1. Ist-Situation
Auf dem Klärwerk werden 2 Blockheizkraftwerke (BHKW) mit elektrischen Leistungen von 270 kWh (BHKW-Modul 1) und 350 kWh (BHKW-Modul 2) betrieben. Das BHKW-Modul 1 kann ausschließlich mit Klärgas, das BHKW-Modul 2 mit Klär- und Erdgas betrieben werden.
Die Abwärme aus beiden BHKW-Modulen wird zur Beheizung der Faultürme und der Betriebsgebäude genutzt. Eine zusätzliche Heizung zur Wärmeversorgung ist nicht vorhanden, so dass zur Wärmeversorgung der Faultürme und der Betriebsgebäude der Betreib mindestens eines BHKW erforderlich ist.
Das Klärgas wird derzeit ohne Vorreinigung den BHKWs zugeführt. Eine Abgasreinigung ist derzeit nicht vorhanden. Im 3-jährigen Turnus werden die Abgaswerte beider BHKW von einem amtlichen Sachverständigen überprüft.
Im Falle eines Stromausfalls können diese Module im Inselbetrieb gefahren werden. Die dazu notwendige Steuerung ist nicht mehr voll funktionsfähig. Notbetrieb ist derzeit nur von Hand möglich.
2. EEG
Mit Inkrafttreten der EEG-Novellierung zum 01.01.2014 sind bestehende BHKW-Anlagen (Altanlagen) von der EEG-Umlage befreit. Diese Befreiung von der EEG-Umlage bleibt auch dann erhalten, wenn die bestehende Anlage einmalig erneuert und/oder die Leitung um max. bis zu 30% angehoben wird. Unsere BHKWs sind derzeit von der EEG-Umlage befreit.
Nun liegt ein Regierungsentwurf zur Novellierung der EEG-Umlage vor, nach der bislang nicht umlagepflichtige Bestandseigenversorgungen in Zukunft leichter in die EEG-Umlagepflichtigkeit „rutschen“ können. So sieht der Regierungsentwurf in § 61e EEG 2017-E vor, derzeit vollständig privilegierte Bestandseigenversorgungen (wie unsere BHKW), die nach dem 31. Dezember 2017 erneuert oder ersetzt werden, regelmäßig mit einer um 80 Prozent reduzierten EEG-Umlage zu belasten. Ob hingegen eine Leistungserhöhung stattfindet, ist – anders als noch im EEG 2014 – unerheblich.
3. Immissionsschutzrechtliche Anforderungen
Die europäische Kommission hat Formaldehyd mit der Verordnung (EU) Nr. 605/2014 am 5. Juni 2014 rechtskräftig als ‚wahrscheinlich beim Menschen karzinogen‘ eingestuft. Nach Änderung dieser Verordnung am 23. März 2015 trat die Neueinstufung von Formaldehyd am 01.01.2016 in Kraft.
Aufgrund dieser Neueinstufung hat die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz eine Empfehlung zur Umsetzung der Umstufung von Formaldehyd erarbeitet. Daraus ergeben sich strengere Grenzwerte für Formaldehyd.
Die untere Immissionsschutzbehörde hat uns diese Grenzwerte mit Schreiben vom 07.07.2016 für Formaldehyd mitgeteilt. Diese sind:
Ab dem 05.02.2018 ist für das Modul 2 für Formaldehyd 30 mg/m³ und ab 01.01.2020 20 mg/m³ einzuhalten. Modul 1 muss ab dem 05.02.2019 30 mg/m³ und ab 01.01.2020 20 mg/m³ einhalten.
Beide Module halten derzeit 60 mg/m³ ein. Die hier geforderten Grenzwerte können diese Module nicht einhalten.
4. geplante Maßnahmen
Um die Anforderungen an die Abgasreinigung zu erfüllen und um einen automatisierten Betrieb im Notstromfall zu ermöglichen sind folgende Maßnahmen vorgesehen:
4.1 Gasreinigung
Unser Klärgas beinhaltet neben den Hauptbestandteilen Methan und CO2 noch weitere Spurenstoffe wie Siloxane und Schwefelwasserstoff, die aufgrund der gestiegenen Empfindlichkeit heutiger BHKW vor der Nutzung aus dem Klärgas entfernt werden müssen.
Zur Klärgasreinigung ist deshalb ein Aktivkohlefilter, bestehend aus Druckerhöhung und 2 Aktivkohlebehältern, vorgesehen.
4.2 BHKW
In den vergangenen 10 Jahren wurde die Gasmenge durch diverse Verfahrensänderungen von 1.300.000 m³/a auf ca. 1.500.000 m³/a erhöht. Zugleich ist der Wirkungsgrad heutiger BHKW von 30% auf 37% gestiegen, so dass mit gleicher Gasmenge mehr elektrische Energie erzeugt werden kann.
Die beiden bestehenden BHKW werden durch 2 gleichgroße Module mit je 400 kWh elektrischer Leistung ersetzt. Beide Module können mit Klär- und Erdgas betrieben werden.
4.3 Abgasreinigung
Zur Erfüllung der Anforderungen aus dem Immissionsschutz werden in beiden Modulen Katalysatoren vorgesehen, damit die geforderten Grenzwerte, insbesondere Formaldehyd, sicher eingehalten werden können.
4.4 übergeordnete Steuerung
Die bisherige übergeordnete Steuerung wird durch eine neue Steuerung ersetzt. Dies ist notwendig, weil der Hersteller der bisherigen Steuerung diese Steuerung nicht mehr anbietet und pflegt.
5. Kosten
Die Kosten dieser Maßnahme setzen sich wie folgt zusammen:
Maßnahme
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Kosten
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Demontage Altanlage
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20.000 €
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Erweiterung Gasreinigungsanlage
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30.000 €
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Anpassung Be- und Entlüftung
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5.000 €
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Zentrale Gemischkühlung
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15.000 €
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Anpassung Notkühlung Motorkühlung
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10.000 €
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Kühlkreisläufe und Anpassung Wärmeauskopplung
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40.000 €
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Gasmotor/Generator (2 Stück Hocheffizienz, dynamische Netzstützung)
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400.000 €
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Schaltschrankanlage BHKW-Modulsteuerung
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40.000 €
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Abgasanlage für 2 Module mit Anbindung an bestehende Abgasverrohrung
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50.000 €
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Hilfsantriebversorgung und (Rück-)Synchronisierungseinrichtung
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100.000 €
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Niederspannungsseitige Anbindung
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10.000 €
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Steuerungstechnische Anbindung
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15.000 €
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Anbindung Schmierölstation
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10.000 €
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Sonstiges (Sicherheits-, Überwachungstechnik, Fernwartung)
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20.000 €
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Investitionskosten netto:
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765.000 €
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Baunebenkosten 20%:
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153.000 €
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Zwischensumme:
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918.000 €
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19% MwSt:
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174.420 €
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Gesamtsumme brutto:
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1.092.420 €
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Die Kosten (brutto) sind nach derzeitigem Preis - und Verfahrensstand ermittelt. Diese Kosten sind gemäß Index - und Marktpreisveränderungen fortzuführen. Es wird darauf hingewiesen, dass die tatsächlichen Kosten von der Kostenberechnung abweichen können.
6. Finanzierung
Für die Finanzierung dieser Maßnahme sind im Haushaltsjahr 2017 1.150.000 EUR vorgesehen.
7. Weiteres Vorgehen
Mit der Zustimmung zur Umsetzung dieser Maßnahme wird zeitnah mit der Genehmigungs- und Ausführungsplanung begonnen.
Die Ausschreibung ist für Mai, die Vergabe für Ende Juni vorgesehen. Beginn der Baumaßnahme im Oktober und Inbetriebnahme Ende November 2017.