Empfehlungen an den Verwaltungsrat der Sparkasse Aschaffenburg-Alzenau; - Anfrage und Antrag von Herrn Stadtrat Johannes Büttner vom 18.05.17 und vom 25.05.2017 wegen "Negativzinsen"


Daten angezeigt aus Sitzung:  7. Sitzung des Stadtrates (Plenum), 19.06.2017

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Stadtrat (Plenum) 7. Sitzung des Stadtrates (Plenum) 19.06.2017 ö Beschließend 11pl/7/11/17

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

  1. Antrag vom 25.5.2017
Mit Antrag vom 25.5.2017 hat die KI, den Antrag gestellt, dass der Stadtrat dem Verwaltungsrat der Sparkasse Aschaffenburg-Alzenau drei Empfehlungen ausspricht:
  1. Rücknahme der Einführung von Negativzinsen für Kommunen und ihre Eigenbetriebe
  2. Gewinnabführung an die „Träger“ in satzungsgemäßer Höhe
  3. Änderung der Zustimmungsgrenze für Kredite durch den Vorstand
Bereits mit Antrag vom 5.6.2014 hat die KI beantragt, dass die Verwaltungsratsmitglieder der Sparkasse Aschaffenburg-Alzenau, die gleichzeitig Stadtratsmitglieder sind, sich im Verwaltungsrat dafür einsetzen sollen, dass die Sparkasse Aschaffenburg Alzenau einen gesetzlich und satzungsmäßig höchstmöglichen Gewinn an die Stadt Aschaffenburg abführt. Der Antrag wurde in der Stadtratssitzung vom 2.3.2015 (Plenum öffentlich) mit Stimmenmehrheit abgelehnt.
Die Rechtslage wurde anlässlich des Antrages vom 5.6.2014 mit der Regierung von Unterfranken abgeklärt. Die Regierung hat die nachfolgende Rechtsauffassung aus der Beschlussvorlage vom 27.1.2015 zur Sitzung vom 2.3.2015 bestätigt.
„Die Entscheidung über die Frage der Gewinnverwendung der Sparkasse fällt … nicht in die Zuständigkeit des Sparkassenzweckverbandes, geschweige denn in die Zuständigkeit des Stadtrates. Beispielsweise hat der VGH Mannheim (Urteil v. 12.3.2001 – Az. 1 S 785/00) zum dem bayerischen Recht ähnlichen Sparkassenrecht des Landes Baden-Württemberg entschieden, dass Sparkassenangelegenheiten grundsätzlich nicht in die kommunale Befassungskompetenz des Gemeinderates gehören. Im Einzelnen heißt es dort:
„Der Senat hat bereits im Urteil vom 25.09.1989 (1 S 3239/88, VBlBW 1990, 20, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 20.12.1989 - 7 B 181/89 -, WM 1990, 1018) entschieden, dass Auskunftsansprüche einzelner Gemeinderatsmitglieder im Geltungsbereich des Sparkassengesetzes grundsätzlich nicht bestehen, weil es sich bei den Sparkassen um rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts handelt, die das Recht der Selbstverwaltung besitzen (Art. 71 Abs. 1 Satz 3 LV) und die ihr durch das Sparkassengesetz (§ 6 SpG) und ihre Satzung zugewiesenen Aufgaben in eigener Verantwortung durch ihre Organe Verwaltungsrat, Kreditausschuss und Vorstand (§ 10 SpG) erfüllen und deshalb ihre Angelegenheiten keine Gemeindeangelegenheiten im Sinne des § 24 GemO sind.“
Mangels Befassungskompetenz des Stadtrates wäre der Antrag schon als unzulässig abzulehnen. In jedem Fall ist er aber als unbegründet abzulehnen, weil ein entsprechender Auftrag an die Verwaltungsräte mit deren gesetzlichem Auftrag, die Belange der Sparkasse zu wahren und zu fördern (§ 12 SpkO), im Grundsatz nicht vereinbar ist. Dies bedeutet selbstverständlich nicht, dass der Verwaltungsrat daran gehindert ist, eine Ausschüttung der Sparkasse an den Träger zu beschließen, wenn dies ohne Beeinträchtigung der Belange der Sparkasse möglich ist.
An der Unzulässigkeit des Antrages mangels Befassungskompetenz ändert sich auch nichts dadurch, dass bei der Wortwahl von Auftrag auf Empfehlung gewechselt wurde. Diese Rechtsauffassung wurde von der Regierung von Unterfranken mit mail vom 21.1.2015 bestätigt.“

Neuere Rechtserkenntnisse liegen nicht vor.



Der Antragsteller weist im Übrigen selbst darauf hin, dass der BayVGH im Urteil vom Urteil vom 11.11.1992 – 3 B 92.727 - folgende Aussagen getroffen hat:

„Eine Weisungsabhängigkeit des einzelnen Verwaltungsratsmitglieds ist weder im Verhältnis zur Sparkasse noch im Verhältnis zum Gewährsträger gegeben. Schon aus der in Art. 5 Abs. 3 SpkG festgelegten Funktion des Verwaltungsrats, die Geschäftsführung des Vorstands zu überwachen, ergibt sich als logische Konsequenz, daß das einzelne Verwaltungsratsmitglied nicht den Weisungen der Sparkasse, vertreten durch den Vorstand, unterworfen sein kann, denn in diesem Fall würde eine Überwachung ad absurdum geführt.“

Auch durch andere Entscheidungen zieht sich die Besonderheit der kategorischen Trennung der Sparkassenbelange von denen des Trägers wie ein roter Faden. Stellvertretend seien hier nur zwei Entscheidungen angeführt:

VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 09.11.2015 - 15 L 2234/15 (zum Informationsrecht von Gemeinderäten über Sparkassenangelegenheiten):

„Als rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts besitzen die Sparkassen das Recht der Selbstverwaltung. Sie erfüllen die ihnen durch das Sparkassengesetz und ihrer Satzung zugewiesenen Aufgaben in eigener Verantwortung durch ihre Organe. So handeln z. B. nach § 15 Abs. 6 SpkG die Mitglieder des Verwaltungsrates nach ihrer freien, nur durch die Rücksicht auf das öffentliche Wohl und die Aufgaben der Sparkasse bestimmten Überzeugung. Sie sind an Weisungen nicht gebunden. Auch der Vorstand leitet nach § 20 Abs. 1 S. 1 SpkG die Sparkasse in eigener Verantwortung. Aus dieser besonderen Stellung der Sparkassen könnte zu folgern sein, dass diese letztlich eigenverantwortlich entscheiden, in welchem Umfang sie den Gemeinden mit ihren Räten für die Entscheidung nach § 27 Abs. 1 SpkG Informationen zur Verfügung stellen. Danach stünde dem Rat und damit auch dem einzelnen Ratsmitglied kein über den Bürgermeister realisierbarer Anspruch auf weitergehende Informationen zu, sondern er könnte die aus seiner Sicht ungenügende Informationslage allenfalls bei dem von ihm zu treffenden Beschluss berücksichtigen und gegebenenfalls die Zustimmung zu der Fusion verweigern.“

VG Gießen, Urteil vom 20.02.2014 - 8 K 946/13.GI (zu Gewinnabführungsentscheidungen):

„Gemäß § 16 Abs. 3 Satz 3 HSpG beschließt der Verwaltungsrat auf der Grundlage eines Vorschlags des Vorstandes über die Höhe des an den Träger der Sparkasse abzuführenden Überschusses. Kontroll- und Beteiligungsrechte stehen dem Kreistag in diesem Zusammenhang nicht zu. Vielmehr bestimmt der Verwaltungsrat die Richtlinien der Geschäftspolitik (vgl. Henneke, Die kommunalen Sparkassen - Der rechtliche Rahmen, in: Mann/Püttner [Hrsg.], Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis, Bd. 2, Kommunale Wirtschaft, 3. Aufl., 2011, Rdnr. 275). Solche Vorschriften des Sparkassenrechts, die entsprechende Kontroll- und Informationsrechte des Kreistags über sparkasseninterne Vorgänge ausschließen, verstoßen auch nicht gegen den Grundsatz der kommunalen Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 GG (vgl. VGH Bad. - Württ., U. v. 25.09.1989 - 1 S 3239/88 -, NVwZ-RR 1990, 320, 321).“

Die vorgeschlagenen „Empfehlungen“ sind mangels Befassungskompetenz des Stadtrates als unzulässig abzuweisen.


  1. Antrag vom 18.5.2017
Die im Antrag vom 18.5.2017 gestellten Fragen werden wie folgt beantwortet:

Bei Gebietskörperschaften berechnet die Sparkasse ein Verwahrentgelt ab einem Schwellenwert von 5 Mio. €. Bei privaten Unternehmen gilt ein niedrigerer Schwellenwert.

Das Verwahrentgelt entspricht dem Satz der Einlagefazilität der EZB, derzeit 0,40 %. Dieses Verwahrentgelt steigt nicht mit der Einlagenhöhe.
Die Einführung des Verwahrentgelts wurde durch den Vorstand der Sparkasse beschlossen. Diesem obliegt laut §17 Abs. 1 Satz 2 SpkO „insbesondere der Geschäftsverkehr mit den Kunden im Aktiv-, Passiv- und Dienstleistungsgeschäft einschließlich der Festsetzung der Konditionen“. Daher ist der Vorstand für die Konditionen für die Verwahrung von Einlagen zuständig.

Hinsichtlich der Frage, was die Stadt unternimmt, um sich vor Negativzinsen zu schützen, wird auf die nichtöffentliche Sitzung verwiesen.

.Beschluss:

1. Der Antrag vom 25.05.2017 wird mangels Befassungskompetenz als unzulässig abgewiesen.

2.. Der mündliche Bericht zum Antrag der Kommunalen Initiative vom 18.05.2017 („Negativzinsen bei der Sparkasse“) wird zur Kenntnis genommen (Anlage 9).

II. Angaben zu den Kosten:

Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:
ja [   ]
nein [ X ]

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 28, Dagegen: 4

Datenstand vom 04.10.2017 16:20 Uhr