Neubaugebiet „Anwandeweg“ - Bericht über die arten- und naturschutzrechtlichen Maßnahmen und Ausgleichsflächen


Daten angezeigt aus Sitzung:  1. Sitzung des Planungs- und Verkehrssenates, 15.01.2019

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Planungs- und Verkehrssenat 1. Sitzung des Planungs- und Verkehrssenates 15.01.2019 ö Beschließend 3PVS/1/3/19

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

Die Stadt Aschaffenburg hat 2015 den Bebauungsplan-Nr. 7/6 „Anwandeweg“ zur Rechtskraft gebracht. Ab diesem Zeitpunkt wurde mit der Realisierung der naturschutz- und artenschutzrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen begonnen.
Folgende arten- und naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahme wurden von 2016 - 2018 umgesetzt:

  1. Ökokontogebiet Rosenberg: PIK-Maßnahmen - Blühstreifen, Streuobst, Hecken-Gehölzanpflanzungen, Totholz und Steinhaufen für Zauneidechse
  2. Ausgleichsflächen A1 bis A3 werden nach Fertigstellung der Infrastruktur neuentwickelt
  3. Ausgleichfläche A4: Umsiedlung des Sandmagerrasens auf Zielfläche im Hafengebiet
  4. Ausgleichsfläche A4: Mainaue Nilkheim; Neuanlage Streuobst und extensive Magerwiesen
  5. Ausgleichsflächen A 6: Aufstellen von Höhlen- und Halbhöhlennistkästen am Bischberg
  6. Ausgleichsfläche A7: Ökokontogebiet „Neurod“ Aufstellen von Höhlen- und Halbhöhlennistkästen
  7. Ausgleichsfläche A7.1 Niedernberger Straße, Ersatzhabitat „Schanzbuckel“ für die Zauneidechsen des Neubaugebietes „Anwandeweg“
Ausgleichsfläche 7.2 Bahndamm nördlich Weichertstr. Optimierungshabiat zur Stärkung der lokalen Zauneidechsenpopulation

Artenschutz

  1. Europaweit geschützte Zauneidechse (Lacerta agilis) nach Anhang IV der FFH-RL


Im Vorfeld der im November 2018 beginnenden Baufeldfreimachung, insbesondere die Rodung der Erschließungstrassen, Versickerungsflächen sowie der städtischen Grundstücke wurde 2017 eine Vorkartierung der Zauneidechsen zur Quantifizierung und Verteilung der Populationen im Baugebiet durchgeführt. Von April bis September 2018 wurden auf 16 ha Zauneidechsenlebensraum ca. 600 Exemplare unterschiedlichen Geschlechts und Entwicklungsstufen eingefangen und in den Zielgebieten Ersatzhabitat „Schanzbuckel“ und Ökokontogebiet „Neurod“ umgesiedelt.

Die Kosten der Vorkartierung sowie des Einfangens und des Umsiedlers belaufen sich auf ca. 60.000 Euro.

  1. Streng geschützter holzbewohnender Rosenkäfer (Protaetia aeruginosa) nach Rote-Liste-Arten, RL Deutschland 1, RL Bayer 2; Schutzstatus: streng geschützt)

Zur Vorbereitung der Gehölz- und Heckenrodung mußten im Okotober 2018 ca. 600 strukturerreiche Bäume auf Baum- und Asthöhlen sowie auf Rindenspalten untersucht vom Fachbüro Fabion Würzburg kartiert werden. Es wurden fünf Kategorien gebildet:

Kat. 1: Unbedenkliche Bäume
Kat.2: Bäume, deren Höhlen mit Folie verschlossenen werden
Kat.3: Zu prüfenden Bäume, sind aufgrund von Brombeerhecken nicht zugänglich
Kat. 4: Unter Aufsicht zu fällende Bäume; sind strukturreiche Habitatbäume deren Baumhöhlen nicht ohne Weiteres einsehbar sind
Kat.5: Bäume mit Seilklettertechnik untersuchen

In der Kat. 1, Kat. 2 und Kat 5 wurde kein artenschutzrelevanter Befund kartiert. Kat. 3 und Kat.4 wurden völlig überraschend Käferlarven und Mulm des streng geschützten „Großen Rosenkäfers“ entdeckt. Diese Käferart ist eine Zeigerart für weitere geschützte holzbewohnende Käferarten. Die Habitatbäume (Käferlarvenbäume) wurden sofort gesichert.
In Abstimmung mit der Reg. v. Ufr. - Höhere Naturschutzbehörde sollen kurzfristig 20 Käferlarvenbäume mittels Großbaummaschine verpflanzt und weitere 20 entwurzelte Bäume (Rumpfbäume) in den Zielgebieten Ökokontogebiet „Neurod“ und im FFH-Gebiet „Krämersgrund“ in ihrer Funktion als Fortpflanzungsstätte eingebracht werden. Ziel ist nicht die Erhaltung des Obstbaumes, sondern die Entwicklung der verschiedenen Larvenstadien über die nächsten drei Jahre zu sichern.

In allen vorausgehenden Untersuchungen, wie die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung, gab es keine Anhaltspunkte für ein Vorkommen dieser streng geschützten, holzbewohn-enden Käferart.

  1. Vergabe von Leistungen zur Sicherung, Bergung, Umpflanzen und Umlagerung der Käferlarvenbäume

Der Fund der Käferlarven erfolgte parallel zu den laufenden Rodungsarbeiten in den zukünftigen Straßentrassen. Die gefällten Käferlarvenbäume führten aufgrund der fortschreitenden Rodung zur Behinderung des Baustellenablaufes. Es drohte eine erhebliche Verzögerung der Erschließungsarbeiten.

Um den Baustellenablauf nicht im großen Maße zeitlich erheblich zu behindern mußten folgende Zusatzleistung zeitnah vergeben werden:

  1. Umsetzung der Maßnahmen zur Totholzfauna, Umsiedlung der Käferlarven
entsprechend Anforderung der Reg. v. Ufr. - HNB vom 04.12.2018;
  • Bergen der Käferlarven mit Mulm aus 3 bekannten Larvenbäumen
  • Untersuchungen weiterer, bereits gefällter und sehr strukturreicher Bäume auf Totholzkäferlarven,
  • Auswahl, Markieren und Dokumentieren von 20 Bäumen mit Mulmhöhlen am Anwandeweg,

  1. Auswahl geeigneter Zielflächen und begleitendes Umsetzen der Käferlarvenbäume

  2. Verpflanzung von 20 Käferlarvenbäume mittels Großbaumverpflanzmaschine und Umlagerung weiterer 20 entwurzelte Bäume (Rumpfbäume) in die Zielgebiete Ökokontogebiet „Neurod“ und im FFH-Gebiet „Krämersgrund“. Die Verpflanzung der Käferlarvenbäume sowie die Umlagerung der entwurzelten Käferlarvenbäume ist für die 2. KW 2019 vorgesehen.

Die Zusatzleistung der Ziffern 1 und 2 wurden an das Fachbüro FABION GbR vergeben. Der kalkulierte Kostenansatz der Zusatzleistungen in Höhe von 12.000 € ist aufgrund der zahlreichen Funde an Käferlarvenbäumen nicht einzuhalten.

Hinzukommen die Kosten für die Leistungen zur Ziffer 3, Auspflanzen, Transportieren und Wiedereinpflanzen von 20 Großbäumen sowie von 20 Rumpfbäumen in die Zielgebiete. Diese Leistungen erfordern eine spezielle Großbaumverpflanzmaschine und kann im Umkreis von 200 km nur von einem Anbieter angeboten und zeitnah ausgeführt werden.

Auf der Grundlage einer ersten groben Kostenschätzung des Anbieters wird das Umpflanzen von 20 Großbäumen auf ca.30.000 € veranschlagt. Das Umsetzen von 20 Rumpfbäumen in die Zielgebiete wird Kosten in voraussichtlicher Höhe von 10.000 € verursachen.

Die vorläufig ermittelten Kosten für Untersuchungen, Sicherung, Bergen und Umsetzen der Käferlarven belaufen sich derzeit auf insgesamt ca. 52.000 €, zuzüglich der noch nicht ermittelten Mehrkosten zur Sicherung der Käferlarvenbäume.

Die Kostendeckung erfolgt über die HHST 6375.9550.

Die Vergabe der Leistungen soll soweit möglich im Wettbewerb als freihändige Vergabe nach Vorlage eines kalkulierten Leistungs- und Honorarangebotes erfolgen.


Bilder
Die nachfolgenden Bilder wurden freundlicher Weise vom Büro FABION GbR zur Verfügung gestellt.

Karte 1: Übersichtsplan Fortschritt die Baumkartierung; Stand 10.2018


 
Bild 1 und 2: Großer Rosenkäfer

Bild 3: Lebensraum der Käferlarven

Bild 4: Käferlarven des Großen Rosenkäfers

Bild 5: Baum mit fehlendem und pilzdurchsetztem Kernholz

.Beschluss:

I.

1.        Der Stadtrat nimmt den Bericht der Verwaltung über die arten- und naturschutzrechtlichen Ausgleichsmaßnahme zum Neubaugebiet „Anwandeweg“ zur Kenntnis.

2.        Der Stadtrat beauftragt die Verwaltung, die artenschutzrechtlichen Maßnahmen umzusetzen und die zusätzlichen Leistungen der Ziffern 1 bis 3 im Rahmen des Wettbewerbs als freihändige Vergabe zu vergeben.

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 16, Dagegen: 0

Datenstand vom 03.04.2019 08:29 Uhr