbeteiligung vor der Umsetzung durchzuführen. Über die Art der Beteiligung und Information entscheidet die Verwaltung im Einzelfall. Denn je nach Parkdruck, Möglichkeiten zur Nutzung privater Flächen sowie Verfügbarkeit von öffentlichen Parkständen im näheren Umfeld sind Eingriffsintensität und Konfliktpotenzial unterschiedlich einzuschätzen.

  5. Als begleitende Öffentlichkeitsarbeit soll für die Vermittlung der neuen Regelungspraxis nach Vorbild des „Karlsruhes Modells“ ein Leitfaden und ein Flyer erstellt werden. Allwetterplakate (DIN A 1) können ergänzend das neue und richtige Parkverhalten vor Ort darstellen.


Empfehlung zur Priorisierung von Straßenabschnitten

Für eine Vorauswahl von Straßenabschnitten erfolgte die zusätzliche Erhebung eines Toleranzbereiches bei einer Restbreite des Gehweges zwischen 1,6 m (Karlsruher Modell) und 1,8 m (Zielvorgabe des Stadtrates). Mit dieser Eingruppierung können zahlreiche Straßenabschnitte wegen vergleichsweise geringerer Priorität zunächst zurückgestellt werden.

Darauf aufbauend empfiehlt die Verwaltung folgende Merkmale in die Priorisierung der Bearbeitung von Straßenabschnitten einfließen zu lassen:

  • Restgehwegbreiten unter 1,0 m mit großen Einschränkungen des Fußverkehrs.

  • Lage des Straßenabschnittes im Umfeld von Pflegeeinrichtungen, Kindergärten und Schulen. Hierzu wurde ein Radius von 150 m um die Einrichtungen in den Plänen dargestellt, wo ein erhöhtes Fußgängeraufkommen gegeben ist. Insbesondere Grundschüler gehen überproportional häufig zu Fuß und haben einen besonderen Anspruch auf hohe Verkehrssicherheit. Damit wird auch dem Ansinnen der letzten Bürgerversammlung im Oktober 2024 entsprochen, Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit im Umfeld von Schulen zu vollziehen und damit die Anzahl an „Elterntaxis“ zu verringern.

  • Bestandteil des Busliniennetzes. Hier gibt es einige Abschnitte mit Behinderungen des Busbetriebes durch Falsch- und Gehwegparken.

  • Zusätzlich kann im Rahmen von aktuellen Baumaßnahmen und Baustellenführungen eine Neuregelung des Parkens umgesetzt werden, sofern der Abschnitt vom Gehwegparken betroffen ist.

Unter Berücksichtigung dieser Merkmale werden folgende zehn Straßenabschnitte mit besondere Problemlage für eine erste Bearbeitung zur Neuregelung des Parkens empfohlen:

  • Habichtstraße (Strietwald)
  • Kahlgrundstraße (Damm)
  • Müllerstraße / Burchardtstraße (Damm)
  • Glattbacher Straße (Damm)
  • Obernauer Straße (Innenstadt, Bereich Obernauer Kolonie)
  • Rotwasserstraße / Gailbacher Straße (Schweinheim)
  • An den Bornwiesen / Molkenbornstraße (Schweinheim)
  • Bergstraße (Schweinheim)
  • Rotäckerstraße (Schweinheim)
  • Ahornweg (Nilkheim)

Für diese Straßenabschnitte sollen Pläne für eine Aufhebung des Gehwegparkens erstellt und sukzessive dem Planungs- und Verkehrssenat zur Beschlussfassung vorgelegt werden. Lediglich für die Glattbacher Straße liegt bereits ein Beschluss zur Umgestaltung in eine Fahrradstraße vor. Eine Änderung der Parkregelung wurde dort im Rahmen der Abstimmung bereits berücksichtigt.

Für die vollständige Bearbeitung dieser Straßenabschnitte wird ein Zeitraum von bis zu 24 Monaten veranschlagt.


Klimawirkungsprüfung:

Insbesondere auf kurzen Wegen kann der Fußverkehr im Nahbereich als klimaneutrale Mobilitätsform klimaschädliche Emissionen vermeiden. Die Reduzierung von Hindernissen führt zu einer Erhöhung des Komforts und damit zu häufigerem Verzicht auf motorisierten Verkehr. Durch den Einbezug des Busliniennetzes in die Priorisierung wird auch der Busbetrieb zukünftig durch die vorgesehenen Neuregelungen besser und zuverlässiger funktionieren.


Anlagen
  1. 2016 Stadt Karlsruhe - Flyer Freie Gehwege
  2. 2016 Stadt Karlsruhe - Leitfaden Faires Parken
  3. Beispiel Anwohnerinformation Gailbacher Straße
  4. Gesamtstädtische Übersicht
  5. Detailplan Damm
  6. Detailplan Gailbach
  7. Detailplan Innenstadt
  8. Detailplan Innenstadt Ost
  9. Detailplan Leider
  10. Detailplan Nilkheim
  11. Detailplan Obernau
  12. Detailplan Österreicher Kolonie
  13. Detailplan Schweinheim
  14. Detailplan Strietwald

Datenstand vom 22.11.2024 10:25 Uhr