Ladenschlussgesetz; verkaufsoffene Sonntage in Aschaffenburg - Aufhebung der Dauerverordnungen - Anträge der KI vom 03.03.2016, 11.10.2017, 15.02.2018 und von Herrn Stadtrat Bernhard Schmitt vom 16.02.2018


Daten angezeigt aus Sitzung:  3. Sitzung des Stadtrates (Plenum), 05.03.2018

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Stadtrat (Plenum) 3. Sitzung des Stadtrates (Plenum) 05.03.2018 ö Beschließend 15pl/3/15/18

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

Gem. § 14 Ladenschlussgesetz kann eine Gemeinde aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen das Offenhalten von Verkaufsstellen durch Erlass einer entsprechenden Verordnung erlauben.

Die Stadt Aschaffenburg hat zwei Dauerverordnungen erlassen, die verkaufsoffene Sonntage im Stadtgebiet frei geben:

anlässlich

-des Automarkts auf dem Schlossplatz jeweils am dritten Sonntag im Oktober
  vom 20.07.2004
 
 sowie

-des Hamburger Fischmarkts in Aschaffenburg jeweils am letzten Sonntag im April
 vom 06.03.2007.

Diese Verordnungen wurden vom Stadtrat auf Dauer beschlossen. Die Begründung für die Verordnungserlasse auf Dauer war, dass es sich bei dem Fischmarkt und dem Automarkt (MOBILIA) um jährlich wiederkehrende Veranstaltungen handelt, die beide Anlass für die Einrichtung von verkaufsoffenen Sonntagen sind. Eine jährlich wiederkehrende Beantragung durch den Einzelhandelsverband sollte damit entbehrlich werden.

Den genauen Verfahrensablauf über die Voraussetzungen und den Erlass einer solchen Verordnung regelt die Bekanntmachung des Bayer. Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen vom 10.11.2004. Dieser Verfahrensablauf wurde damals von der Verwaltung beachtet. Die Bekanntmachung wurde bis zum heutigen Tag nicht aufgehoben oder geändert.

Mit Schreiben vom 11.8.2017 teilte die Regierung von Unterfranken der Stadt Aschaffenburg mit, dass sich die „Sonntagsallianz Aschaffenburg“ sowie Herr Johannes Büttner mit jeweils einem Schreiben gegen die Rechtsverordnungen der Stadt zu den verkaufsoffenen Sonntagen gewandt habe. In den beigefügten Schreiben wurde unter Hinweis auf aktuelle Rechtsprechung insbesondere des Bundesverwaltungsgerichts die Überprüfung und Aufhebung der Aschaffenburger Rechtsverordnungen beantragt.

Das Schreiben der „Sonntagsallianz“ war unterzeichnet von:

-Ludwig Stauner, Katholischer Betriebsseelsorger Bayer. Untermain;
-Dr. Dr. Georg Schütz, stelllvertretender Diözesanvorsitzender KAB Diözesanverband Würzburg,
-Peter König, Gewerkschaftssekretär Fachbereich Handel, Ver.di Bezirk Würzburg-Aschaffenburg,
-Rudi Großmann, DGB-Kreisverbandsvorsitzender AB-MIL.

Am 13.9.2017 nahm das Ordnungs- und Straßenverkehrsamt zu dem Regierungsschreiben Stellung. In Abstimmung mit dem Einzelhandelsverband Würzburg und Aschaffenburg wurde der Regierung mitgeteilt, dass an der Rechtsauffassung von rechtskonform erlassenen Verordnungen zu den verkaufsoffenen Sonntagen festgehalten wird.

In einem erneuten Schreiben vom 27.9.2017 verwies die Regierung auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.11.2015 und schlug vor, Nachermittlungen z. B. durch Befragungen einer repräsentativen Besucherauswahl vorzunehmen. Die Überlegung dabei war, zu ermitteln, ob sich die Besucher durch die Veranstaltung an sich – also Fischmarkt und Mobilia -, oder aber vorrangig durch die Ladenöffnungen angezogen fühlen.

Das von der „Sonntagsallianz Aschaffenburg“ mit Schreiben vom 9.8.2017 sowie Herrn Johannes Büttner mit Schreiben vom 10.8.2017 ebenfalls erwähnte Urteil des BVerwG vom 11.11.2015 — 8 CN 2.14 enthält folgende Leitsätze:

1. Eine Gewerkschaft ist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt für einen Normenkontrollantrag gegen eine gemeindliche Rechtsverordnung, die in ihrem Tätigkeitsbereich gestützt auf § 14 LadSchlG eine Öffnung von Verkaufsstellen aus Anlass eines Marktes an einem Sonn- oder Feiertag zulässt (im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 26. November 2014 - 6 CN 1.13 - BVerwGE 150, 327 Rn. 14 ff. - amtlicher Leitsatz).

2. Die Sonntagsöffnung von Verkaufsstellen mit uneingeschränktem Warenangebot "aus Anlass" eines Marktes ist nach § 14 Abs. 1 LadSchIG nur zulässig, wenn die prägende Wirkung des Marktes für den öffentlichen Charakter des Tages gegenüber der typisch werktäglichen Geschäftigkeit der Ladenöffnung überwiegt, weil sich letztere lediglich als Annex zum Markt darstellt. Das setzt regelmäßig voraus, dass die Ladenöffnung in engem räumlichen Bezug zum konkreten Marktgeschehen steht und prognostiziert werden kann, dass der Markt für sich genommen einen beträchtlichen Besucherstrom anzieht, der die bei einer alleinigen Öffnung der Verkaufsstellen zu erwartende Zahl der Ladenbesucher übersteigt (Fortentwicklung von BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1989- 1 B 153.89 - Buchholz 451.25 LadSchlG Nr. 27 S. 7 - amtlicher Leitsatz).

Auch der Bayer. Verwaltungsgerichtshof hat sich mit Urteil vom 24.5.2017 Az. N 17.527 mit dem Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass eines Festes befasst. Dieses Urteil enthält zusammengefasst folgende Aussagen:
-nur Veranstaltungen, die selbst einen beträchtlichen Besucherstrom anziehen, dürfen Anlass für eine Ladenöffnung geben. Der Besucherstrom darf nicht erst durch das Offenhalten von Verkaufsstellen ausgelöst werden;
-ob dem Erfordernis des bloßen Annexcharakters der sonntäglichen Ladenöffnung Genüge getan ist, lässt sich – bezogen auf die Gesamtheit des Gebiets, innerhalb dessen ein Sonntagsverkauf zugelassen wird – kaum anders als danach beurteilen, ob der Besucherstrom, den die anlassgebende Veranstaltung für sich genommen auslöst, die Zahl der Besucher übersteigt, die allein wegen der Öffnung der Verkaufsstellen kommen.
-diese Prognose unterliegt nur eingeschränkter verwaltungsgerichtlicher Kontrolle; insbesondere dürfen die Gerichte der Verwaltungsgerichtsordnung keine eigene Prognose vornehmen. Sie haben jedoch zu prüfen, ob die bei Erlass der Rechtsverordnung vorgenommene Prognose schlüssig und vertretbar ist.
Eine solche eingehende Prognose wurde beim Erlass der städtischen Verordnungen nicht vorgenommen und war auch von der damaligen Gesetzgebung und Rechtsprechung nicht vorgesehen. Es steht daher zu befürchten, dass bei einer juristischen Auseinandersetzung deren Unwirksamkeit gerichtlich festgestellt wird. Nachdem ein solches Verfahren äußerst kurzfristig geschehen kann, steht weiterhin zu befürchten, dass unter Umständen dem örtlichen Handel infolge Vorbereitung eines verkaufsoffenen Sonntags und gerichtlicher Untersagung desselben erheblicher finanzieller Schaden entstehen kann.
Dass eine solche juristische Auseinandersetzung für den Fall der weiteren Aufrechterhaltung der verkaufsoffenen Sonntage in Aschaffenburg beabsichtigt ist, hat die „Sonntagsallianz“ bei einem gemeinsamen Besprechungstermin mit Verwaltung, Einzelhandelsverband, „Sonntagsallianz“ und Herrn Büttner am 8.2.2018 durch deren Rechtsvertreter deutlich gemacht.
Die Regierung von Unterfranken hat in einem erneuten Schreiben vom 20.2.2018 die Beurteilung abgegeben, dass die bestehenden Rechtsverordnungen einer gerichtlichen Überprüfung „nur schwerlich standhalten können“ und regt an, eine Aufhebung der Rechtsverordnungen in Betracht zu ziehen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass sich nach der Rechtsprechung die Freigabe der Verkaufsstellen zumindest örtlich auf die Bereiche beschränken sollte, in denen die Veranstaltung entweder stattfindet oder sich wenigstens auswirkt (z. B. Ausschluss außerhalb liegender Einkaufszentren). Bei einer Beschränkung auf Handelszweige ist auf die durch die Veranstaltung ausgelösten Bedürfnisse abzustellen.
Die Verordnungen der Stadt Aschaffenburg gelten ohne Unterscheidung für alle Verkaufsstellen im Stadtgebiet.
Die Verwaltung schlägt vor, der Anregung der Regierung zu entsprechen und die Verordnungen aufzuheben.
Text einer Aufhebungsverordnung:
Ladenschlussgesetz;
Verordnung der Stadt Aschaffenburg zur Aufhebung der Verordnungen der Stadt Aschaffenburg zur Freigabe verkaufsoffener Sonn- und Feiertage aus Anlass von Märkten vom 22.2.1018
Aufgrund von § 14 Abs.1 S. 2 des Gesetzes über den Ladenschluss (LadSchlG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juni 2003 (BGBl. I S. 744), das zuletzt durch Artikel 430 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist sowie Art. 48 S. 1 des Gesetzes über das Landesstrafrecht und das Verordnungsrecht auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (Landesstraf- und Verordnungsgesetz - LStVG) erlässt die Stadt Aschaffenburg folgende

Verordnung:

§ 1

Folgende Verordnungen der Stadt Aschaffenburg zur Freigabe verkaufsoffener Sonn- und Feiertage aus Anlass von Märkten werden aufgehoben:

-        Verordnung der Stadt Aschaffenburg über das Offenhalten von Verkaufsstellen anlässlich des Hamburger Fischmarktes jeweils am letzten Sonntag im April eines Jahres vom 6. 3. 2007;

-        Verordnung der Stadt Aschaffenburg über das Offenhalten von Verkaufsstellen anlässlich des auf dem Schlossplatz stattfindenden Automarkts jeweils am dritten Sonntag im Oktober eines Jahres vom 20.7.2004.

§ 2

Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer amtlichen Bekanntmachung in Kraft.

Aschaffenburg,



Klaus Herzog
Oberbürgermeister

.Beschluss:

I.        Die Dauerverordnungen der Stadt Aschaffenburg über das Offenhalten von Verkaufsstellen
       in Aschaffenburg anlässlich

-des Hamburger Fischmarktes am letzten Sonntag im April vom 6.3.2007 sowie

-des Automarktes am dritten Sonntag im Oktober vom 20.7.2004

werden aufgehoben.

II. Die beiliegende Verordnung (Anlage 6) zur Aufhebung der o. a. Verordnungen wird erlassen.


III. Angaben zu den Kosten:
                                                               
Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:        ja [   ]        nein [ x  ]

Abstimmungsergebnis:
Mehrheitlich angenommen

Datenstand vom 25.10.2018 16:36 Uhr