Neuerlass der Verordnung der Stadt Aschaffenburg über das Verbot des Mitführens und Verzehr alkoholischer Getränke auf öffentlichen Flächen (Alkoholverordnung); - Bericht des Leiters der Polizeiinspektion Aschaffenburg - Antrag der FDP vom 04.05.2017 auf Überprüfung der Verordnung


Daten angezeigt aus Sitzung:  11. Sitzung des Stadtrates (Plenum), 18.09.2017

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Stadtrat (Plenum) 11. Sitzung des Stadtrates (Plenum) 18.09.2017 ö Beschließend 11pl/11/11/17

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

Durch eine Änderung des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes (LStVG) zum 1.8.2013 ist es den Gemeinden möglich, das Mitführen und den Verzehr von alkoholischen Getränken in den Nachtstunden zu regulieren.
Die Gemeinden können durch Verordnung auf bestimmten öffentlichen Flächen außerhalb von Gebäuden und genehmigten Freischankflächen den Verzehr alkoholischer Getränke in der Zeit von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr verbieten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass dort auf Grund übermäßigen Alkoholkonsums regelmäßig Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung oder Straftaten begangen werden. In dieser Verordnung können die Gemeinden auch das Mitführen alkoholischer Getränke an den in der Verordnung bezeichneten Orten verbieten, wenn die Getränke den Umständen nach zum dortigen Verzehr bestimmt sind.
Zur Beurteilung können polizeiliche Statistiken und Untersuchungen über das Alkoholkonsumverhalten und die Begehung alkoholbedingter Ordnungswidrigkeiten sowie alkoholbedingter Straftaten im räumlichen Geltungsbereich der Verordnung im Vergleich zu den übrigen Teilen des Gemeindegebiets herangezogen werden.
Die Verordnungen sind auf längstens vier Jahre zu befristen.
Die Stadt Aschaffenburg hatte als erste bayerische Stadt von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und mit Datum vom 17.9.2013 eine Alkoholverordnung erlassen. Mittlerweile haben auch die Städte Nürnberg, Unterschleißheim, Duisburg, Cottbus und München ähnliche Verordnungen erlassen.
Nachdem die Alkoholverordnung der Stadt Aschaffenburg ausläuft, ist über einen Neuerlass zu entscheiden.
Mit Schreiben vom 4.5.2017 beantragte die FDP die Überprüfung der Verordnung auf Wirksamkeit, Rechtskonformität und Verhältnismäßigkeit.
Nach den Feststellungen von Polizei und Ordnungsamt ist die Verordnung geeignet, die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Stadt Aschaffenburg erheblich zu verbessern. Dies zeigen insbesondere die Erkenntnisse der City-Streife, die an Freitagen und Samstagen sowie vor Feiertagen im Innenstadtbereich in der Zeit von 22.00 Uhr bis 04.00 Uhr eingesetzt ist.
Die Polizeiinspektion Aschaffenburg hatte bereits zum Entwurf der bisherigen Alkoholverordnung mit Schreiben vom 19.8.2013 eine Stellungnahme abgegeben. Diese lautete zusammenfassend wie folgt:

1. Grundsächliche Einordnung:
Die Polizeiinspektion Aschaffenburg begrüßt den Neuerlass der Verordnung zur Reglementierung des Alkoholkonsums auf öffentlichen Flächen im Innenstadtbereich von Aschaffenburg. Vor dem Hintergrund der zahlreichen alkoholbedingten Sicherheitsstörungen im öffentlichen Bereich, die in besonders kritischer Quantität und Qualität zur Nachtzeit begangen werden, ist die geplante Regelung ein weiterer Baustein zur Bekämpfung von Sicherheitsstörungen in der Innenstadt.

2. Räumlicher Geltungsbereich:
Der räumliche Geltungsbereich umfasst in der Betrachtung unter Sicherheitsaspekten die Quartiere
-Hauptbahnhofgelände inkl. Dammer-Tor-Carré
-Fußgängerzone
-Schöntal und Großmutterwiese
-Oberstadt
-Diskothekenviertel um die Bodelschwingh- und Elisenstraße.

2.1 Begründung:
In der polizeilichen Betrachtung der Sicherheitslage zeigt sich der beschriebene Bereich weitgehend als kriminalgeografische Einheit, für den dann auch einheitliche Regelungen zum öffentlichen Leben gelten sollten.
Die für gegenständliche Fragen nächtlicher (22.00 Uhr bis 06.00 Uhr) Sicherheitsstörungen spezifischen Kriterien der Betrachtung liegen in den typischen alkoholbedingten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, die wesentlich aus den infrastrukturellen Besonderheiten des Bereiches resultieren. Zu nennen sind hier vorwiegend
-die hohe Konzentration der Gaststättenbetriebe
-die Attraktivität der betreffenden Örtlichkeiten für den Unterhaltungsbereich an sich
-die Möglichkeit zur Versorgung mit Speisen und alkoholischen Getränken durch Imbisslokale oder Tankstellen sowie
-die ÖPNV-Haltestellen und Taxistände.
Über dieses Gebiet erstrecken sich dann auch relativ gleichmäßig die nächtlichen Sicherheitsstörungen. Sowohl langjährige Erfahrungen der PI Aschaffenburg als auch eine aktuelle Erhebung  für die Nachtzeit (22.00 Uhr bis 06.00 Uhr) der letzten 12 Monate vom 01.07.2012 bis 30.06.2013 belegen diesen Befund. Zur Nachtzeit wurden in den genannten 12 Monaten 342 Straftaten registriert. Das sind 42,2 Prozent der in diesem Zeitraum insgesamt, also rund um die Uhr begangenen 811 Straftaten.
Vergleichbar zeigt sich die Relation bei den Ordnungswidrigkeiten und sonstigen Sicherheitsstörungen. 126 sind zur Nachtzeit festzustellen, was einem Prozentanteil von 41,7 bei insgesamt 302 Sachverhalten rund um die Uhr gleichkommt.


2.2 Beibehaltung der Toleranzzone „Perth-Inch“
Einer besonderen Betrachtung bedürfen die Mainuferwiesen – Perth-Inch. Aufgrund der gewachsenen Nutzungsstruktur des Perth-Inch als Erholungsfläche – auf der Alkoholkonsum durchaus üblich ist – ist keine Akzeptanz für ein Alkoholverbot ab 22.00 Uhr zu erwarten. Dies dürfte sowohl für das Nutzerklientel an sich gelten aber auch für die Öffentlichkeit insgesamt. Letztendlich wäre damit auch die Frage der Durchsetzbarkeit des Verbotes problembehaftet.
Darüber hinaus ist eine gewisse räumliche Entfernung von der Innenstadt und aufgrund des Grünanlagencharakters eine strukturell andersartige Nutzung vorhanden, wodurch sich die negativen Folgen alkoholbedingter Störungen nicht unmittelbar in das Innenstadtgebiet auswirken. Und schließlich kann dieser Bereich durchaus als Ventil- und Ausweichfunktion für die eigentliche Zielgruppe des Alkoholverbots wirken.
Bei den letzten Sitzungen des „Runden Tisches“ zur Sperrzeitproblematik wurde die beabsichtigte Gesetzesänderung von allen Seiten begrüßt. Während sich der Alkoholkonsum in den Gaststätten auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen nach dem Gaststättengesetz regeln lässt, ist die bisherige Bestimmung des „Verbots des Niederlassens zum Alkoholkonsum“ für den Konsum außerhalb von Gaststätten nicht ausreichend. Die Vollzugshinweise für den Erwerb von Alkohol an Tankstellen wurden wieder gelockert. Die örtliche Gastronomie ist durch die Verordnung nicht betroffen, da die Verordnung nicht für genehmigte Freischankflächen gilt.

Zum räumlichen Geltungsbereich der Verordnung ist noch folgendes zu erwähnen:

1.Großmutterwiese:
Die Großmutterwiese sollte vom Geltungsbereich mit erfasst werden, da zu befürchten ist, dass sie als Ausweichfläche dienen wird. Zudem gab es dort bereits Probleme mit alkoholtrinkenden Personen.

2. Bereich Ernsthofstraße/ Deschstraße/Hohenzollernring:
Vom Geltungsbereich der Verordnung mit umfasst werden sollte die Grünanlage Breslauer Platz sowie das Gebiet um die Herz-Jesu-Kirche. Dort wurden wiederholt alkoholtrinkende Personen festgestellt.

3. Mainufer:
Dem Vorschlag der Polizei folgend (s. 2.2) sollte der Perth-Inch vom Geltungsbereich der Verordnung ausgenommen werden. Auch der Bereich um das Theoderichstor sollte davon ausgenommen werden. Dort besteht seit mehreren Jahren eine kleinere Szene mit alkoholtrinkenden Personen, die dort geduldet werden und auf diese Weise die Innenstadt nicht mehr aufsuchen.
Der Spielplatz am Kapuzinerplatz sollte vom Verbot mit umfasst werden, da dort wiederholt alkoholtrinkende Personen festgestellt wurden.

4.Bereich Dammer Tor-Carre, Bahnhof Nord:
Es liegen Beschwerden über alkoholtrinkende Personen in folgenden Bereichen vor:
-St. Josefs-Apotheke,
-Spielplatz an der Dammer Straße.
Auch die Parkplätze der dort ansässigen Discount-Märkte sollten in das Verbot mit aufgenommen werden, da zu befürchten ist, dass diese als Ausweichflächen genutzt werden könnten.

Ausnahmen vom Verbot (Art. 3 des Verordnungsentwurfs):
In Hinblick darauf, dass der von der Verordnung erfasste Bereich auch als Veranstaltungsfläche dient (z. B. Stadtfest, Museumsnacht, Faschingsumzug etc.) sollte die Option offen gehalten werden, Ausnahmen von dem Verbot zuzulassen.

Neuerlass der Verordnung:

Polizei und Ordnungsamt sprechen sich aufgrund der bisherigen Erfahrung mit der Alkoholverordnung erneut für einen Neuerlass für weitere vier Jahre aus.
In der letzten Sitzung des Runden Tisches Sichere Innenstadt am 15.5.2017 wurde den Teilnehmern bereits signalisiert, dass aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung die Alkoholverordnung auch weiterhin erforderlich ist. Weder am Inhalt noch am Geltungsbereich sollten Änderungen vorgenommen werden.
Auf die neue Stellungnahme der Polizeiinspektion Aschaffenburg vom 28.8.2017 sowie auf den mündlichen Vortrag von Herrn Ltd. Polizeidirektor wird verwiesen.

.Beschluss:

I.
1. Der Antrag der FDP vom 04.05.2017 auf Überprüfung der Verordnung und der Antrag der GRÜNE Stadtratsfraktion vom 15.09.2017 werden zur Kenntnis genommen (Anlage 6).

2. Die Alkoholverordnung wird gemäß Anlage 7 für weitere vier Jahre erlassen.

3. Die Stadt wird wie zu Beginn der Alkoholverordnung eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit in Form von (neuen) Plakataktionen u. a. durch führen, um die Innenstadtbewohner von Lärm u. ä. zu entlasten.


II. Angaben zu den Kosten:

Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:
ja [   ]
nein [ X ]

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 0, Dagegen: 0

Datenstand vom 20.02.2018 15:44 Uhr