Das Gebiet auf der „Schweinheimer Höhe“ ist praktisch durchgängig wohnbaulich genutzt und mit Ein-, Zwei- und Mehrfamilienhäusern überwiegend aus der Epoche ab den 1950er Jahren bebaut. Die Wohnhäuser sind in offener Bauweise straßenbegleitend aufgereiht, in der Regel weisen sie einen Abstand zur Straße auf. Im Abschnitt beidseits der Schweinheimer Straße sowie in der Berg- und der Schneebergstraße stehen einige Häuser auch unmittelbar an der Straßenbegrenzungslinie.
Die teils villenartig anmutende Bebauung mit Häusern von der Gründer- bis zur Neuzeit im Gebietsabschnitt zwischen dem Kreisel Rhönstraße / Schweinheimer Straße und der Bergstraße / Schneebergstraße bildet den nördlichen Beginn der Ortslage von Schweinheim.
Für das Gebiet existiert kein Bebauungsplan, planungsrechtlich zählt es zu einem „im Zusammenhang bebauten Ortsteil“ im Sinne des § 34 Baugesetzbuch.
Bauvorhaben im Plangebiet unterliegen gemäß § 34 BauGB dem sogenannten „Einfügungsgebot“ – sie müssen sich also „nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die „Eigenart der näheren Umgebung“ einfügen. Insgesamt ist die Situation auch als stabil einzuschätzen und planungsrechtlich über die Beurteilungskriterien des § 34 BauGB beherrschbar, allerdings hat ein kürzlich beantragtes Bauvorhaben auf einem Grundstück an der Schweinheimer Straße nachbarliche und bodenrechtliche Spannungen verursacht, weil es sich in der ursprünglichen Planung nicht in die nähere Umgebung einfügte. Das Bauvorhaben wurde in seiner bisher vorliegenden Form folglich im Sinne des § 34 BauGB als nicht genehmigungsfähig beurteilt.
Dieser Fall zeigt, dass die interpretations- und auslegungsbedürftigen Beurteilungsmaßstäbe des § 34 BauGB rechtliche Unsicherheiten auf Seiten des Bauwerbers und der Nachbarschaft nicht vollständig ausräumen können und somit Interessenskonflikte zwischen allen Beteiligten (Bauherr / Nachbar / Genehmigungsbehörde) verbleiben.
Durch Aufstellung eines Bebauungsplans können die zukünftigen Möglichkeiten zur baulichen Ausnutzung der Grundstücke abschließend geregelt werden, allerdings erlauben die abstrakten Festsetzungen eines Bebauungsplans nicht die Konservierung des Gebäudebestands.
Auf Wunsch des Stadtrates erfolgte am 21.03.2013 in der Turnhalle der Pestalozzi-Grundschule in Schweinheim ein Bürgergespräch (Niederschrift zum Bürgergespräch siehe Anlage), die neben der Information der Bürgerinnen und Bürger über Verfahren, Inhalte und Konsequenzen einer Bebauungsplanung für die „Schweinheimer Höhe“ Aufschluss darüber bringen sollte, ob die Aufstellung eines Bebauungsplans der Interessenslage der betroffenen Bürgerinnen und Bürger entspricht, und welche Gebietsabschnitte sinnvollerweise zum Geltungsbereich eines Bebauungsplans gehören sollen.
Im Ergebnis des von ca. 150 Personen besuchten Bürgergesprächs stellte sich anhand der Ermittlung von „Meinungsbildern“ aus dem Kreis der jeweils betroffenen und anwesenden Grundstückseigentümer Folgendes heraus:
- Für das Gebiet zwischen Heim-, Blüten- und Bergstraße wird kein Bebauungsplan gewünscht bzw. für erforderlich gehalten. (große Mehrheit)
- Für das Gebiet zwischen Heim-, Bergstraße und Schweinheimer Straße wird die Aufstellung eines Bebauungsplans gewünscht. (große Merheit)
- Für das Gebiet zwischen Schweinheimer Straße, Odenwald-, Böhmerwald- und Schneebergstraße konnte kein eindeutiges Meinungsbild ermittelt werden, eine knappe Mehrheit der betroffenen und anwesenden Grundstückseigentümer votierte hier gegen die Aufstellung eines Bebauungsplans.
- Allerdings fand die Forderung aus den Reihen der Bürgerinnen und Bürger zur Überplanung des Gebietes beidseits der Schweinheimer Straße, also zwischen Heim-, Odenwald-, Böhmerwald-, Schneeberg- und Bergstraße wiederum eine knappe Mehrheit.
Von einzelnen Bürgerinnen und Bürgern wurde vorgeschlagen den Geltungsbereich eines Bebauungsplans auf der Ostseite der Schweinheimer Straße bis zur Hildenbrandstraße auszudehnen. Dieser Vorschlag wurde jedoch nur kurz erörtert ohne Meinungsbild.
Den Anträgen von Stadtrat Johannes Büttner vom 21.01.2013 sowie vom 20.03.2013 und der SPD-Fraktion vom 25.01.2013 zur Aufstellung eines Bebauungsplans kann im Grundsatz gefolgt werden, wobei die Stadtverwaltung resultierend aus den Erkenntnissen des Bürgergesprächs zwei denkbare Geltungsbereiche vorschlägt:
- Variante 1: Bebauungsplan-Geltungsbereich für das Gebiet zwischen Frühlingstraße, Heimstraße, Fußweg, Odenwaldstraße, Böhmerwaldstraße und Bergstraße
- Variante 2: Bebauungsplan-Geltungsbereich für das Gebiet zwischen Heimstraße, Taunusstraße, Odenwaldstraße, Böhmerwaldstraße, Gutwerkstraße, Hildenbrandstraße, Schweinheimer Straße und Bergstraße
Da Variante 2 des Geltungsbereichs erst im Laufe des Bürgergesprächs und somit ohne die betroffenen Grundstückseigentümer aus dem Teilgebiet zwischen Schneeberg- und Hildenbrandstraße diskutiert wurde, ist Variante 1 die Vorzugsvariante der Stadtverwaltung.
Folgende wesentliche Planungsziele soll der Bebauungsplan mit seinen künftigen Festsetzungen verfolgen:
- Erhalt der Grundstruktur des vorhandenen Gebietes mit seiner offenen Bauweise und den dem Bestand entsprechenden Gebäudebreiten, Bautiefen und Grundstücksausnutzungen.
- Erhalt des Charakters eines Allgemeinen Wohngebietes mit aufgelockerter Bebauung
- Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung (GRZ, GFZ, Geschosszahl) in Orientierung am Bestand, Zulässigkeit von maximal 3 Vollgeschossen, ggf. Beschränkung der Wohnungsanzahl in Relation zur Baugrundstücksgröße
- Gestalterische Einpassung von Neubauvorhaben durch Wahrung der vorherrschenden Dachlandschaft
Da sich der Bebauungsplan eng an der baulichen Ausprägung und Typik des Gebiets orientieren und der sich aktuell aus der vorhandenen Eigenart der näheren Umgebung ergebende Zulässigkeitsmaßstab nicht wesentlich verändert werden soll, kann für die Aufstellung des Bebauungsplanes das vereinfachte Verfahren gemäß § 13 BauGB angewendet werden.
Auf die Erstellung des für Bebauungspläne im vereinfachten Verfahren nicht notwendigen „Umweltberichtes“ nach § 2a Nr.2 BauGB kann verzichtet werden; gleichwohl sind Belange von Natur und Landschaft in der planerischen Abwägung entsprechend zu würdigen.
Eine Veränderungssperre ist aus stadtplanerischer Sicht zur Sicherung der Bauleitplanung aktuell nicht geboten, sie würde vielmehr für eine unnötige Behinderung kleinerer baulicher Maßnahmen im Plangebiet zur Anpassung des Baubestandes an die heutigen Wohnbedürfnisse sorgen. Bauvorhaben, die den Planungszielen widersprechen, können auf Basis des § 15 BauNVO für den Zeitraum eines Jahres zurück gestellt werden. Sollte sich im Verlauf des Bebauungsplanverfahrens zeigen, dass im Gebiet verstärkt eine unverträgliche und den Planungszielen widersprechende Neubautätigkeit einsetzt, kann das Instrument der Veränderungssperre zu einem späteren Zeitpunkt immer noch beschlossen werden.