Gesetzliche Regelung der vertraulichen Geburt
Hintergrund
Nach Angaben der Bundesregierung, die sich in der Begründung ihres Gesetzentwurfs auf eine Studie des Deutschen Jugendinstituts aus dem Jahr 2012 beruft, werden in Deutschland jährlich etwa 20-35 Kinder direkt nach der Geburt ausgesetzt oder getötet. Hinzu kommt eine erhebliche Dunkelziffer; eine offizielle Statistik über die Anzahl der ausgesetzten und getöteten Kinder gibt es nicht. Trotz der seit 1999 bestehenden Angebote zur anonymen Kindesabgabe wüssten viele Mütter nicht, welche zusätzlichen Angebote es gibt. Auch gebe es keine flächendeckenden Einrichtungen in Deutschland, die den Interessen der abgebenden Mütter und ihrer Kinder gleichermaßen gerecht würden. Die vielfältigen Hilfen, die das Schwangerschaftskonfliktgesetz in einer etwa psychosozialen Notlage bietet, sei vielen Frauen nicht bekannt. Außerdem gebe es bei ihnen eine große Unsicherheit insbesondere im Hinblick auf die Rechtssicherheit.
Wesentlicher Inhalt
Der Gesetzentwurf will dem begegnen, indem er die vertrauliche Geburt auf eine gesetzliche Grundlage stellt.
Außerdem soll das bislang bereits bestehende System besser bekannt gemacht werden. Die Angebote müssen einerseits das Anonymitätsinteresse der Schwangeren wahren und zugleich niedrigschwellig ausgestaltet sein, so dass die Betroffenen jederzeit und dauerhaft verlässlich darauf zugreifen können. Dabei sei die Inanspruchnahme von Hilfe durch die Mutter und das Kind einer anonymen Abgabe eines Kindes über eine Babyklappe vorzuziehen. Durch einen persönlichen Kontakt zu den Beratungsfachkräften und professionelle Hilfe lassen sich oftmals individuelle Lösungen finden.
Das Gesetz garantiert der leiblichen Mutter eine ausreichend lange Zeit der Anonymität ihrer Daten, um für sie diese Angebote annehmbar auszugestalten. Zugleich soll aber auch das Recht des Kindes gewahrt werden, zu erfahren, wer seine Mutter ist.
In das Schwangerschaftskonfliktgesetz wird ein neuer Abschnitt aufgenommen, der die vertrauliche Geburt in § 29 Abs. 1 Satz 2 des Entwurfs definiert. Danach ist eine Gebot vertraulich, wenn die Schwangere ihre Identität nicht offen legt. In dem Verfahren der vertraulichen Geburt wird die Schwangere einen Vor- und einen Familiennamen, unter dem sie im Verfahren der vertraulichen Geburt handelt (Pseudonym), und einen oder mehrere weibliche oder einen oder mehrere männliche Vornamen für das Kind angeben. Die Beratungsstelle erstellt ein Nachweis für die Herkunft des Kindes, indem Sie auf den Vor- und Familiennamen der Schwangeren, ihr Geburtsdatum und Ihre Anschrift zurückgreift und diese Daten anhand eines gültigen Ausweises überprüft. Dieser Herkunftsnachweis wird in einem Umschlag verschlossen, um ein unbemerktes Öffnen zu verhindern. Mit dem Hinweis, dass es sich meine vertrauliche Geburt handelt, meldet die Beratungsstelle die Schwangere unter ihrem Pseudonym in einer geburtshilflichen Einrichtung oder bei einer geburtshilfeberechtigten Person zur Entbindung an; die Wahl kann die Schwangere frei treffen. Dem am Geburtsort zuständigen Jugendamt teilt die Beratungsstelle das Pseudonym der Schwangeren, den voraussichtlichen Geburtstermin und die Einrichtung oder die geburtshilfeberechtigte Person mit. Der Herkunftsnachweis wird an das Bundesamt für Familie und für gesellschaftliche Aufgaben zur sicheren Verwahrung übersandt. Der vom Standesamt mitgeteilte Name des Kindes wird auf dem Umschlag, das den Herkunftsnachweis enthält, vermerkt.
Nach § 31 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes hat das vertraulich geborene Kind mit Vollendung des 16. Lebensjahres das Recht, dem beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben verwahrten Herkunftsnachweis einzusehen bzw. Kopien zu verlangen (Einsichtsrecht). Das Bundesamt kann dem Kind die Einsicht allerdings verweigern, wenn die Mutter eine Erklärung abgegeben und eine Person oder Stelle benannt hat. Hiergegen kann das Kind bei dem zuständigen Familiengericht einen Antrag auf Einsicht einreichen. Das Gericht prüft, ob das Interesse der leiblichen Mutter an der weiteren Geheimhaltung ihrer Identität aufgrund der durch die Einsicht befürchteten Gefahren für Leib, Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnliche schutzwürdige Belange gegenüber dem Interesse des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung überwiegt.