Änderung des Regionalplans der Region Bayerischer Untermain (1) betreffend das Kapitel B X "Energieversorgung", Abschnitt 3 "Windkraftanlagen" - Stellungnahme der Stadt Aschaffenburg


Daten angezeigt aus Sitzung:  1. Sitzung des Feriensenates, 26.08.2013

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Feriensenat 1. Sitzung des Feriensenates 26.08.2013 ö Beschließend 1fs/1/1/13

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

Anlass
Der Regionale Planungsverband hat der Stadt Aschaffenburg am 28.06.2013 den Entwurf der Teilfortschreibung des Regionalplans für das Kapitel B X Abschnitt 3 „Windkraftanlagen“ (B X 3 Z) übermittelt und bis zum 31.08.2013 um Stellungnahme gebeten. Die Verwaltung hat unter Einschluss der Aschaffenburger Versorgungsgesellschaft die beiliegende Stellungnahme erarbeitet und empfiehlt diese als Einwand in das laufende Teilfortschreibungsverfahren einzubringen.
Als Konsequenz aus der Stellungnahme ergibt sich auch der Vorschlag zur Änderung der Schutzgebietsverordnung für den Naturpark Spessart. Daher enthält der Beschlussvorschlag auch einen Auftrag an die Verwaltung diese Änderungen zu beantragen.


Beschlusslage und Sachstand zu Windkraftanlagen

08.11.2010
Stadtratsplenum:
Bericht der AVG über eine erste Standortuntersuchung im Windkraft-Potentialgebiet Hohe Wart.

02.05.2011
Stadtratsplenum:
Bericht der AVG über das Windkraftpotentialgebiet Hohe Wart. Die AVG wird ermächtigt:

- die Standortuntersuchung Hohe Wart zu konkretisieren und dabei die technische Machbarkeit, die Wirtschaftlichkeit und Genehmigungsfähigkeit von Windkraftanlagen zu untersuchen,

- das Projekt mit den benachbarten Landkreisen und Gemeinden zu erörtern,  um über das weitere Vorgehen größtmögliches Einvernehmen herzustellen,

- die Weiterentwicklung der Windkraftprojekte in der Region mit anderen, auf diesem Gebiet aktiven Gemeinden und Energieversorgern abzustimmen mit dem Ziel, die Genehmigungs-voraussetzungen für projektierte Windkraftanlagen zu erfüllen. Hierzu sollen einheitliche Planungsgrundlagen und Bewertungsmaßstäbe ermittelt werden.

05.03.2012
Stadtratsplenum:
Zustimmung zum Integrierten Energie- und Klimakonzept der Region Bayerischer Untermain vom 29.12.2011. Nach diesem Konzept gibt es in der Region Bayerischer Untermain ein erschließbares Potential für 50 Windkraftanlagen.

30.07.2012
Städtischer Antrag an den  Regionalen Planungsverband:
Bei der Auswahl von Vorrangflächen für Windkraftanlagen soll wie folgt vorgegangen werden:
-        Einbeziehung der gesamten Region Bayerischer Untermain einschließlich ihrer        Landschaftsschutzgebiete in die Standortsuche,
-                Bevorzugung von Potentialflächen, an denen das Landschaftsbild vorbelastet ist,
-        Bevorzugung von Potentialflächen, die für das Aufstellen von mindestens drei        Windkraftanlagen geeignet sind,
-        Bevorzugung von Potentialflächen in verhältnismäßig geringer Entfernung zu günstigen        Einspeisemöglichkeiten,
-                Bevorzugung von Potentialflächen in der Nähe von Stromverbrauchsschwerpunkten.


31.07.2012
Gemeinsame Sitzung der Verbandsversammlung und des regionalen Planungsausschusses des regionalen Planungsverbandes:
Der Antrag der Stadt  vom 30.07.2012 findet keine Mehrheit.

27.09.2012
Energie- und Klimaschutzkommission des Stadtrates:
Empfehlung an den Stadtrat, beim Landkreis Miltenberg die Errichtung einer Windkraftanlage auf der Hohen Wart zu beantragen.

07.02. 2013
Die Landräte der Landkreise Aschaffenburg und Miltenberg sowie der Oberbürgermeister der Stadt Aschaffenburg:
Gemeinsame Erklärung, das Regionale Energie- und Klimakonzept unter breiter Beteiligung der Bevölkerung umzusetzen (Quelle: ZENTEC GmbH).

13.05.2013
Stadtratsplenum:
Der Empfehlung der Energie- und Klimaschutzkommission entsprechend wird die Stadtverwaltung beauftragt, beim Landkreis Miltenberg die Entlassung des Hohe-Wart-Gebietes aus dem Landschaftsschutzgebiet Spessart zu beantragen.

17.05.2013
Regionaler Planungsausschuss:
Außerhalb der Landschaftsschutzgebiete sind vermutlich keine ausreichenden Flächen für die nach dem Integrierten Energie- und Klimaschutzkonzept für die Region angestrebten 50 Windkraftanlagen vorhanden. In enger Abstimmung mit dem Bezirk Unterfranken als zuständigem Verordnungsgeber für die Landschaftsschutzgebietsverordnung sollen geeignete Flächen im Bereich des Landschaftsschutzgebietes ermittelt werden.

27.05.2013
Stadt Aschaffenburg:
Antrag an den Landkreis Miltenberg, das Hohe-Wart-Gebiet aus dem Landschaftsschutzgebiet Spessart zu entlassen, Information der Nachbargemeinden, an die Nachbargemeinden gerichtete Gesprächsangebote.

02.07.2013
Landkreis Miltenberg:
Antwort auf den Städtischen Antrag vom 27.05.2013, in der dargelegt wird, weshalb für dessen Behandlung nicht der Landkreis Miltenberg, sondern der Bezirk Unterfranken zuständig ist.


Stellungnahme der Stadt Aschaffenburg
zur Fortschreibung des Regionalplans Bayerischer Untermain                            - Teilfortschreibung Windkraft


1 Aktivitäten der Stadt im Rahmen der Energiewende

Die Stadt Aschaffenburg sieht die Energie- und insbesondere Elektrizitätsversorgung als Teil der Daseinsvorsorge, die den Grundaufgaben einer Kommune zuzuordnen ist. Mit Nachdruck unterstützt sie die politisch beschlossene Energiewende. Dies erfordert die konsequente Umsetzung des in der Region gemeinsam beschlossenen integrierten Energie- und Klimakonzeptes. Zur Senkung des Energieverbrauchs und zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit im Oberzentrum als Verbrauchsschwerpunkt mit einer Reihe ansässiger, energieintensiver Betriebe unternimmt sie vielfältige Anstrengungen auf fiskalischer und hoheitlicher Ebene. Ohne den Anspruch auf Vollständigkeit seien hier beispielhaft genannt:

- Einrichtung einer Energie- und Klimaschutzkommission des Stadtrates, um im Dialog zwischen Wirtschaft, Forschung, Verwaltung, Bürgerschaft, Umweltverbänden und Energieversorgern die in der Region beschlossenen Ziele des Energie- und Klimakonzeptes auch in der Stadt Aschaffenburg umzusetzen,

-        Praktizierung einer energieeffizienten Siedlungs- und Bauleitplanung durch verdichtende   Bauweisen, Baulückenaktivierung und Errichtung von Nahwärmestationen als Heizenergie-anlagen mit Kraftwärmekoppelung,

- Ausweitung des ÖPNV-Angebots,

- Ausweitung der Eigenproduktion von Strom der Stadtwerke Aschaffenburg aus regenerativen Energiequellen z. B. durch Solarnutzung mit Photovoltaik-Anlagen, thermischer Solarnutzung und der energetischen Verwertung von Biomasse im Biomasseheizkraftwerk der AVG und in der Vergärungsanlage der GBAB.



2 Aktivierung regenerativer Energiepotentiale in der Region

Wie im Integrierten Energie- und Klimakonzept der Region festgestellt, werden die regionalen wie auch die städtischen Ressourcen Biomasse und Wasserkraft bereits heute nahezu vollständig zur Produktion erneuerbarer Energien genutzt. Daher muss der Schwerpunkt des zukünftigen Handelns zum Ausbau der erneuerbaren Energien in der Stadt Aschaffenburg wie in der gesamten Region in Initiativen zur Photovoltaik- und zur Windkraftnutzung liegen.

Dabei gilt es zu bedenken, dass die Photovoltaik hinsichtlich Wirtschaftlichkeit und Flächen-verbrauch nicht die überragenden Vorteile der Windkraftnutzung aufweisen kann und zudem infolge einer geringeren Vollnutzungszeit wesentlich weniger grundlastfähig ist. Außerdem ist die Stromspeicher-Technik eine bisher ungelöste Aufgabe. Deshalb empfiehlt es sich, vorrangig diejenigen Potentiale zu nutzen, die zumindest näher an der Grundlast sind - somit die Windkraft.

Diese Situation findet sich vollumfänglich berücksichtigt in den Beschlüssen der Stadt Aschaffenburg: In der Plenumssitzung vom 02.05.2011 wurde die AVG ermächtigt, ihre Standortuntersuchungen auf der Hohen Wart hinsichtlich der technischen Realisierbarkeit, Wirtschaftlichkeit und Genehmigungsfähigkeit von Windkraftanlagen zu spezifizieren, die Ergebnisse mit den benachbarten Gemeinden und Landkreisen zu erörtern, das weitere Vorgehen, soweit möglich, einvernehmlich abzustimmen und die weitere Entwicklung der Windkraftprojekte mit anderen, im Bereich der Windkraftnutzung aktiven Gemeinden und Energieversorgern am bayerischen Untermain abzustimmen. Dies soll dem Ziel dienen, nach einheitlichen Bewertungsmaßstäben die Planungs- und Genehmigungsvoraussetzungen für die Anlagen zu schaffen.

Die im Juli 2012 beantragte Beachtung einiger wichtiger, klar umrissener und nachvollziehbarer Kriterien bei der Auswahl und Ausweisung von Vorrangflächen für Windkraftanlagen in der Region fand bedauerlicherweise in der gemeinsamen Sitzung der Verbandsversammlung und des Regionalen Planungsausschusses vom 31.07.2013 zur Fortschreibung des Regionalplans keine Mehrheit.

Zudem wurde in diesem Beschluss angeregt, lediglich diejenigen im Landschaftsschutzgebiet gelegenen Bereiche im Rahmen eines Konzeptes zur Ausweisung von Vorrang-, Vorbehalts- und Ausschlussflächen zu berücksichtigen, die durch bestehende Windkraftanlagen aus den Nachbar-bundesländern bereits beeinträchtigt sind.

Die eigentliche Intention der dem Beschluss vorausgehenden Überlegungen war hingegen, vorbelastete Gebiete im Allgemeinen - also offen hinsichtlich der Quelle der Vorbelastung - zu berücksichtigen. Die Nennung einer Vorbelastung durch benachbarte Windkraftanlagen diente lediglich als Beispiel, andere Vorbelastungssituationen z. B. durch Autobahnen sind im Wortprotokoll ausdrücklich genannt.

Auch über den im Mai 2013 beim Landkreis Miltenberg gestellten Antrag, das Gebiet Hohe Wart aus dem Landschaftsschutzgebiet Spessart zu entlassen, wurde noch nicht entschieden, da zwar die grundsätzliche Zuständigkeit für eine Herausnahme von Flächen aus dem Landschaftsschutzgebiet beim Landkreis Miltenberg liegt, es sich jedoch im vorliegenden Fall nach der Auffassung des Landkreises Miltenberg um einen substantiellen Eingriff in das Schutzgebiet bzw. um eine das Gesamtgebiet betreffende Problemstellung handelt, die eine Zuständigkeit des Bezirks begründet. Zudem umfasse das Hohe-Wart-Gebiet immerhin 1,4 Prozent des Anteils des Landkreises Miltenberg am Landschaftsschutzgebiet des Naturparks Spessart und dem Landkreis Miltenberg lägen bereits weitere Anträge mit ähnlichen Voraussetzungen vor. Vor diesem Hintergrund und wegen der „erheblichen optischen Fernwirkungen“ der Windenergieanlagen drohe bei der Herausnahme der Hohen Wart die Funktionslosigkeit des ganzen Schutzgebietes Naturpark Spessart.

Im übrigen sei, so der Landkreis Miltenberg, zum naturverträglichen Ausbau der Windkraft im Landkreis bzw. in der Region der von der Stadt Aschaffenburg hilfsweise beantragten Zonierung des Schutzgebietes gegenüber einer Einzelherausnahme der Vorrang einzuräumen. Über die Durchführung einer Zonierung entscheide wegen dem sich über mehrere Landkreise ziehenden Landschaftsschutzgebiet ebenfalls der Bezirk.

3 Windenergiepotential auf der Hohen Wart

3.1 Grundsätzliche Eignung

Im Bereich Hohe Wart verfügt die Stadt Aschaffenburg außermärkisch über große Liegenschaften, die die technischen und ökologischen Rahmenbedingungen für eine wirtschaftliche Windkraftnutzung erfüllen. Über dem ca. 400 m hoch gelegenen, 316 ha großen Waldgebiet besteht eine durchschnittliche Windhöffigkeit von 5,5 – 6,5 m/s. Windkraftanlagen sind daher dort effektiv zu betreiben. Das Gebiet liegt zudem in räumlicher Nähe zur Stadt Aschaffenburg, dem Oberzentrums der Region, was dessen Stromversorgung mit kurzen Kabelstrecken und minimiertem Transportverlust ermöglicht. Das Gebiet ist außerdem über Forststraßen sehr gut erschlossen.

3.2 Geringe Eingriffe bei der Errichtung der Anlagen

Die Errichtung der 174 m hohen Sendeanlage Pfaffenberg im Jahr 2010 hat eindrucksvoll belegt, dass auch große Anlagenteile über die bestehende Infrastruktur ohne übermäßige Eingriffe in den Waldbestand zugeliefert werden können.

3.3 Abstände zu Bauflächen

Die potentiellen Standorte der Windkraftanlagen liegen in einem Abstand von mehr als 1000 m zu Wohnbauflächen und Gemischten Bauflächen. Eine Wohnnutzung innerhalb des Gebietes ist nicht gegeben, denn das Hohe-Wart-Haus ist nicht, wie  fälschlich in der Begründungskarte dargestellt, ein Wohngebäude, sondern wird ausschließlich gewerblich genutzt. Daher kann der erforderliche Mindestabstand zu Wohngebäuden mit einer durchdachten Platzierung der auf der Hohen Wart denkbaren Windkraftanlagen eingehalten werden. In Waldgebieten darf zudem mit einer geminderten Wirkung des Wechselschattens der Rotorblätter gerechnet werden.

3.4 Trinkwasserschutz

Die Rücksichtnahme auf Trinkwasserschutzgebiete insbesondere in deren Zonen 1 und 2 wird nicht in Frage gestellt. Die Nutzung von Grundstücken im Bereich einer vorhandenen Trinkwasserschutzzone 3 erscheint jedoch für Windkraft problemlos, da durch Windkraftanlagen nur eine sehr geringe Flächeninanspruchnahme erfolgt, die somit keine Auswirkungen auf die Grundwasserneubildung bewirkt und weil das Gefährdungspotenzial durch Verunreinigung des Grundwassers durch Windkraftanlagen aufgrund der technologischen Rahmenbedingungen dieser Anlagen nicht gegeben ist. Aus diesem Grund ist die Trinkwasserschutzzone 3 im Bereich Hohe Wart auch nur als so genanntes Restriktionskriterium und nicht als Ausschlusskriterium behandelt. Im Übrigen wird auf das in Karte 2b „Siedlung und Versorgung“ im Anhang zur Verordnung zur Änderung des Regionalplans vorgesehene Vorbehaltsgebiet für Windkraftanlagen WK7 hingewiesen , das ähnlich, der Hohen Wart zu einem bestimmten Teil in der Schutzzone 3 eines Trinkwasserschutzgebietes vorgeschlagen wird.

3.5 Waldfunktion und Artenschutz

Das Forstrevier Hohe Wart besteht überwiegend aus Mischwald, der etwa zur Hälfte mit Laubbäumen und zur Hälfte mit Nadelbäumen bestockt ist. Ca. 2/3 der Waldabteilungen bestehen aus Stangen- und Baumholz. Die Bedeutung für Fremdenverkehr und Erholung liegt vor allem in der guten Infrastruktur (Hohe-Wart-Haus, Parkplätze, gut ausgebaute Forststraßen).

Dem entsprechend ist die Hohe Wart im Waldfunktionsplan bewertet: Lediglich der engere Bereich um das Hohe-Wart-Haus ist hinsichtlich der Bedeutung für die Erholung der Intensitätsstufe I zugeordnet, wie übrigens die meisten Wälder im Stadtgebiet selbst. Die vielfach größere, übrige Fläche ist lediglich der Intensitätsstufe II zugeordnet. Für den lokalen und regionalen Klima-, Immissions- und Lärmschutz übernimmt die Hohe Wart keine besondere Funktion. Der Hohe-Wart-Wald hat auch keine besondere Bedeutung etwa als Biotop, für das Landschaftsbild, als Naturreservat, als historisch wertvoller Waldbestand, für Lehre und Forschung oder für die Gesamtökologie.  Einer vorliegenden faunistischen Untersuchung zufolge steht einer Realisierung von Windkraftanlagen im Hinblick auf Belange des Artenschutzes zum jetzigen Kenntnisstand ebenfalls nichts entgegen.

Nach Aussage der Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz, Beate Jessel (Deutsches Architektenblatt 05/13), sind Wälder dieser Art im Hinblick auf die Windkraftnutzung anders zu bewerten, als struktur- und artenreiche Wälder mit hohem Erholungswert (wie etwa die meisten Wälder im Stadtgebiet, die zahlreiche Funktionen erfüllen und intensiv für die Erholung genutzt werden).


3.6 Landschaftsschutz - Landschaftsbild,

Als Landschaftsbild wird der durch den Menschen visuell wahrnehmbare Eindruck des Naturraums mit seiner Topographie definiert. Dieser visuelle Eindruck wird allerdings in großem Umfang auch von der Umgestaltung dieses Naturraumes durch den Menschen in eine Kulturlandschaft bestimmt. Das Landschaftsbild unterliegt damit zeitbedingten Bewertungen.

Fragen des Landschaftsschutzes, werden als weiches Restriktionskriterium behandelt. Für den Bereich Hohe Wart ist das Thema Landschaftsschutzgebiet und Landschaftsbild von Gewicht. Dabei ist die gegebene Vorbelastung durch den Sender Pfaffenberg zu würdigen. Der bayerische Windenergieerlass sieht kein generelles Verbot für Windkraftanlagen in Landschafts-schutzgebieten vor, sondern zeigt vielmehr eine ganze Reihe von Möglichkeiten zur Erreichung einer Genehmigungsfähigkeit auf.

Aus diesen Gründen erwartet die Stadt Aschaffenburg, dass auf diesen Flächen Windenergieanlagen technisch ohne größere Probleme gebaut werden können. Der im Entwurf zur Teilfortschreibung „Windkraft“ des Regionalplans vorgesehene absolute Ausschluss von Windenergieanlagen im Bereich Hohe Wart widerspricht dieser kommunalen Zielsetzung und unterläuft damit auch das interregional beschlossene Energie- und Klimaschutzkonzept.

Die bisher von der Regionalplanungsstelle vorgenommene Abwägung, die im Bereich der Hohen Wart wegen der Restriktionskriterien keine Möglichkeit der Windkraftnutzung vorsieht, kann nicht überzeugen, da dabei die begrenzte Flächenverfügbarkeit und Flächeneignung am Bayerischen Untermain nicht ausreichend gewürdigt wurde.

Das Landschaftsbild im Bereich Hohe Wart ist von einer flächendeckenden Bewaldung geprägt. Daher fehlt es dort an weiträumigen Blickbeziehungen innerhalb des Gebiets. Im Bereich von Rodungsflächen für Windkraftwerke ist die Anlage von Aussichtspunkten denkbar. Demgegenüber bestehen allerdings ausgeprägte Sichtbeziehungen von außerhalb des Gebietes auf die Höhenlage der Hohen Wart. Aus diesen Höhenlagen ragt der Sender Pfaffenberg 150 m hoch als „Nadel“ hervor. Eine ähnliche Wirkung würden auf eine Entfernung von vielen Kilometern auch Windkraftanlagen entfalten. Sie ragen als eine Gruppe punktueller Objekte hoch über den Vegetationsraum hinaus und schaffen eine charakteristische Landmarke. In den Sichtbeziehungen innerhalb des Gebiets treten sie nur im direkten Umfeld ihrer Standorte in den Vordergrund – vergleichbar mit dem Mast des Senders Pfaffenberg. Die Abwägung muss sich daher vorzugsweise mit der Frage des Landschaftsbildes aus größerer Distanz, also mit der in der Begründung zu B X 3.1 G erwähnten Fernwirkung auseinander setzen, die ja solchen Anlagen neben der Stromerzeugung überhaupt erst ihre Raumbedeutsamkeit verleiht.

Die bisher von der Regionalplanung eingebrachten Gesichtspunkte und deren Abwägung werden der oben dargelegten Betrachtung der unterschiedlichen und unterschiedlich empfindlichen Landschaftsbilder aber nicht gerecht. In den Darstellungen der Vorrang- und Vorbehaltsflächen fehlt durchgehend die jeweilige Bewertung des  Landschaftsbildes (siehe Umweltbericht, wo an den entsprechenden Stellen neben einem Fragezeichen „wird noch ergänzt“ steht). Zwar werden die Landschaftsbilder der Region allgemein beschrieben – die Veränderungen dieser Bilder durch die Windkraftwerke sind jedoch für die einzelnen Vorrang- oder Vorbehaltsflächen weder qualitativ noch quantitativ beschrieben oder bewertet worden. Damit fehlen für eine Abwägungs-entscheidung wesentliche  Grundlagen.
 
4 Abwägung

Die Abwägung des Regionalen Planungsverbandes stellt zu Recht fest, dass Landschaftsschutzgebiete nicht als freizuhaltende Gebiete zu würdigen sind, sondern dass in diesen Gebieten besonders sensibel vorgegangen werden muss. Dies bedeutet, dass die Zulässigkeit von Windkraftanlagen im Landschaftsschutzgebiet im Einzelfall zu prüfen und unter Würdigung der Besonderheiten des Einzelfalls zu entscheiden ist. Ein genereller Ausschluss ist nicht gerechtfertigt und wird daher von Seiten der Stadt Aschaffenburg auch abgelehnt.

Die Stadt Aschaffenburg erwartet weiterhin im Sinne einer sachgerechten, fachlich und rechtlich korrekten Vorgehensweise, die Empfindlichkeit der im Umweltbericht genannten Landschaften Mainniederung, Maintal, Odenwald, Vorderer Spessart und Hochspessart im Hinblick auf die erforderlichen Veränderungen durch Windkraftanlagen und unter Berücksichtigung ihrer Vielfalt, Eigenart, Schönheit und Kultiviertheit zu bewerten und diese Bewertung in die Abwägung darüber einzustellen, ob eine Windpotentialfläche zur Vorrangfläche für Windkraftanlagen bestimmt werden soll oder nicht.

Die traditionell verfolgte Sichtweise, wonach das Landschaftsbild sich an den idealisierenden Vor-Bildern der Landschaftsmalerei früherer Jahrhunderte orientieren soll, erweist zunehmend ihre Subjektivität, in dem sie vor dem Hintergrund kultureller Vielfalt an Allgemeingültigkeit verliert. Der traditionelle Blickwinkel spiegelt nur die ästhetischen Einstellungen bestimmter Kultursphären, die neben anderen ästhetischen Einstellungen zwar durchaus ihre Berechtigung behalten und behalten sollen, die aber keine allgemeinverbindlichen Maßstäbe mehr sein können, sondern nur persönliche Geschmackssachen sind. Bei planerischen Entscheidungen der Regionalplanung kommt es hingegen darauf an, das Landschaftsbild mit objektiven Kriterien zu beschreiben und zu bewerten statt subjektiv-ästhetische Werthaltungen zu tradieren. Diese Bewertung muss die in den Naturschutzgesetzen angesprochenen Gesichtspunkte der Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Landschaft umfassend und objektiv berücksichtigen.

Die Aufgabe des Schutzes des Landschaftsbildes liegt mithin nicht in der vordergründigen Erhaltung tradierter Sichtweisen von Landschaft, sondern, ähnlich wie beim Vollzug des Denkmalschutzgesetzes, in der Erhaltung von authentischen, materiellen Zeugnissen der historischen Landschaftsentwicklung.

Weiterhin ist festzustellen, dass in der Begründungskarte zwar die „Ausschluss- und Beschränkungsgebiete“ für Windkraft offenbar vollständig dargelegt sind, d.h. die Gebiete, auf denen öffentliche Belange gegen Windkraftanlagen sprechen, dass aber die Gebiete mit ausreichender Windhöffigkeit, und damit die Gründe, die auf diesen Flächen für die Gewinnung von Windenergie sprechen, nicht vollständig dargestellt sind. Daher zeigen, ausgenommen der Schutzbereich um das Funkfeuer Charlie, weder die Anlage „Karte 2 b „Siedlung und Versorgung – Windkraftnutzung“ noch die Anlage „Begründungskarte“ die doch offenbar vorhandenen Zielkonflikte auf.

Ein offensichtlicher Zielkonflikt wird zwar in Punkt 2 des Beschlusses des Planungsausschusses vom 17.05.2013 eingeräumt. In Kapitel B X, Abschnitt 3 „Windkraft“ und in den als Anlagen beigefügten Karten wird aber weder der Zielkonflikt, nämlich die Tatsache, dass offenbar in als Ausschluss- und Beschränkungsgebieten Flächen mit ausreichenden Windhöffigkeiten bestehen, aufgezeigt, noch angegeben, wie viele Windkraftanlagen dort möglich wären und wie hoch dort das jeweilige Energiepotenzial ist, noch wird vorgeschlagen, wie dieser Zielkonflikt vor dem Hintergrund der bei heutiger Rechtslage nicht erreichbaren Zahl von 50 Windkraftanlagen zum Ausgleich zu bringen wäre.

Stattdessen soll die Karte 3 Landschaft und Erholung des Regionalplans offenbar unverändert weitergelten (Dort sind zeichnerisch verbindlich Landschaftliche Vorbehaltsgebiete dargestellt, die Windkraftanlagen entgegenstehen. Die landschaftlichen Vorbehaltsgebiete, Landschafts-schutzgebiete und sonstigen Ausschluss- und Beschränkungsgebiete werden, wie auf dem Gebiet der Hohen Wart, auch in den anderen Gebieten, auf denen mit ausreichenden Windhöffigkeiten zu rechnen ist, gar nicht erst zur Disposition gestellt.

Um eine sachgerechte Abwägung einander widerstrebender Belange zu gewährleisten, erwartet die Stadt Aschaffenburg die Darstellung sämtlicher, aufgrund ausreichender Windhöffigkeit geeigneter Flächen für Windkraftanlagen in der Begründungskarte (Windgeschwindigkeit ab 5,6 m/sec.), die Darstellung sämtlicher bestehender und genehmigter Windkraftanlagen in der Region wie auch die Darstellung zumindest der in den benachbarten Regionen bereits bestehenden Windkraftanlagen.

Zur besseren Übersichtlichkeit der Begründungskarte sollten die Ausschlussgebiete und die Beschränkungsgebiete sortiert und in der Planlegende der jeweils zutreffenden Kategorie zugeordnet werden.
  

5. Fazit

Um dem hohen Interesse an der Umsetzung der Energiewende Rechnung zu tragen verlangt die Stadt Aschaffenburg, dass Windkraftanlagen außerhalb der Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für Windkraft dann zulässig sind, wenn bestimmte Bedingungen quantitativer und qualitativer Art eingehalten werden. Dies könnte durch die Einhaltung präziser Ausnahmeregelungen erreicht werden.

Daher beantragt die Stadt Aschaffenburg das Kapitel 3.2 Z (Ziele) wie folgt zu ändern: Nach den Wörtern „Von der Regel des Satzes 1 ausgenommen“ werden ein dritter und vierter Spiegelstrich angefügt, die lauten:

-        „ist die Errichtung von Windkraftanlagen in den in der Begründungskarte näher        bezeichneten Ausschluss- und Beschränkungsgebieten, insbesondere in den        Landschaftsschutzgebieten und den Trinkwasserschutzzonen 3 sowie in den        Landschaftlichen Vorbehaltsgebieten der Karte III – Landschaft und Erholung des        Regionalplans, wenn innerhalb der Gesamtregion Bayerischer Untermain die Zahl von 50        Windkraftanlagen anderweitig nicht erreichbar ist und wenn auf der beantragten Fläche        kein Ausschlusskriterium vorliegt, sowie die natürlichen Lebensgrundlagen und die        gesunden Lebensverhältnisse nicht beeinträchtigt werden.“
sowie
-        „ist die Errichtung von Windkraftanlagen bei gegebener Vorbelastung des        Landschaftsbildes in ästhetischer Hinsicht durch im Landschaftsraum großräumig        wahrnehmbare (technische) Fremdstrukturen.“

.Beschluss:

1.        Der Bericht der Verwaltung zu dem Entwurf zur Fortschreibung des Regionalplans der Region Bayerischer Untermain, Teilfortschreibung Windkraft, wird zur Kenntnis genommen.

2.        Der Stadtrat billigt die beiliegende Stellungnahme zur Teilfortschreibung Windkraft (Anlage 1) und beauftragt die Verwaltung diese dem Regionalen Planungsverband zu übermitteln.

3.        Die Verwaltung wird beauftragt, beim zuständigen Verordnungsgeber folgende Änderung der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Spessart“ zu beantragen:

In § 7 „Ausnahmen“ wird nach den Wörtern „Von den Beschränkungen dieser Verordnung bleiben ausgenommen“ folgender neuer Punkt 6 angefügt:

„6. D ie Errichtung, der Betrieb, die Instandsetzung und die ordnungsgemäße Unterhaltung von Windkraftanlagen innerhalb von Vorranggebieten für Windkraftanlagen und allen dafür erforderlichen Leitungen, Gebäuden und baulichen Anlagen.“

Der Punkt in § 7 Nr. 5. nach dem Wort „Maßnahmen“ wird durch ein Komma ersetzt.

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 15, Dagegen: 0

Datenstand vom 31.03.2015 16:10 Uhr