Behandlung des Antrages der SPD-Stadtratsfraktion, Frau Karin Pranghofer vom 19.02.2019 wegen "Rufbushaltestellenkonzept auch in Aschaffenburg sinnvoll und möglich?"; - Bericht der Stadtwerke Aschaffenburg


Daten angezeigt aus Sitzung:  1. Sitzung des Werksenates, 04.04.2019

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Werksenat 1. Sitzung des Werksenates 04.04.2019 ö Beschließend 10WS/1/10/19

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

Das Rufbushaltestellenkonzept beinhaltet die Einrichtung von Rufbushaltestellen. Rufbushaltestellen sind Bestandteil einer regulären Buslinie und werden nur angefahren, wenn eine Bestellung eines Fahrgastes vorliegt. Die Bedienung der Rufbushaltestelle erfolgt mit normalen Linienbussen. Der Fahrgast zahlt den Regeltarif. Es werden keine Aufschläge wie beispielsweise beim AST erhoben.

Das Rufbushaltestellenkonzept vermeidet abschnittsweise Leerfahrten zu abgelegenen und schwach frequentierten Haltestellen. Dadurch kann Kraftstoff eingespart und ein Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz geleistet werden. Das Konzept bietet die Möglichkeit, ein Angebot in verkehrsschwachen Randzeiten und –zonen zu schaffen und die Attraktivität des ÖPNV im Bereich der Rufbushaltestelle zu steigern.

Die Rufbushaltestellen sind in den Fahrplan integriert und als solche gekennzeichnet. Wenn Fahrten nicht abgerufen werden, dient die gewonnene Zeit als Puffer. Einsteiger bestellen ihre Fahrt telefonisch oder über eine Rufbus-Säule. Aussteiger geben ihren Wunsch bereits beim Einstieg dem Fahrpersonal bekannt.

Ausführungsmöglichkeiten:

Bei der telefonischen Anforderung gibt der Fahrgast seinen Fahrtwunsch telefonisch in der Leitstelle des Verkehrsunternehmens bekannt. Die Telefonnummer wird an der Haltestelle veröffentlicht. Ein Mitarbeiter in der Leitstelle nimmt die Anforderung entgegen und informiert das Fahrpersonal über Funk. Durch den erhöhten dispositiven Aufwand ist eine Bestellung mindestens 30 Minuten im Voraus notwendig und erfordert eine ständige Erreichbarkeit der Leitstelle. Eventuell muss hierfür zusätzliches Leitstellenpersonal vorgehalten werden. Für den Fahrgast bedeutet die lange Vorlaufzeit einen Verlust an Flexibilität und gleichzeitig ist die Nutzung an den Besitz eines Mobiltelefons geknüpft. Für den Kunden können zusätzliche Kosten für das Telefonat entstehen. Eine anonyme Bestellung ist nicht möglich.

Für eine Anforderung per Rufbus-Säule wird an der entsprechenden Haltestelle eine sogenannte Rufbus-Säule installiert. Eine Rufbus-Säule besteht aus einem Mast, einer Haltestellenbox mit Display und Bestelltaste für den Fahrgast, einem Solarpaneel für die Stromversorgung und einer Antenne für die Datenübertragung. Zusätzlich wird ein Fahrplanaushang mit Informationen zur Funktionsweise angebracht.

Für jede Linie und Fahrtrichtung wird eine eigene Säule benötigt. Die Säulen sind unabhängig vom Stromnetz, da sie über Solarzellen und Akkus mit Strom versorgt werden. In Zeiten, in denen kein Bus bestellbar ist, schaltet die Rufbus-Säule in einen Ruhemodus, um Strom zu sparen. Die Aktualisierung der Fahrplandaten in der Box und die Übertragung der Anforderungen erfolgt über Mobilfunk. Neben den Anschaffungskosten für die Säule von ca. 5.000 Euro fallen Kosten für die Datenübertragung sowie die Wartung und Instandhaltung an.

Wenn ein Fahrgast an der Rufbushaltestelle einsteigen möchte, muss er den Knopf an der Box drücken. Auf dem Display wird jeweils die nächste bestellbare Fahrt angezeigt. Innerhalb eines Zeitfensters (z.B. 20 Minuten bis 3 Minuten vor der planmäßigen Abfahrtszeit des Busses) kann die Fahrt bestellt werden. Drückt der Fahrgast den Knopf, wird die Bestellung an das Fahrpersonal des entsprechenden Busses gesendet. Die Bestellung wird auf dem Display des Fahrscheindruckers angezeigt und das Fahrpersonal muss die Bestellung bestätigen. Der Fahrgast erhält dadurch eine Rückmeldung und ggf. eine Verspätungsinformation. Der Bestellvorgang ist automatisiert und entlastet die Leitstelle. Voraussetzung ist das Vorhandensein eines rechnergestützten Betriebsleitsystems (RBL), in das die Säule eingebunden werden kann. Für die Implementierung eines neuen RBL-Systems entstehen zusätzliche Kosten. Alternativ ist es möglich, dem Fahrpersonal die Bestellung als SMS auf ein Mobiltelefon zu senden, der Eingang des SMS wird allerdings nicht bestätigt.

Die Bestellung des Busses über die Rufbus-Säule ist für den Fahrgast einfach zu begreifen und besitzt gegenüber des „normalen“ Linienverkehrs nur geringe Nachteile. Der Fahrgast muss wenige Minuten früher an der Haltestelle erscheinen und sich frühzeitiger auf den Fahrtwunsch festlegen. Beim Vergleich der beiden Bestellvarianten erscheint die Bestellung über eine Rufbus-Säule für den Fahrgast vorteilhafter.

Die Wirtschaftlichkeit des Systems hängt davon ab, wie stark die Einspareffekte durch die Rufbushaltestelle sind. Je geringer die Anforderungsquote an einer Rufbushaltestelle ist, desto höher sind die möglichen Einsparungen. Das Einsparpotenzial ist auch von der Streckenlänge abhängig. Es können nur kilometerabhängige Kosten wie für Treibstoff und Instandhaltung eingespart werden.

Anwendbarkeit im Stadtbusliniennetz:

Die Anwendbarkeit auf den Busbetrieb der Stadt Aschaffenburg soll am Beispiel der Haltestelle „Strietwald, Nordfriedhof“ geprüft werden. Auf der Linie 2 nach Strietwald werden an Schul- und Ferientagen sieben, an Samstagen fünf und an Sonn- und Feiertagen drei Fahrten über den Nordfriedhof geführt. Für die Fahrt über den Nordfriedhof wird eine zusätzliche Fahrzeit von fünf Minuten benötigt und eine Strecke von 1,6 Kilometern zurückgelegt.

Bei einer Anwendung des Rufbuskonzeptes würde die Haltestelle Nordfriedhof als Rufbushaltestelle ausgewiesen. Die Haltestelle würde nur angefahren, wenn eine Bestellung vorliegt. Für jede nicht angeforderte Fahrt könnten somit 1,6 Kilometer Wegstrecke eingespart werden.

Für den Busbetrieb in Aschaffenburg wäre eine Bestellung über die Rufbus-Säule vorzuziehen. Eine Bestellung über das Telefon erscheint nicht praktikabel, weil dadurch zusätzliche Kapazitäten beim Leitstellenpersonal gebunden werden und eine permanente Erreichbarkeit nicht sichergestellt ist. Dies würde zu einem zusätzlichen Personalaufwand führen. Voraussetzung für den Betrieb einer Rufbus-Säule ist jedoch das Vorhandensein eines RBL-Systems. Ein solches System nutzen die Stadtwerke Aschaffenburg gegenwärtig nicht. Langfristig ist jedoch geplant, ein RBL einzuführen. Die alternative Bestellung über SMS scheint ebenso nicht machbar, weil dafür zusätzliche Diensthandys (für jeden betroffenen Fahrer) bereitgestellt werden müssen. Gleichzeitig darf das Fahrpersonal diese Geräte während der Fahrt nicht benutzen.

Bei einer Annahme, dass 50% der Fahrten abgerufen werden, könnten im Jahr 1.800 Kilometer eingespart werden (bezogen auf das Fahrtenangebot 2019). Dies würde jährlich zu einer Einsparung von etwa 720 Litern Diesel und etwa 800 Euro führen. Bei einem Beschaffungspreis von 5000 Euro für die Säule beträgt die Amortisationszeit 6,25 Jahre. Die Kosten für den Betrieb der Säule sowie die Implementierung eines RBL-Systems sind hierbei noch unberücksichtigt. Vandalismus oder Missbrauch der Säule sind nicht auszuschließen. Gerade bei der abgelegenen Haltestelle am Nordfriedhof gibt es unter Umständen keine ausreichende soziale Kontrolle.

Eine Zeitersparnis kann durch die Einrichtung der Rufbushaltestelle nicht erreicht werden. Die Fahrzeit für die Fahrt zum Nordfriedhof muss im Fahrplan einkalkuliert werden, auch wenn tatsächlich kein Fahrtwunsch vorliegt. Die Zeit muss in diesem Fall an den Haltestellen Herrenwaldstraße oder Strietwaldstraße abgewartet werden, da sonst zu früh gefahren würde. Für die übrigen Fahrgäste, mit dem Fahrziel Strietwaldstraße, Waldbrunnenweg, Gaußweg oder Bunsenweg verkürzt sich dadurch die Fahrzeit nicht. Vielmehr müssen diese die Abfahrtszeit an den oben genannten Haltestellen abwarten, was von Fahrgästen als unangenehm und unattraktiv empfunden wird.


Wird kein Puffer für die Rufbushaltestelle vorgesehen, würde der Bus im Falle einer Bestellung immer mit Verspätung weiterfahren und die Anschlüsse am ROB könnten nicht gehalten werden.

Aus Sicht des Verkehrsbetriebes kann die Einrichtung von Rufbushaltestellen im Busbetrieb und im aktuellen Liniennetz für Aschaffenburg nicht empfohlen werden, insbesondere solange die technischen Voraussetzungen nicht gegeben sind.

.Beschluss:

I. Der Bericht der Stadtwerke zum Antrag der SPD-Stadtratsfraktion, Frau Karin Pranghofer, vom 19.02.2019 bezüglich eines Rufbushaltestellenkonzeptes in Aschaffenburg wird zustimmend zur Kenntnis genommen.

II. Angaben zu den Kosten:

Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:
ja [   ]
nein [ x ]

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 0, Dagegen: 0

Datenstand vom 30.07.2019 08:31 Uhr