Die Diskussion über den technisch notwendigen Neubau und die Erweiterung der Schleuse im Stadtteil Obernau begann im Jahr 2007. Nach mehreren Monaten intensiver Diskussion konnte durch den Einsatz der Bundestags- und Landtagsabgeordneten erreicht werden, dass die ursprünglich geplante Absicht, die Schleuse am Obernauer Mainufer neu- und auszubauen aufgegeben und stattdessen der wasserseitige Neubau Grundlage der Planung wurde. Dadurch entsteht am Obernauer Mainufer kein Flächenbedarf, vielmehr entsteht langfristig, nach Rückbau der bestehenden Schleuse, ein deutlich größeres Vorland gegenüber der heutigen Situation. Der erforderliche Flächenbedarf zum Neubau der Schleuse wird ausschließlich auf Niedernberger Seite erfolgen. Zu Lasten Niedernbergs gehen auch die Baustelle und der gesamte Bauablauf.
In den Jahren 2008 bis 2011 erarbeitete das Wasserstraßenneubauamt Aschaffenburg auf der Grundlage hydrologischer Studien, zu der auch ein großes Arbeitsmodell zum Schleusenneubau in der Bundesanstalt für Wasserwirtschaft in Karlsruhe gehörte, die Entwurfsplanung. Das Modell wurde im Juni 2008 von den Obernauer Stadträten, der Bürgerinitiative sowie der Stadtverwaltung besichtigt. Ende 2011 wurde schließlich die sogenannte Haushaltsunterlage (HU-Bau) über die zuständigen Mittelbehörden an das Bundesministerium übermittelt, um damit die Finanzierung des Projektes vorzubereiten.
Gegen diese HU-Bau hatte der Rechnungsprüfungsausschuss des Bundes Bedenken und verlangte Einsparungen. Insbesondere wurde verlangt, die sogenannte landseitige Variante, d.h. der Neubau der Schleuse auf Obernauer Seite nochmals genauer zu untersuchen und den Finanzbedarf dieser Variante mit dem Finanzbedarf einer Variante auf der Wasserseite vergleichend aufzubereiten. Diese Unterlagen wurden im Lauf des Jahres 2012 im Rechnungsprüfungsausschuss behandelt. Die Bundeswasserstraßenverwaltung hatte sich im Rahmen dieser Vorarbeiten nochmals klar zu der wasserseitigen Lösung bekannt und dadurch erreicht, dass der Rechnungsprüfungsausschuss seine Bedenken gegenüber dem wasserseitigen Ausbau zurückstellte. Nach dieser Grundsatzentscheidung begann das Wasserstraßenneubauamt die Planfeststellungsunterlagen zu erarbeiten.
Während der Entwurfsbearbeitung hat das Wasserstraßenneubauamt die Stadtverwaltung und die Gemeinden Niedernberg und Sulzbach immer wieder über den Planungstand informiert und es fanden technische Abstimmungsgespräche statt. Im Juli 2014 wurde das Konzept des Wehrstegs vorgestellt. Dem vorgestellten Konzept haben Aschaffenburg und Niedernberg deutlich widersprochen und eine komfortablere barrierefreie Lösung verlangt. Das Wasserstraßenneubauamt hat dagegen erklärt nur seine gesetzlichen Verpflichtungen einhalten zu müssen. Daraufhin wurden die zuständigen Bundestagsabgeordneten eingeschaltet und um Unterstützung gebeten. Frau Andrea Lindholz, MdB, ließ die Rechtslage durch den wissenschaftlichen Dienst des Bundestages prüfen und kam zum Ergebnis, dass die Rechtslage für Aschaffenburg und Niedernberg sehr nachteilig ist. Sie bestätigte damit die Rechtsauffassung der Bundeswasserstraßenverwaltung.
Aus Sicht der Stadt Aschaffenburg ist unverständlich, dass der Barrierefreiheit einer solch wichtigen Alltags- und Freizeitverbindung zwischen der Stadt Aschaffenburg und der Gemeinde Niedernberg (z. B. Erreichbarkeit des Schienenhaltepunktes Obernau) ein so geringer Stellenwert eingeräumt wird. Vor dem Hintergrund der politischen Grundsatzentscheidungen des Bundes und des Freistaates Bayern zur allgemeinen gesellschaftlichen Barrierefreiheit und Inklusion ist es für die Stadt Aschaffenburg nicht nachvollziehbar, dass sich hier einer zeitgemäßen komfortablen Ausgestaltung des Wehrsteges verweigert wird. Die Kosten sind, bezogen auf die Gesamtbausumme der neuen Schleuse, als geringfügig einzustufen.
Dieses Prüfergebnis wurde erneut mit der Gemeinde Niedernberg besprochen. In diesem Gespräch hat die Stadt empfohlen im Vorfeld der Planfeststellung keine weiteren Verhandlungen zu führen, sondern die Position eines barrierefreien Wehrstegs in das Planfeststellungsverfahren einzubringen. In diesem Verfahren muss die Planfeststellungsbehörde abwägen, welche Interessen in welchem Umfang berücksichtigt werden. Außerdem legt die Stadt Aschaffenburg großen Wert auf eine gute landschaftspflegerische Begleitplanung, damit die im Zuge des Schleusenneubaus notwendigen landschaftlichen Veränderungen entlang des Mains nicht nur ökologisch wirksam sind sondern auch zu einer Verbesserung der Naherholungsfunktion des Uferbereichs führen. Die dazu erforderlichen Planunterlagen liegen jedoch noch nicht vor, so dass auch diese Problemlage auch erst im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens seriös bearbeitet werden kann.
Hinsichtlich des Wehrstegs hat das Wasserstraßenneubauamt im Juli 2014 folgende Varianten dargelegt:
Variante 1
Einbau von Fahrstühlen
Variante 2
Einbau von barrierefreien Rampen
Diese Variante lässt sich in 3 Untervarianten, mit verschiedener Rampenausformung aufteilen. Die Untervarianten unterscheiden sich in der Rampenlänge und der Rampenbreite. Als barrierefreie Ausführung sind auf der Niedernberger Seite 75 Meter Länge und auf der Obernauer Seite etwa 38 Meter Länge erforderlich.
Variante 3
Anbringung von Schiebestufen an den Treppenaufgängen.
Im Verlauf des neuen Wehrsteges kommt es funktionsbedingt zu einer weiteren Höhendifferenz von ca. 2,50 m, die durch Rampen barrierefrei überwunden werden müssen. Alle drei Varianten haben diesen zusätzlichen Aufwand kostenseitig berücksichtigt.
Die Kosten (ohne Veranschlagung der Planungskosten und der Provisorien) für Variante 1 beliefen sich auf ca. 560.000 €. Für die Variante 2 werden Kosten je nach Untervariante zwischen 600.000 und 735.000 € genannt. Die Variante 3 mit Schiebestufen wird auf ca. 145.000 € beziffert.
Die Höhe der Planungskosten werden vom Wasserstraßenneubauamt unabhängig von der jeweiligen Variante mit 45.000 € kalkuliert.
Das Wasserstraßenneubauamt geht grundsätzlich davon aus, dass während der Gesamtbaumaßnahme eine öffentlich Nutzung des Wehrsteges und dessen Zu- und Abgang ausgeschlossen ist. Auf Niedernberger Seite liegen Teile des Baufeldes auch im Bereich des Treppenabgangs. Sollte die Stadt Aschaffenburg und die Gemeinde Niederberg eine Öffnung des Wehrsteges verlangen, müssen Provisorien geschaffen werden, die Auswirkungen auf die Baustelleneinrichtung haben werden.
Für diese Provisorien während der Bauzeit müssen je nach Ausführung weitere 100.000 bis 200.000 € veranschlagt werden. Diese Kosten müssten nach Auffassung der Bundeswasserstraßenverwaltung und bestätigt vom wissenschaftlichen Dienst des Bundestages von der Gemeinde Niedernberg und der Stadt Aschaffenburg getragen werden.
Sollte die Kostentragung für den barrierefreien Wehrsteg und die Provisorien schlussendlich in die Verantwortung der Gebietskörperschaften gehen hält die Gemeinde Niedernberg eine Kostenverteilung nach dem Einwohnerschlüssel für gerechtfertigt. Für Aschaffenburg ergäbe sich damit ein Kostenanteil von etwa 93%.
Auf dieser Basis ergibt sich für Aschaffenburg folgendes Kostenbild: für die preiswerteste Lösung (Variante 3) müssen von der Stadt ca. 140.000 € aufgebracht werden. Die teuerste Lösung der Rampenlösung würde bei der Stadt zu Kosten von ca. 640.000 € führen. Für die Sicherstellung des alten Wehrsteges während der Bauzeit (Provisorium) wären zwischen 100.000 und 190.000 € zu veranschlagen.
Auf Grund dieser hohen Kosten empfiehlt die Verwaltung nochmals eindringlich mit den Bundes- und Landesbehörden zu verhandeln um eine Kostenbeteiligung der Bundes- und Landesebene zu erwirken. Erst danach sollte eine abschließende Entscheidung getroffen werden, welche Variante zur Ausführung kommen soll.