Verkaufsoffener Sonntag anlässlich der Frühjahrs-Mobilia mit E-Mobilia durch FUNKHAUS Aschaffenburg am Sonntag, 29.03.2020; Antrag des Handelsverbands Bayern e. V. vom 20.01.2020


Daten angezeigt aus Sitzung:  2. Sitzung des Stadtrates (Plenum), 17.02.2020

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.SP-Nr.
Stadtrat (Plenum) 2. Sitzung des Stadtrates (Plenum) 17.02.2020 ö Beschließend 6PL/2/6/20

.Begründung / Sachverhalt zum Zeitpunkt der Sitzungseinladung.

  1. Anlässlich der Frühjahrs-Mobilia mit E-Mobilia durch FUNKHAUS Aschaffenburg und Stadt Aschaffenburg findet am Sonntag, 29.3.2020, in Aschaffenburg in einem räumlich begrenzten Einzugsbereich dieser Veranstaltung – siehe Antrag des Handelsverbands Bayern e. V. (Anlage 1) ein verkaufsoffener Sonntag statt. Die beiliegende Verordnung (Anlage 2) wird erlassen.

  1. Bisherige Handhabung verkaufsoffene Sonntage in Aschaffenburg

In Aschaffenburg bestanden zwei Dauerverordnungen, die verkaufsoffene Sonntage für das gesamte Stadtgebiet ermöglichten:
  • Die Verordnung vom 20.07.2004 für den dritten Sonntag im Oktober anlässlich des Automarktes auf dem Schlossplatz und
  • Die Verordnung vom 06.03.2007 für den letzten Sonntag im April anlässlich des Hamburger Fischmarktes.

Im Hinblick auf das Urteil des BVerwG vom 11.11.2015 – Az. 8 CN 2.14 – hat die Regierung von Unterfranken im Rahmen einer Beschwerde der sogenannten „Sonntagsallianz Aschaffenburg“ mit Schreiben vom 20.2.2018 empfohlen, die bestehenden Dauerverordnungen aufzuheben. Dieser Empfehlung ist der Stadtrat nachgekommen. Mit Beschluss vom 5.3.2008 wurden die Verordnungen aufgehoben.

In der Folgezeit hat der Einzelhandelsverband in jedem Jahr die Festsetzung von zwei verkaufsoffenen Sonntagen jeweils anlässlich der sogenannten Mobilia beantragt. Der Stadtrat hat dem entsprochen und zwar
  • Für den verkaufsoffenen Sonntag am 21.10.2018 anlässlich der sogenannten Herbstmobilia
  • Für den verkaufsoffenen Sonntag am 31.3.2019 anlässlich der sogenannten Frühjahrsmobilia
  • Für den verkaufsoffenen Sonntag am 20.10.2019 anlässlich der sogenannten Herbstmobilia
Anders als bei den Dauerverordnungen wurde der verkaufsoffene Sonntag nicht mehr für das gesamte Stadtgebiet, sondern für einen näher definierten Innenstadtbereich festgesetzt. Herbst- und Frühjahrsmobilia unterscheiden sich dadurch, dass bei der Frühjahrsmobilia der Ausstellungsbereich noch um E-Fahrzeuge („E-Mobilia“) erweitert wird.

Mit Schreiben vom 20.1.2020 beantragte der Handelsverband die Festsetzung eines verkaufsoffenen Sonntags am 29.3.2020 anlässlich der Frühjahrsmobilia. Auf die Begründung des Antrags (Anlage 1) wird verwiesen.

Der Gewerkschaft, den Kirchen, der Industrie- und Handelskammer sowie der Handwerkskammer wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

  1. Rechtliche Rahmenbedingungen an den Erlass einer solchen Verordnung:

Rechtsgrundlage ist § 14 Ladenschlussgesetz. Darin heißt es:

  1. Abweichend von der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 1 dürfen Verkaufsstellen aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen an jährlich höchstens vier Sonn- und Feiertagen geöffnet sein. Diese Tage werden von den Landesregierungen oder den von ihnen bestimmten Stellen durch Rechtsverordnung freigegeben.
Diese gesetzliche Vorschrift, die in Bayern mangels landesrechtlicher Regelung weiter gilt, wurde durch die Rechtsprechung weiter konkretisiert. In den Urteilen, die bayerische Kommunen betrafen, sind folgende wesentliche Aussagen enthalten:

BVerwG, Urteil vom 11.11.2015 - BVerwG 8 CN 2.14 (Bay. Gemeinde Eching):
Die Sonntagsöffnung von Verkaufsstellen mit uneingeschränktem Warenangebot "aus Anlass" eines Marktes ist nach § 14 Abs. 1 LadSchlG nur zulässig, wenn die prägende Wirkung des Marktes für den öffentlichen Charakter des Tages gegenüber der typisch werktäglichen Geschäftigkeit der Ladenöffnung überwiegt, weil sich letztere lediglich als Annex zum Markt darstellt. Das setzt regelmäßig voraus, dass die Ladenöffnung in engem räumlichen Bezug zum konkreten Marktgeschehen steht und prognostiziert werden kann, dass der Markt für sich genommen einen beträchtlichen Besucherstrom anzieht, der die bei einer alleinigen Öffnung der Verkaufsstellen zu erwartende Zahl der Ladenbesucher übersteigt (Fortentwicklung von BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1989 - 1 B 153.89 - Buchholz 451.25 LadSchlG Nr. 27 S. 7).

VGH München, Urteil v. 24.05.2017 – 22 N 17.527 (Stadt Augsburg)
„Abzustellen ist hierbei ausschlaggebend auf die Angaben in der Beschlussvorlage für die Stadtratssitzung am 15. Dezember 2016, da es von Rechts wegen auf die Vorstellungen und Erwägungen dieses Gremiums ankommt. Dass für die Willensbildung der Stadtratsmitglieder rechtlich berücksichtigungsfähige Umstände maßgeblich waren, die in diese Unterlage keinen Eingang gefunden haben, vermochte die Antragsgegnerin nicht aufzuzeigen.“

BayVGH Beschluss vom 21. März 2018 – 22 NE 18.204 (Stadt Ansbach):
„Zwar erscheint es grundsätzlich denkbar, dass diese Veranstaltung im Altstadtbereich der Antragsgegnerin gegenüber einer Ladenöffnung eine prägende Wirkung entfalten könnte. Dies vorausgesetzt könnte der für eine Sonntagsöffnung freigegebene Bereich eventuell auch anschließende Zu- und Abgangswege zum Bahnhof und zu öffentlichen Parkhäusern und Parkplätzen erfassen, falls auf diesen Wegen die prägende Wirkung noch feststellbar sein sollte.

VGH München Urteil vom 18. Mai 2016 – 22 N 15.1526 (Stadt München):
„Keine der vier im Tatbestand dieses Urteils erwähnten Straßen erfüllt in erheblichem Umfang die Funktion einer bloßen „Transitstrecke“ für Fußgänger dergestalt, dass eine beträchtliche Zahl von Menschen dort nur deswegen unterwegs ist, um ein Ziel zu erreichen, das jenseits des Endpunkts dieser vier Straßen liegt.“

BayVGH Beschluss vom 21. März 2018 – 22 NE 18.204 (Stadt Ansbach):
„Auch ist von der Antragsgegnerin nicht begründet worden und auch im Übrigen nicht ersichtlich, inwieweit das Street Food Festival prägende Wirkung in Bezug auf Verkaufsstellen besitzen könnte, die sich in größerer Entfernung zum Altstadtkern befinden. Dies betrifft z.B. größere Einkaufsmärkte im Bereich des Industriegebiets von Eyb und einen großen Elektromarkt im Bereich der Rothenburger Straße. Dass diese Märkte in der Nähe größerer Ausfallstraßen (Staatsstraße 2223, Bundesstraßen B 13 und B 14) liegen, welche möglicherweise auch von Veranstaltungsbesuchern genutzt werden, führt zu keiner Prägung der Bereiche entlang dieser Straßen durch die anlassgebende Veranstaltung. Diese dem weiträumigen Verkehr (vgl. § 1 Abs. 1 FStrG) bzw. dem Durchgangsverkehr (vgl. Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 BayStrWG) dienenden Straßen werden nicht maßgeblich durch eine Zufahrtsfunktion zur Veranstaltung charakterisiert.“

VGH München, Urteil v. 24.05.2017 – 22 N 17.527 (Stadt Augsburg)
„Darüber hinaus bleibt die durch die Ladenöffnung bewirkte werktägliche Prägung nur dann im Hintergrund, wenn nach der anzustellenden Prognose der Besucherstrom, den der Markt (bzw. die „ähnliche Veranstaltung“ im Sinn von § 14 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG) auslöst, die Zahl der Besucher übersteigt, die allein wegen einer Öffnung der Verkaufsstellen kämen (BVerwG, U.v. 11.11.2015 a.a.O. Rn. 25).“
„Diese Prognose unterliegt nur eingeschränkter verwaltungsgerichtlicher Kontrolle; insbesondere dürfen die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit keine eigene Prognose vornehmen. Sie haben jedoch zu prüfen, ob die bei Erlass der Rechtsverordnung vorgenommene Prognose schlüssig und vertretbar ist (…). Letzteres ist nur der Fall, wenn die Prognose fundiert vorgenommen wurde und die ihr zugrundeliegenden Erwartungen über die künftige Entwicklung realistisch sind (…). Um diesen Erfordernissen zu genügen, muss die Prognose auf das äußere Erscheinungsbild und das objektive Gewicht der betreffenden Veranstaltung gestützt werden (…); nicht anders als bei sonstigen verwaltungsgerichtlich nicht uneingeschränkt überprüfbaren Behördenentscheidungen müssen die ihr zugrunde gelegten Tatsachen zutreffend und vollständig ermittelt worden sein (…).“

BayVGH ,Urteil vom 18. Mai 2016 – 22 N 15.1526 (Stadt München):
„Ausschlaggebend dafür, ob ein Sonntag, an dem eine Ladenöffnung zugelassen wurde, maßgeblich durch die anlassgebende Veranstaltung geprägt wird, ist zudem nicht deren Gesamtbesucheraufkommen, sondern die Menge der Veranstaltungsteilnehmer, die sich während des gestatteten Offenhaltens von Verkaufsstellen an Ort und Stelle befinden. Denn eine sonntägliche Ladenöffnung entfaltet auch dann eine maßgeblich prägende Wirkung für den öffentlichen Charakter des betroffenen Tages, wenn zwar der Zustrom zur anlassgebenden Veranstaltung insgesamt größer ist als die Zahl der Kaufwilligen, dieser Zustrom schwerpunktmäßig jedoch zu anderen Zeiten als während der Stunden der Ladenöffnung (z.B. am Vormittag oder in den Abendstunden) erfolgt.

Die Rechtsprechung enthält also zwei Grundvorgaben:
  • Das Verordnungsgebiet muss einen räumlichen Bezug zum konkreten Marktgeschehen haben.
  • Der Besucherstrom, den der Markt auslöst, muss auf der Basis einer nachvollziehbaren Prognose die Zahl der Besucher übersteigen, die allein wegen einer Öffnung der Verkaufsstellen kommen.

  1. Räumlicher Bezug des Verordnungsgebietes zum konkreten Marktgeschehen:

Der räumliche Bezug des Verordnungsgebietes zum konkreten Marktgeschehen MOBILIA ist in Aschaffenburg gegeben.

Die Frühjahrsmobilia erstreckt sich vom Schloss über den Schlossplatz und die Innenstadt bis in die City-Galerie. Anders als bei der Herbstmobilia wird noch zusätzlich der Marstallplatz erfasst.

Das Verordnungsgebiet für den verkaufsoffenen Sonntag wird stark eingeschränkt auf den unmittelbaren Umgriff incl. der Zu- und Abgangswege zu den Innenstadtparkhäusern, dem ROB und dem Hauptbahnhof. Die Ergebnisse der Befragungen haben gezeigt, dass auch tatsächlich die Laufbeziehungen zwischen den Park- und Verkehrseinrichtungen einerseits und den Marktbereichen andererseits bestehen. Das restliche Stadtgebiet ist nicht mehr erfasst.

Das Verordnungsgebiet entspricht der „Shoppingnacht.“

  1. Übersteigender Besucherstrom

Soweit die Rechtsprechung verlangt, dass auf der Basis einer nachvollziehbaren Prognose nachgewiesen werden muss, dass der Besucherstrom, den der Markt auslöst, die Zahl der Besucher übersteigt, die allein wegen einer Öffnung der Verkaufsstellen kommen.

Die Verwaltung hat hierzu in der Vergangenheit eine Auswertung der Belegungszahlen der Parkhäuser vorgenommen. Daraus war zu ersehen, dass die Belegungszahlen an einem früheren „Mobiliasonntag“ ohne verkaufsoffenen Sonntag in Relation zu den „Mobiliasonntagen“ mit verkaufsoffenen Sonntagen die Annahme stützen, dass die Mobiliabesucher gegenüber denen, die ausschließlich wegen des verkaufsoffenen Sonntages in die Parkhäuser fahren überwiegen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die entsprechenden Beschlussvorlagen und die bisherige Berichterstattung im Stadtrat verwiesen.

Diese Annahme wurde bei den verkaufsoffenen Sonntagen im Oktober 2018 und März 2019 durch eine Passantenbefragung gestützt.

Im Zeitraum von 13.00 bis 17.00 Uhr wurden am 21.10.2018 und am 31.3.2019 jeweils insgesamt 2.000 Besucher befragt. Doppelbefragung waren weitestgehend auszuschließen, da die Interviewer darauf hingewiesen wurden und die Besucher selbst mitteilten, wenn sie schon teilgenommen hatten.
An den folgenden acht Befragungsstandorten waren Interviewer tätig:
  • Sandkirche – Gabelung Roßmarkt und Sandgasse
  • Herstallstraße unten zwischen Wurstbendel und Pano
  • Herstallstraße Höhe P&C
  • Herstallstraße oben am dm
  • Vor der City-Galerie
  • Frohsinnstraße (Cena) Einfahrt von der Weißenburger Straße
  • Steingasse an der VHS
  • Schlossplatz an der Autoausstellung
An jedem Standort wurden jeweils 250 Besucher befragt.

Den Besuchern wurde folgende Frage gestellt: Was ist der Grund für Ihren heutigen Besuch?
Es gab vier vorgegebene Antwortmöglichkeiten:
A) Ich schaue mir nur die Autoausstellung (Mobilia) an.
B) Ich schaue die Autoausstellung an und gehe in die Geschäfte.
C) Ich gehe nur in die offenen Geschäfte.
D) Nichts davon ist zutreffend.
Nur 515 (Vorjahr 495) der befragten 2000 Besucher kamen aus Aschaffenburg.


Zusammenfassend ist festzustellen, dass 2019 64,1% (auch) wegen der Mobilia und 35,8 % nur wegen der offenen Geschäfte in der Stadt waren. Im Oktober 2018 lagen diese Werte bei 56,5 zu 43,6%.

Im Hinblick auf die konstanten Ergebnisse wurde im Oktober 2019 von einer erneuten Befragung abgesehen. Der BayVGH hat im Urteil vom 9.8.2018 – 22 N 18.243 – zum Ausdruck gebracht, dass durch eine Verordnung nach § 14 Ladenschlussgesetz mehrere verkaufsoffene Sonntage in aufeinanderfolgenden Jahren zugelassen werden können, wenn die jeweiligen anlassgebenden Veranstaltungen nach der Konzeption und ihren Auswirkungen bereits absehbar sind. Dies bedeutet, dass in diesen Fällen Prognosen für mehrere Jahre erstellt werden können, ohne dass jedes Jahr die Daten erneut erhoben werden müssen. Diese Situation ist der hier vorliegenden vergleichbar. Auch im beantragten Fall ist es so, dass die Konzeption der Mobilia 2020 der der Vorjahre entspricht. Es ist also auch in diesem Fall davon auszugehen, dass wie in den Vorjahren der „überwiegende Besucherstrom“ gegeben ist.

Die Voraussetzungen für die Festsetzung eines verkaufsoffenen Sonntags sind also gegeben.



5. Erlass einer Verordnung:

Die beiliegende Verordnung (Anlage 2) mit dem beiliegenden Plan wird erlassen.

.Beschluss:

I. Anlässlich der Frühjahrs-Mobilia mit E-Mobilia durch FUNKHAUS Aschaffenburg und Stadt Aschaffenburg findet am Sonntag, 29.03.2020, in Aschaffenburg, in einem räumlich begrenzten Einzugsbereich dieser Veranstaltung – siehe Antrag des Handelsverbands Bayern e. V. -  ein verkaufsoffener Sonntag statt. Die beiliegende Verordnung (Anlage 5) wird erlassen.

II. Angaben zu den Kosten:

Durch den Vollzug dieses Beschlusses entstehen Kosten:
ja [   ]
nein [  x ]

Abstimmungsergebnis:
Dafür: 26, Dagegen: 11

Datenstand vom 14.07.2020 13:46 Uhr