Busantriebskonzepte für eine innenstadtverträgliche ÖPNV Mobilität


Daten angezeigt aus Sitzung:  1. Sitzung des Werksenates, 04.04.2019

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Werksenat 1. Sitzung des Werksenates 04.04.2019 ö Beschließend 3WS/1/3/19

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

Bereits seit vielen Jahren arbeiten die Fahrzeughersteller und Zulieferer an der Vision „Zero Emission“. Dahinter steht der Anspruch, Fahrzeuge herzustellen, die weder Abgase noch CO2 ausstoßen.
Der Busverkehr stellt insbesondere in innerstädtischen Räumen eine wichtige Säule innerhalb der Personenbeförderung dar.
Vor dem Hintergrund der Diskussion um Schadstoffemissionen und alternative Antriebskonzepte stellt sich daher die Frage, welchen Beitrag der Busverkehr bereits heute zum Umwelt- und Klimaschutz leisten kann.
Drohende Einfahrbeschränkungen in Innenstädten, steigende NOx-Belastung, CO₂-Ausstoß – diese Schlagworte prägen zunehmend den Alltag von Verkehrsunternehmen und Kommunen. Fieberhaft versuchen alle Beteiligten, die Emissionen im ÖPNV weiter zu senken. Die Lösung dafür scheint aber nicht einfach zu sein, immer wieder gibt es neue technologische und mediale Hypes.
Neben den technisch ausgereiften und mit EURO VI-Norm äußerst abgasarmen Dieselbussen gibt es für Linienbusse bereits zahlreiche weitere Antriebsarten im täglichen Betrieb: Hybrid-, Gas-, Wasserstoff- oder Oberleitungs-Busse sind seit vielen Jahren im Nahverkehr unterwegs.

Die folgende Zusammenstellung soll eine grobe Übersicht der Aktivitäten der Stadtwerke der letzten Jahre bezüglich möglicher Antriebskonzepte geben.

08. Juli 2004 Werksenat
       - Beschaffung von Erdgasbussen beschlossen

07.Oktober 2004 Werksenat
       - Aufhebung des Beschlusses zur Beschaffung von Erdgasbussen

06. Juni 2005 Plenum
       - Beschluss; PKW und Kleintransporter werden nach Möglichkeit mit                               
              Erdgasantrieb beschafft.
         Busse und LKW weiterhin dieselbetrieben mit Partikelfilter.

04.Dezember 2008 Werksenat
       - Vorstellung Antriebskonzept Hybridantrieb.

04. März 2010 Werksenat
       - Bericht über den Einsatz von Wasserstoff als Energieträger für die Busflotte.

23. März 2015 Einladung Werksenat in den Verkehrsbetrieb
       - Bericht über einen möglichen Einsatz von Low-Entry-Bussen

21.Juli 2016 Werksenat
       - Bericht über die unterschiedlichen Antriebskonzepte für Linien-Stadtbusse.
         Erdgas, Hybrid, Elektro, Brennstoffzelle, Diesel.

14.Juni 2018 Werksenat
       - Vorstellung des Ergebnisses zur Überprüfung der Emissionen von Euro III und Euro
              VI Linienbussen im Realbetrieb.

25.Juni 2018
       - Exkursion der Energie- und Klimaschutzkommission gemeinsam mit dem Werksenat
             nach Wuppertal und Köln, Thema E-Busse.

11. Oktober 2018 Werksenat
       - Busantriebskonzepte – Vorstellung des Vergleiches von konventionellen und alternativen
             Antrieben, bezogen auf das Bedienungsgebiet der Stadtwerke Aschaffenburg, durch  
             Belicon.
        Folgende Antriebskonzepte wurden in die Betrachtung einbezogen: Diesel, Hybrid,
            Erdgas, Biogas, Wasserstoff, E-Antrieb.

06.Dezember 2018 Werksenat
       - Bericht über die Antriebstechnologien der Stadtbusse

Die Stadtwerke wurden beauftragt den Einsatz von Biogas als mögliche zukunftsfähige Antriebstechnologie, unter Einbeziehung der folgenden Punkte, zu prüfen.

  • Fahrzeug- Anschaffungs-Instandhaltungs-Wartungskosten
  • Betriebshofmanagement
  • Umbau der Unterstellhalle für die Busse
  • Bau einer Gastankstelle
  • Biomethan-Gaspreis


Antriebskonzept Biogas

Im öffentlichen Personennahverkehr werden immer mehr Erdgasbusse als wirtschaftliche, umweltfreundliche und zukunftssichere Alternative zum konventionellen Dieselantrieb eingesetzt. Im Vergleich mit anderen fossilen Brennstoffen weist Erdgas eine besonders hohe CO2-Effizienz auf. Außerdem verbrennt Erdgas sehr sauber und sorgt damit für geringe Motor-Rohemissionen bei den Luftschadstoffen Kohlenmonoxid, Kohlenwasserstoffe, Stickoxide und Partikel.
Bei der Nutzung von Biogas können die Busse sogar CO2-neutral betrieben werden. Biogasbusse bauen auf der konventionellen Verbrennungsmotortechnik auf, sind vergleichsweise kostengünstig und bieten ohne großen Aufwand bessere Emissionswerte als der Euro-6-Diesel.
Dies trifft aber nur unter der Voraussetzung zu, dass Biogas vollständig aus Dung, biogenen Abfallstoffen bzw. Abwässern erzeugt wird.
Wirtschaftlichkeitsberechnungen bzw. Vergleiche zwischen Dieseltechnologie EURO VI und erdgasbetriebenen Bussen wurden bundesweit mehrfach erarbeitet. Eine Übernahme der Ergebnisse 1:1 auf Aschaffenburger Verhältnisse ist dennoch nicht möglich.
Der zugrundeliegende Vergleich zieht nur kostenrelevante Bereiche in Betracht und setzt sich wie nachfolgend erläutert zusammen:

a)        Die Investitionskosten der Tankstelle betragen rund 765 T€. Diese Ausbaustufe ist in der Lage die Busersatzbeschaffungen den nächsten zehn Jahre, oder aber 30 Busse abzudecken. Kommen weitere Fahrzeuge zum Einsatz, dann muss die modular aufgebaute Anlage erweitert werden.

b)        Die fixen und die variablen Kosten für einen erdgasbetriebenen Bus liegen bei ca. 11 T€ über denen eines vergleichbaren dieselbetriebenen Busses im Jahr. Hochgerechnet, auf die in den nächsten 10 Jahren geplanten Busersatzbeschaffungen (30 Fahrzeuge), summiert sich der Mehraufwand gegenüber einem Diesel Euro VI auf insgesamt 1,8 Mio€.

c)        Die Kosten für den Umbau der Omnibus-Abstellhalle betragen insgesamt T€ 984. Dieser Umbau wird erforderlich, da die Einfahrtshöhe in der Abstellhalle für Erdgasbusse mit obenliegenden Tanks nicht ausreichend ist.

Die gesamten Mehrkosten innerhalb der nächsten 10 Jahren betragen dementsprechend etwas mehr als 3,5 Mio€.
Die Biomethantechnologie stellt sich als ökologisch sinnvoll und ökonomisch vertretbar heraus. Dennoch kann keine Empfehlung für diese Technologie ausgesprochen werden, da die EU-Kommission als Teil ihres „zweiten Mobilitätspakets“ einen Richtlinienvorschlag (COM(2017) 653 final) zur Überarbeitung der sog. „Clean Vehicles Richtlinie“ 2009/33/EG vorgelegt hat, welche die Antriebskonzepte neu definiert. Außerdem vertreten die Stadtwerke die Auffassung, dass Verbrennungsmotoren langfristig durch Elektroantriebe ersetzt werden und daher nur als Brückentechnologie betrachtet werden können.

„Clean Vehicles Richtlinie“

Das bisher geltende Recht fordert, dass bei der öffentlichen Beschaffung von Fahrzeugen deren
Energieeffizienz und Auswirkungen auf die Umwelt über deren gesamte Lebensdauer berücksichtigt werden muss. Dies konnte technologieoffen und in zugleich ökologisch und wirtschaftlich vertretbarer Weise durch die Beschaffung von Fahrzeugen mit z.B. besonders geringem Kraftstoffverbrauch und damit geringen CO2-Emissionen erfolgen.

Nunmehr will die Kommission die Mitgliedstaaten zu bestimmten Quoten bei der öffentlichen
Beschaffung von Fahrzeugen mit fest vorgegebenen und von der Kommission als „sauber“ definierten Antriebskonzepten verpflichten.
So sollen ab Inkrafttreten der Richtlinie bis zum Jahr 2025 in Deutschland 50 Prozent (bis 2030: 75 Prozent) der durch Behörden oder Betreiber von Verkehren im Sinne der VO (EG) Nr. 1370/2007 neu gekauften sowie geliehenen, geleasten und mit Fahrer angemieteten Busse den von der Kommission vorgegebenen „sauberen“ Antriebskonzepten entsprechen.

Definition sauberer Fahrzeuge

  • Elektrizität (inklusive Hybrid-Fahrzeuge, die nur teilweise Elektrizität nutzen)
    Für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor dürfen die Real Driving Emissions als Prozentsatz der Emissionsgrenzwerte nicht über 80% betragen.

  • Wasserstoff

  • Biokraftstoffe (ausgenommen solche, die nicht in der Erneuerbaren-Richtlinie RED II
    aufgelistet sind oder aus Palmöl hergestellt werden)

  • Synthetische und paraffinhaltige Kraftstoffe

  • Erdgas, einschließlich Biomethan, sowohl CNG als auch LNG

  • Flüssiggas (LPG)


Definition emissionsfreie Fahrzeuge

Alle Fahrzeugtypen ohne CO2-, NOx- und Partikelemissionen.

— H2-Brennstoffzellen-Busse
— Batterieelektrische Busse
— sowie Busse die mit Bio-Methan betrieben werden.

Achtung: Deckelung zur Vermeidung von Landnutzungsänderungen zur Vermeidung der Nutzung von Nahrungs- und Futtermittelpflanzen.


Beschaffungsquoten:



Anwendungsbereich:

Die Richtlinie gilt für Kauf, Leasing, Anmietung, Mietkauf

Zeitrahmen:

Nach Inkrafttreten der Richtlinie haben die Mitgliedsstaaten 24 Monate Zeit für die Umsetzung. Der VDV geht von einem Inkrafttreten im IV.Q 2019 aus.

  • 1. Quote: ab dem Datum der Umsetzung der Richtlinie (IV.Q 2021) bis zum
        31. Dezember 2024.

  • 2. Quote: vom 1. Januar 2025 bis zum 31. Dezember 2029.

Es zählt das Datum, an dem der Beschaffungsvertrag unterzeichnet wurde.
Der Kommissionsentwurf steht somit einer vollständigen Umstellung der Busflotte der Stadtwerke Aschaffenburg auf Biomethangas entgegen.
Nicht zuletzt dadurch werden die Forderungen nach einem rein elektrischen Betrieb von Bussen steigen. Deshalb scheint die Elektrifizierung unumgänglich.

Umstellung E-Mobilität

Obwohl der Handlungsdruck immer größer wird, sind auf deutschen Straßen bislang nur wenige ausschließlich elektrisch angetriebenen Busse unterwegs. Zwar setzen einige Städte bei Pilotprojekten auf reine E-Busse mit Batterien oder Brennstoffzellen, doch ist deren Anzahl insgesamt nach wie vor sehr überschaubar.
Das durch den Bund initiierte Förderprogramm „Saubere Luft“ hat die Beschaffung von E-Bussen vorangebracht. Allerdings ist die Nachfrage deutlich stärker als Mittel zu Verfügung stehen. Das macht die Entscheidung die Busflotte zu elektrifizieren schwer, da eine zuverlässige Planung der Finanzierung nicht möglich ist. Aufgrund der vielen Anträge, hat der Fördermittelgeber ein Punkte-Bewertungssystem eingeführt und eine Mindestabnahme von 6 Bussen vorgegeben.
Um die Hürde der Mindestabnahmemenge zu erreichen, aber auch um die Chance eines positiven Förderbescheides zu erhöhen, haben sich sechs kleine und mittlere Verkehrsbetriebe in Bayern, zu einer Kooperation zusammengeschlossen.

Kooperation

Alle Partner arbeiten bereits im Rahmen des „Verband Deutscher Verkehrsunternehmen“ (VDV), Landesgruppe Bayern zusammen. Sie sind Mitglieder des „Arbeitskreises kleiner und mittlerer Verkehrsunternehmen in Bayern“.
Im Rahmen dieses Arbeitskreises bilden die Partner zur gemeinsamen Beschaffung von elektrisch angetriebenen Stadtbussen und der für die Ladung notwendigen Einrichtungen die Kooperation „E-Busprojekt kleiner und mittlerer Verkehrsbetriebe in Bayern“.
Das Ziel des Projektes ist es, auch außerhalb der Ballungsräume, einen nachhaltigen ÖPNV durch den Einsatz elektrisch angetriebener Stadtbusse in den bayerischen Klein- und Mittelstädten zu ermöglichen.
Dabei sollen Synergien bei der Systemkonzeption der Beschaffung von Bussen und der Ladeinfrastruktur herausgearbeitet und genutzt werden.
Dazu gehören insbesondere die Mitwirkung, unter Berücksichtigung der jeweiligen spezifischen Bedürfnisse eines jeden Verkehrsbetriebes, an der Erstellung von:

-        Erarbeitung einer gemeinsamen Projektskizze
-        Einreichung eines gemeinsamen Förderantrages
-        Lastenhefte für die Beschaffung von Fahrzeugen und Ladeeinrichtungen
-        Machbarkeitsstudie

Die Förderung ist nach den Richtlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020 (UEBL) zu erlangen und muss fristgerecht zum 30.04.2019 eigereicht werden.
Die angestrebte Förderquote beträgt 80% der Mehrkosten.

Empfehlung

Angesichts der noch unklaren Rechtslage (Clean-Vehicles-Richtlinie), einer Unsicherheit bei der Förderung sowie bei der Verfügbarkeit von E-Bussen, empfehlen die Stadtwerke deshalb eine mehrstufige Modernisierung der Busflotte.
Kurzfristig eine Erneuerung der alten EURO II Fahrzeuge durch EURO VI/EURO VI – Hybrid-Busse. Bereits diese Maßnahme kann zu einer deutlichen Reduzierung der Umweltbelastungen beitragen.



Gleichzeitig erfolgt ein schrittweiser Ausbau der lokal CO2- freien Elektrobusse, orientiert an den am Markt zur Verfügung stehenden, ausgereiften Fahrzeuge sowie am hierfür nötigen Auf- und Umbau der Infrastrukturen in Verbindung mit einer Förderzusage.
Nur so lassen sich die Vorteile der E-Mobilität bestmöglich in der Praxis erproben, ohne zunächst umfangreiche und kostenintensive Anpassungen gegenüber dem Status quo vorzunehmen. Wie bereits im Wirtschaftsplan 2019 vorgesehen soll zunächst mit einem E-Bus gestartet werden.

.Beschluss:

I. Der Bericht der Stadtwerke Aschaffenburg zur zukünftigen Ausrichtung der Busantriebe für eine innenstadtverträgliche ÖPNV Mobilität wird zur Kenntnis genommen (Anlage 2).

II. Angaben zu den Kosten:

Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:
ja [   ]
nein [ X ]

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 0, Dagegen: 0

Datenstand vom 30.07.2019 08:31 Uhr