A. Problemlage
Die Stadt Aschaffenburg ist zurzeit dabei, zwei Baugebiete zu erschließen. Zum einen handelt es sich um das Baugebiet „Westlich Rotäckerstraße“ (Bebauungsplan 5/27) in Schweinheim und zum anderen um das Baugebiet „Anwandeweg“ (Bebauungsplan 07/06) in Nilkheim.
I. Baugebiet „Westlich Rotäckerstraße“
Das Plangebiet „Westlich Rotäckerstraße“ hat eine Fläche von ca. 10,25 ha. Von dieser Fläche sind ausweislich des aktuellen Standes der Umlegung 9.635 m² für Erschließungsflächen, 51.893 m² für Bauflächen und 40.920 m² für Grün- und Versickerungsflächen vorgesehen. Ausweislich des Investitionsprogramms für die Jahre 2016 – 2019 werden die Erschließungskosten für Straße und Kanal zurzeit auf rund 6,2 Mio € geschätzt, wovon rund 3,7 Mio € auf die Straßenerschließung und 2,5 Mio € auf den Kanalbau entfallen. Kostenschätzungen für ökologische Ausgleichsmaßnahmen belaufen sich auf rund 500.000 €. Im aktuellen Haushaltsplan sind 100.000 € tatsächliche Mittel und weiter 100.000 € als Verpflichtungsermächtigung für Planungskosten vorgesehen.
Die Investitionsplanung geht davon aus, dass die Erschließung des Baugebietes 2019 abfinanziert ist. Die Finanzplanung geht davon aus, dass ab 2018 Mehreinnahmen aus Erschließungsbeiträgen in einer Größenordnung von rund 2 Mio € zu erwarten sind.
Die Zuteilungsfläche für Baugrund bei der Stadt liegt bei 8.649 m². Der Zuteilungswert für diese Fläche liegt bei 2.663.892 €. Die aktuelle Bodenrichtwertkarte für das benachbarte Baugebiet Gäßpfad sieht einen Richtwert von 440 €/m² incl. Erschließung vor. In der Realität werden zurzeit Bodenpreise bezahlt, die sich 500 €/m² annähern. Für den benachbarten Bereich Rotäcker kann man daher einen erschließungsbeitragspflichtigen Wert von mindestens 380 €/m² erwarten. Das macht eine zu erwartende Einnahme aus Grundstücksverkäufen von mindestens 3,3 Mio €. Dabei wird unterstellt, dass Nutzungsregelungen durch die Stadt nicht zu Kaufpreisabschlägen führen.
II. Baugebiet „Anwandeweg“
Das Plangebiet „Anwandeweg“ hat eine Fläche von ca. 27 ha. Von dieser Fläche sind ausweislich des aktuellen Standes der Umlegung 45.159 m² für Erschließungsflächen, 149.500 m² für Bauflächen, 75.388 m² für Grün- und Versickerungsflächen vorgesehen. Ausweislich des Investitionsprogramms für die Jahre 2016 – 2019 werden die Erschließungskosten für Straße und Kanal zurzeit auf rund 23 Mio € geschätzt, wovon rund 17 Mio € auf die Straßenerschließung und 6 Mio € auf den Kanalbau entfallen. Hinzu kommen voraussichtlich weitere 3 Mio € für Planungskosten. Abschließende Kostenschätzungen für ökologische Ausgleichsmaßnahmen liegen noch nicht vor. Im aktuellen Haushaltsplan sind 950.000 € tatsächliche Mittel und weitere 600.000 € als Verpflichtungsermächtigung für Planungskosten vorgesehen.
Die Investitionsplanung geht davon aus, dass die Erschließung des Baugebietes erst nach 2020 fertig gestellt ist. Die Finanzplanung geht davon aus, dass ab 2019 Mehreinnahmen aus Erschließungsbeiträgen in einer Größenordnung von rund 2 Mio € zu erwarten sind (Anstieg von 2,6 Mio € auf 4,6 Mio €).
Die Zuteilungsfläche für Baugrund für die Stadt liegt bei voraussichtlich 42.707 m². Davon sind Flächen für soziale Infrastruktur (1 Schule, 2 Kindergärten) in einer Größenordnung von 15.013 m² abzuziehen. Es verbleiben also vermarktungsfähige Restflächen von 27.694 m². Laut Umlegungsstelle entspricht diese Fläche einem vorläufigen Zuteilungswert von 11.604.690 €. Es ist davon auszugehen, dass bei der Veräußerung Preise erzielt werden, die über den Zuteilungswerten liegen. Auch hier wird allerdings unterstellt, dass Nutzungsregelungen durch die Stadt nicht zu Kaufpreisabschlägen führen.
III. Kosten
Nach den genannten bisherigen Schätzungen entstehen für die Erschließung der beiden Baugebiete Kosten in einer Größenordnung von 30 Mio €, die in einem Zeitfenster von rund 6 – 7 Jahren zu bewältigen sind.
Alle Kostenschätzungen beruhen auf vorläufigen Angaben und können im Laufe des weiteren Planungsprozesses deutlichen Änderungen unterliegen.
Voraussetzung ist auch, dass die Umlegungen in beiden Fällen zeitnah unanfechtbar werden. Dem stehen Einnahmen gegenüber, die aber erst zeitlich nachlaufen. Nach der aktualisierten Finanzplanung – die angesichts der äußerst unsicheren Datengrundlage – mit erheblichen Unwägbarkeiten verbunden ist, könnte sich die Situation wie folgt darstellen:
1. Baugebiet „Westlich Rotäckerstraße“
Bei den nachfolgenden Zahlen wird unterstellt, dass das Baugebiet in einem Bauabschnitt realisiert wird. Ob dies im Hinblick auf die noch bestehenden Baulücken im Baugebiet Gäßpfad sinnvoll ist, muss der Stadtrat noch zu gegebener Zeit entscheiden.
Bei den Ausgaben wird von den Werten nach der aktuellen Investitionsplanung ausgegangen. Bei den Erschließungsbeiträgen wird davon ausgegangen, dass die 90 %ige Straßenerschließung mit Baubeginn der Baumaßnahme per Vorausleistungsbescheid geltend gemacht wird. Bei der Kanalerschließung sind Vorausleistungsbeiträge nicht möglich. Sie können erst erhoben werden, wenn ein Kanalanschluss möglich ist.
Die Baugrundstücksfläche beträgt 51.893 m². Bei einem Grundstücksflächenbeitrag von 1,28 €/m² bedeutet dies Einnahmen in Höhe von 66.423,04 €. Vereinfacht betrachtet beträgt die Grundflächenzahl im Baugebiet 0,6, sodass die veranlagungsfähige Geschoßfläche 31.136 m² beträgt. Auf der Basis der Geschossflächenbeitrags von 3,83 €/m² macht dies Einnahmen von rund 119.250 € aus. Insgesamt sind also rund 200.000 € Kanalbeiträge zu erwarten.
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2016
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2017
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2018
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2019
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Einnahmen
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6374.3401
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Unbebaute Grundstücke
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0 €
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500.000 €
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1.100.000 €
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1.600.000 €
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6374.3521
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Erschließungs-beiträge
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0 €
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0 €
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3.000.000 €
Straße
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200.000 €
Kanal
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Summe
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0 €
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500.000 €
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4.100.000 €
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1.800.000 €
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Ausgaben
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6374.9510
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Rotäcker
Straße
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100.000 €
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200.000 €
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1.300.000 €
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2.000.000 €
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6374.9535
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Rotäcker
Kanal
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0 €
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0 €
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1.000.000 €
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1.500.000 €
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Summe
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100.000 €
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200.000 €
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2.300.000 €
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3.500.000 €
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Saldo
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- 100.000 €
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300.000 €
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+ 1.800.000 €
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- 1.700.000 €
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Das Baugebiet endet voraussichtlich mit einem Überschuss von 300.000 €. Zwischenfinanzierungen dürften bei zeitnaher Erhebung der Vorausleistungsbescheide und gutem Grundstücksverkauf nicht erforderlich sein.
2. Baugebiet „Anwandeweg“
Bei den Ausgaben wird von den Werten nach der aktuellen Investitionsplanung ausgegangen. Bei den Erschließungsbeiträgen wird davon ausgegangen, dass 15 % der Erschließungskosten nicht umlagefähig sind (Busquerung, Radwegquerung etc.) und dass vom Rest die 90 %ige Straßenerschließung mit Baubeginn der Baumaßnahme per Vorausleistungsbescheid geltend gemacht wird. Hierbei wir weiterhin unterstellt, dass drei Bauabschnitte gebildet werden, die jeweils etwa gleich viel kosten.
Daraus ergibt sich folgende Berechnung der Straßenerschließungsbeiträge:
20 Mio € Gesamtkosten
17 Mio € davon umlagefähig.
15,3 Mio € davon Anteil der Straßenanlieger (90 %)
Bei drei kostenmäßig gleichen Bauabschnitten macht das in einem Veranlagungsjahr 5 Mio € Erschließungsbeitragsvorausleistung.
Bei der Kanalerschließung sind Vorausleistungsbeiträge nicht möglich. Sie können erst erhoben werden, wenn ein Kanalanschluss möglich ist.
Die Baugrundstücksfläche beträgt 149.500 m². Bei einem Grundstücksflächenbeitrag von 1,28 €/m² bedeutet dies Einnahmen in Höhe von 191.360 €. Vereinfacht betrachtet beträgt die Grundflä-chenzahl im Baugebiet 1,0 (von 0,7 im Einfamilienhausbereich bis 2,0 im Mischgebietsbereich), sodass die veranlagungsfähige Geschoßfläche 149.500 m² beträgt. Auf der Basis der Geschossflächenbeitrags von 3,83 €/m² macht dies Einnahmen von rund 572.585 € aus. Insgesamt sind also rund 764.000 € Kanalbeiträge zu erwarten.
Bei drei kostenmäßig gleichen Bauabschnitten macht das in einem Veranlagungsjahr 250.000 € Kanalbeiträge im Jahr der Fertigstellung des Kanals im jeweiligen Bauabschnitt.
Nachstehend wird unterstellt, dass bis Ende 2019 ein Bauabschnitt endgültig fertig gestellt ist. Bei 26 Mio € Baukosten (20 Mio € Straße, 6 Mio € Kanal) entspricht das rund 9 Mio € Investitionsvolumen und damit nicht ganz dem, was im Investitionsprogramm vorgesehen ist.
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2016
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2017
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2018
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2019
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Einnahmen
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6375.3401
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Unbebaute Grundstücke
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0 €
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0 €
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800.000 €
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1.400.000 €
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6375.3521
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Erschließungs-beiträge
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0 €
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0 €
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5.000.000 €
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250.000 €
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Summe
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0 €
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0 €
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5.800.000 €
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1.650.000 €
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Ausgaben
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6375.9510
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Anwandeweg
Straße
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950.000 €
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600.000 €
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1.300.000 €
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4.000.000 €
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6375.9535
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Anwandeweg
Kanal
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0 €
|
0 €
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2.000.000 €
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3.000.000 €
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Summe
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950.000 €
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600.000 €
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3.300.000 €
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7.000.000 €
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Saldo
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- 950.000 €
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- 600.000 €
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2.500.000 €
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- 5.350.000 €
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Nach den hier angenommenen Rahmenbedingungen werden im Hinblick auf die Gesamtmaßnahme von den rund 20 Mio € Straßenbaukosten ca. 15 Mio € durch die Straßenanlieger gegenfinanziert. Von den rund 6 Mio € Kanalkosten werden rund 800.000 € durch die Anschlusspflichtigen gegenfinanziert. Aus der reinen Baumaßnahme entsteht damit eine Unterdeckung von rund 10 Mio €. Dem stehen die Einnahmen aus Grundstücksverkäufen gegenüber. Wie erwähnt verfügt die Stadt über eine vermarktungsfähige Restfläche von 27.694 m² mit einem Zuteilungswert von rund 11,6 Mio €. Insgesamt gesehen dürfte damit auch das Baugebiet Anwandeweg nicht mit einem Verlust abschließen.
Nicht berücksichtigt sind Kosten für die etwaige Errichtung einer Schule oder von Kindergärten.
IV. Zwischenergebnis
Aus dieser Grobkalkulation und den Erwartungen im Hinblick auf die übrigen Haushaltsdaten ergibt sich, dass die Erschließung des Baugebietes „Westlich Rotäckerstraße“ möglicherweise noch ohne Neuverschuldung darstellbar ist, wenn Vorausleistungsbescheide parallel zu den anfallenden Erschließungskosten erlassen werden. Beim Baugebiet „Anwandeweg“ dürfte dies aber nicht mehr der Fall sein. Andererseits ist nach Erhebung der Erschließungsbeiträge und Veräußerung der Grundstücke ein deutlicher Haushaltsüberschuss zu erwarten ist (ohne Berücksichtigung von Schul- oder Kindergartenerweiterungen).
Vor diesem Hintergrund hat die Verwaltung im Rahmen der Haushaltsberatungen 2016 angekündigt, Finanzierungsformen im Vergleich darzustellen.
B. Finanzierungsmodelle
I. Klassische Finanzierung über den Haushalt
Wie sich aus den oben angegebenen Tabellen ergibt, ist davon auszugehen, dass die Umsetzung der Erschließung der beiden Baugebiete im Rahmen des Haushaltsplanes zu einer Neuverschuldung bis 2019 vom mindestens 3 Mio € führt. Auch danach könnte es sein, dass die Verschuldung weiter ansteigt, weil dann die hohen Baukosten des Anwandeweges verstärkt zu Buche schlagen und Einnahmen aus der Grundstücksveräußerung noch nicht in gleichem Maße gegeben sind. Die Neuverschuldung aufgrund dieser Baugebiete könnte sich zu Spitzenzeiten in einer Größenordnung von 5 – 10 Mio € bewegen ehe danach die Verschuldung aufgrund der Grundstücksverkäufe wieder zurückgeführt werden kann.
Angesichts der oben erwähnten Investitionssummen, den zu erzielenden Verkaufserlösen aus Grundstücksverkäufen von rund 14 Mio € und den Kostenbeteiligungen der Grundstückseigentümer an den Erschließungskosten ist davon auszugehen, dass die beiden Baugebiete im Endergebnis „rentierlich“ sein werden.
Die Aufnahme neuer Kredite bedarf der Genehmigung durch die Regierung im Rahmen der Genehmigung der Haushaltssatzung (Art. 71 BayGO). Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die Kreditverpflichtung mit der dauernden Leistungsfähigkeit einer Gemeinde nicht in Einklang steht. Angesichts dessen, dass die Kredite zur Finanzierung der Erschließung der Baugebiete refinanziert werden durch die zu erwartenden Einnahmen, dürfte die dauernde Leistungsfähigkeit nicht beeinträchtigt sein.
Beispielsweise hat die Regierung von Unterfranken der Stadt Würzburg eine Neuverschuldung zur Finanzierung der Konversionsliegenschaft Hubland genehmigt. Ausweislich des letzten Finanzberichtes der Stadt Würzburg im Konversionsausschuss (Sitzung vom 2.11.2015 – Vorlage Nr. 01/2000-5586/2015) geht die Stadt Würzburg davon aus, dass das Gesamtprojekt ein Investitionsvolumen von 133 Mio € beinhaltet, dem Einnahmen in Höhe von 122 Mio € gegenüberstehen (Stand 26.10.2015). Das Projekt hat eine Laufzeit bis 2025. Ausweislich des Vorberichts zum Haushaltsplan 2016 der Stadt Würzburg betragen die Kosten für Baumaßnahmen im Bereich Hubland im Jahr 2016 22,4 Mio € der insgesamt vorgesehenen 55,2 Mio €. Ebenfalls im Vorbericht des Haushaltsplanes 2016 findet sich folgende Passage:
„Die eingestellte Kreditaufnahme in Höhe von rd. 16,8 Mio. € setzt sich zusammen aus einer Kreditaufnahme in Höhe der Ausgaben für die ordentliche Tilgung in Höhe von rd. 8,0 Mio. € und dem Zwischenfinanzierungsbedarf der Infrastrukturinvestitionen für das Sonderprojekt Hubland in Höhe von rd. 8,8 Mio. €. Damit beläuft sich die Kreditaufnahme netto neu auf rd. 8,8 Mio. €. Ziel ist es, die für das Konversionsprojekt Hubland aufgenommenen Kredite zügig durch Grundstückserlöse zu tilgen.“
II. Finanzierung über ein Geschäftsbesorgungsmodell
Eine andere Variante, die Finanzierung der Erschließungsmaßnahmen darzustellen, ist die Projektfinanzierung auf der Basis eines Geschäftsbesorgungsvertrages.
1. Finanzierungsmodell BayernGrund
Dieses Modell wird von der BayernGrund Grundstücksbeschaffungs- und Erschließungs-GmbH (nachfolgend BayernGrund) in Zusammenarbeit mit der Sparkasse Aschaffenburg-Alzenau angeboten. Die BayernGrund ist ein Unternehmen, dessen Gesellschafter zu je 25 % der Freistaat Bayern und die Bayerische Ärzteversorgung und zu 50 % die Bayerische Landesbank (Gesellschafter: 75 % Freistaat Bayern, 25 % Sparkassenverband) sind. Die BayernGrund bietet verschiedene Modelle zur Realisierung kommunaler Infrastrukturmaßnahmen an. Eines davon ist ein reines Finanzierungsmodell, das zu den kreditähnlichen Rechtsgeschäften im Sinne des Art. 72 BayGO gehört. In unserem Fall würde sich das Finanzierungsmodell auf die reine Baulanderschließung beschränken.
2. Wesentliche Vertragsinhalte
Bei diesem Modell übernimmt die Bayerngrund den gesamten Rechnungs- und Zahlungsverkehr einschließlich Beschaffung der Finanzmittel, erstellt einen abgestimmten Kontenplan und nimmt die Endabrechnung als Grundlage für die Bescheiderstellung vor. Zentraler Baustein ist die Übernahme des Rechnungs- und Zahlungsverkehrs. Sämtliche Rechnungen für die Baugebiete würden zwar durch die Stadt geprüft und freigegeben aber anschließend durch die BayernGrund bezahlt. Die BayernGrund richtet hierzu bei der Sparkasse Aschaffenburg-Alzenau ein Kontokorrentkreditkonto zu einem vorab vereinbarten festen Zinssatz in Abhängigkeit vom 3-Monats-Euribor ein. Die Stadt hat die Möglichkeit zu verlangen, dass zur Finanzierung anstelle des Kontokorrentkredites Kredite mit festen Laufzeiten aufgenommen werden. Diese werden dann in der Praxis bei der Sparkasse aufgenommen. Die Stadt muss gegenüber der BayernGrund eine Gewährleistungserklärung abgeben, wonach sie sich gegenüber der Sparkasse zur Erfüllung aller Verbindlichkeiten, die die BayernGrund gegenüber der Sparkasse eingegangen ist, verpflichtet. Dies ermöglicht der Sparkasse bei Krediten Kommunalkreditkonditionen zu gewähren.
Die Stadt verpflichtet sich nach Vertrag Vorausleistungsbescheide im Hinblick auf die Erschließungskosten zu erlassen und die entsprechenden Beträge an die BayernGrund weiterzuleiten. Diese Verpflichtung wird in der Praxis durch entsprechende Genehmigungsauflagen der Regierung ergänzt. Die Regierung erwartet auch, dass Erlöse aus dem Verkauf von Grundstücken zur Reduzierung der Verbindlichkeiten verwendet werden. Unterschiede zur Variante der klassischen Finanzierung über den Haushalt ergeben sich insoweit nicht.
Die BayernGrund erhält für ihre Tätigkeit eine Vergütung, die in Abhängigkeit von den durch die BayernGrund geleitsteten Zahlungen gewährt wird. Wenn also die BayernGrund die Rechnung einer Baufirma bezahlt, erhält sie einen zu vereinbarenden Prozentsatz auf diese Rechnung als Vergütung. Laut BayernGrund sind sowohl die Bauzeitzinsen als auch das Honorar der BayernGrund umlagefähig auf die Grundstückseigentümer im Rahmen der Erschließungskosten. Ob dies tatsächlich so ist, muss noch mit der Regierung geklärt werden.
Das Vertragsverhältnis ist von beiden Seiten jederzeit kündbar. Bei Kündigung wird die BayernGrund eine Endabrechnung erstellen. Die Stadt hat dann die Verbindlichkeiten aus dem Kontokorrentkonto bei der Sparkasse auszugleichen und etwaige Darlehensverträge zu übernehmen.
3. Haushaltsrechtliche Auswirkungen
Der Geschäftsbesorgungsvertrag ist von der Regierung von Unterfranken als kreditähnliches Rechtsgeschäft zu genehmigen. Das Baukonto der BayernGrund steht neben dem städtischen Haushalt. Es gibt grundsätzlich keine Haushaltsansätze und keine Haushalts- und Buchungsstellen im Kontenplan der Kämmerei. Vorausleistungen müssen allerdings gleichzeitig als Einnahme von den Bürgern und als Ausgabe an die BayernGrund gebucht werden. Gleiches gilt für etwaige Einnahmen aus Grundstücksverkäufen aus diesem Gebiet. Die Kredite , die die BayernGrund im Wege der Geschäftsbesorgung im eigenen Namen aufnimmt, sind nicht Bestandteil der Haushaltssatzung, da sie formal keine städtischen Kredite sind. Sie laufen daher auch nicht unter Neuverschuldung. Die Kredite sind erst dann in den städtischen Haushalt aufzunehmen, wenn der Geschäftsbesorgungsvertrag gekündigt wird und das Kontokorrentkonto noch nicht ausgeglichen ist. Im Vorbericht des jeweiligen Haushaltsjahres ist die Finanzierungssituation im Hinblick auf das Geschäftsbesorgungsmodell darzustellen. Außerdem ist der voraussichtliche Kreditstand bei der „Übersicht über den voraussichtlichen Stand der Schulden“ unter der Rubrik „Schulden aus Vorgängen, die Kreditaufnahmen wirtschaftlich gleichkommen“ auszuweisen.
Die Regierung hat bereits mehrere derartiger Verträge, allerdings mit kleinerem Volumen, genehmigt.
III. Finanzierung über eine Stadtentwicklungsgesellschaft
1. Eigengesellschaft
Die Erschließung eines Baugebietes über eine Gesellschaft, die sich zu 100 % im städtischen Eigentum befindet, ist grundsätzlich möglich. Die Stadt praktiziert dieses Modell durch die Am Rosensee Stadtentwicklungs GmbH.
Die Gesellschaft wurde ursprünglich 1996 von der Stadt und dem Freistaat Bayern gemeinschaftlich gegründet. Die Stadt hat vom Bund Grundstücke im Wert von rund 6,2 Mio € erworben und an die Rosensee GmbH weiterveräußert. Der Kaufpreis wurde in der Gesellschaft als Darlehen mit 1 % Zins belassen. Zudem wurde das Darlehen jeweils um den Komplementäranteil der Stadt, der im Rahmen von Städtebauförderungsmaßnahmen zu erbringen war, abgeschmolzen. Der Freistaat Bayern hat 5,8 Mio € mit einem Zinssatz von 1 % als Darlehen in die Gesellschaft eingebracht. Sämtliche Einnahmen und Ausgaben wurden außerhalb des städtischen Haushalts im Wirtschaftsplan der Gesellschaft abgebildet. Inzwischen ist die Erschließung abgeschlossen, die Grundstücke sind veräußert und die Darlehen zurückgezahlt. Die Gesellschaft soll im Jahr 2016 voraussichtlich mit einem kleinen Überschuss von rund 0,5 Mio € liquidiert werden.
Dieses Modell könnte zwar auch für andere Baugebiete wiederbelebt werden. Ein echter Vorteil ergibt sich daraus nicht, da diese Gesellschaft durch die Stadt mit Eigenkapital ausgestattet werden müsste und die Stadt gegebenenfalls für Kredite der Gesellschaft bürgen müsste. In beiden Fällen wäre eine Genehmigung der Regierung erforderlich.
2. Gesellschaft mit Fremdbeteiligung
Das gleiche Modell ist denkbar mit einer Gesellschaft, an der eine oder mehrere Privatpersonen beteiligt sind. Zurzeit ist aus den Beteiligungsberichten der kreisfreien Bayerischen Städte keine Gesellschaft ersichtlich, bei der dieses Modell gefahren wird.
Solche Modelle werden angewendet, wenn eine Gemeinde und ein privater Erschließungsträger sich in einer ErschließungsGmbH zusammenschließen, um ein Baugebiet zu erschließen. Die Variante, wonach die GmbH die Erschließung übernimmt und die entsprechenden Kosten nicht refinanziert bekommt, gibt es nur, wenn der private Erschließungsträger Grundstücke im Baugebiet besitzt, die seinem Gesellschafts- und Kostenanteil entsprechen. In diesem Fall soll die Übertragung der Erschließung auch nicht ausschreibungspflichtig sein. Solche Konstellationen sind beim Anwandeweg und bei der Rotäckerstraße nicht denkbar. Im Baugebiet Rotäckerstraße gibt es bei rund 50.000 m² nur 5 Eigentümer, die mehr als 1000 m² Zuteilungsfläche haben, der Größte davon hat 1.900 m². Im Baugebiet Anwandeweg gibt es bei rund 150.000 m² insgesamt 234 Umlegungsbeteiligte, von denen nach momentanem Stand wohl keiner mehr als 4000 m² Zuteilungsfläche erhalten wird. Angesichts dieser Zahlen ist nur ein Erschließungsmodell denkbar, bei dem die zu gründende GmbH lediglich die Vorfinanzierung übernimmt. Solche Erschließungsverträge mit Kostenabrede sind grundsätzlich ausschreibungspflichtig (vgl. z. B. Mitteilungen des BKPV 1/2005 Rdnr. 6, S. 37). Weder kann davon ausgegangen werden, dass die hier interessierenden Baugebiete in ihrer Gesamtheit hinreichend sicher ausgeschrieben werden noch ist erkennbar, wo die Motivation bei einem Dritten sein soll, sich an einer derartigen GmbH zu beteiligen. Eine etwaige Rendite der Einlagen des Dritten könnte nur zu Lasten der städtischen Überschüsse gehen.