Der Oberbürgermeister hat zur Bewältigung einer möglichweise eintretenden Energiemangellage ein Krisenmanagement als Querschnittsaufgabe außerhalb des regulären Geschäftsgangs der Stadtverwaltung eingerichtet. Hauptakteure im derzeitigen Krisenmanagement sind das Büro des Oberbürgermeisters, die Stadtwerke Aschaffenburg Kommunale Dienstleistungen und das Amt für Brand- und Katastrophenschutz.
Durch das Krisenmanagement werden bereits jetzt schon alle notwendigen Maßnahmen koordiniert und in die Wege geleitet, um die Energiekrise unterhalb der Schwelle eines Katastrophenfalls bewältigen zu können. Das Krisenmanagement gliedert sich in zwei Stufen.
In Stufe 1 erfolgen ein regelmäßiges Monitoring der Lage, die Vernetzung aller betroffenen Dienststellen, regelmäßiges Reporting gegenüber der Verwaltungsspitze und den politischen Entscheidungsträgern und Schaffung einer einheitlichen Krisenkommunikation. Ab der 2. Stufe wird zusätzlich eine Koordinierungsgruppe Energiekrise einberufen.
Aktuell agiert das Krisenmanagement unter Federführung des Büros des Oberbürgermeisters noch in Stufe 1. Durch den nachfolgenden Bericht soll der Stadtrat über die aktuelle Situation der Energieversorgung informiert werden.
1. Energieversorgung in Deutschland
1.1 Erdgas als Energieträger:
Erdgas zählt neben Mineralöl zu den wichtigsten Energieträgern für den deutschen Primärenergieverbrauch und wird hierzulande vor allem für die Wärmeversorgung genutzt.
Primärenergie bezeichnet die Energie, die direkt in Energieträgern vorhanden ist und noch nicht – etwa in Strom – umgewandelt wurde. In Deutschland werden laut Umweltbundesamt (UBA) etwa 29 Prozent des Primärenergieverbrauchs inländisch gewonnen.
- Erdgas sollte laut dem Bundeswirtschaftsministerium einen klimaschonenden Übergang von fossilen zu erneuerbaren Energien ermöglichen, da es im Vergleich zu anderen Energieträgern weniger CO2-Emissionen verursacht.
- Zudem kommt Gas bei der Stromversorgung eine besondere Rolle zu:
Während die Erzeugung von Wind- und Solarenergie von äußeren Umständen abhängig ist, die tagesbedingt sehr unterschiedlich ausfallen können, werden Gaskraftwerke rund um die Uhr betrieben. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit, da sie die so genannte "Grundlast" im deutschen Stromnetz garantieren – also die Mindestmenge an Strom, die zu jeder Tageszeit nachgefragt wird.
1.2 Erdgasimporte
Die BRD importierte trotz des Widerstandes der US-Regierung bereits während des Kalten Krieges Erdgas aus der Sowjetunion, Ende der 1980er-Jahre deckten sowjetische Importe bereits etwa die Hälfte des Gasbedarfs der BRD. Zwar gab es über die Jahre Schwankungen, in den vergangenen zehn Jahren ist die Abhängigkeit von russischem Gas jedoch gestiegen.
Aber auch andere Staaten, die selbst nur im geringen Maße Erdgas fördern können, sind besonders stark auf russisches Erdgas angewiesen. Dazu zählen etwa Finnland, die baltischen Länder, Ungarn, die Slowakei, Tschechien und Österreich. Im Schnitt bestreiten die EU-Staaten knapp 40 Prozent ihres Erdgasverbrauchs durch Importe aus Russland.
1.3 Gasexporte als „politisches Druckmittel“
Rußland hat Erdgasexporte bereits häufiger als politisches Druckmittel gegen andere Länder eingesetzt. Die bislang schwerste Krise entstand infolge der Orangenen Revolution in der Ukraine und der Hinwendung des Landes zum Westen. Uneinigkeiten bei einem Anschlussvertrag zwischen der Ukraine und Russland führten zur Einstellung der Gaslieferungen an die Ukraine im Januar 2009. Da die Ukraine ein wichtiges Transitland für Gaslieferungen ist, kam es vor allem in südosteuropäischen Staaten Bulgarien, Moldau und Serbien zu erheblichen Engpässen.
1.4 Verringerung der Abhängigkeit von russischem Gas
Aktuell arbeitet die Bundesregierung daran, die Abhängigkeit von russischem Gas zu verringern und plant bis Sommer 2024 weitghend auf russiches Gas zu verzichten.
1.4 Preisentwicklung für importiertes Gas
Bereits im Februar 2022 war importiertes Gas dreieinhalb Mal so teuer wie ein Jahr zuvor. Ein Grund dafür war das einsetzende Wirtschaftswachstum in vielen Regionen der Welt nach den pandemiebedingten Einbrüchen in den Jahren 2020 und 2021 und der folgenden raschen Erholung der Wirtschaft.
Zusätzlich verschärfte der geringe Füllstand der deutschen Gasspeicher die Lage – Anfang April 2022 lag er bei rund 27 Prozent. Der Krieg in der Ukraine hat die Preise noch einmal ansteigen lassen.
2. Notfallplan Gas
Hier ein Auszug aus dem Lagebericht vom 07.09.2022, 13:00 Uhr:
- Seit dem 23.06.2022 gilt die Alarmstufe des Notfallplans.
- Die Lage ist angespannt und eine weitere Verschlechterung der Situation kann nicht ausgeschlossen werden. Die Gasversorgung in Deutschland ist im Moment aber stabil. Die Versorgungssicherheit in Deutschland ist derzeit weiter gewährleistet.
- Die Bundesnetzagentur beobachtet die Lage genau und steht in engem Kontakt zu den Netzbetreibern.
- Die Gaslieferungen durch die Nord Stream 1 wurden von russischer Seite unter Verweis auf angebliche Mängel an der Verdichterstation Potovaya nicht wieder aufgenommen. Die von russischer Seite behaupteten Mängel sind nach Einschätzung der Bundesnetzagentur technisch kein Grund für die Einstellung des Betriebs.
- Aufgrund der verstärkten Vorsorgemaßnahmen der vergangenen Monate ist Deutschland auf einen Ausfall der russischen Lieferungen mittlerweile besser vorbereitet als noch vor einigen Monaten. Sowohl bei der Speicherbefüllung, als auch bei der Versorgung über andere Lieferwege als russische Pipelines und der Schaffung neuer Anlandekapazitäten für Flüssiggas wurden gute Fortschritte erzielt.
- Es wird weiter eingespeichert. Der Gesamtspeicherstand in Deutschland liegt bei 86,49 %. Der Füllstand des Speichers Rehden beträgt 71,40 %.
- Die Großhandelspreise schwanken stark, bewegen sich aber weiterhin auf sehr hohem Niveau. Unternehmen und private Verbraucher müssen sich auf deutlich steigende Gaspreise einstellen.
- Die Bundesnetzagentur betont ausdrücklich die Bedeutung eines sparsamen Gasverbrauchs.
Die Bundesnetzagentur weist ihrem Bericht zum Gasmengen-Gerüst 6/22 bis 6/23 darauf hin, dass aktuell täglich neue Flusssituationen bestehen und die unsichere Nachfragemengen die Prognostizierbarkeit einer Gasmangellage erschwere.
3. Kommunale Handlungsfelder
Anhand der vorgenannten Erläuterungen wird deutlich, dass die Energieversorgung unmittelbar und wesentlich durch nationale und internationale Entwicklungen und Beziehungen geprägt ist.
Dennoch gehört die Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Licht, Gas und elektrischer Kraft zu den Pflichtaufgaben des eigenen Wirkungskreises der Gemeinden (Art. 83 Abs. 1 der Bayerischen Verfassung).
Das Krisenmanagement der Verwaltung hat in der (Gas-)Energiekrise die nachfolgenden sieben Aufgabenfelder (Nrn. 3.1 bis 3.7) verifiziert, die ggf. einen Handlungsspielraum der Stadt Aschaffenburg ermöglichen:
3.1 Handlungsfeld Preisentwicklung und Preisanpassung
Vereinfacht ausgedrückt lässt sich der Gaspreis in drei Kategorien aufteilen:
a) Steuern und Abgaben, die staatlich festgelegt sind
b) regulierte Netzentgelte
c) Gasbeschaffung, Service und Vertrieb
Die Gasbeschaffungskosten sind marktabhängig. Die Preise an den Gasmärkten schießen von einem Allzeithoch zum Nächsten (siehe oben Ziffer 1.4). Auch die Gaseinkaufspreise für die Jahre 2023 bis 2025 steigen stetig auf immer neue Höchstpreise. Die aktuelle Lage am Gasmarkt ist unvorhersehbar eskaliert und unberechenbar geworden. Niemand kann seriös einschätzen wie die Preisentwicklung in den nächsten Monaten sein wird.
Bereits Ende Juli 2022 wurde vom Bundesverband der kommunalen Spitzenverbände gegenüber dem Bund im Rahmen einer Stellungnahme zur Anpassung der Verordnung nach § 26 des Energiesicherungsgesetzes über einen finanziellen Ausgleich durch eine saldierte Preisanpassung (Gaspreisanpassungsverordnung – GaspreisanpassV) zum Ausdruck gebracht, dass mit dem Umlagemechanismus die Mehrkosten beim Gaseinkauf gleichmäßig auf alle Endverbraucher verteilt werden müssen.
-> Im Detail sind dies allerdings Mechanismen, auf die die Kommunen im Einzelfall keinen Einfluss haben.
-> Die Aschaffenburger Versorgungs GmbH (AVG) gibt z. B. Preiserhöhungen immer nur zum absolut notwendigen Anteil an ihre Kunden weiter. Bei anhaltenden Preisexplosionen an den Großhandelsmärkten, so wie aktuell der Fall ist, kann das leider zu wiederholten Preiserhöhungen führen.
-> Es ist allerdings wichtig, die Endverbraucher frühzeitig über die Preisentwicklungen zu informieren. Die Aschaffenburger Versorgungs GmbH (AVG) hat ihre Kunden über die Preisentwicklungen bereits informiert und wiederum unvermeidbare Preisanpassungen bei Erdgas und Strom veranlasst. Um erhebliche Nachzahlungen bei den Jahresabrechnungen ihrer Kunden abzumildern, wurden die monatlichen Abschlagszahlungen aller Strom- und Gas-Kunden entsprechend den Preisentwicklungen angepasst.
3.2 Handlungsfeld: Stadt als Vermieterin Stadtbau Aschaffenburg GmbH
3.2.1 Stadtbau Aschaffenburg GmbH
Die Stadt Aschaffenburg hat zur sicheren und sozial verantwortbaren Wohnungsversorgung der breiten Schichten der Bevölkerung die Stadtbau Aschaffenburg GmbH ins Leben gerufen. Die Stadtbau Aschaffenburg GmbH unterhält dazu 3.192 Wohneinheiten.
Die Stadtbau Aschaffenburg GmbH hat zur Vorsorge einer möglichen Energiemangellage bereits folgende Maßnahmen veranlasst:
a) Die Stadtbau hat seit Jahren ein etabliertes Beratungsverfahren, um in Not geratenen Mietern zu helfen. Ein Arbeitskreis, gemeinsam mit der Stadt, verfolgt stets das individuelle Ziel, mietrechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Das etablierte Verfahren ist so zielführend, dass es seit Jahren - und besonders während der Corona-Pandemie - reibungslos funktioniert. Das System wird fortgeführt.
b) Die Stadtbau setzt sehr intensiv auf die Sensibilisierung der Nutzer. Sie informiert(e) die Mieter seit der letzten Heizperiode wie folgt:
• Januar 2022: Die Mieter wurden darüber informiert, dass jeder Mieter die Möglichkeit hat, per Mieterportal/App oder auch postalisch monatliche Verbräuche zu erkennen. Die individuelle Nutzung kann so bewertet und ggfs. angepasst werden.
• März 2022: Den Mietern wurde ein zweistufiges Anpassungsverfahren der Heizkosten (freiwillig mit der Option des Widerspruchs) vorgeschlagen. 20 % Erhöhung ab April 2022 und eine weitere 20 %ige Anpassung im Rahmen der Heizkostenabrechnung. Begründung – steigende Energiekosten.
• Mai 2022 Alle Heizanlagen der Stadtbau wurden nochmals auf Ihre Einstellung hin (mit der Wartungsfirma und dem Heizungsfachmann der Stadtbau) überprüft und falls notwendig optimiert eingestellt. Komfortveränderungen wurden nicht vorgenommen. Die Komforteinstellungen sind gesetzlich definiert. Die Einstellungen entsprechen weiterhin den gesetzlichen Bestimmungen.
• Juni 2022 Die Schaukästen im Hausflur wurden mit einem Infoflyer „Energie sparen - Was können private Haushalte tun?“ der Bundesregierung ausgestattet.
• Juli 2022 Info „Energie sparen, Klima schützen…“ via Mieterapp und Mieterportal.
• August 2022 Die Mieter erhalten im Rahmen ihrer Jahresabrechnung (für das Jahr 2021) einen Infoflyer „Richtig Heizen und Lüften“.
Die vorstehenden Informationen werden zu Beginn der Heizperiode erneut ausgegeben.
c) Die Stadtbau geht gegenwärtig nicht davon aus, dass es einen vollständigen Ausfall für private Mieterhaushalte geben wird. Mieterhaushalte werden aktuell noch als prioritär zu versorgend eingestuft. Dennoch prüfen wir derzeit und für den Notfall bspw. den temporären Einsatz von Flüssiggastanks vor allem für große Quartiere.
3.2.2. Hospitalstiftung Aschaffenburg
Der Stiftung gehören derzeit sieben Gebäude mit 217 Wohnungen.
Die Seniorenwohnanlage in der Egerer Straße 11 wird mit Fernwärme beheizt, alle anderen Objekte haben Gas-Zentralheizungen.
Die Gebäude Treibgasse 5, 5a, 5b und Badergasse 3 – 5 sind Gemeinschaftseigentum und werden durch eine Hausverwaltung betreut. Maßnahmen werden hier von der Eigentümergemeinschaft bzw. der jeweiligen Hausverwaltung in die Wege geleitet.
Die Hospital-Stiftung wird zur Vorsorge einer möglichen Energiemangellage folgende Maßnahmen veranlassen:
- Optional Absenkung der Heizkurven für den Tag- und Nachbetrieb. (Wirkung: Kältere Heizmediumtemperatur, dadurch weniger Wärmeabgabe an den Heizkörpern => Raumtemperaturen sinken.)
- Einschränken der Wochenschaltprogramme für den Tagbetrieb. (Wirkung: Die gewünschte Raumtemperatur am Tag wird später erreicht und früher abgesenkt.)
- Die Heizkörperthermostate sollen maximal auf Stufe 3 (ca. 20°C), besser auf Stufe 2,5 (ca. 19°C) gestellt werden. Hierfür ist die Eigenverantwortlichkeit der Nutzer*innen notwendig. Die Nutzer*innen wurden dahingehend informiert.
- Überprüfung der Heizungsanlagen hinsichtlich korrekter Funktion der Regelung.
- Verteilung von Flyern im Zuge der Jahresabrechnung 2021 „Richtig Heizen und Lüften“ und „Energiesparen – was können priv. Haushalte tun?“
- Zum 01.01.2023 ist eine Erhöhung der Vorauszahlungen für Heizkosten um 40 % geplant.
3.3 Handlungsfeld Öffentlichkeitsarbeit
Die Bürgerinnen und Bürger müssen durch eine breite Informationskampagne über die Lage der Energieversorgung informiert werden.
Zusätzlich bietet die AVG ein Paket an Informations- und Beratungs-Möglichkeiten an:
- Kostenfreie persönliche Energiesparberatung
- Online Energiesparrechner
- Online Energiespartipps und FAQ’s zu Fragen der Energiekriese
- Online Förderauskunft zu möglichen Energiesparmaßnahmen an Wohngebäuden
- Verbrauchsorientierter Energieausweis für Wohngebäude
Darüber hinaus ist zurzeit eine WhatsApp-Gruppe in die regelmäßigen Energiespartipps versendet und Fragen beantwortet werden in Arbeit. Weiterhin ist eine App in der Entwicklung mit der jeder Kunde seinen Energieverbrauch monitoren kann, seine Elektrogeräte hinsichtlich des Stromverbrauchs bewerten, News und Facts zu den Energiemärkten nachlesen kann und über eine Challange Anreize zu Energieeinsparung gesetzt bekommt.
3.4 Handlungsfeld kommunales Energiesparen
a) Rechtslage
Der Deutsche Städtetag hatte bereits mit Schreiben vom 29.06.2022 eine Reihe von kommunalen Einsparpotentialen empfohlen. Diese Empfehlungen wurden am 01.09.2022 fortgeschrieben (vgl. Anlage 1). Gleichzeitig stellte der Deutsche Städtetag fest, dass die Städte Gestaltungsfreiheit vor Ort haben, “welche konkreten Maßnahmen klug, effektiv und verantwortbar sind”. Die Stadt Aschaffenburg orientiert sich an diesen Empfehlungen.
Der europäische Gas-Notfallplan zur Vorbereitung auf einen möglichen Stopp russischer Erdgaslieferungen sieht vor, dass alle EU-Länder ihren Gasverbrauch von Anfang August 2022 bis März 2023 auf freiwilliger Basis um 15 Prozent senken, verglichen mit dem Durchschnittsverbrauch der vergangenen fünf Jahre in diesem Zeitraum.
Die Bundesregierung hat es allerdings nicht bei Empfehlungen zum Einsparen von Gas und Strom belassen. Das Bundeskabinett hat auf der Grundlage des Energiesicherungsgesetzes (§ 30 EnSiG) inzwischen zwei Verordnungen zur Energieeinsparung beschlossen:
Die Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung (EnSikuMaV) regelt Maßnahmen zur Einsparung im Gebäudebereich während der Heizperiode im Winter 2022/2023. Sie ist am 01.09.2022 in Kraft getreten und gilt bis zum 28.02.2023. Diese Verordnung enthält Vorgaben für Privathaushalte, öffentliche Gebäude und für Unternehmen, wie z. B.
- Informationspflicht über Preissteigerungen
- Verbot des dauerhaften Offenhaltens von Ladentüren und Eingangssystem in Geschäftsräumen des Einzelhandels
- Verbot des Betriebs beleuchteter oder lichtemittierender Werbeanlagen im Zeitraum von 22:00 Uhr bis 16:00 Uhr.
- Absenkung der Mindesttemperaturen für Arbeitsstätten
- Abschalten von Trinkwassererwärmungsanlagen in öffentlichen Nichtwohngebäuden
- Mieter*innen bekommen mehr Spielraum um Energie zu sparen
usw.
Am 01.10.2022 soll zudem die Mittelfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung (EnSimiMaV) in Kraft treten, die Maßnahmen zur Energieeinsparung im Gebäudebereich für einen Zeitraum von zwei Jahren ab Oktober 2022 regelt. Sie wird Vorgaben zur Energieeffizienz von Heizungsanlagen und zur Umsetzung von Energieeffizenzmaßnahmen enthalten. Diese Verordnung bedarf aber noch der Zustimmung des Bundesrats (Sitzung am 16.09.2022).
b) Kommunale Maßnahmen
Die Verwaltung hat die letzten Wochen genutzt um lokale Energiesparmaßnahmen zu prüfen. Die Prüfungsergebnisse können der beigefügten Anlage 2 entnommen werden. Zudem wurden die Dienststellen angewiesen weitere Energiesparmaßnahmen vorzuschlagen.
HINWEIS: Die Anlage 2 wird ständig fortgeschrieben und kann daher erst am 14.09.2022 nachgereicht werden!
3.5 Handlungsfeld kommunale Energieversorgung
3.5.1 Stadtwerke Aschaffenburg Kommunale Dienstleistungen
Die Stadtwerke Aschaffenburg Kommunale Dienstleistungen führen in ihrem Fortschrittsberichts 2021 / 2022 (vgl. Aschaffenburger Versorgungs-GmbH - Fortschrittsbericht (stwab.de) aus, dass die Versorgung mit Energie aktuell zwar sichergestellt ist, allerdings die stark steigenden Energiepreise unklare Perspektiven aufweisen. Weiter geben die Stadtwerke an, dass sie mehr denn je eine von Drittstatten unabhängige und klimaschonende Energieversorgung anstreben (vgl. Seite 33 ff des o. g. Fortschrittsberichts):
Hierzu verweisen die Stadtwerke Aschaffenburg Kommunale Dienstleistungen auf die effiziente Energieerzeugung der Karft-Wärme-Kopplung in den AVG-Blockheizkraftwerken. Eine Anlage mit Kraft-Wärme-Kopplung hat einen Gesamtnutzungsgrad von 95 %. Dadurch können z. B. das Schwimmbad geheizt und die Liebighöfe im Siemensweg über einen Contracting-Vertrag versorgt werden. Alle AVG-Blockheizkraftwerke erzeugten in 2021 562.000 kWh Strom.
Auch im Bereich der regenerativen Energieerzeugung ist die AVG seit langem tätig:
- Die AVG ist darüber hinaus der größte Betreiber von Photovoltaikanlagen in der Region (31 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 1.456 kWp pro Jahr und 1,1 Mio. kWh Strom pro Jahr).
- Mit dem Bau des Biomasseheizkraftwerks im Leiderer Hafen hat die AVG bereits vor 12 Jahren die entscheidenden Weichen zur Energiewende in Aschaffenburg gestellt. Hier werden Holzhackschnitzel in Strom, Nah-, Fern- und Nutzwärme umgewandelt. Das Biomasseheizkraftwerk bedient heute den Stadtteil Leider, Schulen und Gewerbebetriebe, die Lamprecht- und Wermbachstraße sowie nahezu alle öffentlichen Gebäude in der Aschaffenburger Oberstadt (somit auch das Rathaus) mit regenerativer Heizenergie.
- Beteiligung an mehreren Windparks (dadurch konnten in 2021 7 Mio kWh Strom produziert werden)
Daneben bieten die Stadtwerke Aschaffenburg Kommunale Dienstleistungen kostenlose Energiesparberatung sowie einen Online-Energiesparrechner an, der energetische Sanierungsmaßnahmen simulieren und auch Fördermöglichkeiten aufzeigen kann (vgl. https://www.stwab.de/energiesparen). Die Online-Fördermittel-Datenbank der Stadtwerke runden diesen Service ab.
3.5.2 Sonstige Maßnahmen der Stadt Aschaffenburg im Bereich der Energieversorgung
3.6 Handlungsfeld finanzielle Unterstützung
3 6.1 Sozialleistungen
Die Bundesrepublik Deutschland ist ein Sozialstaat (Art. 20 Abs. 1 GG). Das Sozialstaatsprinzip hat die soziale Gerechtigkeit und soziale Sicherheit seiner Bewohner zum Ziel. Dieses Ziel soll durch gesetzgeberischen Maßnahmen sowie durch materielle Unterstützungsleistungen verwirklicht werden.
Die einschlägigen Sozialgesetze (SGB II –Arbeitslosengeld II- und SGB XII –Sozialhilfe-) sorgen dafür, dass die Bedarfe für die Unterkunft und Heizung der hilfsbedürftigen Personen sichergestellt werden. Dies ist Aufgabe der Kommunen. Teilweise werden diese Kosten den Kommunen vom Bund erstattet. Zwar ist bei einem Anstieg der Heizkosten mit Mehrausgaben und einem Anstieg der Fallzahlen der Hilfebedürftigen zu rechnen, dennoch werden die Heizkostensteigerungen der Hilfebedürftigen nach SGB II oder SGB XII grundsätzlich kompensiert.
Die Stromkosten, die dagegen kein Heizstrom sind, sind in den sog. „Regelsätzen“ der Sozialleistungen enthalten. Erhöhte Stromrechnungen können (aktuell) nach derzeitigem Rechtsstand nur als Darlehen übernommen werden. Ein enormer Anstieg der Stromkosten wird daher auch hier zu Mehrausgaben im Sozialbereich der Stadt Aschaffenburg führen, auch wenn die Darlehen grundsätzlich zu einem späteren Zeitpunkt zurückzuzahlen sind.
Neben den vorgenannten Grundsicherungsleistungen (Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II) gibt es noch das Wohngeld, das vorrangig in Anspruch genommen werden kann. Zweck des Wohngelds ist die wirtschaftliche Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens (vgl. § 1 Absatz 1 des Wohngeldgesetzes). Wohngeld ist ein Zuschuss zu den Wohnkosten für Haushalte oberhalb des Existenzminiums und soll die Mietzahlungsfähigkeit der wohngeldberechtigten Haushalte gewährleisten. Das Wohngeld ist also als System für Haushalte mit selbst erwirtschaftetem, eigenem Einkommen als Zuschuss zu ihren Wohnkosten konzipiert. Bereits 2021 hatte die Bundesregierung im Zuge des Klimaschutzpaktes 2030 das Wohngeld erhöht, um soziale Härten bei den Heizkosten zu vermeiden. Kann ein(e) Wohngeldbezieher(in) die Heizkostennachzahlung nicht erbringen, so „rutscht“ er/sie in dem Monat der Fälligkeit der Nachzahlung in den Bezug von Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe.
Auch wenn sich die Energiekrise nicht zu einem Energiemangel oder gar eines vollständigen Energieausfalls entwickeln wird, werden die Preissteigerungen für Energie erhebliche finanzielle Mehrbelastungen für die Bürgerinnen und Bürger und für den Haushalt der Stadt Aschaffenburg verursachen. Zudem ist mit einer deutlichen Erhöhung der Fallzahlen im Sozialleistungsbereich zu rechnen.
Die Fallzahlen verteilen sich zum Stand 09.08.2022 wie folgt:
SGB II
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Job-Center Stadt Aschaffenburg
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2.800 Bedarfsgemeinschaften
(wobei ca. 2.000 mit Gas heizen)
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SGB XII
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Stadt AB, Amt für soziale Leistungen
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120 Empfänger*innen von Hilfe zum Lebensunterhalt
( in der Regel Einzelhaushalte)
1.200 Empfänger*innen von Grundsicherung (überwiegend Einzelhaushalte)
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Wohngeld
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Stadt AB, Amt für soziale Leistungen
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550 Empfänger*innen
|
Da die Entwicklung der Energiepreise von vielen Faktoren abhängig ist, können heute noch keine seriösen Prognosen über die Höhe der Mehrbelastungen oder der zu erwartenden Fallzahlen gemacht werden. Zudem ist die Verwaltung bestrebt, die personellen Ressourcen des Amtes für soziale Leistungen zu stabilisieren und hat entsprechende Schritte bereits in die Wege geleitet.
3.6.2 sonstige staatliche Unterstützung
Um die finanziellen Auswirkungen der gestiegenen Energiekosten für die Menschen und die Wirtschaft abzumildern, hat die Bundesregierung mit drei Entlastungspaketen umfangreiche Maßnahmen zur Entlastung und sozialen Unterstützung auf den Weg gebracht.
Details dazu unter:
-> Unterliegt nicht dem Einfluss der Kommunen.
3.6.3 Aufforderung zur Fortführung/Umwidmung der Bayerischen Corona-Härtefallhilfe (gem. Antrag der SPD-Stadtratsfraktion vom 09.08.2022)
Die bayrische Corona-Härtefallhilfe richtete sich ausschließlich an Selbständige und Unternehmer, die aufgrund von speziellen Fallkonstellationen in den bestehenden Hilfsprogrammen von Bund und Ländern nicht berücksichtigt waren und deren wirtschaftliche Not eindeutig durch die Corona Pandemie bedingt wurde. Diese Härtefallhilfe war subsidär zu den bestehenden Hilfsangeboten von Bund, Ländern und Kommunen. Die Antragsfrist für diese Unterstützungsleistungen ist am 15.06.2022 abgelaufen.
Der Verwaltung liegen bisher keine Informationen vor, ob Bund oder Land ähnliche Härtefallhilfe zur Bewältigung der Energiekrise wieder gewähren wird. Mit Zustimmung des Stadtrates kann die Stadt Aschaffenburg einen Appell zur Gewährung von Härtefallhilfen an die Bundes- und Landesregierung richten.
3.7 Handlungsfeld Einrichtung Krisenmanagement
Bei Feststellung eines „Katastrophenfalls“ i. S. d. des Bayerischen Katastrophenschutzgesetzes gehen zahlreiche Verwaltungsbefugnisse kraft gesetzlicher Regelung auf die Katastrophenschutzbehörde über. Die Katastrophenschutzbehörden hat dann die Aufgabe, die Katastrophen abzuwehren und die dafür notwendigen Vorbereitungsmaßnahmen zu treffen. Innerhalb der Katastrophenschutzbehörde werden die Entscheidungen hierzu durch die sog. „Führungsgruppe Katastrophenschutz (FüGK)“ getroffen.
Wie bereits eingangs erwähnt, hat der Oberbürgermeister zur Bewältigung der drohenden Energiekrise unterhalb der Katastrophenschwelle bereits ein Krisenmanagement außerhalb des eigentlichen Geschäftsgangs der Stadtverwaltung eingerichtet. Alle Maßnahmen einer drohenden Energiekrise werden durch dieses Krisenmanagement koordiniert und in die Wege geleitet.
Auch die Stadtwerke Aschaffenburg Kommunale Dienstleistungen haben parallel einen eigenen Krisenstab eingerichtet, der sich u. a. mit der Aufstellung von Notfallplänen auseinandersetzt.
Das städtische Krisenmanagement als auch der Krisenstab der Stadtwerke sind natürlich miteinander vernetzt.
Die Erfahrungen aus den Krisen- und Katastrophenszenarien der letzten Jahre (Flüchtlingskrise und Coronakrise) haben aber auch gezeigt, dass das städtische Krisenmanagement punktuell “ausgebaut” werden muss. Dies ist insbesondere notwendig, um den Anforderungen von lang andauerenden Krisen, effektiv begegnen zu können und um die zusätzlichen
(Verwaltungs-)Aufgaben erledigen zu können.
Exkurs: Kritische Infrastruktur (KRITIS)
Kritische Infrastrukturen (KRITIS) sind Organisationen und Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden. Dazu zählt z. B. das Klinikum Aschaffenburg-Alzenau. Die Aufgaben zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit dieser Organisationen und Einrichtung werden durch das Amt für Brand- und Katastrophenschutz bereits jetzt schon, d. h. in Stufe 1, beplant.
Dies gilt auch für die Notfallpläne der Stadtwerke Aschaffenburg Kommunale Dienstleistungen z. B. zur Sicherstellung der Trinkwasser- und Löschwasserversorgung, Sicherung verbleibender Gasmengen im Netz um Gefahrensituationen zu vermeiden oder der Vorbereitung der Wiederinbetriebnahme der Netze in enger Abstimmung mit den vorgelagerten Netzbetreibern.
Zudem existieren im Amt für Brand- und Katastrophenschutz grundsätzliche Vorplanungen zu Notunterkünften für eine Unterbringung von Personen im Stadtgebiet. Das Amt für Brand- und Katastrophenschutz steht hierzu in enger Abstimmung mit dem Amt für Hochbau und Gebäudewirtschaft. Zum jetzigen Zeitpunkt steht bei der Vorplanung zunächst die kurzfristige Unterbringung von bestimmten Personengruppen im Fokus. Die dauerhafte Unterbringung große Teile der Bevölkerung in “Wärmehallen” wird eine enorme logistische und personelle Herausforderung bedeuten.
4. Stadtrat
Zusätzlich haben sich die Fraktionen und Gruppen des Stadtrates mit der Energieversorgung befasst. Der Stadtverwaltung liegen inzwischen zahlreiche Anträge und Anfragen aus dem Stadtrat vor (vgl. Anlage 3):
Anfrage von Stadtrat Thomas Mütze (GRÜNE) vom 07.07.2022
Antrag der KI vom 25.07.2022
Antrag der SPD-Stadtratsfraktion vom 09.08.2022
Antrag der AfD vom 09.08.2022
gemeinsamer Antrag von ÖDP, KI und UBV vom 30.08.2022
Antrag der AfD vom 01.09.2022
Antrag der FDP vom 02.09.2022
Antrag der KI vom 02.09.2022
Hinweis: Der Antrag der CSU-Stadtratsfraktion vom 08.09.2022 wurde am 13.09.2022 zurückgezogen.