Der überwiegende Teil der Innenstadt, begrenzt durch Weißenburger Straße, Schöntal, Betgasse, Am Heißen Stein, Löherstraße, Mainufer, Schloßplatz, Luitpoldstraße, Treibgasse, Erthalstraße und Friedrichstraße, ist in das Städtebauförderungsprogramm „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ aufgenommen. Nördlich hieran grenzt das Sanierungsgebiet „Nördliche Innenstadt / Bahnhofsquartier“ im Städtebauförderungsprogramm „Soziale Stadt“ an. Im Rahmen dieser Programme ist u. a. die Neugestaltung öffentlicher Flächen förderfähig, sofern damit eine Verbesserung der Aufenthaltsqualität verbunden ist.
In den letzten Jahren wurden u. a. folgenden Straßen, Wege und Plätze mit Unterstützung aus Sanierungsmitteln neu ausgebaut:
- Bahnhofsumfeld / Ludwigstraße
- Frohsinnstraße
- Herstallstraße
- Roßmarkt zwischen Herstallstraße und Badergasse
- Riesengasse
- Theaterplatz
Jede dieser Straßen weist eine andere Gestaltung auf. So finden sich Flächen aus Naturstein (Granit) in Kleinformaten (Herstallstraße) und größeren Platten (Theaterplatz), großflächige Kunststeinplatten (Roßmarkt), teilweise kombiniert mit Kunststeinpflaster (Frohsinnstraße) oder Asphaltflächen (Umfeld Hauptbahnhof) und auch kleinteiliges Kunststeinpflaster (Riesengasse).
Dieser Materialmix wurde von der Regierung von Unterfranken zwar im Rahmen der Bearbeitung der Förderanträge bewilligt, aber wiederholt kritisiert. Dieser Kritik hat sich auch die Oberste Baubehörde angeschlossen. Im letzten Jahr hat die Regierung von Unterfranken unmissverständlich deutlich gemacht, dass eine Förderung von Straßenbaumaßnahmen nur noch dann in Frage kommt, wenn ein einheitliches Konzept für den Innenstadtbereich vorgelegt wird, welches als Maßstab für künftige Förderanträge dient.
Gemäß der vom Stadtrat in der Sitzung am 22.10.2012 beschlossenen Bedarfsmitteilung für die Jahre 2013 bis 2016 sind im Programmgebiet „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ folgende Straßenumgestaltungen vorgesehen:
- Ausbau der Dalbergstraße zwischen Landingstraße und Stiftsplatz
- Neugestaltung des Schloßplatzes
- Neugestaltung des Platzes vor dem Marstall
- Ausbau der Badergasse zwischen Roßmarkt und Feuergäßchen / Riesengasse
- Sanierung von Straßen und Wegen (Badergasse zwischen Riesengasse und Herstallstraße, Steingasse, Nebensteingasse, Roßmarkt, Sandgasse, Treibgasse zwischen Luitpoldstraße und Wolfsthalplatz)
Die Stadt hat die Mitteilung der Regierung, Straßenumbauten ohne Vorliegen eines Konzeptes nicht mehr zu fördern, zum Anlass genommen, das geforderte Konzept in Auftrag zu geben. Ein Verzicht auf Städtebaufördermittel würde sich massiv finanziell auswirken, beträgt doch der Fördersatz 60 % der förderfähigen Kosten. In Sanierungsgebieten im umfassenden Verfahren werden (im Gegensatz zu Bereichen im vereinfachten Sanierungsverfahren wie z. B. dem Bahnhofsquartier) zudem bei der Berechnung des Zuschusses keine fiktiven KAG-Beiträge in Abzug gebracht.
Es wurden Angebote von drei geeigneten, mit der Materie vertrauten Planungsbüros eingeholt. Das günstigste Angebot gab Herr Harald Neu Architekt + Städtebauarchitekt BDA, Darmstadt, ab. Die Kosten des Gutachtens werden von der Regierung mit Städtebaufördermitteln bezuschusst. Der Fördersatz beträgt 60 %.
Der zu bearbeitende Bereich wurde auf das Programmgebiet „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ beschränkt, da nur hier in den nächsten Jahren massive Straßenumbauten in Fußgängerzonen und verkehrsberuhigten Bereichen anstehen. Dieses wiederum wurde in zwei Arbeitsbereiche gegliedert (getrennt durch die Landingstraße), um den unterschiedlichen gestalterischen Ansprüchen in der historischen Oberstadt und der mittelalterlichen Stadterweiterung beiderseits der Herstallstraße Rechnung tragen zu können. Bestandteil des Auftrages war nicht die komplette Bearbeitung ganzer Straßenzüge, sondern die exemplarische Ausarbeitung von jeweils 3 Straßenabschnitten in den beiden Bearbeitungsgebieten. Insgesamt wurden somit 6 verschiedene Abschnitte geplant, die als Grundlage für die künftige Planung dienen können. Es handelt sich hierbei um:
1. Historische Oberstadt:
1.1 Kreuzungsbereich Pfaffengasse / Dalbergstraße / Stiftsplatz
1.2 Kreuzungsbereich Pfaffengasse / Fürstengasse / Schloßplatz
1.3 Einmündungsbereich Webergasse / Pfarrgasse
2. Mittelalterliche Stadterweiterung beiderseits der Herstallstraße:
2.1 Kreuzungsbereich Badergasse / Riesengasse / Feuergäßchen
2.2 Sandgasse im Abschnitt zwischen Ohmbachsgasse und Roßmarkt
2.3 Treibgasse / Anbindung Wolfsthalplatz
2.4 Verbindung der Badergasse zur Sandkirche
Auf eine Bearbeitung der Platzflächen vor dem Schloss und dem Marstall wurde verzichtet, da diese ganz spezielle Anforderungen an die Planung hinsichtlich der Berücksichtigung des Baubestands stellen, und eine umfassende Abstimmung mit den angrenzenden Grundstückseigentümern, insbesondere der Bayerischen Schlösser- und Seenverwaltung, erforderlich ist.
Im Rahmen der Planung sollten neben der Gestaltung der Straßenräume auch Aspekte der Barrierefreiheit berücksichtigt werden. Aus diesem Grund wurden auch die Behindertenbeauftragte der Stadt Aschaffenburg sowie der Bayerische Blinden- und Sehbehindertenbund (BBSB) an der Planung beteiligt.
Die Ergebnisse des Gutachtens liegen vor, und werden vom Planungsbüro Neu in der Sitzung des Planungs- und Verkehrssenates vorgestellt. Im Wesentlichen sind folgende Aspekte zu nennen:
Es wird gestalterisch zwischen den mittleren Bereichen der Straße und den Randbereichen unterschieden. Im mittleren Bereich („Bewegungsfläche“) soll absolut ebenes Material (wie z. B. in der Herstallstraße) Verwendung finden, in den Randbereichen eine rauere Oberfläche (ebenso vergleichbar der Herstallstraße) eingebaut werden. Das ebene Material kommt den Belangen von gehbehinderten Personen, Rollstuhlfahrern und Nutzern von Rollatoren entgegen.
Die Materialien unterscheiden sich durch unterschiedliche Helligkeitswerte. Die Trennung erfolgt durch (in der Regel beidseitig eingebaute) Entwässerungsrinnen sowie Leistensteine. Lediglich in schmaleren Gassen - wie z. B. der Webergasse - wird nur eine Entwässerungsrinne vorgesehen. Eine Vorgabe zur Verwendung von Natur- oder Kunststein oder auch Farbasphalt enthält das Konzept nicht. Die Festlegung soll jeweils im Rahmen der Ausbauplanung erfolgen.
Durch diese Form der Gestaltung ist es möglich, genau zu definieren, wo sich Fußgänger ungestört bewegen dürfen (nämlich auf den mittleren, ebenen Flächen) und wo Sondernutzungen (z. B. Kundenstopper, Verkaufsständer) zulässig sind (auf den optisch abgegrenzten, angerauten Seitenbereichen). Die Ausgestaltung der Entwässerungsrinnen, die gegenüber dem übrigen Belag geringfügig vertieft eingebaut werden, sowie die Leistensteine ermöglichen es Sehbehinderten und Blinden, diese mit dem Langstock zu ertasten, und sich von diesen führen zu lassen. Sehbehinderte können sich zudem an den unterschiedlichen Helligkeitswerten der Beläge der Bewegungsfläche und der Seitenbereiche orientieren. Eine weitere, ertastbare Orientierungshilfe bietet auch die unterschiedliche Struktur der Oberflächen (sehr eben in der Mitte und etwas rauer am Rand). In Zugangsbereichen zu öffentlichen Gebäuden werden entsprechend DIN 32984 eigene Markierungen vorgesehen, die Sehbehinderten und Blinden als zusätzliche Orientierung dienen.
Der Bayerische Blinden- und Sehbehindertenbund (BBSB) hatte im Rahmen seiner Stellungnahme angeregt, in allen Straßen und Wegen taktile Streifen vorzusehen. Die Entwässerungsrinnen und unterschiedlichen Materialien in der Mitte und an den Rändern der Straße seien hilfreich. Bodenindikatoren seien aber dort notwendig, wo keine andere Markierung von Gehbahnen und Gehflächen durch sonstige taktil und visuell klar erkennbare Leitelemente oder Leitlinien gegeben sei. Auch wenn ein taktiler Kontrast zwischen dem kleinteiligen Pflaster des Seitenbereichs mit der der Entwässerung geschuldeten Kante und dem Pflaster der Gehzone ausreichen würde, gebe der BBSB zu bedenken, ob nicht in der Zuweisung der Rinne als Gehbahn für blinde Menschen eine Diskriminierung gesehen werden könnte. Schwerwiegender sei die Befürchtung, dass die Sondernutzungen des Seitenbereichs bis an die Rinne heranreichen würden und so eine hindernisfreie Fortbewegung dort nicht garantiert sei.
Nach Auffassung der Verwaltung wird den Interessen Sehbehinderter und Blinder durch die Ausgestaltung der Oberflächen und Entwässerungsrinnen umfassend Rechnung getragen und die Vorschriften der DIN werden erfüllt. Die vorgeschlagene Gestaltung ermöglicht es, auf taktile Streifen, die für Gehbehinderte, Rollstuhlfahrer und Nutzer von Rollatoren oft Hindernisse darstellen, und zudem im Winter kaum von Eis und Schnee sauber zu halten sind, in den Fußgängerzonen und verkehrsberuhigten Bereichen zu verzichten. Diese werden aber in Übergangsbereichen zu normalen Straßen, an Zugangsbereichen sowie an Bushaltestellen eingebaut werden.
Der Entwurf des Konzeptes wurde der Regierung von Unterfranken bereits vorgelegt. Nach Zustimmung durch den Stadtrat werden sich alle künftigen Straßenbaumaßnahmen in den Fußgängerzonen und verkehrsberuhigten Bereichen der Innenstadt an den Vorgaben dieses Konzepts orientieren.