Mit der Verpackungsverordnung (VerpackV) wurden 1991 im Wesentlichen drei Ziele verfolgt:
? die Abwendung des Ende der 80er Jahre drohenden Entsorgungsnotstandes durch Entlastung der kommunalen Deponien von den Verpackungsabfällen;
? Vermeidung der Auswirkungen von Verpackungsabfällen auf die Umwelt
und Vermeidung von Verpackungsabfällen;
? Erhöhung der Mehrwegquote bei Getränkeverpackungen
Das erste Ziel ist 2005 mit dem Deponieverbot für Abfälle mit nennenswertem organischen Anteil (> 5 % Glühverlust) entfallen.
Zum zweiten Ziel zeigt die Mengenentwicklung, dass Verpackungsabfälle insgesamt nicht vermieden wurden.
Material
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1991
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1996
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2000
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2005
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2008
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2009
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2010
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2011
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Kunststoffe
insg.
(in 1.000 t)
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1.627,9
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1.477,3
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1.790,6
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2.367,9
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2.732,4
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2.620,8
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2.690,1
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2.775,8
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Verpackungen
insg.
(in 1.000 t)
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15.620,3
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13.644,4
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15.121,1
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15.470,5
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16.044,8
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15.052,1
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16.002,6
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16.486,2
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In der ersten Hälfte der 90er Jahre gab es einen nennenswerten Rückgang durch Reduzierung des spezifischen Gewichts von Verpackungen und die Reduzierung von Umverpackungen. Seither ist gerade bei den Kunststoffverpackungen keine positive Vermeidungswirkung mehr erkennbar.
Der Anteil der Mehrweggetränkeverpackungen sowie in ökologisch vorteilhaften Einweggetränkeverpackungen abgefüllten Getränken sollte mit dem dritten Ziel gestärkt werden, einen Anteil von mindestens 80 % zu erreichen. Diese Zielvorgabe wurde seit dem Jahre 1997 nicht mehr erreicht, was zur heute geltenden Regelung zur Pfanderhebungs- und Rücknahmepflicht für Einweggetränkeverpackungen („Dosenpfand“) geführt hat.
Die Pfandpflicht hat indes nicht dazu geführt, dass das Ziel einer Erhöhung der Mehrwegquote erreicht wurde. Der Mehrweganteil ist vielmehr weiter kontinuierlich gesunken und lag im Jahre 2011 nur noch bei 42,31 %.
Doch es gibt auch gute Nachrichten – was vor 23 Jahren beim Recycling funktioniert hat, funktioniert heute meist noch besser. Über die Wiederverwertung von Glas, Metallen und Papier muss man sich keine Sorgen machen – sie hat ohne VerpackV funktioniert und funktioniert trotz 11 dualer Systeme weiter.
Was bereits vor der VerpackV ein Problem war, ist bis heute eines geblieben – die Verwertung von Kunststoffverpackungen und Verbunden. Die Fehlwurfquote bei Leichtverpackungen (gelber Sack oder gelbe Tonne) wird mit 40 – 50 % angegeben, der Anteil tatsächlicher stofflicher Verwertung mit ca. 25 %.
Zur Aufrechterhaltung dieser Verpackungsverordnung wird ein gigantischer bürokratischer Aufwand getrieben:
ca. 47.000 Lizenzverträge
ca. 12.000 Erfassungsanträge
ca. 4.000 Abstimmungsvereinbarungen
ca. 1.200 Systembeschreibungen
ca. 3.700 Vollständigkeitserklärungen
Mengenstromnachweise
Akteure: 11 Systembetreiber, 400 öffentlich rechtliche Entsorgungsträger,
47.000 Inverkehrbringer, gemeinsame Stelle duales System Deutschland GmbH, DIHK, Landesbehörden, Bundeskartellamt
Das derzeitige duale System wird sowohl von kommunaler Seite, als auch aus der privaten Entsorgungswirtschaft stark kritisiert. Die Evaluierung der VerpackV im Auftrag des Umweltbundesamtes hat Schwachstellen aufgezeigt.
Der VKU hat in seinem Schwarzbuch Verpackungsentsorgung eine kritische Bilanz nach über 20 Jahren Verpackungsverordnung gezogen.
Dass die VerpackV gravierende Schwachstellen hat, wird von kaum einem der abfallwirtschaftlichen Akteure in Frage gestellt. Der aktuell zu beobachtende dramatische Einbruch bei den Lizenzmengen (nur ca. 1/3 der Kunststoffverpackungsmengen sind lizenziert) deutet darauf hin, dass sich die Krise der dualen Systeme weiter verschärfen wird.
Aktuell wird die 6. Novelle der VerpackV vorbereitet, um wiederum einige Schlupflöcher bei der Finanzierungsbeteiligung der Inverkehrbringer zu stopfen und das System damit wirtschaftlich zu retten.
Außerdem wird im Rahmen der Diskussion um ein Wertstoffgesetz versucht, durch finanzielle Hereinnahme sogenannter stoffgleicher Nichtverpackungen die wirtschaftliche Basis zu verbreitern und das System damit lebensfähig zu halten. Deutlich besser und sinnvoller wird das System dadurch nicht.
Der VKU hat bisher in der Diskussion um das Wertstoffgesetz dem dualen System und ihrer gemeinsamen Clearingstelle die Rückführung der Entsorgungspflicht auf die Kommunen als öffentlich-rechtliche Entsorger mit einer zentralen Stelle (ähnlich der Stiftung elektro-altgeräte register ear) vorgeschlagen.
Die Gemeinschaftsinitiative von kommunalen und privaten Entsorgern zur Abschaffung der dualen Systeme geht einen Schritt weiter und schlägt vor, den Kommunen als öffentlich-rechtlichen Entsorgern die Aufgabe und die Verantwortung dafür zu übertragen. Die finanziellen Mittel von ca. 800 Mio. € sollen nicht über eine zentrale Stelle, sondern direkt über die Abfallgebühren den Kommunen zur Aufgabenerfüllung zur Verfügung stehen. Als Rahmen für die Aufgabenerfüllung wurden vom INFA-Institut ambitionierte Erfassungs- und Verwertungsmengen für die wesentlichen Wertstoffe erarbeitet, die von den Kommunen zu erreichen wären.
Für die Stadt Aschaffenburg wäre bereits heute auch die 2. Stufe der Erfassungsmengen erreicht.
Wertstoff
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Vorgabe in kg/Einw.*a Cluster 1.000 - 2.000 Einw./km²
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Aschaffenburg
1.083 Einw./km²
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Bemerkung
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Altpapier
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Erfassungsmenge (Min.)
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90
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106,7
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Menge im Restabfall (Max.)
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15
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Glas
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Erfassungsmenge (Min.)
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25
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26,9
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Menge im Restabfall (Max.)
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7
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Bioabfall
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Erfassungsmenge (Min.)
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80
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117,8
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Menge im Restabfall (Max.)
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40
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Bio- und Grünabfall
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Erfassungsmenge (Min.)
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130
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127,5
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+ 45,5 kg komm.
Grünabfall
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Menge im Restabfall (Max.)
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40
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Metalle
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Erfassungsmenge (Min.)
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12
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13
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Menge im Restabfall (Max.)
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3
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Kunststoffe
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Erfassungsmenge (Min.)
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20
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25,4
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Menge im Restabfall (Max.)
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9
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Getränkekartons
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Erfassungsmenge (Min.)
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3
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Menge im Restabfall (Max.)
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1
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Altholz
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Erfassungsmenge (Min.)
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30
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41,6
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Menge im Restabfall (Max.)
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2
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Die Initiative nennt folgende Eckpunkte des vorgeschlagenen Systems:
1. Weiterentwicklung der Kreislauf- und Ressourcenwirtschaft
2. Einheitliches System für Verkaufsverpackungen und andere Wertstoffe
3. Verzicht auf überholtes duales System und teure Systembetreiber
4. Kommunale Organisationsverantwortung für Erfassung, Sortierung und Verwertung
5. Förderung des hochwertigen Recycling durch Vorgabe anspruchsvoller Erfassungsziele und Recyclingquoten
6. Verzicht auf zentrale Stelle zur Entbürokratisierung statt Beleihung und Behördenneuaufbau
7. Finanzierung über Abfallgebühren und Stabilisierung der Gebührenhaushalte durch Verwertungserlöse
8. Weiterentwicklung der Produktverantwortung statt Beibehaltung einer bloßen Finanzierungsverantwortung („Ablasszahlungen“)
9. Auftragsvergabe im Wettbewerb nach Vergaberecht; Recht zur Eigenerledigung und Inhousevergabe
10. Kooperation von kommunaler und privater Entsorgungswirtschaft unter Einbeziehung vorhandener Kapazitäten und bestehenden Know-hows
Der Entsorgungsbetrieb der Stadtwerke Aschaffenburg schlägt vor, sich dieser Gemeinschaftsinitiative zur Abschaffung der dualen Systeme anzuschließen.
Die finanzielle Beteiligung ist auf maximal 5.000 € begrenzt.