Beschlusslage
In der Sitzung vom 7.12.2022 hat der UVKS dem Vorschlag der Verwaltung zugestimmt, ein Förderprogramm für PV-Anlagen aufzulegen. In den anschließenden Haushaltsberatungen für den Haushalt 2023 wurde durch den Stadtrat ein Förderbetrag von 80.000 € für 2023 bereitgestellt. In den Folgejahren sollten – vorbehaltlich der jeweiligen Haushaltsberatungen – in jedem Haushaltsjahr 100.000 € zur Verfügung gestellt werden.
Dem Förderprogramm lag der Gedanke zugrunde, dass das Ziel der Stadt, Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen, nur möglich ist, wenn der PV-Anteil deutlich ausgebaut wird. Mangels Flächenpotentiale für größere PV-Freianlagen muss im Stadtgebiet der Focus auf Gebäude- und Kleinanlagen liegen.
PV-Strom, welcher auf dem Territorium der Stadt erzeugt und verbraucht wird, schlägt sich direkt entlastend auf die CO2-Bilanz der Stadt nieder. Gerade bei Kleinanlagen ist der Anteil des Eigenverbrauchs sehr hoch.
Durch das Förderprogramm sollte für die Bürger ein Anreiz geschaffen werden, sich beraten zu lassen. Erklärtermaßen war es nicht vorrangiges Ziel des Förderprogrammes, durch einen sehr hohen Förderbetrag die Investition in die PV-Anlage zu beschleunigen, sondern viel mehr durch Beratungen im Zuge einer Kampagne den Prozess zu beschleunigen. Zumindest gilt dies im Hinblick auf die Gebäudeanlagen. Bei den Kleinanlagen sollte dagegen durchaus ein in Relation etwas größerer finanzieller Anreiz für einkommensschwächere Haushalte gesetzt werden.
Bei der Kalkulation des Arbeitsaufwandes und des Förderbetrages ist man davon ausgegangen, dass im ersten Förderjahr ca. 20 Aufdachanlagen und ca. 40 Balkonanlagen zu bearbeiten wären, wobei nicht klar war, wie sich die veränderten Fördermodalitäten auf Bundesebene, die steigenden Energiepreise aufgrund der Energiekrise und die Material- und Handwerkskapazitäten auf das Antragsaufkommen auswirken würden.
- Tatsächliche Entwicklung
- Fallzahlen
Die regelmäßig veröffentlichten Daten der Bundesnetzagentur zeigen, dass der Ausbau der Solarenergie in 2023 massiv zugenommen hat. So ging der Anlagenzubau in diesem Bereich vom Höchststand im September 2022 von 789 MW auf 416 MW im Dezember 2022 zurück um dann im Januar 2023 auf 899 MW anzusteigen. Im März 2023 lag der Zubau bundesweit bei 944 MW. Das gleiche Bild zeigt sich in Bayern. Lag der Zubau im Dezember 2022 noch bei rund 130 MW, wurden von Januar bis April 2023 rund 955 MW zugebaut, also monatlich durchschnittlich 238 MW.
Das gleiche Bild zeigt sich im Stadtgebiet. Laut AVG-Statistik sind die monatlichen Zubau-Raten im AVG-Stadt-Netz beim dreifachen im Vergleich zu den „besten-Solarzeiten“.
Diese sprunghafte Entwicklung spiegelt auch der Anstieg der Förderanträge beim Amt für Umwelt und Verbraucherschutz wieder:
Förderanzahl / Status der Zuwendungsbescheide Mitte Mai 2023:
- 73 Aufdachanlagen mit bislang 570 kWp und rd. 85.000 € Fördersumme
- 116 Mini -„Balkon“-Anlagen mit bislang 62 kWp und rd. 15.000 € Fördersumme
Ursächlich für den Anstieg war zumindest auch, dass es mehr Anbieter gibt und z.T. sehr rasche Umsetzungen in 3 bis 6 Wochen stattfinden:
- es gibt neue regionale „Solarteure“;
- Viele überregionale Betriebe – z.T. Franchiser – die zunehmend und überraschend schnell auch in Aschaffenburg arbeiten;
- Regionale Firmen sind z.T. stark gewachsen – einige davon lehnen inzwischen weitere Anfahrten zur Montage ins Umland ab;
- im Bereich „Balkonanlage“ ist auch auf Seiten der Anbieter geradezu ein „Hype“ ausgebrochen: mehrere neue regionale Anbieter bzw. Solarfirmen, Internet, Baumärkte, Diskounter, ….
Die ursprüngliche Einschätzung im Hinblick auf das „Handwerkerpotential“ war damit überholt. Man nahm an, dass das Handwerk Anlaufzeit zur Installationssteigerung benötigt. Der Nachfrage-Markt galt bereits als überhitzt, die Handwerker „am Kapazitätslimit“. Der Fachkräftemangel gab wenig Hoffnung auf Besserung. Dazu galt der Bauteilemangel als eklatant (insbesondere Wechselrichter, Alu-Profile, Dach-Haken, Sonderziegel). Auch waren aus der Vergangenheit außerdem seitens der Bauherren längere Vorlaufzeiten für Angebots-Einholung – sowie Vergleich und Entscheidung üblich.
- Personalaufwand
Überholt ist damit auch der im SR-Beschluss vom Dez.2022 (Seite-3) zum Förderprogramm prognostizierte Personalaufwand. Der Verwaltungsaufwand ist nun rd. 8-mal höher und passt nicht mehr in den geregelten Ablauf. Der wesentliche Aufwand liegt im Förderprogramm für Aufdachanlagen (Beratung, Antragsfehler). Das Förderverfahren für Balkon-PV ist deutlich weniger personalintensiv (Pauschalbeträge ohne Berechnungsnachweis).
Ohne zusätzliches Personal kann das Programm nicht unverändert fortgeführt werden.
- Kosten
Das Förderbudget von 80.000 € für 2023 ist bereits ausgeschöpft. Bis Mitte Mai wurden insgesamt rund 100.000 € Fördermittel bewilligt. Der Mehrbedarf an Finanzmittel ist zurzeit haushaltstechnisch noch über einen sogenannten Deckungsring abgedeckt. Zu diesem Deckungsring gehören auch die Mittel für das Klimaquartiersmanagement, die in diesem Haushaltsjahr nur in eingeschränktem Umfang benötigt werden. Werden die Fördermittel unverändert weiterbezahlt, wird dieser Deckungsposten nicht ausreichen. Auf das Jahr hochgerechnet käme ohne Anpassung der Förderrichtlinien und bei bleibender Antragsflut eine Fördersumme von rund 240.000 € im Jahr 2023 zusammen.
- Änderung der Fördermodalitäten
- Beibehalten der Förderung für Kleinanlagen
Die Verwaltung schlägt vor, dass das Balkon-PV-Programm unverändert weiterlaufen soll. Aktuell geschätzter Haushaltsbedarf: (50.000 €/a).
Dies würde auch das ökumenische Projekt der Sozialen Energieberatung sehr begrüßen (Diakonie & Caritas). Dieses Beratungsprojekt ist eine Empfehlung des Nachhaltigkeitsbeirates Ag21 vom Juli 2022 und UKVS-Beschluss von 19.04.2023. Von den Projektbetreibern ist gewünscht und geplant in einigen ausgewählten Haushalten auch die Balkonanlagen inkl. Förderprogramm in die Beratung einzubinden. Der Sozial-Bonus konnte bis Mitte Mai 2023 erst einmal abgerufen werden.
- Gebäudeanlagen
Die Verwaltung schlägt vor, dass auch das Förderprogramm für Aufdachanlagen weiterlaufen soll, allerdings mit angepassten Förderregularien. Die Entwicklung zeigt, dass die kommunalen Fördermittel für die Investitionsentscheidung häufig ein wesentlicher „Interessenswecker“ – oft aber auch von untergeordneter Bedeutung sind. Um für Bürger verwirrende Unterbrechungen des Förderprogrammes zu vermeiden und weiterhin auch im Aufdachbereich einen Anreiz zu setzen, sich beraten zu lassen, wird vorgeschlagen das Förderprogramm ohne Unterbrechung weiterlaufen zu lassen.
Zur Finanzierung der weiteren Fördermittel wird eine Erhöhung des Haushaltsansatzes um 100.000 € vorgeschlagen. Eine teilweise Refinanzierung kann über noch nicht benötigte Mittel aus dem Klimaquartiersmanagement erfolgen, weil sich dessen Einführung verzögert. Für die Bereitstellung der zusätzlichen Mittel ist nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 der Haupt- und Finanzsenat zuständig.
Die Verwaltung wird aber dem Stadtrat zum Jahreswechsel einen neuen Zwischenbericht vorlegen auf dessen Grundlage dann entschieden werden kann, ob und ggf. mit welchen Modalitäten das Programm weitergeführt wird.
- Erläuterungen zur Klimarelevanz-Einstufung:
Die Einordnung kommunaler Ratsbeschlüsse in „Klimarelevanz-Kategorien“ gemäß den Empfehlungen von IFEU-Heidelberg / Klima-Bündnis ist nicht anzuwenden für private Investitionen, auch wenn diese kommunal gefördert werden.
Der eigentlichen Ansatz gilt für direkte kommunale Investitionen / Handlungen.
Und trotzdem – hier ein Vergleichsversuch:
Kommunale PV-Anlagen haben dann die höchste Klimarelevanz-Kategorie „sehr klimarelevant“, wenn die Generator-Größe über 340kWp liegt.
Vergleich zum bereits laufenden Förderprogramm: Im Rahmen von drei Monaten Förderungen liegen die geförderten Anlagen in Aschaffenburg schon bei rd. der doppelten Leistung.
Hinweis zu weiteren kommunale PV-Aktivitäten / Beratung / Status Quo:
Gewerbe und Kirchengemeinden:
Die PV-Beratung des Klimaschutzmanagers bei Neubau von Industrie und Gewerbebauten:
sowie Kirchengemeinden wird parallel zur Bürgerberatung fortgesetzt. Die im UKVS-Beschluss vom Dez. 2022 beschriebene Beratungs-Partnerschaft mit der Hochschule Aschaffenburg hat weiter Bestand.
Das Solarkataster – mit zunehmender Beliebtheit www.aschaffenburg.de/solarkataster/
Das zusammen mit den beiden Landkreisen im Bayerischen Untermain eingeführte Solarkataster ist immer ein wichtiger Teil der Solar-Beratungen. In den Anfangsjahren lagen die online-Klickraten klar unter 4.000/a - trotz mehrerer Pressemeldungen.
Neu: Im Jahr 2022 und in den ersten Monaten 2023 lagen nun die Klickraten bei Faktor-4 höher. Die Rekordmonate sind jeweils der März 2022 & 2023 mit je über 1.400 Klicks/Monat
(hier alle Zahlen für den gesamten Bay. Untermain – Stand 1.4.2023).
Förderprogramm von PV-Anlagen für Kindereinrichtungen in Aschaffenburg:
Kraft Stadtratsbeschluss Zuwendungsbescheide für Anlagen ab am 1.1.2022.
Vorab – schon bei der Veröffentlichung: Beginn intensiver Beratungsgespräche in den Einrichtungen durch den Klimaschutzmanager und einer Studentin.
März 2022: Erster Förderantrag inkl. Angebot.
Juni 2022: Erste Inbetriebnahme mit komplett laufender Anlage (Obernau).
PV-Einweihungsfeiern bzw. Inbetriebnahme durch die Kindergärten mit Eltern:
- Obernau Peter & Paul: 02. Juli 2022; Größe: (24 kWp)
- Christuskirche – Dinglerstr: 02. Mai 2023 (17 kWp)
- Schwalbennest Schweinheim: 11. Mail 2023 (22 kWp)
- St. Vinzenz Schweinheimer: 30. Juni 2023 (12 kWp)
Die Haushaltsmittel für 2022 und 2023 sind bereits zum großen Teil genutzt.
Für des Jahr 2024 werden gemäß Beschluss weitere 20.000 € im Haushalt angemeldet.