Der Kultur- und Schulsenat wurde in seiner Sitzung am 21.11.2018 über das Künstlerhaus „Altes Forstamt“ und die Brentano-Akademie in Kenntnis gesetzt. Der Senat hat die Planungen für die Brentano-Akademie einstimmig gebilligt.
Nachfolgend werden inhaltlicher Ansatz, Programmkonzept und Finanzierungsplan der Brentano-Akademie 2020 näher erläutert:
1. Inhaltlicher Ansatz
1.1. Die Familie Brentano und Aschaffenburg
Clemens Brentano (1778–1842), einer der bedeutendsten Autoren der deutschen Romantik, Mitherausgeber der berühmten Volkslied-Sammlung „Des Knaben Wunderhorn“ und Schöpfer der Sage von der Loreley, Autor von hochkomplexen Kunstmärchen, Stückeschreiber und Verfasser von religiösen Andachts- und Gedenkschriften, ist mit der Stadt Aschaffenburg eng verbunden: Im Haus seines Bruders Christian verlebte er die letzten Wochen seines Lebens und starb hier am 28. Juli 1842. Er wurde im Grab der Familie Brentano auf dem Aschaffenburger Altstadtfriedhof bestattet.
Die Erfolgsgeschichte der weit verzweigten Kaufmannsfamilie Brentano führte im Laufe mehrerer Jahrhunderte vom Comer See an den Main. Von Frankfurt aus unterhielten die weltoffenen und kunstsinnigen Brentanos aber nicht nur Handelsbeziehungen nach nah und fern, sondern sie übten auch prägende Einflüsse auf das kulturelle und wissenschaftliche Leben aus.
Neben dem Stammhaus in Frankfurt kommt der Stadt Aschaffenburg eine wichtige Bedeutung in der Familiengeschichte zu. Christian Brentano führte hier ein gastfreundliches Haus, in dem auch die Brüder Grimm und ihr malender Bruder Ludwig Emil Grimm gern gesehen waren; eine humoristische Skizze aus seinem „Reisetagebuch in Bildern“ trägt den Titel „In Aschaffenburg – Christian Brentanos Vorlesung“. Drei Mitglieder der Familie sind in Aschaffenburg bestattet: Clemens, Christian und Ludovica (Lulu) Brentano. Der Philosoph Franz Brentano, Christians Sohn, verbrachte hier seine Kindheit.
Deshalb ist es an der Zeit, an die Bedeutung Aschaffenburgs für den Kreis der Romantiker und ihre Nachwirkung in der europäischen Geistesgeschichte anzuknüpfen und die Tradition der Familie auf lebendige Weise fortzuschreiben.
1.2. Die „Brentano-Akademie“ Aschaffenburg
Die Stadt Aschaffenburg hat gemeinsam mit Dr. Stephan Dessauer, dem Eigentümer des Künstlerhauses „Altes Forstamt“, die „Brentano-Akademie Aschaffenburg“ gegründet. Dem geistig vitalen, vielseitig interessierten und für neue Entwicklungen stets aufgeschlossenen Charakter der Familie Brentano entsprechend, möchte die Brentano-Akademie kreativen künstlerischen und literarischen Entwicklungen Raum geben. Dabei soll die interdisziplinäre Vernetzung von Musik, Literatur, bildender und darstellender Kunst sowie geisteswissenschaftlicher Reflexion im Fokus stehen.
Von besonderer Bedeutung ist die enge Zusammenarbeit mit Kultureinrichtungen des Rhein-Main-Gebiets. Die Vorbereitung und Durchführung des Projekts geschieht in enger Abstimmung mit Prof. Dr. Wolfgang Bunzel, dem Koordinator der Brentanoabteilung des Freien Deutschen Hochstifts Frankfurt und Dr. Ulrike Kienzle, die u.a. mit der musikwissenschaftlichen Expertise für das Deutsche Romantik-Museum in Frankfurt betraut ist und 2019 eine viel beachtete Ausstellung über Clara Schumann im Institut für Stadtgeschichte Frankfurt kuratiert hat. Weitere Kooperationspartner sind das Goethehaus Frankfurt und das Brüder-Grimm-Haus in Steinau.
1.3. „1. Brentano-Akademie“ vom 01. bis 06.06.2020 in Aschaffenburg
Das erste Festival im Rahmen der Brentano-Akademie findet vom Montag, 01.06. bis Samstag, 06.06.2020 in Aschaffenburg statt. Es steht unter dem Motto „Brentano und Italien“ und hat zum Leitspruch das Zitat aus einem Brief Achim von Arnims vom 09. Juli 1802: „Der Vater ein Südländer {…} die Mutter ganz Deutsche“.
Schirmherren sind Bernd Sibler, Bayerischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst und Angela Dorn, Hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst
Die „Brentano-Akademi 2020“ enthält die nachfolgend beschriebenen Programmbeiträge:
Konzerte: Die Konzertprogramme im Stadttheater greifen den inhaltlichen Bezug zum Motto oder literarische Vorlagen von Brentano auf:
- Im Eröffnungskonzert interpretieren Regula Mühlemann (Sopran) und Andre Schuen (Bariton) mit Daniel Heide (Klavier) das Italienische Liederbuch von Hugo Wolf (1860-1903).
- Im Abschlusskonzert des Meisterkurses präsentieren sich die Teilnehmer mit Brentano-Vertonungen auch zeitgenössischer Komponisten.
- Im Konzert zur Brentano-Nacht am 06.06. thematisieren Julian Prégardien (Tenor) und Gerold Huber (Klavier) das Motto „Sehnsucht nach Italien“.
Wilhelm Heinse: „Tagebuch einer Reise nach Italien: Wilhelm Heinse (1746-1803), bedeutender Schriftsteller, Gelehrter und Bibliothekar, lebte von 1795 bis 1803 in Aschaffenburg. Er war Bibliothekar an der kurfürstlichen Hofbibliothek, vollendete hier seinen Musikroman „Hildegard von Hohenthal“ und schrieb den Roman „Anastasia und das Schachspiel“. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Altstadtfriedhof in der Nähe des Brentano-Grabs.
Von 1800 bis 1803 unternahm er eine Reise nach Italien. Sein Tagebuch ist eines der interessantesten Italienbücher des 18. Jahrhunderts, vergleichbar mit Goethes „Italienischer Reise“. In einer Veranstaltung mit dem renommierten Heinseforscher und Herausgeber der Heinse-Nachlass-Edition Prof. Dr. Markus Bernauer und dem Schauspieler Friedhelm Ptok wird Heinses „Tagebuch einer Reise nach Italien“ vorgestellt.
Märchenerzählungen: In drei Vormittagsveranstaltungen werden im Gewölbesaal des Alten Forstamts Italienische Märchen von Clemens Brentano erzählt.
Meisterkurs: Ausgezeichnete Nachwuchskünstler aus dem Bereich Liedgesang und ihre Begleiter erarbeiten an drei Tagen im Alten Forstamt unter Leitung von Prof. Julian Prégardien und Prof. Gerold Huber ein Liedprogramm, das im Konzert am 03.06. im Stadttheater aufgeführt und in der Folge im Goethehaus Frankfurt und im Konzerthaus Blaibach wiederholt wird.
Brentano-Rundgang: Ein Stadtspaziergang führt zu Stationen, die mit Leben, Werk und Rezeption Brentanos in Verbindung stehen: Im Schloss Johannisburg befindet sich die Hofbibliothek, die Brentano 1808 besichtigte und in deren Gästebuch er sich eingetragen hat. Das Alte Forstamt steht für die heutige Beschäftigung mit Clemens Brentano. Der Weg führt weiter über das Brentanohaus zum Altstadtfriedhof, in dem sich das Brentano-Grab befindet. Letzte Station ist das Stadt- und Stiftsarchiv mit dem bedeutenden Brentano-Nachlass.
Ausstellungen: Edita Pröbstle hat Illustrationen zu Brentano-Märchen geschaffen, die im Alten Forstamt gezeigt werden. Ergänzt wird diese Ausstellung durch Ansichten des Brentano-Hauses von Adalbert Hock und Skulpturen von Edita Pröbstle im Außenbereich.
Exkursion: Die Exkursion führt zum Hofgut Trages der Familie von Savigny. Hof Trages entwickelte sich Anfang des 19. Jahrhunderts zum Treffpunkt und Rückzugsort zahlreicher später bekannt und berühmt gewordener Persönlichkeiten, die mit der deutschen Romantik verbunden sind. Dazu zählte der Jurist und spätere preußische Minister Friedrich Carl von Savigny (1779–1861), der den Hof von seinem Vater geerbt hatte. Friedrich Carl von Savigny war mit Clemens Brentano befreundet. Im alten Gästezimmer des Hofguts sind Wandzeichnungen zu besichtigen, die von Clemens und Christian Brentano stammen. Die Exkursion steht unter der Leitung der ausgewiesenen Brentano-Kennerin Dr. Brigitte Schad.
Programmkino: Das Programmkino Casino zeigt den deutschen Spielfilm „Das Gelübde“. Das Drehbuch basiert auf dem 1999 erschienenen, gleichnamigen Roman von Kai Meyer.
Zum Inhalt: Der Dichter und Lebemann Clemens Brentano will seinen bisherigen Lebensstil aufgeben. Zum Katholizismus konvertiert, legte er 1817 die Generalbeichte ab. Er begibt sich im Jahre 1818 ins westfälische Dülmen, wo er auf die Nonne Anna Katharina Emmerick trifft, die seinen Entschluss, den weltlichen Dingen vollständig abzuschwören und sich ganz der „wundervollen Geistigkeit“ hinzugeben, bestärkt. Er zeichnet im Laufe von sechs Jahren in Dülmen die Visionen der Nonne an deren Krankenlager in vierzig Foliobänden auf.
Tanzworkshop: "Ma come balle bella bimba" - Singen und Tanzen - den ganzen Tag. Ballerina Lucy Van Cleef zeigt die Schritte, Pianist Christopher Miltenberger und Sänger Johannes Held bringen Kinder-, Volks- und Kunstlieder aus Italien und Deutschland mit. Singen, Bewegen und Tanzen stehen im Mittelpunkt dieses Workshops. Voraussetzungen gibt es keine. Jede und jeder im Alter von 6 bis 12 Jahren sind eingeladen, mitzumachen.
Offenes Singen: Mitglieder des hochdekorierten Kammerchors „Ars Antiqua“ unter Leitung von Stefan Claas gestalten ein offenes Singen, zu dem Menschen aller Alters- und Interessengruppen eingeladen sind. Auf dem Programm stehen italienische Volkslieder, Kanons und Lieder mit Texten Clemens Brentanos.
Brentano-Nacht: An das Abschlusskonzert im Stadttheater schließt sich eine Brentano-Nacht an, in der an verschiedenen Orten „Brentano und Italien“ in den unterschiedlichsten Facetten thematisiert wird. Im Stadttheater präsentieren sich insgesamt vier überregional renommierte Poetry Slammer, deren Beiträge Bezüge zu Brentano-Texten aufweisen. Das Stadt- und Stiftsarchiv gibt Einblick in den Brentano-Nachlass mit Zeugnissen von Christoph Martin Wieland, Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Ebert, Gustav Stresemann, Paul von Hindenburg und natürlich der Brentano-Familie. Ein Stadtrundgang führt zu den Brentano-Gedenkstätten. Kleinkunst gibt es im Keller der Gaststätte „Zum Fegerer“ u.a. vom Brentano-Theater Bamberg. In der Hofbibliothek finden Lesungen statt, im Alten Forstamt Kammermusik aus dem Haus Brentano.
Literarisches Kolloquium: Das literarische Kolloquium mit vier Referenten widmet sich dem Thema „Italienische Märchen“ von Clemens Brentano. Hauptreferent und Leiter des Symposions ist Prof. Dr. Wolfgang Bunzel, Leiter der Brentano-Abteilung des Freien Deutschen Hochstifts Frankfurt und Herausgeber der Brentano-Gesamtausgabe. Das literarische Kolloquium hat zum Ziel, das Publikum über Entstehungsgeschichte, inhaltlichen Ansatz und Rezeption der italienischen Märchen zu informieren. Es ist ausdrücklich keine wissenschaftliche Veranstaltung für Spezialisten, vielmehr soll die interessierte Öffentlichkeit angesprochen werden.
Programmverlauf, Stand 22.10.2019
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01.06.-06.06.
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Altes Forstamt
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Ausstellung
Edita Pröbstle: Illustrationen von Brentano-Märchen
Adalbert Hock: Brentano-Haus
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Mo
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01.06.
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15:00
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Altes Forstamt
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Ausstellungseröffnung
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16:00
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Brentano-Rundgang
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18:00
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Theater
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Hugo Wolf (1860 – 1903): Italienisches Liederbuch
Regula Mühlemann, Sopran
Andre Schuen, Bariton
Daniel Heide, Klavier
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20:30
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Theater
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Empfang zur Eröffnung
Kunstminister aus Bayern und Hessen in gemeinsamer Schirmherrschaft
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Di
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02.06.
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09:00
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Auftakt: Lesung „Italienische Märchen“
Erzählung: Margot Dernesch
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10:00-13:00
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Altes Forstamt
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Meisterkurs I
Julian Prégardien, Gesang
Gerold Huber, Klavier
Drei Duos Gesang und Klavier
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15:00-17:00
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Altes Forstamt
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Meisterkurs II
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17:00-18:00
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Altes Forstamt
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Meisterkurs II – öffentlich gegen Einlasskarten
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20:00-
21:30
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Theater in der Krone, Mainaschaff
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Clemens Brentano: „Gockel, Hinkel und Gackeleia“
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Mi
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03.06.
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09:00
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Auftakt: Lesung „Italienische Märchen“
Erzählung: Brigitte Uffelmann
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10:00-13:00
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Altes Forstamt
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Meisterkurs III
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15:00-17:00
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Altes Forstamt
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Meisterkurs IV
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17:00-18:00
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Altes Forstamt
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Meisterkurs IV – öffentlich gegen Einlasskarten
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20:00
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Stadttheater
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Clemens Brentano: „Märchen vom Baron von Hüpfenstich“ - Freie szenische Rezitation
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Do
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04.06.
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09:00
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Auftakt: Lesung „Italienische Märchen“
Erzählung: Mariéle Syllwasschy
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10:00-13:00
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Stadttheater
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Meisterkurs V
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18:00
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Stadttheater
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Abschlusskonzert Meisterkurs
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Fr
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05.06.
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09:00-12:00
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Exkursion Trages
Leitung: Dr. Brigitte Schad
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14:00-17:00
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Stadttheater
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Literarisches Kolloquium
Clemens Brentano: Italienische Märchen
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n.n.
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Goethehaus Frankfurt
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Abschlusskonzert Meisterkurs II
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19:00
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Casino Programmkino
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Casino-Programmkino: Film „Das Gelübde“ von Dominik Graf nach dem gleichnamigen Roman von Kai Meyer
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Sa
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06.06.
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10:00-15:00
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Martinushaus
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Tanzworkshop
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16:30-17:15
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Karlsplatz / Christuskirche (Regenvariante)
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Offenes Singen
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18:00
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Stadttheater
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Abschlusskonzert
„Sehnsucht nach Italien“
Julian Prégardien, Tenor
Gerold Huber, Klavier
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Ab 20:00
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Verschiedene Orte
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Brentano-Nacht
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20:00
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Altes Forstamt
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Wilhelm Heinse: „Tagebuch einer Reise nach Italien“
Rezitationsabend mit Musik
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21:30
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Stadttheater
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Poetry Slam
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Webergasse
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Lesung Bentano-Texte
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Stiftsarchiv
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Einblicke in den Brentano-Nachlass
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Webergasse
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Kammermusik im Hause Brentano
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Ziel der Biennale soll es sein, die Kulturstadt Aschaffenburg als Ort lebendiger Erinnerungskultur überregional zu positionieren, Clemens Brentano und sein Umfeld ins Blickfeld zu rücken und seinem Leben und Werk einen Aktualitätsbezug zu geben. Das vielfältige Veranstaltungsprogramm spricht Menschen aller Altersgruppen und Bildungsschichten an. Die Finanzierung des Projektes soll über die Stadt Aschaffenburg, die Dessauer-Stiftung und den Bayerischen Kulturfonds erfolgen.
1.4. Kosten- und Finanzierungsplan
Ausgaben:
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Honorare
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64.600,00 €
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Konzept
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2.600,00 €
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Sachkosten
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7.200,00 €
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Reisekosten/Übernachtung
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5.910,00 €
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KSK
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3.280,00 €
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Öffentlichkeitsarbeit
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29.630,00 €
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Sicherheitsdienst und Aufsicht Ausstellung
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2.000,00 €
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Ausgaben gesamt
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115.220,00 €
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Einnahmen:
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1. Eintritt
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12.500,00 €
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2. Stadt Aschaffenburg
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28.154,00 €
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3. Dessauer-Stiftung
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30.000,00 €
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4. Bezirk Unterfranken
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10.000,00 €
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4. Kulturfonds Bayern
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34.566,00 €
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Einnahmen gesamt
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115.220,00 €
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