Mit der Eröffnung des Regionalen Omnibusbahnhofes (ROB) im November 2008 konnten die bis dahin über die gesamte Länge der Ludwigstraße verteilten 16 Haltestellen der Stadtwerke, sowie der 21 Regionalbuslinien auf der Fläche des heutigen ROB zusammengefasst werden. Für die rund 1800 An- und Abfahrten mit über 20.000 Fahrtgästen je Wochentag wurde auf der Grundlage des Nahverkehrsplans und unter Beiziehen eines Fachbüros ein Betriebskonzept entwickelt, welches die zur Verfügung stehende Fläche von ca. 10.000 m² optimal nutzt.
Neben den Haltestellen waren auch Abstellflächen für Reservebusse, Busse in Standzeiten sowie Betriebspersonal einzurichten.
Die mit dem ROB entstandene „Mobilitätsdrehscheibe“ hatte folgende Ziele:
- Verbesserung des Umsteigekomforts für die Fahrgäste
- Erhöhung der Verkehrssicherheit für die Fahrzeuge des ÖPNV und die Fahrgäste
- Erhöhung der Aufenthaltsqualität der Fahrgäste
- Beschleunigung der Umsteigevorgänge
- Attraktivitätssteigerung des zentralen Verknüpfungspunktes von Regional- und Stadtverkehr mit
dem Schienenpersonennahverkehr
- Erhöhung der Pünktlichkeit der Buslinien mit Sicherstellung der Anschlussbeziehungen sowie
- Verbesserung der Betriebsabläufe am zentralen Umsteigepunkt
- Trennung des Individualverkehr vom öffentlichen Verkehr, zur Verhinderung von ständigen
Betriebsstörungen
- städtebauliche Aufwertung des ehemaligen Güterbahnhofs
Die Fraktion der Grünen hat am 09.05.12 einen Antrag zur Umstellung des bestehenden Betriebskonzeptes des Linienverkehrs der Aschaffenburger Stadtwerke gestellt. In der Konsequenz ergibt sich daraus zwangsläufig eine Anpassung des Betriebskonzeptes des heutigen ROB. Bei dieser Anpassung soll auch der unter Umständen künftig auftretende „Bedarf“ nach Haltestellen für Fernbuslinien sowie die Öffnung des ROB für Ausflug- / Reisefahrten von Lokalen / Regionalen Busunternehmen mitbedacht werden.
Wie im Werksenat beschlossen kann derzeit eine Öffnung für den Ausflugs- und Reiseverkehr nicht vorgenommen werden, da im ROB keine räumlichen Kapazitäten bestehen und weil mit gravierenden Sicherheitsproblemen für die Fahrgäste zu rechnen ist. Hier sind insbesondere zu nennen:
- die Einfahrt von Hol- und Bringverkehr durch Pkw-Einfahrten in den ROB sowie
- der Aufenthalt von Touristen auf Fahrbahnflächen des ROB.
Über eine Öffnung des ROB für Ausflugs- und Reisefahrten kann daher nur in Verbindung mit einer Änderung des Linienkonzeptes auf Durchmesserlinien nachgedacht werden, weil dieses Linienkonzept möglicherweise zu einem Wegfall von Standflächen für wartende Busse führen könnte.
Die Umstellung des Linienkonzeptes wird zurzeit vom Verkehrsbetrieb nicht befürwortet, weil:
- Durchmesserlinien nur für eine relativ geringe Zahl von Fahrgästen von Vorteil wären und
- Durchmesserlinien nur mit der Einrichtung von „echten“ Endhaltestellen betrieben werden
können.
Gründe für das derzeitige Betriebskonzept
Eine Abkehr vom zentralen Haltepunkt am ROB hin zu Durchmesserlinien hätte nur für die Fahrgäste Vorteile, die direkte Fahrten von der Haltestelle A über den ROB zur Haltestelle B wünschen. Für diese Fahrgäste könnte ein Umsteigen am ROB entfallen und damit deren Reisezeit verkürzen. Der überwiegende Teil der heute beförderten Personen hat aber sein Endziel am ROB und würde damit nicht von einem solchen Betriebskonzept profitieren.
Betrachtet man die Verknüpfung der Stadtbus- mit den Regionalbuslinien und den Schienenverkehr werden weitere Nachteile der Durchmesserlinien erkennbar. Die bei den Durchmesserlinien systembedingte kürzere Übergangszeit am ROB, würden selbst bei minimalen Abweichungen, das heißt Verspätungen im Fahrplan dazu führen, dass die Anschlüsse zum Regionalverkehr und Schienenverkehr nicht mehr gewährleistet werden können. Insbesondere für Fahrgäste mit Gepäck, ältere Menschen und mobilitätseingeschränkte Personen, würde dies aufgrund der geringeren Pufferzeiten von Durchmesserlinien für das Erreichen eines Anschlusses eine zusätzliche Herausforderung bedeuten.
Das jetzige Betriebskonzept kann diese Nachteile fast vollständig ausschließen. Die Umsteigebeziehungen von den Stadt- in die Regionalbusse und dem Schienenverkehr, die Servicequalität der Fahrgastinformationen und des Kundenzentrums führen außerdem zu einer hohen Aufenthaltsqualität.
Das Linienkonzept der Durchmesserlinien erfordert einen einheitlichen Linienweg für die Hin- und Rückfahrt, damit eine „echte“ Endhaltestelle entstehen kann. Die heute vielfach praktizierten Schleifenfahrten lassen sich bei Durchmesserlinien nur bedingt beibehalten. Gerade die Schleifenfahrt ermöglicht jedoch auf die Bedürfnisse der Fahrgäste besonders einzugehen. Oft wurden diese Schleifenfahrten zu Gunsten einer optimierten Erschließung eines Wohn- oder Industriegebietes eingeführt. Außerdem ist auch darauf hinzuweisen, dass die Endhaltestellen so ausgebaut sein müssen, dass dort der Bus seine Pufferzeiten leisten kann und dem Fahrer die Möglichkeit geboten wird, den Bus während der Standzeiten kurz zu verlassen, um z. B. auf die Toilette zu gehen.
Weiteres Vorgehen
Die Ausführungen zeigen, dass die Änderungen des Buslinienkonzeptes nur mit größeren Eingriffen in die Linienwege und das gesamte Betriebskonzept des Busverkehrs in Stadt und Region zu verwirklichen wäre. Es empfiehlt sich daher diese Grundsatzfrage im Rahmen der Nahverkehrsplanung für den gesamten Nahverkehrsraum (Landkreise Aschaffenburg und Miltenberg sowie Stadt Aschaffenburg) zu untersuchen.
Die Nahverkehrsplanung, die von den Aufgabenträgern, das heißt den Landkreisen und der Stadt gemeinsam erfolgen muss, steht in fünfjährigem Turnus, nächstmals 2013 an. Sie wird im Rahmen der „ARGE ÖPNV“ seit Jahren erarbeitet und muss die Verkehrsunternehmen des Nahverkehrsraums, das heißt die Verkehrsgesellschaft Untermain, die Stadtwerke Aschaffenburg, die Kahlgrundverkehrsgesellschaft, die DB Regio AG sowie die Westfrankenbahn am Planungsprozess beteiligen. Die Nahverkehrsplanung ist daher das geeignete und sinnvolle Instrument, um eine vergleichende Betrachtung der Vor- und Nachteile der Liniennetzkonfiguration im Nahverkehrsraum zu untersuchen, zu bewerten und eine allen Interessen gerecht werdende Lösung zu finden.