Klärwerk: Erstellung eines Zukunftskonzeptes - Bericht der Verwaltung - Vorstellung des Konzeptes durch aquadrat ingenieure GmbH, Griesheim


Daten angezeigt aus Sitzung:  7. Sitzung des Planungs- und Verkehrssenates, 15.07.2025

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Planungs- und Verkehrssenat 7. Sitzung des Planungs- und Verkehrssenates 15.07.2025 ö Beschließend 1

.Beschlussvorschlag

I. 
  1. Der Bericht der Verwaltung zum Zukunftskonzept wird zur Kenntnis genommen.
  2. Die Verwaltung wird beauftragt, ein Konzept zur Umsetzung und Finanzierung der erforderlichen Maßnahmen zu erarbeiten und dem Stadtrat zur Beschlussfassung vorzulegen.

II. Angaben zur Klimawirkung:
Bewertung - jeweils Mehrung oder Minderung der Treibhausgase (THG)
wenig klimarelevant
teilweise klimarelevant
sehr klimarelevant
[ x ]  keine weiteren Angaben erforderlich
[  ]  kurze Erläuterung in den Begründungen
[  ]  ausführliche Erläuterung 
in den Begründungen 
Bewertungsschema nach KÖP (Klimaschutzmanagement in öffentlichen Projekten)
(Nationale Klimaschutz-Initiative  -  Klimabündnis / ifeu-Heidelberg / BMU)

III. Angaben zu den Kosten:
Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:
ja [ x ]
nein [  ]

Sofern Kosten entstehen:


Die Kosten sind im laufenden Haushaltsplan veranschlagt
ja [ x ]
nein [  ]
Es entstehen Folgekosten
ja [  ]
nein [  ]
Häufigkeit der Folgekosten
einmalig
[  ]
wiederkehrend
[  ]

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

  1. Sachstand und Anlass

Das Klärwerk Aschaffenburg hat eine Ausbaugröße von 200.000 Einwohnerwerten und verfügt klassisch über eine mechanisch/biologische Abwasserbehandlung. Das Abwasser kommt am Klärwerk im freien Gefälle an und durchfließt die Behandlungsstufen Rechen, Sandfang, Vorklärung und den ersten Teil der biologischen Stufe. Die biologisch/chemische Abwasser-reinigung besteht aus einer 2-stufigen Belebungsbecken-Kaskade mit simultaner Phosphor-elimination und vier Nachklärbecken. Hydraulisch angehoben wird das Abwasser einmal zwischen der ersten und zweiten Belebungsbeckenkaskade sowie ein zweites Mal vor den Nachklärbecken. Bei Regenwetter und bei Hochwasser wird der Kläranlagenablauf mit einem „Hochwasser-pumpwerk“ in den Main gehoben. Die Stabilisierung des Klärschlamms erfolgt in einer Faulungs-anlage mit drei Faulbehältern. Das Faulgas wird zur Strom- und Wärmeerzeugung in zwei BHKWs energetisch genutzt. Auf den Dächern der Betriebsgebäude sind PV-Anlagen installiert. 

Das Klärwerk zeigt mittlerweile einen erhöhten Sanierungsbedarf auf. Die Bautechnik, aber auch die maschinen- und elektrotechnische Ausrüstung sind zum Teil stark in die Jahre gekommen. Um das Klärwerk in den kommenden Jahren zielgerichtet ertüchtigen und ggf. erweitern zu können, ist ein übergreifendes Zukunftskonzept erstellt worden. 

Hinzu kommt, dass die europäische Kommunalabwasserrichtlinie in Kraft gesetzt wurde und sich daraus in den nächsten Jahren Verschärfungen hinsichtlich der Abwasserreinigung (weitergehende Nährstoffelimination, Spurenstoffelimination) sowie weitergehende Anforderungen an einen energieneutralen Kläranlagenbetrieb ergeben werden. Demnach wird sich die Situation bzgl. der Leistungsfähigkeit und der Effizienz des Klärwerks verschärfen. 

Vor den genannten Hintergründen zeigt das hier vorgestellte Zukunftskonzept für das Klärwerk Aschaffenburg eine qualifizierte Beurteilung des mittel- bis langfristigen Investitionsbedarfs. Dabei soll zum einen die Leistungsfähigkeit durch Optimierungsmaßnahmen im Bestand und zum anderen ein Masterplan zur baulichen und verfahrenstechnischen Ertüchtigung und Erweiterung des Klärwerks vorgestellt werden. 

Mit der Erstellung des Zukunftskonzeptes wurde im Mai 2024 das Ingenieurbüro aquadrat ingenieure beauftragt.


  1. Projektbeschreibung

Im Rahmen des Projekts erfolgte zunächst eine umfassende Grundlagenermittlung sowie die Auswertung der Betriebsdaten des Klärwerks. Darüber hinaus wurden gesetzliche Reinigungs-anforderungen mit der aktuellen Reinigungsleistung verglichen. Ergänzend erfolgte eine Analyse vorliegender Fachstudien weiterer externer Ingenieurbüros zu unterschiedlichen Anlagenteilen (z.B. Sanierung Faulung, Sanierung Regenbecken, Umbau Nachklärbecken, u.a.) sowie eine Auswertung der bestehenden Planunterlagen.

Aufbauend auf dieser Datenbasis wurde eine detaillierte Bestandsbeurteilung der bau- und verfahrenstechnischen Anlagenteile vorgenommen, wobei die vorhandenen Reserven und Defizite ermittelt wurden. Bewertet wurden die Altersstruktur (d.h. Abgleich des technischen Alters mit der theoretischen Nutzungsdauer), der bauliche Zustand sowie die Leistungsfähigkeit sämtlicher Behandlungsstufen und Einrichtungen wie Betriebsgebäuden und Wasseraufbereitungsanlagen des Klärwerks. Ergänzend wurden verfahrenstechnische Nachrechnungen durchgeführt und konzeptionelle Vorschläge für Sanierungs- bzw. Erweiterungsmaßnahmen erarbeitet.

Auch die elektrotechnischen Anlagen (Energieversorgung, Messtechnik, Automatisierung) wurden im Hinblick auf Betriebssicherheit, Normenkonformität und Ersatzteilverfügbarkeit beurteilt. Für alle Anlagengruppen werden Handlungsbedarfe identifiziert und erforderliche Maßnahmen beschrieben.

Abschließend wurde ein Masterplan zur Umsetzung des Zukunftskonzeptes entwickelt. Dieser umfasst eine Grobkostenschätzung, eine wirtschaftliche und fachliche Priorisierung der Maßnahmen sowie die Darstellung eines zukunftsfähigen Flächenkonzepts. Die Ergebnisse werden in Form eines Abschlussberichtes dokumentiert, der der Stadt Aschaffenburg im September 2025 zur Verfügung gestellt wird.


  1. Ergebnisse

Im Rahmen der detaillierten Untersuchung der Kläranlage wurde festgestellt, dass diese die geltenden gesetzlichen Anforderungen erfüllt, obwohl viele der Prozesse nach aktuellen Richtlinien nicht optimal dimensioniert sind und nicht dem Stand der Technik entsprechen.
Die Analyse der Altersstruktur der Kläranlage zeigt, dass ein wesentlicher Teil der Bau-, Maschinen- und Elektrotechnik veraltet ist. Daher müssen in allen drei Bereichen zahlreiche Prozesse saniert, erneuert und teilweise auch optimiert werden. So sind beispielsweise alle baulichen Anlagen (Bautechnik) seit über 30 Jahren in Betrieb, ein großer Teil davon sogar seit mehr als 50 Jahren.

Auf Grundlage dieser Analyse und in enger Zusammenarbeit mit dem Betriebspersonal des Klärwerks wurden insgesamt elf Maßnahmenpakete für das Zukunftskonzept definiert. Diese wurden in drei Prioritätsstufen eingeteilt: kurzfristig umzusetzende Maßnahmen (innerhalb der nächsten zwei Jahre), mittelfristige Maßnahmen (in einem Zeitraum von drei bis neun Jahren) und langfristige Maßnahmen (in zehn Jahren oder später).

Die Grobkostenschätzung basiert auf der Festlegung des Maßnahmenumfangs gemäß den entwickelten konzeptionellen Ansätzen, ohne dass eine detaillierte Planung vorliegt. Zur Kostenrecherche wurden Daten aus vergleichbaren Projekten herangezogen und durch Literaturwerte ergänzt. Auf dieser Grundlage wurde eine Grobabschätzung der Netto-Investitionskosten vorgenommen und mit Erfahrungswerten abgeglichen. Zur Ermittlung der Brutto-Investitionskosten wurden zusätzlich 20 % Baunebenkosten sowie 19 % Mehrwertsteuer berücksichtigt.

Damit wurde ein zeitlicher Investitionsplan bis zum Jahr 2040 entwickelt. Die Priorisierung der Projekte erfolgte auf Basis der Altersstruktur, der betrieblichen Erfordernisse, künftiger Reinigungsanforderungen sowie unter Berücksichtigung einer möglichst gleichmäßigen Kostenverteilung über die Jahre hinweg.

Die geschätzten Nettoinvestitionskosten belaufen sich auf knapp 100 Millionen Euro, während sich die Bruttokosten inklusiv Baunebenkosten auf etwas mehr als 142 Millionen Euro summieren. 

In der als Anlage beigefügten Präsentation ist dargestellt, welche Maßnahmen im Klärwerk Aschaffenburg kurz- bis langfristig erforderlich sind und welcher Finanzbedarf dafür besteht.
Die hier dargestellten Ergebnisse werden im nächsten Schritt vom Ingenieurbüro aquadrat ingenieure in einem umfassenden Bericht dokumentiert. 

Das bereits in der Planung befindliche Projekt „Ertüchtigung Hochwasserschutz Kläranlage Aschaffenburg“ und die Untersuchungen zur kommunalen Wärmeplanung sind nicht Bestandteil dieser Studie. Sie wurden jedoch bei der Erstellung der Studie Zukunftskonzept mitberücksichtigt.


  1. Weiteres Vorgehen

Die Fertigstellung der Studie zum Zukunftskonzept ist für September 2025 vorgesehen. Daran anschließend kann z.B. von Oktober 2025 bis Januar 2026 ein Finanzierungsplan erstellt werden, der auch die Auswirkungen auf die Abwassergebühren berücksichtigt (Beauftragung steht noch aus). Parallel dazu erfolgen die Abklärung von Refinanzierungsmöglichkeiten und potenziellen Zuwendungen. Der Bericht sowie die Beschlussfassung im Stadtrat können für das Jahr 2026 geplant werden.

Datenstand vom 04.07.2025 12:12 Uhr