Vorbemerkung
Der Ministerialrat der Bayerischen Staatsregierung hat am 28. November 2012 den überarbeiteten Entwurf des neuen Landesentwicklungsprogramms Bayern beschlossen.
Zuvor wurde das erste Anhörungsverfahren von Juni bis September 2012 durchgeführt. Im ersten Anhörungsverfahren hat die Stadt Aschaffenburg eine ausführliche Stellungnahme abgegeben (Beschluss des Planungs- und Verkehrssenates am 18.09.2012).
In dieser Stellungnahme wurden insbesondere folgende Sachverhalte behandelt:
1. Im Kapitel 1.4 Europäische Metropolregion wurde gefordert, die Stadt Aschaffenburg und den Verdichtungsraum des Bayerischen Untermains als Teil der Metropolregion Frankfurt Rhein-Main stärker zu würdigen und somit raumordnerisch zu stärken.
2. Zum Komplex Verkehr (Kapitel 4) wurde angeregt, den Themen Luftreinhaltung, Lärm- und Erschütterungsschutz eine höhere Bedeutung beizumessen. Dazu wurde ein separates Unterkapitel vorgeschlagen.
3. Bei der Behandlung des zivilen Luftverkehrs (Kapitel 4.5) wurde gefordert, auch die Auswirkungen des Flughafens Frankfurt Rhein-Main auf Stadt und Region zu würdigen, da der Fluglärm ein zunehmendes Problem auch für die Stadt Aschaffenburg darstellt.
4. Die Grundsätze und Ziele des neuen Landesentwicklungsprogramms zum Einzelhandel (Kapitel 5.2 f.f) wurden wegen ihrer verbesserten Übersichtlichkeit begrüßt. Bemängelt wurde jedoch die vorgeschlagene Abgrenzung der Sortimente, die aus Sicht der Stadt Aschaffenburg Praxisnähe vermissen lässt und für die interkommunale Abstimmung zu unpräzise ist. Kritisiert wurde darüber hinaus, dass die Regelungen des neuen Landesentwicklungsprogramms zu einer Ausweitung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben in Orten niedriger Zentralität führen. Zusätzlich wurde gewünscht, interkommunale Entwicklungskonzepte für den Einzelhandel als Steuerungsinstrument zu fördern.
5. Im Zuge der Energiewende hat sich die Stadt Aschaffenburg dafür stark gemacht, Energieerzeugungsanlagen und Freileitungen weniger stark unter den Vorbehalt des Freiraumschutzes (Kapitel 7) zu stellen.
6. Im Kapitel 8 sollte der Aspekt der interkommunalen Kooperation zur flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung mit Einrichtungen der Daseinsvorsorge stärker zum Ausdruck gebracht werden, um damit den sich abzeichnenden demographischen Wandel aktiv zu gestalten. Darüber hinaus wurde angeregt, die Sing- und Musikschulen als Bildungseinrichtungen im LEP zu verankern und zur Steuerung der landesweiten Museumsentwicklung auch die hierfür bereits bestehenden Lenkungsinstrumente zu benennen.
Das Bayerische Staatsministerium hat die im Anhörungsverfahren vorgebrachten Stellungnahmen der Gebietskörperschaften der Träger öffentlicher Belange und der kommunalen Spitzenverbände im Herbst dieses Jahres ausgewertet und eine Neufassung des Landesentwicklungsprogramms erarbeitet.
Diese Neufassung umfasst Änderungen in folgenden wesentlichen Punkten:
- die Aufstufung von vier Siedlungsschwerpunkten zu Mittelzentren,
- die Zuordnung einzelner Gemeinden zu Gebietskategorien,
- die Abgrenzung des Teilraums mit besonderem Handlungsbedarf,
- die Ausnahmeregelung des Anbindungsziels bei Einzelhandelsansiedlungen,
- die Aufnahme von Festlegungen zur Wirtschaftsstruktur und zum Tourismus sowie
- die Überarbeitung und Ergänzung der Festlegung zur Energieversorgung.
Im Rahmen des erneuten Anhörungsverfahren hat das Bayerische Staatsministerium die Bezirke, Landkreise, kreisfreien Städte sowie kreisangehörigen Städte und Gemeinden um Stellungnahme zum 2. Entwurf (Stand 28.11.2012) gebeten. Als Frist für die Abgabe der Stellungnahme wurde der 14.01.2013 terminiert. Die Unterlagen sind bei der Stadt Aschaffenburg am 06.12.2012 eingegangen. Eine Fristverlängerung wird grundsätzlich nicht gewährt. Diese sehr enge Terminvorgabe führt dazu, dass die Stellungnahme der Stadt Aschaffenburg bereits vorab mit dem Vorbehalt der Zustimmung des Stadtrates an das Ministerium versandt wurde.
Die Aufforderung zur Stellungnahme erhält den ausdrücklichen Hinweis, dass eine erneute Stellungnahme nur zu geänderten Passagen des Entwurfs zum LEP möglich ist. Diese Vorgabe hat die Verwaltung auch in dem folgenden Entwurf einer Stellungnahme der Stadt Aschaffenburg weitestgehend eingehalten.
Stellungnahme der Stadt Aschaffenburg
Die Stadt Aschaffenburg nimmt zu den geänderten Teilen des Landesentwicklungsprogramm Bayern (Stand 28.11.2012) aus ihrer Sicht wie folgt Stellung:
Zum Leitbild - Bayern 2025 Entwicklungschancen nutzen, Werte und Vielfalt bewahren, Lebensqualität sichern
Das Leitbild zum Landesentwicklungsprogramm nannte bisher exemplarisch die Verdichtungsräume München und Nürnberg. Jetzt findet sich eine abschließende Aufzählung von München, Nürnberg und Augsburg. Damit wird der Bayerischer Untermain, der Bestandteil der grenzüberschreitenden Metropolregion Frankfurt – Rhein-Main ist, völlig ignoriert.
Es wird daher vorgeschlagen, den Satz dahingehend zu ändern:
„Nicht nur von den großen Verdichtungsräumen München, Nürnberg, Augsburg und Rhein/Main mit Aschaffenburg gehen vielfältige Entwicklungsimpulse für das ganze Land aus.“
Alternativ
Die Verdichtungsräume müssen entweder wie in der vorherigen Fassung exemplarisch benannt werden oder es müssen alle Verdichtungsräume aus dem LEP benannt werden.
Leitbild Seite 6: Maßvolle Flächeninanspruchnahme
Die Zielformulierung, im Rahmen des Themas Flächeninanspruchnahme auch für künftige Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten, wird begrüßt, da darin zum Ausdruck kommt, dass kompakte flächensparende Siedlungsgebilde einen eigenständigen Wert zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen darstellen.
Kapitel 1 Grundlagen und Herausforderungen der räumlichen Entwicklung und Ordnung Bayerns
Das Bekenntnis zur Erhaltung und zu einem dem Stand der Technik entsprechenden Ausbau der Telekommunikationsdienste als Grundsatz der Landesentwicklung entspricht den Zielen der Stadt Aschaffenburg und wird daher begrüßt.
Kapitel 1.4 Wettbewerbsfähigkeit – Metropolregion
Im 2. Entwurf wird in der Begründung die Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main genannt. Diese Änderung begrüßt die Stadt Aschaffenburg. Allerdings ist diese Ergänzung in der Begründung nicht ausreichend, um die Bedeutung des Bayerischen Untermains als wichtigen Bestandteil der Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main herauszustellen. Die Stadt Aschaffenburg hält daher an ihrer Forderung fest, den Grundsatz 1.4.3 textlich zu verändern, und empfiehlt daher den Formulierungsvorschlag des regionalen Planungsverbandes aufzugreifen und den Grundsatz 1.4.3 wie folgt zu fassen:
Der europäische Metropolregionen München und Nürnberg sowie die grenzüberschreitende Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main sollen in ihrer nationalen und internationalen Bedeutung wirtschaftlich, verkehrlich, wissenschaftlich, kulturell und touristisch weiter entwickelt werden. Positive Impulse, die von diesen Metropolregionen ausgehen, sollen verstärkt auch im ländlichen Raum der Metropolregionen genutzt werden.
Mit dieser Veränderung des zweiten Satzes wäre auch die missverständliche Interpretation, wonach der Raum Aschaffenburg der Gebietskategorie ländlicher Raum zuzuordnen wäre, beseitigt.
Kapitel 3 – Siedlungsstruktur – Vermeidung von Zersiedelung
Die Präzisierung und Erweiterung der Ausnahmetatbestände zur Entwicklung neuer Siedlungsflächen für produzierendes Gewerbe sowie die Möglichkeit, peripher gelegene Konversionsflächen in zivile Nutzungen zur überführen, wird ausdrücklich begrüßt.
Kapitel 4 Verkehr
Die Anregung, die Einzelthemen Luftreinhaltung, Lärm- und Erschütterungsschutz im LEP aufzuführen, wurde nicht aufgegriffen. Im Kapitel Verkehr wurden lediglich im Begründungsteil konkret der Bundesverkehrswegeplan aufgeführt und punktuelle Ergänzungen vorgenommen.
Anregungen
zu den Kapiteln 5: Wirtschaft, 7: Freiraumstruktur, 8: Soziales und kulturelle Infrastruktur
Forderungen zu den Kapiteln 5: Wirtschaft, 7: Freiraumstruktur, 8: Soziales und kulturelle Infrastruktur
Die Anregung der Stadt Aschaffenburg zu diesen Kapiteln wurde teilweise aufgegriffen und in den veränderten Entwurf eingearbeitet. Die Einarbeitung erfolgte nicht immer in der vorgeschlagenen Form und in vollem Umfang. Insofern werden in der Stellungnahme zum veränderten Entwurf des Landesentwicklungsprogramms erneut Positionen der Stadt hierzu vorgetragen.
Kapitel 5 Wirtschaft
Kapitel 5.3 Einzelhandelsgroßprojekte
Das Kapitel 5.3 wurde im neu vorliegenden Entwurf nicht geändert. Insofern sind die Anregungen der Stadt Aschaffenburg auch nicht berücksichtigt worden. Lediglich in der Begründung finden sich Verbesserungen zugunsten der größeren Städte. So wird in der Begründung klargestellt, dass sich „die Raumverträglichkeit eines konkreten Vorhabens insbesondere auch an den Vorgaben zu den zulässigen Verkaufsflächen bemisst. Diese Vorgaben können zur Unzulässigkeit von Einzelhandelsgroßprojekten in zentralen Orten mit kleinen Bezugsräumen führen. Positiv herauszustellen ist weiterhin die präzisierende Überarbeitung der Anlage 2 zum LEP: Einteilung der Sortimente in Bedarfsgruppen. Diese auch von der Stadt gewünschte Veränderung wird die interkommunale Kooperation im Bereich Einzelhandel wesentlich erleichtern und gerechter machen.
Alle übrigen Anregungen der Stadt Aschaffenburg wurden nicht berücksichtigt. Insofern kann sich die Stadt Aschaffenburg nur der Stellungnahme des Bayerischen Städtetags zum Kapitel 5.3: Einzelhandelsgroßprojekte anschließen. „In der Gesamtschau der Änderungen zum Einzelhandelsziel müssen wir unserem großem Missfallen Ausdruck verleihen. Wesentliche Kritikpunkte des Bayerischen Städtetags und der Wirtschaftsverbände wurden keinesfalls aufgegriffen.“ Dies betrifft unter anderem
- die allgemein zu erwartende Zunahme an Verkaufsflächen infolge der rein formellen
Umstrukturierung des zentralen Ortesystems,
- die Widersprüche des neuen Berechnungsmodells für den einzelhandelsspezifischen
Verflechtungsbereich und die fehlende Deckelung dieses Verflechtungsbereichs,
- die Regelungen für Gemeinden in zusammenwachsenden Gebieten, die eine
bayernweite Durchbrechung des zentralen Ortesystems darstellt, sowie
- die Öffnung der städtebaulichen Randlage für den Nahversorgungsbedarf.
Im weiteren Gesetzgebungsverfahren sollten daher die bisher vorgebrachten Anregungen der Städte noch ein weitaus größeres Gewicht finden.
Kapitel 6 Energieversorgung – Um- und Ausbau der Energieinfrastruktur
Die Einfügung eines weiteren Grundsatzes, wonach „Potentiale der Energieeinsparung und Energieeffizienzsteigerung durch eine integrierte Siedlungs- und Verkehrsplanung genutzt werden sollen“, wird ausdrücklich begrüßt. Ebenso die zusätzlichen Grundsätze zur Nutzung von Wasserkraft, Bioenergie und Tiefengeothermie.
Kapitel 7 Freiraumstruktur - Erhalt freier Landschaftsbereiche
Die Anregungen der Stadt Aschaffenburg zur Öffnung von empfindlichen Landschaftsbereichen für Energieerzeugungsanlagen und Freileitungen wurden nicht aufgegriffen. Dies ist für die Stadt Aschaffenburg nicht hinnehmbar. Es wird daher auch weiterhin die Veränderung des Grundsatzes 2 im Kapitel 7.1.3 gefordert, denn die Energiewende verlangt, auch in den Hochlagen des Spessarts unter bestimmten Voraussetzungen Energieerzeugungsanlagen errichten zu können.
Die Stadt Aschaffenburg regt daher an, den Grundsatz 7.1.3 wie folgt neu zu fassen: Freileitungen, Windkraftanlagen und andere weithin sichtbare Bauwerke sollen in schutzwürdigen Tälern und auf landschaftsprägenden Geländerücken nur errichtet werden, wenn sie die ökologischen und ästhetischen Qualitäten der Landschaft nicht negativ und dauerhaft beeinträchtigen.
Mit einer solchen Formulierung würde auch die Möglichkeit eröffnet, dass technische Bauwerke gerade im Landschaftsbild nicht nur als Belastung, sondern auch als „Wertsteigerung“ begriffen werden können.
Kapitel 8 Soziale Infrastruktur
Die Anregung der Stadt Aschaffenburg im Bereich „Soziales“ (8.1) und Bildung (8.3), die interkommunale Kooperation deutlich herauszustellen, wurde berücksichtigt. Ebenso wurde das Ziel, die Sing- und Musikschule als landesplanerisches Ziel zu verankern, berücksichtigt. Diese Veränderungen im Entwurf des LEP sind zu begrüßen.
Der neu eingeführte Grundsatz unter 8.4.1, der die Wahrung der denkmalwürdigen oder ortsbildprägenden Baukultur der historischen Innenstädte und Ortskerne verlangt, berücksichtigt nicht, dass auch bedeutende Einzeldenkmale oder Kunstwerke außerhalb der Zentren prägende Elemente der örtlichen und regionalen Kultur sein können. Die Stadt Aschaffenburg regt daher an, diesen Aspekt noch in den Grundsatz zu integrieren. In der Begründung sollte zusätzlich zum Ausdruck kommen, dass der historische Kontext der Kulturgüter dauerhaft ablesbar bleiben muss.
Die Begründung zu 8.4.2 sollte außerdem zum Ausdruck bringen, dass die Kooperation von öffentlichen und privaten Trägern der Kultureinrichtungen zunehmend wichtiger und zur Daseinsvorsorge von Bedeutung ist. Außerdem gilt, wie zum ersten Entwurf bereits angemerkt: Um das in Bayern sehr hohe Niveau im Museumsbereich künftig halten zu können, sind angesichts der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gesamtentwicklung konsequente und vor allem regional bzw. überregional abgestimmte Maßnahmen erforderlich. Insbesondere im Bereich Kunst und Kultur sollten Handlungsoptionen und Konsequenzen für die Museumsentwicklung abgeleitet werden können. Die staatlichen Lenkungsinstrumente wie Kulturfonds Bayern, Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen u. ä. sollten entsprechend aufgeführt werden.
Diese Anregung wurde nicht in den 2. Entwurf aufgenommen.
Die Stadt Aschaffenburg bittet erneut um Berücksichtigung der aufgeführten Punkte.