Klärwerk: Erneuerung der Energieversorgung; - Vorstellung der Entwurfsplanung durch das Ing.-Büro Atemis, 52068 Aachen - Bau- und Finanzierungsbeschluss


Daten angezeigt aus Sitzung:  1. Sitzung des Stadtrates (Plenum), 16.01.2017

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Stadtrat (Plenum) 1. Sitzung des Stadtrates (Plenum) 16.01.2017 ö Beschließend 2pl/1/2/17

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

1. Ist-Situation
Auf dem Klärwerk werden 2 Blockheizkraftwerke (BHKW) mit elektrischen Leistungen von 270 kWh (BHKW-Modul 1) und 350 kWh (BHKW-Modul 2) betrieben. Das BHKW-Modul 1 kann aus­schließlich mit Klärgas, das BHKW-Modul 2 mit Klär- und Erdgas betrieben werden.
Die Abwärme aus beiden BHKW-Modulen wird zur Beheizung der Faultürme und der Betriebs­ge­bäude genutzt. Eine zusätzliche Heizung zur Wärmeversorgung ist nicht vorhanden, so dass zur Wärmeversorgung der Faultürme und der Betriebsgebäude der Betreib mindestens eines BHKW erforderlich ist.
Das Klärgas wird derzeit ohne Vorreinigung den BHKWs zugeführt. Eine Abgasreinigung ist derzeit nicht vorhanden. Im 3-jährigen Turnus werden die Abgaswerte beider BHKW von einem amtlichen Sachverständigen überprüft.
Im Falle eines Stromausfalls können diese Module im Inselbetrieb gefahren werden. Die dazu notwendige Steuerung ist nicht mehr voll funktionsfähig. Notbetrieb ist derzeit nur von Hand möglich.

2. EEG
Mit Inkrafttreten der EEG-Novellierung zum 01.01.2014 sind bestehende BHKW-Anlagen (Altan­lagen) von der EEG-Umlage befreit. Diese Befreiung von der EEG-Umlage bleibt auch dann er­halten, wenn die bestehende Anlage einmalig erneuert und/oder die Leitung um max. bis zu 30% angehoben wird. Unsere BHKWs sind derzeit von der EEG-Umlage befreit.
Nun liegt ein Regierungsentwurf zur Novellierung der EEG-Umlage vor, nach der bislang nicht umlagepflichtige Bestandseigenversorgungen in Zukunft leichter in die EEG-Umlagepflichtigkeit „rutschen“ können. So sieht der Regierungsentwurf in § 61e EEG 2017-E vor, derzeit vollständig privilegierte Bestandseigenversorgungen (wie unsere BHKW), die nach dem 31. Dezember 2017 erneuert oder ersetzt werden, regelmäßig mit einer um 80 Prozent reduzierten EEG-Umlage zu belasten. Ob hingegen eine Leistungserhöhung stattfindet, ist – anders als noch im EEG 2014 – unerheblich.

3. Immissionsschutzrechtliche Anforderungen
Die europäische Kommission hat Formaldehyd mit der Verordnung (EU) Nr. 605/2014 am 5. Juni 2014 rechtskräftig als ‚wahrscheinlich beim Menschen karzinogen‘ eingestuft. Nach Änderung dieser Verordnung am 23. März 2015 trat die Neueinstufung von Formaldehyd am 01.01.2016 in Kraft.
Aufgrund dieser Neueinstufung hat die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz eine Empfehlung zur Umsetzung der Umstufung von Formaldehyd erarbeitet. Daraus ergeben sich strengere Grenzwerte für Formaldehyd.
Die untere Immissionsschutzbehörde hat uns diese Grenzwerte mit Schreiben vom 07.07.2016 für Formaldehyd mitgeteilt. Diese sind:
Ab dem 05.02.2018 ist für das Modul 2 für Formaldehyd 30 mg/m³ und ab 01.01.2020 20 mg/m³ einzuhalten. Modul 1 muss ab dem 05.02.2019 30 mg/m³ und ab 01.01.2020 20 mg/m³ einhalten.
Beide Module halten derzeit 60 mg/m³ ein. Die hier geforderten Grenzwerte können diese Module nicht einhalten.  

4. geplante Maßnahmen
Um die Anforderungen an die Abgasreinigung zu erfüllen und um einen automatisierten Betrieb im Notstromfall zu ermöglichen sind folgende Maßnahmen vorgesehen:

4.1 Gasreinigung
Unser Klärgas beinhaltet neben den Hauptbestandteilen Methan und CO2 noch weitere Spuren­stoffe wie Siloxane und Schwefelwasserstoff, die aufgrund der gestiegenen Empfindlichkeit heutiger BHKW vor der Nutzung aus dem Klärgas entfernt werden müssen.
Zur Klärgasreinigung ist deshalb ein Aktivkohlefilter, bestehend aus Druckerhöhung und 2 Aktiv­kohlebehältern, vorgesehen.

4.2 BHKW
In den vergangenen 10 Jahren wurde die Gasmenge durch diverse Verfahrensänderungen von 1.300.000 m³/a auf ca. 1.500.000 m³/a  erhöht. Zugleich ist der Wirkungsgrad heutiger BHKW von 30% auf 37% gestiegen, so dass mit gleicher Gasmenge mehr elektrische Energie erzeugt werden kann.
Die beiden bestehenden BHKW werden durch 2 gleichgroße Module mit je 400 kWh elektrischer Leistung ersetzt. Beide Module können mit Klär- und Erdgas betrieben werden.

4.3 Abgasreinigung
Zur Erfüllung der Anforderungen aus dem Immissionsschutz werden in beiden Modulen Kataly­satoren vorgesehen, damit die geforderten Grenzwerte, insbesondere Formaldehyd, sicher ein­ge­halten werden können. 

4.4 übergeordnete Steuerung
Die bisherige übergeordnete Steuerung wird durch eine neue Steuerung ersetzt. Dies ist not­wendig, weil der Hersteller der bisherigen Steuerung diese Steuerung nicht mehr anbietet und pflegt.

5. Kosten
Die Kosten dieser Maßnahme setzen sich wie folgt zusammen:
Maßnahme
Kosten
Demontage Altanlage
20.000 €
Erweiterung Gasreinigungsanlage
30.000 €
Anpassung Be- und Entlüftung
5.000 €
Zentrale Gemischkühlung
15.000 €
Anpassung Notkühlung Motorkühlung
10.000 €
Kühlkreisläufe und Anpassung Wärmeauskopplung
40.000 €
Gasmotor/Generator (2 Stück Hocheffizienz, dynamische Netzstützung)
400.000 €
Schaltschrankanlage BHKW-Modulsteuerung
40.000 €
Abgasanlage für 2 Module mit Anbindung an bestehende Abgasverrohrung
50.000 €
Hilfsantriebversorgung und (Rück-)Synchronisierungseinrichtung
100.000 €
Niederspannungsseitige Anbindung
10.000 €
Steuerungstechnische Anbindung
15.000 €
Anbindung Schmierölstation
10.000 €
Sonstiges (Sicherheits-, Überwachungstechnik, Fernwartung)
20.000 €


Investitionskosten netto:
765.000 €
Baunebenkosten 20%:
153.000 €
Zwischensumme:
918.000 €
19% MwSt:
174.420 €
Gesamtsumme brutto:
1.092.420 €


Die Kosten (brutto) sind nach derzeitigem Preis - und Verfahrensstand ermittelt. Diese Kosten sind gemäß Index - und Marktpreisveränderungen fortzuführen. Es wird darauf hingewiesen, dass die tatsächlichen Kosten von der Kostenberechnung abweichen können.
6. Finanzierung
Für die Finanzierung dieser Maßnahme sind im Haushaltsjahr 2017 1.150.000 EUR vorgesehen.

7. Weiteres Vorgehen
Mit der Zustimmung zur Umsetzung dieser Maßnahme wird zeitnah mit der Genehmigungs- und Ausführungsplanung begonnen.
Die Ausschreibung ist für Mai, die Vergabe für Ende Juni vorgesehen. Beginn der Baumaßnahme im Oktober und Inbetriebnahme Ende November 2017.

.Beschluss:

I.
1. Der Stadtrat stimmt der vorgestellten Entwurfsplanung zur Erneuerung der Energieversorgung zu.
2. Die geschätzten Gesamtkosten für dieses Projekt betragen 1.092.420,-- € brutto. Das Vorhaben soll, sofern die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen (entsprechende Mittelbereitstellung) vorliegen, im Jahr 2017 baulich umgesetzt werden.

II. Angaben zu den Kosten:

Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:
ja [X]
nein [   ]

Sofern Kosten entstehen:


Die Kosten sind im laufenden Haushaltsplan veranschlagt
ja [X]
nein [   ]
Es entstehen Folgekosten
ja [X]
nein [   ]
Häufigkeit der Folgekosten
einmalig
[  ]
wiederkehrend
[X]

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 40, Dagegen: 0

Datenstand vom 13.03.2017 11:02 Uhr