1. Sachstand und Anlass:
Die Maßnahme „Hochwasserfreilegung Fischerviertel“ wurde im Rahmen des Großprojektes „Entwässerungsgebiet Willigisbrücke“ entwickelt und in der Folge als Teilmaßnahme weiterentwickelt. Die Maßnahme steht im Kontext zu dem genannten Großprojekt, behandelt hier jedoch im Wesentlichen den Aspekt der Hochwasserfreilegung eines historischen Siedlungsgebietes, des Fischerviertel. Sie wurde, da eine Realisierung unabhängig von dem Gesamtprojekt möglich ist, aus diesem herausgezogen und als Einstieg in das Projekt „Entwässerungsgebiet Willigisbrücke“ weiterentwickelt.
Die Vorplanung zum Pumpwerk Fischerviertel wurde im Planungs- und Verkehrssenat am 17.11.2015 vorgestellt. Die Stadtverwaltung wurde beauftragt, auf Basis der vorgelegten Vorplanung die weiteren Planungsschritte durchzuführen.
2. Projektbeschreibung:
Allgemein
Das Projekt besteht aus einer Reihe von Einzelmaßnahmen, die im Paket künftig die weitgehende Hochwasserfreilegung des Fischerviertels (bis ca. zu einem Bemessungshochwasser HQ 70 des Mains) bewirken. Zentrales Bauteil ist ein neues Hochwasserpumpwerk in dem Gebiet. Das Konzept wurde bereits eingehend im Stadtrat erläutert.
Pumpwerk
Eine der aktuell bedeutenden Stadtentwicklungsaufgaben für die Stadt Aschaffenburg ist die Neugestaltung des Mainufers und der Mainuferpromenade, vorrangig im Abschnitt zwischen Willigisbrücke und Pompejanumsfelsen. Dieser für die Stadt Aschaffenburg und ihre Bevölkerung in allen Belangen sehr wertvolle öffentliche Raum genießt auch stadtgestalterisch eine herausragende Bedeutung. Die gestalterische Qualität des Mainufers wird aber nicht nur durch die eigentliche Promenade selbst bestimmt, sondern natürlich auch durch (bauliche) Maßnahmen, die sich im näheren Umfeld des Mainufers abspielen.
Das oberirdische Bauwerk der Pumpstation am Fischerviertel entsteht zwar nicht unmittelbar an der Mainpromenade, aber doch an einer stadtgestalterisch sensiblen, exponierten Stelle: Der Standort ist insbesondere von Passanten der Willigisbrücke (Südseite) und des Mainufers (z.B. in Höhe der Anlegestelle für Fahrgastschiffe) sehr gut wahrnehmbar, und er liegt auch im Blickfeld von Personen, die sich die Dalbergstraße (etwa ab Stiegengasse) in südwestlicher Richtung hinab bewegen.
Gleichermaßen wirkt sich das Bauwerk natürlich auch auf die Gestaltqualität des unmittelbaren Wohnumfelds an der Unteren Fischergasse aus (öffentlicher Spielplatz, benachbarte Wohnhäuser).
An diesem Ort wäre daher die Errichtung eines rein technischen Funktionsgebäudes ohne jede gestalterischen Aufwendung unpassend, zumal das Bauwerk nicht so klein ist, dass es „versteckt“ werden könnte – es wird zwangsläufig ins Auge fallen.
Aus den genannten Gründen hat es die Stadtverwaltung für nötig und sinnvoll befunden, der äußeren Gestaltung der Pumpstation eine erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen. Daher wurde das Architektur- und Designbüro „resonator coop“ aus Aschaffenburg beauftragt, auf Basis des „ingenieurtechnischen Rohlings“ der Pumpstation drei Entwürfe für die Fassaden- und Dachgestaltung zu erstellen.
Nach eingehender Diskussion unter den beteiligten Ämtern der Stadtverwaltung (Tiefbauamt, Gartenamt, Stadtplanungsamt) konnte ein Konsens erzielt werden für einen Baukörper, der sich mit einem flächenbündigen Steildach (Dachneigung 50°) und unterschiedlich gestalteten Außenfassaden gut proportioniert, stadtgestalterisch passend und unaufdringlich in die Silhouette des Fischerviertels einreiht.
- Die zum Main orientierte Gebäudewand (Schauseite) wird auf die hier entlangführende Mauer aufgesetzt und durch materialgleiche Verkleidung mit rotem Buntsandstein gestalterisch aus dieser entwickelt. Die Buntsandsteinfront erhält einen abgeschrägten Fassadeneinschnitt zum Zwecke des Lichteinfalls und der indirekten Beleuchtung der Fassade. Im Anschluss an die Südwestecke der Pumpstation wird die Mauer auf eine Länge von ca. 4m zugunsten eines innenbündigen Flachstahlgeländers geöffnet.
- An der Gebäudesüdseite („Spielplatzseite“) wird die Buntsandsteinfassade bis etwa zur Mitte um die Ecke herumgeführt; hier soll eine beleuchtete Informations-/ Schautafel integriert werden. Zum Spielplatz orientiert soll ergänzend ein Sitzmöbel vor dem Gebäude aufgestellt werden.
- Die östliche Gebäudewand („Anwohnerseite“) sowie die verbleibende Hälfte der „Spielplatzseite“ werden auch in Rücksicht auf die benachbarte Wohnbebauung mit einer Fassadenbegrünung (voraussichtlich selbstklimmend) versehen und bieten ein Mindestmaß an Vegetation als Ausgleich für die hier gerodeten Gehölze.
- Die Gebäudenordseite („Technikseite“) wird gleichfarbig mit der Schiefer- oder Eterniteindeckung des Daches als Putzfassade ausgeführt und um drei „Lichtlinien“ zwecks dezenter Akzentuierung ergänzt.
Gemäß grober Kostenschätzung beläuft sich der finanzielle Mehraufwand für die Fassadengestaltung auf ca. 12.000,- € netto. In Relation zu den Gesamtkosten der Pumpstation scheint diese Aufwendung auch im Interesse der Wohnumfeldqualität für die Bewohner des Fischerviertels absolut gerechtfertigt.
Der Stadtverwaltung wurde eine Unterschriftenliste von Anwohnern und Eigentümern vorgelegt, auf der sich 31 Bürgerinnen und Bürger „gegen ein Gebäude für die Schaltzentrale der zukünftigen Hochwasserpumpe im Fischerviertel“ aussprechen. Von den 31 Unterzeichnern wohnen insgesamt 12 Personen in Häusern, die eine unmittelbare Blickbeziehung zur geplanten Pumpstation haben werden. Auch bisher ist für diese Anwesen kein in alle Richtungen freier Blick zum Main vorhanden gewesen, da die Sicht durch Bäume verstellt wurde. Der Umwelt- und Verwaltungssenat der Stadt Aschaffenburg hat am 17.02.2016 der Fällung von mehreren Bäumen und Sträuchern zur Vorbereitung der Durchführung einer archäologischen Voruntersuchung im Rahmen des Vollzugs des Denkmalschutzgesetzes zugestimmt.
Die Bäume und das Buschwerk sind inzwischen für die Pumpstation entfernt worden, so dass die Sichtfreiheit insgesamt wohl sogar weniger beeinträchtigt sein wird. Am stärksten betroffen ist die Erdgeschosszone des Hauses Untere Fischergasse 5, da hier der geringste Abstand zum oberirdischen Bauwerk der Pumpstation bestehen wird – er beträgt jedoch immer noch 11-12m. Auch hat das Pumpenhäuschen nur eine Breite von 4,80m (im Vergleich: Untere Fischergasse 5: gut 13m) und hält die erforderlichen Abstandsflächen bei Weitem ein, so dass zumindest eine schräge Blickbeziehung zum Main selbst für die Erdgeschosszone der Unteren Fischergasse 5 weiterhin möglich sein wird.
Auch unter Berücksichtigung der baugestalterischen Mehraufwendungen wird die durch das oberirdische Bauwerk der Pumpstation für die Anwohner verursachte Beeinträchtigung ihrer Aussicht als tolerabel eingeschätzt.
Denkmalschutz
Das überplante Grundstück befindet sich nicht in einem denkmalgeschützten Ensemble im Sinne des Art 1 (3) DSchG, es befindet sich jedoch in einem Bereich, in dem Bodendenkmäler nach Art. 1 (4) DSchG zu erwarten sind.
Die denkmalgeschützte Erlaubnis für die Grabungs- und Tiefbauarbeiten wurde bereits unter der Auflage umfassender archäologischer Voruntersuchungen erteilt. Die bisherigen Ergebnisse der Untersuchungen weisen darauf hin, dass sich in diesem Bereich vor dem 2. Weltkrieg Gartengrundstücke bzw. eine Uferwiese befand. Vorgefundene Mauerreste könnten Nebengebäuden entstammen. Aus Sicht des Denkmalschutzes berücksichtigt der Entwurf die historischen Strukturen und fügt sich in die bestehende bauliche Umgebung ein.
Auf Grund des frühzeitig einströmenden Wassers konnten im Rahmen der Voruntersuchungen die historischen Schichten nicht komplett erfasst werden. Bei den erforderlichen Baumaßnahmen muss daher das Abtiefen baubegleitend archäologisch überwacht werden.
Bodenuntersuchungen
Voraussichtlich im Juli finden die ergänzenden Bohrungen des erweiterten Baugrundgutachtens zur Vordimensionierung des Baugrubenverbaus statt. Ergebnisse werden für Ende August erwartet.?Das Baugrundgutachten mit Empfehlung für den Verbau und die Wasserhaltung ist von grundlegender Bedeutung für die Entwurfsplanung LP3 hinsichtlich Konstruktion des Tiefbauteils sowie der Kostenberechnung.
4. Zeitplan
Im heutigen Planungs- und Verkehrssenat soll die Entscheidung zur Gestaltung des Funktionsgebäudes getroffen werden. Nach Vorliegen der weitergehenden Bodenuntersuchungen können die Kosten berechnet und die Entwurfsplanung vervollständigt werden. Die Stadtverwaltung beabsichtigt noch in diesem Jahr den Bau- und Finanzierungsbeschluss herbeizuführen. Es schließen sich die wasserrechtliche Genehmigung sowie der Bauantrag für das Gebäude an. Aufgrund dieser Rahmenbedingungen und dem Anspruch einer soliden Grundlagenarbeit geht die Verwaltung derzeit von einem Baubeginn im II. oder III. Quartal 2017 aus.
4. Kosten
Die Projektkosten befindet sich derzeit im Stadium der Vorplanung (Lph. 2) und damit verbunden liegen die Kosten gem. HOAI nur im Kostenstadium der Kostenschätzung. Diese schließen mit 1,5 Mio. Euro und wurden im Stadtrat bereits vorgestellt.
Im nächsten Planungsschritt sind auf Grundlage der weitergehenden Bodenuntersuchungen und der Entscheidung des Stadtrates, das Funktionsgebäude betreffend, im Rahmen der Kostenfortschreibung zur Entwurfsplanung (Lph. 3) die Kosten als Kostenberechnung einzupflegen.
5. Finanzierung
Für das Projekt sind im Jahr 2016 Haushaltsmittel in Höhe von 500.000 €, sowie eine Verpflichtungsermächtigung für 2017 in Höhe von 750.000 € eingestellt. Aufgrund der äußeren Rahmenbedingungen wird eine Anpassung der zeitlichen Umsetzung des Gesamtprojektes erforderlich. Im Nachtragshaushalt 2016 können daher die Haushaltsansätze entsprechend angepasst werden.