Prüfungsbericht zur Einführung einer Bildungskarte; - Antrag der SPD-Stadtratsfraktion vom 30.05.2012


Daten angezeigt aus Sitzung:  11. Sitzung des Stadtrates (Plenum), 15.07.2013

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Stadtrat (Plenum) 11. Sitzung des Stadtrates (Plenum) 15.07.2013 ö Beschließend 4pl/11/4/13

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaketes

Das Bildungs- und Teilhabepaket betrifft sowohl Bezieher von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) und der Sozialhilfe (SGB XII), Bezieher von Kinderzuschlag (BKGG) und Wohngeld (WoGG) sowie von Asylbewerberleistungen (AsylblG). Die Leistungen werden im Jobcenter und im Amt für soziale Leistungen gewährt. Eingesetzt werden für die Bewilligung und Zahlbarmachung zwei unterschiedliche EDV-Verfahren, im Jobcenter das Verfahren A2LL der Bundesagentur für Arbeit und in der Stadtverwaltung OK.Sozius der AKDB (für SGB XII und BKGG).

Das Bildungs- und Teilhabepaket umfasst Bedarfe für Tagesausflüge und mehrtägige Klassenfahrten, persönlichen Schulbedarf, Bedarfe für Schülerbeförderung, Lernförderung, Teilnahme an einer gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung sowie Bedarfe zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft.

Die meisten Leistungen eines Jobcenters oder einer Kommune werden in bilateralen Strukturen erbracht. Bei der Umsetzung des Bildungspaketes gelten jedoch trilaterale Strukturen: Jobcenter/Rathaus bewilligen die Leistungen und händigen dem Leistungsempfänger ein Dokument aus, welches seinen Leistungsanspruch bestätigt. Damit nimmt der Leistungsempfänger beim Leistungserbringer (z. B. Anbieter von Mittagessen oder Lernförderung, Sportvereine, Musiklehrer) eine Leistung in Anspruch. Der Leistungserbringer wiederum rechnet schriftlich mit dem Jobcenter/Rathaus ab. Der organisatorische Aufwand ist bei einer solchen Dreiecksstruktur deutlich komplexer als bei den üblichen bilateralen Prozessen und erfordert auch beim Leistungserbringer einen hohen Abrechnungsaufwand.

Bei der Umsetzung des Bildungspaketes sind neben dem Einsatz der digitalen EDV analoge und elektronische Abrechnungsverfahren möglich. Die analogen Verfahren bestehen zum einen aus Bewilligungsbescheid und Abrechnungslisten oder aus Bewilligungsbescheid und Gutschein.
Im Jobcenter und im Rathaus werden die Leistungen im analogen Verfahren mit Bewilligungsbescheiden und Abrechnungslisten erbracht. Der Leistungserbringer rechnet möglichst monatlich seine Kosten mit dem Jobcenter/Rathaus ab. Für die Mittagessenanbieter steht ein einheitliches Abrechnungsformular zur Verfügung.

Alternative zur analogen Abrechnung

Als Alternative ist ein elektronisches Abrechnungsverfahren denkbar. Dies setzt jedoch Schnittstellen und Anbindungsmöglichkeiten an die eingesetzten EDV-Verfahren voraus. Eine Schnittstelle zum Verfahren der Bundesagentur für Arbeit existiert nicht. Es ist auch zukünftig nicht mit der Einrichtung einer Schnittstelle zu rechnen.

Im Wesentlichen gibt es 3 elektronische Verfahren:


Gutschein mit elektronisch lesbarem Code: Der Leistungsempfänger erhält wie im analogen Verfahren einen Papiergutschein, den er beim Leistungserbringer einlösen kann. Bei der Abrechnung mit dem Jobcenter/Rathaus werden die Gutscheine nicht manuell in das Abrechnungssystem eingegeben, sondern nur der Code wird eingescannt. Vorteil bei einer Umstellung vom analogen Gutscheinverfahren zum elektronischen Gutscheinverfahren ist, dass bei Leistungsempfängern und Leistungsanbietern kein Umstellungsaufwand entsteht. Zudem liegen die Daten weiterhin bei Jobcenter/Rathaus und nicht bei Drittanbietern.

Chipkarte mit Terminals: Der Chip auf der Karte kann - wie bei einer Geldkarte – mit Geld an Terminals im Jobcenter/Rathaus aufgeladen werden. Hier entsteht ein Verlustrisiko für die Kinder. An den Terminals (Kartenlesegeräten) bei den Leistungserbringern kann Geld überwiesen oder abgebucht werden. Da Chipkarten weit verbreitet sind, ist eine Stigmatisierung der Leistungsempfänger gering. Bei einer Neueinführung dieses Systems entsteht ein zusätzlicher Sachaufwand für die Installation von Terminals bei den Leistungserbringern, der die Akzeptanz erschwert. Die Abrechnung wird auf den Chipkartenanbieter verlagert, damit liegen die zugehörigen Daten in fremden Händen, und es entsteht ein zusätzlicher Kostenaufwand für die Leistungen des Chipkartenanbieters sowie weiterer Personalaufwand für die Betreuung der Terminals.

Online-Anwendung mit Karte: Kern dieses relativ neuen Systems ist eine internetbasierte Anwendung mit Online-Konto und Passwortschutz. Voraussetzung ist immer ein internetfähiger PC. Das Online-Konto wird vom Jobcenter/Rathaus beladen. Leistungsempfänger können ihr Guthaben online einsehen und verwalten. Wie beim Online-Banking besteht die Möglichkeit Guthaben an einen Leistungserbringer virtuell zu überweisen. Das gleiche gilt für Leistungserbringer, die ebenfalls die für sie relevanten Transaktionen einsehen können und Guthaben von Leistungsempfängern abbuchen können. Die Abrechnung zwischen Jobcenter/Rathaus und Leistungserbringer wird vom Abrechnungsanbieter abgewickelt. Die Daten der Leistungsempfänger liegen auch hier in den meisten Fällen beim Abrechnungsanbieter, der den Schutz der Sozialdaten zuverlässig gewährleisten muss. Die Leistungen des Abrechnungsanbieters sind kostenpflichtig, eine evtl. Kosteneinsparung auf Seiten der Verwaltung ist nicht schätzbar. Dem Mehraufwand bei der Einführung einer Online-Anwendung steht eine mögliche Verringerung des Arbeitsaufwandes auf Seiten der Leistungserbringer gegenüber. Für die Leistungsempfänger selbst ist kein zusätzlicher Vorteil erkennbar, da sie wie bisher mit der Abrechnung ihrer in Anspruch genommenen Leistungen nicht in Berührung kommen.

Die Verwaltung hat die in der Anlage beigefügten Informationen zu elektronischen Abrechnungsverfahren zusammengestellt. Es handelt sich hierbei um 3 Kartenlösungen mit Online-Anwendung (Webbasiertes Onlineportal) und eine kartenlose Online-Anwendung. Bei allen Systemen wird aus der bisherigen Dreieckstruktur zwischen Leistungsträger, Leistungsempfänger und Leistungserbringer eine Viereckstruktur, weil der Abrechnungsanbieter dazukommt.

Für das Jobcenter bedeutet die Einführung einer Online-Anwendung einen höheren Verwaltungsaufwand, weil eine Schnittstelle zum System A2LL, dessen Einsatz in gemeinsamen Einrichtungen von der Bundesagentur für Arbeit vorgeschrieben ist, nicht vorhanden ist. Ein elektronischer Datenaustausch entfällt daher, es müssen zusätzliche Arbeitsschritte erfolgen, um die Daten in das System A2LL einzupflegen.
Ein elektronischer Datenaustausch mit der Außenstelle des Amts für soziale Leistungen in der Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber ist nicht möglich, weil die Außenstelle nicht an das im Rathaus eingesetzte System OK.Sozius angeschlossen ist.
Für die Leistungsempfänger bringt ein Wechsel vom Bewilligungsbescheid zur Bildungskarte keine erkennbaren Vorteile.
Für die Leistungserbringer könnten sich Vorteile durch die Auslagerung der Abrechnung ergeben, wenn die entsprechende Hardware auch in kleineren Vereinen oder bei ehrenamtlichen Mitarbeitern zur Verfügung steht und diese bereit sind, sich einzuarbeiten. Diesen Vorteilen stehen die Kosten für die Online-Anwendungen gegenüber:
Zusammenfassung der Kosten:

Leistungen
Anbieter A
Anbieter B
Anbieter E
Anbieter S
Einmalkosten
0,00 EUR
27.500,00 EUR
19.675,00 EUR
8.750,00 EUR
Laufende mtl. Kosten
1.250,00 EUR
Personalkosten der städt. EDV
3.750,00 EUR
1.000,00 EUR
Zusatzkosten
0,00 EUR
2.500,00 EUR
k. A.
k. A.
Voraussichtliche Kosten in den ersten 12 Monaten
(o. MwSt).

15.000,00 EUR

30.000,00 EUR

64.675,00 EUR

20.750,00 EUR



Anzahl der Anträge für das Schuljahr 2012/2013:


Zahl der anspruchsberechtigten Kinder                   Stand:               30.09.2012
Zahl der gestellten Anträge Stand: 30.09.2012
Zahl der gestellten Anträge Stand: 30.11.2012
Zahl der gestellten Anträge Stand: 31.01.2013
Zahl der gestellten Anträge Stand: 30.04.2013

SGB II

1582

839

1007

1238

2067

SGB XII

26

20

24

25

44

Wohngeld

850

339

578

970

1678

KiZ

15

0

8

8

12

AsylbLG

37

47

59

61

90

Insgesamt

2510

1245

1676

2302

3891

bewilligt


1115

1451

1982

3383

abgelehnt


58

89

119

176

in Bearbeitung


72

136

201

332

Anzahl der Bewilligungen für das Schuljahr 2012/2013:


Zeitrahmen
Stand
31. Juli 2012 f. Schuljahr 2011/12

Stand: 30.09.2012

Stand: 30.11.2012

Stand: 31.01.2013

Stand: 30.04.2013
Klassenfahrt


538

24

78

192

314
eintägiger
Klassenausflug

34

0

3

4

6
Schulbedarf


1861

766

841

893

1605
Schülerbe-förderung

12

0

0

2

3
Lernförderung


38

0

0

9

18
Mittagessen


1696

296

468

759

1201
Soziale Teilhabe


529

29

61

123

236
Summe


4708

1115

1451

1982

3383



Die Verwaltung empfiehlt, von der Einführung einer Online-Anwendung für die elektronische Abrechnung der Kosten der in Anspruch genommenen Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket durch die Leistungserbringer beim derzeitigen Erkenntnisstand abzusehen.

.Beschluss:

1. Der Prüfungsbericht wird zur Kenntnis genommen. Von der Einführung einer Online-Anwendung zur elektronischen Abrechnung der Kosten der in Anspruch genommenen Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket wird beim derzeitigen Erkenntnisstand abgesehen.

2. Die Verwaltung wird beauftragt weiterhin zu prüfen und Erfahrungsberichte anderer Kommunen im Stadtrat vorzustellen.

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 38, Dagegen: 0

Datenstand vom 31.03.2015 16:04 Uhr