Zweckverband Verkehrslandeplatz Großostheim – Bericht - Antrag der CSU-Stadtratsfraktion vom 01.11.2018 - Anfrage der Grünen-Stadtratsfraktion vom 05.11.2018


Daten angezeigt aus Sitzung:  15. Sitzung des Stadtrates (Plenum), 19.11.2018

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Stadtrat (Plenum) 15. Sitzung des Stadtrates (Plenum) 19.11.2018 ö Beschließend 5PL/15/5/18

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

Mit mail vom 1.11.2018 hat die CSU-Fraktion einige Fragen zum Austritt der IHK aus dem Verkehrslandeplatz Großostheim gestellt. Diese werden wie folgt beantwortet:
1.        Wie ist der Austrittsantrag bzw. die hilfsweise erklärte außerordentliche Kündigung der IHK aus Sicht der Stadtverwaltung rechtlich zu bewerten?

Seit dem 20.11.1968 besteht der „Zweckverband Verkehrslandeplatz Großostheim bei Aschaffenburg“. Verbandsmitglieder sind der Markt Großostheim, der Landkreis Aschaffenburg, die IHK Aschaffenburg, der Flugsportclub Aschaffenburg e.V. und die Stadt Aschaffenburg. Mit Schreiben vom 05.07.2018 hat die IHK Aschaffenburg ihren Austritt erklärt und einen Antrag auf Abstimmung hierüber für die Sitzung der Zweckverbandsversammlung am 18.10.2018 gestellt. Im selben Schreiben erklärt die IHK Aschaffenburg, dass sie ihre Mitgliedschaft außerordentlich kündigen wird, sollte die Verbandsversammlung dem Antrag zum Austritt nicht zustimmen. Dieses Schreiben ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass das BVerwG im in einem Urteil vom 19.09.2000 (Az.: 1 C 29/99) entschieden hat, dass eine Beteiligung einer IHK an einem überwiegend im Rahmen der zivilen Luftfahrt genutzten Flughafens außerhalb des gesetzlich festgelegten Zuständigkeitsbereichs der IHK liegt und daher rechtlich unzulässig ist. Hierauf wurde die IHK Aschaffenburg von ihrer Aufsichtsbehörde, dem Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie, wiederholt hingewiesen. Daher beschloss die Vollversammlung der IHK Aschaffenburg am 04.07.2018 den Zweckverband zum nächstmöglichen Termin zu verlassen.
Rechtlich stellt sich die Situation aus Sicht der Stadtverwaltung wie folgt dar:
Um aus dem Zweckverband auszutreten, gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten. Dies ist einerseits der einvernehmliche Austritt (Art. 44 Abs. 1, 2 Satz 2, 48, 47 Abs. 6 Satz 2 BayKommZG i.V.m. §§ 2 Abs. 3, 21 Abs. 3 der Satzung des Zweckverbands Verkehrslandeplatz Großostheim bei Aschaffenburg“ vom 20.11.1968 – im Folgenden „Satzung“) und andererseits die außerordentliche Kündigung (Art. 44 Abs. 3, 48, 47 Abs. 6 Satz 2 BayKommZG i.V.m. §§ 2 Abs. 3 Satz 3, 21 Abs. 3 der Satzung).

Zunächst hat die IHK Aschaffenburg Gebrauch von der Variante des einvernehmlichen Austritts gemacht. Damit dieser Austritt wirksam wird, muss jedoch die Verbandsversammlung mit einer 2/3 Mehrheit dem Austritt zustimmen (§ 2 Abs. 3 Satz 1 der Satzung). Darüber hinaus bedarf der Austritt auch noch der Genehmigung der Aufsichtsbehörde, um wirksam zu werden (Art. 48 Abs. 1 Nr. 1 BayKommZG i.V.m. § 2 Abs. 3 Satz 2 der Satzung).

Die IHK hat im Schreiben vom 05.07.2018 bereits erklärt, dass sie – falls die Verbandsversammlung die Zustimmung nicht geben würde – ihre Mitgliedschaft außerordentlich kündigen würde. Grundsätzlich ist dies möglich. Fraglich ist allerdings, ob das oben dargestellte Urteil des BVerwG tatsächlich ein wichtiger Grund ist, dessen es bedarf, um eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Das von der IHK Aschaffenburg bei der Kanzlei Baumann Rechtsanwälte in Auftrag gegebene Gutachten vom 11.09.2018 kommt zu dem Schluss, dass dies der Fall sei.
Diese Schlussfolgerung müsste gegebenenfalls durch die Geschäftsführung des Zweckverbandes und die Regierung von Unterfranken in Abstimmung mit den anderen Zweckverbandsmitgliedern beleuchtet werden. Die Regierung ist schon insofern beteiligt, als auch eine außerordentliche Kündigung, um wirksam zu werden, von der Aufsichtsbehörde genehmigt werden müsste (Art. 48 Abs. 1 Nr. 2 BayKommZG).

Daher stünden der IHK Aschaffenburg beide Möglichkeiten zur Verfügung – wenn man mit der Ansicht des Gutachtens konformgeht.

2.        Welche wirtschaftlichen Auswirkungen wären mit dem Ausscheiden der IHK aus dem Zweckverband für die Stadt Aschaffenburg verbunden? Kommen dann zusätzliche finanziellen Belastungen auf die Stadt Aschaffenburg zu, wenn ja, in welcher Höhe?

Festzustellen ist zunächst, dass die Satzung eindeutig vorsieht, dass der Austritt der IHK Aschaffenburg den Zweckverband nicht automatisch auflöst (§ 2 Abs. 3 Satz 4 der Satzung). Er besteht vielmehr mit den verbleibenden Mitgliedern weiterhin fort.

In finanzieller Hinsicht enthält die Satzung in § 21 Abs. 3 allerdings die Regelung, dass eine finanzielle Auseinandersetzung stattzufinden hat. Zwar ist dies nicht der gesetzliche Normalfall, denn das Gesetz sieht keine Auseinandersetzung im Falle des Austrittes eines Mitglieds vor (vgl. Art. 47 Abs. 6 Satz 1 Bay KommZG). Doch eine davon abweichende Regelung lässt das Gesetz ausdrücklich zu (vgl. Art. 47 Abs. 6 Satz 2 BayKommZG).

Daher steht der IHK Aschaffenburg eine Abfindung in Höhe von 3/14 des Verbandsvermögens abzüglich etwaiger Verbindlichkeiten Dritter zu (§ 21 Abs. 2 der Satzung analog). Zeitpunkt für die Berechnung der Höhe des Anspruchs ist dabei der Zeitpunkt des Ausscheidens (§ 2 Abs. 3 Satz 1 der Satzung). Fällig wird die Abfindung schließlich drei Jahre nach dem Ausscheiden bzw. spätestens mit Auflösung des Zweckverbandes (§ 2 Abs. 3 Satz 2 der Satzung).

Theoretisch besteht nach § 21 Abs. 3 Satz 3 der Satzung die Möglichkeit, dass sich die Verbandsmitglieder darüber einigen können, sowohl die Berechnung als auch die Fälligkeit des Abfindungsanspruchs abweichend von der eben dargestellten Art zu regeln. Denkbar ist also auch eine Regelung, die die verbleibenden Verbandsmitglieder finanziell geringer belasten würde. Allerdings kommt das von der IHK Aschaffenburg in Auftrag gegebene, bereits oben zitierte Gutachten zu dem Ergebnis, dass eine solche abweichende Regelung gegen die von der IHK zu beachtenden haushaltsrechtlichen und weiteren IHK-spezifischen Vorschriften (z.B. § 1 IHKG) verstoße und daher unzulässig wäre. Damit würde eine Abweichung von den derzeitigen Satzungsregelungen zugunsten der übrigen Verbandsmitglieder ausscheiden.

Unterstellt die Rechtsauffassung der IHK ist richtig, hätte dies zur Konsequenz, dass der Zweckverband der IHK 3/14 des Verbandsvermögens auszuzahlen hätte. Das Verbandsvermögen müsste ggf. durch Gutachten ermittelt werden. Die IHK gibt an, dass sie bislang rund 130.000 € als Umlagen geleistet hat und dass die damit erworbenen Grundstücke eine Wertsteigerung in ungefähr gleicher Größenordnung erfahren haben.

Der Rückzahlungsbetrag müsste durch die verbleibenden Mitglieder im Wege einer Umlage finanziert werden. Der Verteilungsschlüssel hängt ggf. von den neu vereinbarten Beteiligungsquoten ab.
3.        Sieht die Stadtverwaltung durch ein Ausscheiden der IHK den Bestand des Zweckverbandes insgesamt bzw. die notwendige Fortentwicklung des Verkehrslandeplatzes (Verlängerung der Start- und Landebahn) gefährdet? Hält die Stadtverwaltung dessen ungeachtet an der Mitgliedschaft der Stadt Aschaffenburg fest?

Der Bestand des Zweckverbandes ist allein durch das Ausscheiden der IHK nicht gefährdet. Der Zweckverband hat ausschließlich die Aufgabe der Grundstücksbereitstellung. Diese ist für den Bestand des jetzigen Verkehrslandeplatzes abgeschlossen.
Im Hinblick auf die Erweiterung ist eine abschließende Entscheidung noch nicht getroffen. Abgesehen von der Tatsache, dass die planungsrechtlichen Rahmenbedingungen noch nicht geklärt sind, wird man auch die Notwendigkeit der Landebahnerweiterung nochmals neu zu bewerten haben.
Generell gilt aber, dass Verkehrslandeplätze nach § 49 Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung (LuftVZO) Landeplätze des allgemeinen Verkehrs sind. Ziffer 4.5.5 der Anlage zu § 1 des Landesentwicklungsprogramms Bayern vom 22. August 2013 (GVBl. S. 550) regelt Folgendes:
Luftverkehrsanschlüsse für die Allgemeine Luftfahrt
(Z) In der Regel muss jede Region über mindestens einen Luftverkehrsanschluss für die Allgemeine Luftfahrt verfügen. In der Region 14 (München) ist zusätzlich zu der bestehenden zivilen Luftverkehrsinfrastruktur kein neuer Verkehrslandeplatz zuzulassen.

(G) Die regionalen Luftverkehrsanschlüsse für die Allgemeine Luftfahrt sollen in ihrem Bestand gesichert und bedarfsgerecht ausgebaut werden
In der Begründung zum Landesentwicklungsprogramm ist zu Ziffer 4.5.5 unter anderem Folgendes ausgeführt:
Zu 4.5.5 (B)
Zur Durchführung eines bedarfsgerechten Luftverkehrs sind neben den internationalen Verkehrsflughäfen München, Nürnberg und Memmingen zur Deckung der regionalen und teilräumlichen Luftverkehrsnachfrage weitere Flugplätze für die Allgemeine Luftfahrt, insbesondere
den Geschäftsreise- und Werkluftverkehr sowie den Privatluftverkehr, erforderlich. Deshalb
muss jede Planungsregion über mindestens einen Luftverkehrsanschluss für die Allgemeine
Luftfahrt verfügen.
Zur Anbindung von regionalen Bevölkerungs- und Wirtschaftsschwerpunkten durch den gewerblichen Luftverkehr oder bei einem hohen Anteil an Geschäftsreise- und Werkluftverkehr
sind Verkehrslandeplätze mit Instrumentenflugbetrieb vorzusehen. Sie sollen eine befestigte
Start- und Landebahn von 1 200 bis 1 600 m haben.

Dies zeigt, dass der Freistaat Bayern den Regionalen Verkehrslandeplätzen generell eine hohe Bedeutung für die regionale Entwicklung beimisst. Dies rechtfertigt es aus Sicht der Verwaltung weiterhin an der Mitgliedschaft im Zweckverband festzuhalten. Hinzu kommt, dass es durchaus sinnvoll sein kann, bei einem Verkehrslandeplatz im unmittelbaren Umfeld der Stadt Mitspracherechte zu haben.
 
4.        Sieht die Stadtverwaltung eine Möglichkeit, ein Ausscheiden der IHK aus dem Zweckverband anderweitig zu kompensieren, z.B. durch Gewinnung neuer Verbandsmitglieder?

Es können sich auch andere Gemeinden und Landkreise am Zweckverband beteiligen. § 2 Abs. 2 der Verbandssatzung sieht dies ausdrücklich vor.

.Beschluss:

I.
1. Der Bericht der Verwaltung zum Austritt der IHK Aschaffenburg aus dem Zweckverband Verkehrslandeplatz Großostheim bei Aschaffenburg wird zur Kenntnis genommen.

2. Der Stadtrat bekennt sich zum Bestand des bisherigen Verkehrslandeplatzes.

II. Angaben zu den Kosten:

Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:        ja [   ]        nein [ x  ]

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 0, Dagegen: 0

Datenstand vom 19.03.2019 08:47 Uhr