I.
Mit dem Bauantrag, eingegangen bei der Stadt Aschaffenburg am 17.06.2020 beantragt der Bauherr xxx die Genehmigung zum Neubau eines Gartenbaubetriebes auf dem Baugrundstück, Fl.-Nr. xxx, Gem. Leider, Obernburger Straße xxx, 63741 Aschaffenburg.
Geplant ist der Abbruch der bestehenden Gewächshäuser mit einer Grundfläche von ca. 7.500 m² und Gebäude, sowie Wegfall der bisherigen 20.000 m² Freilandanzuchtfläche. Lediglich das bestehende Wohnhaus aus dem Jahr 1955 (mit 225 m² Grundfläche, Erdgeschoß und Dachgeschoss, Satteldach) bleibt als Betriebswohnung erhalten. Danach ist die Errichtung eines Gewächshauses (Glas-Metall-Konstruktion) mit einer Grundfläche von ca. 21.011 m² bei einer Firsthöhe von ca. 6,78 m vorgesehen. Die größte Länge auf der Südwestseite beträgt 276,30 m bei einer Breite von 85,30 m.
Weiterhin ist die Errichtung eines kleinen Bürocontainers geplant (eingeschossig, Flachdach, 3,40 m hoch mit einer Fläche von 72,54 m²), ein Heizhaus mit Hackschnitzelbunker (eingeschossig mit 247,70 m² Fläche, Flachdach, 5,75 m hoch, auf diesem Dach eine PV-Anlage) mit zwei Stahlkaminen (Höhe je 12 m) sowie ein Pufferspeicher für Heizwasser (rund, Durchmesser 7 m, Fläche: 38,93 m², Höhe 16,50 m).
Im südwestlichen Grundstücksbereich wird ein Regenwasserbecken von ca. 65 m Länge und 36 m Breite (2.340 m², ca. 6.700 m³), sowie eine Versickerungsmulde (ca. 790 m²) errichtet.
Das Grundstück wird mit einem 1,80 m hohen Wildschutzzaun eingezäunt.
Die bestehende Zufahrt an der Obernburger Straße bleibt unverändert erhalten.
Die notwendigen 6 PKW-Stellplätze und 5 Fahrradabstellplätze werden im Bereich der Hoffläche (1.516 m² Fläche plus LKW-Rampe mit 195 m²) untergebracht.
Natur- und artenschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen werden auf dem Baugrundstück ausgeführt.
Die Größe des Baugrundstücks beträgt 37.602 m².
Nach eigenen Angaben betreibt der Gartenbaubetrieb 5 Gartencenter im Großraum um Aschaffenburg. Auf dem Areal ist die Errichtung eines zentralen Anzuchtbetriebes zur Aufzucht von jährlich ca. 2 Millionen Pflanzen zum eigenen Vertrieb in den 5 Gartencentern geplant. An diesem Standort findet kein Verkauf statt. Die bisherigen 35 – 60 Jahre alten Gewächshäuser werden durch eine Anlage neuester Art ersetzt. Die Anlage soll vollautomatisch von 5 – 10 Mitarbeitern betrieben werden und ist energie- und ressourcenschonend geplant. Das Regenwasser auf den 21.000 m² großen Dachflächen wird in einem ca. 7.000 m³ großen Teich gespeichert und reicht aus, um den Betrieb nahezu vollständig mit Wasser zu versorgen. Überschüssiges Regenwasser wird auf dem Grundstück in einer Versickerungsmulde versickert. Der Wasserkreislauf im Betrieb ist geschlossen. Eine intelligente, automatisierte Klimasteuerung, Wärmedämmung der Außenwände und Glasflächen und 7 Klimaabteile sorgen für eine Minimierung des Energieverbrauchs. Die Heizung besteht aus einer Holzhackschnitzelheizung, welche mit lokal erzeugten Hackschnitzeln betrieben wird. Auf dem Heizgebäude wird eine ca. 200 m² große Photovoltaikanlage errichtet, um den Betrieb mit Eigenstrom zu versorgen. Um den Betrieb wird eine geschotterte Feuerwehrumfahrt errichtet. Nachdem ein Kundenverkehr nicht stattfindet wurde das Verkehrsaufkommen als gering eingeschätzt. Der LKW-Verkehr wurde ebenfalls als geringfügig eingestuft.
Bei der Planung wurde das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und das Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg beteiligt.
Die nicht überbauten Grundstücksflächen werden begrünt. Insbesondere wird entlang der Obernburger Straße ein Grünstreifen errichtet. Zudem ist hier ein schmaler Streifen für einen evtl. Ausbau des Radweges bereits berücksichtigt.
II.
Das Grundstück liegt außerhalb der Ortslage im planerischen Außenbereich und ist daher nach § 35 BauGB, als sog. Außenbereichsvorhaben zu beurteilen.
Das Grundstück ist im Flächennutzungsplan als landwirtschaftliche Fläche ausgewiesen.
Das Vorhaben befindet sich an der Kreisstraße AB16 im Bereich einer Bauverbotszone und Baubeschränkungszone. Abgrabungen und Aufschüttungen größeren Umfangs sowie das Errichten von Hochbauten dürfen gemäß Art. 23 BayStrWG nur außerhalb der 15 m – Bauverbotszone der Kreisstraße AB16 durchgeführt werden. Die Errichtung oder Änderung baulicher Anlagen im Bereich der 30 m – Baubeschränkungszone gemäß Art. 24 BayStrWG darf nur im Einvernehmen mit dem Landkreis Aschaffenburg erfolgen.
Das Bauvorhaben fällt in den Bereich der Hindernisbegrenzungsflächen des Verkehrslandeplatzes Aschaffenburg in Großostheim – Ringheim (LuftVG).
Das Vorhaben befindet sich in der Wasserschutzzone IIIA.
Im Landschaftsplan ist das Grundstück als landwirtschaftliche Fläche (Acker, Intensivgrünland, landwirtschaftlicher Betrieb, Gärtnerei) gekennzeichnet.
Im Bereich der Kreisstraße AB16 ist bei Bauvorhaben das Tiefbauamt als Straßenbaulastträger der Kreisstraße zu beteiligen.
Die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens ist nach den Vorgaben des § 35 BauGB zu beurteilen.
Privilegierung im Außenbereich gemäß § 35 Abs. 1 BauGB
Es handelt sich bei dem geplanten Vorhaben um einen Betrieb, der der gartenbaulichen Erzeugung dient und somit ein privilegiertes Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB.
Das Bauvorhaben ist dann planungsrechtlich zulässig, sofern die ausreichende Erschließung gesichert ist und öffentliche Belange nicht entgegenstehen.
Das bestehende Wohnhaus ist nur als Betriebswohnung genehmigt und ist nur als solches zulässig.
Ausreichend gesicherte Erschließung gemäß § 35 Abs. 1 S.1 BauGB
Das Grundstück liegt an der Kreisstraße AB16 (Obernburger Straße). Die Erschließung ist somit in ausreichendem Maße gesichert.
Hinsichtlich der Ver- und Entsorgung wurden die örtlichen Versorgungsbetriebe beteiligt. Die ordnungsgemäße Ver- und Entsorgung ist sichergestellt.
Öffentliche Belange
Die Darstellung des Flächennutzungsplanes und des Landschaftsplanes (Landwirtschaftliche Fläche) stimmen mit dem geplanten Bauvorhaben überein. Sonstige öffentlich-rechtliche Belange werden nicht beeinträchtigt.
Bauverbotszone
Die Bauverbotszone der AB16 beträgt 15 m ab der Straßenbegrenzungslinie und die Baubeschränkungszone 30 m.
Das Vorhaben bleibt außerhalb der Bauverbotszone, liegt aber innerhalb der Baubeschränkungszone.
Das Tiefbauamt, das Straßenverkehrsamt, sowie der Landkreis Aschaffenburg wurden hierzu beteiligt.
Der Landkreis Aschaffenburg hat mitgeteilt, dass das Bauvorhaben den Bestimmungen des Art. 23 Abs. 1 bzw. 2 BayStrWG unterliegt und der Zulassung einer Ausnahme vom Bauverbot in der Baubeschränkungszone bedarf. Dieser Ausnahme wurde zugestimmt, wenn eine einvernehmliche Absprache mit den Baulastträgern der Kreisstraße AB 16 / AB 16 S (Stadt / Landkreis) erfolgt. Das Tiefbauamt und das Straßenverkehrsamt haben gegen das Bauvorhaben ebenfalls keine Einwendungen erhoben.
Naturschutz
Da es sich um ein Vorhaben im Außenbereich handelt, welches naturschutzrechtliche Belange berührt, wurde die untere Naturschutzbehörde und die untere Bodenschutzbehörde beteiligt.
Im Bestand werden die Flächen bereits überwiegend als Gärtnerei genutzt. Dabei handelte es sich um Gewächs- und Wohnhäuser, versiegelte Verkehrs- und Hofflächen, eine Ackerfläche sowie teilbefestigte Pflanzflächen. Es liegt somit bereits eine Vorbelastung des Naturhaushaltes vor.
Die Planung sieht zukünftig Gewächshäuser in deutlich größerem Umfang vor. Damit werden die vorhandenen Lebensräume weiter verkleinert. Darüber hinaus wird das Landschaftsbild durch den enormen Umfang der Bebauung im Außenbereich beeinträchtigt. Durch die vorgesehenen Eingrünungsmaßnahmen wird diese Beeinträchtigung etwas verringert und es findet eine Einbindung in die umgebende Landschaft statt.
Die qualitativ ermittelte Beeinträchtigung des Schutzgutes Arten und Lebensräume wird durch die Herstellung von extensivem Grünland und die Anpflanzung von Gehölzen auf Randflächen des Grundstückes ausgeglichen. Durch die Eingriffs-/Ausgleichsbilanzierung ergibt sich ein Punkteüberschuss von 8.099 Wertpunkten.
Die artenschutzrechtliche Beurteilung des Büros Björnsen Beratende Ingenieure vom August 2020 hat ergeben, dass das Untersuchungsgebiet ein potenzielles Teilhabitat von Zauneidechsen darstellt. Weiterhin wurden an einem der Gebäude drei Vogelnester festgestellt. Die übrigen Gebäude waren ohne Befund. Geeignete Strukturen für Fledermäuse sind laut der artenschutzrechtlichen Beurteilung an den Gebäuden nicht vorhanden und es wurden keine Kotspuren vorgefunden.
Mögliche Beeinträchtigungen von Tierarten werden durch Vermeidungsmaßnahmen sowie durch CEF-Maßnahmen (Aufhängen von Nistkästen, Schaffung von Ersatzhabitaten für Reptilien) ausgeschlossen.
Die Bebauung stellt einen Eingriff in Natur und Landschaft gemäß § 14 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) dar, da durch die Veränderung der Gestalt der Grundfläche sowohl die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts als auch das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt werden.
Die unvermeidbaren Beeinträchtigungen sind durch den Verursacher gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen bzw. zu ersetzen.
Um einen Verstoß gegen die artenschutzrechtlichen Bestimmungen des § 44 BNatSchG zu verhindern, sind zudem artenschutzrechtliche Vermeidungs- bzw. CEF-Maßnahmen durchzuführen.
Daher sind die in den naturschutzfachlichen Unterlagen sowie im Maßnahmenplan aufgeführten Ausgleichs- und Ersatz- bzw. Vermeidungsmaßnahmen durchzuführen.
Folgende natur- und artenschutzrechtliche Auflagen sind zu beachten:
1. Die „Naturschutzfachlichen Unterlagen“ sowie der Maßnahmenplan B-2-A werden Bestandteil der Baugenehmigung. Die darin aufgeführten Kompensations-, Vermeidungs- und CEF-Maßnahmen sind umzusetzen. Die Kompensationsmaßnahmen sind spätestens binnen eines Jahres nach Beginn der Bauarbeiten, die CEF-Maßnahmen sowie die Vermeidungsmaßnahmen V1 und V2 sind zwingend vor Baubeginn durchzuführen.
2. Die ordnungsgemäße Umsetzung der Maßnahmen ist durch eine ökologische Baubegleitung sicherzustellen. Diese ist vor Beginn der Bauarbeiten der unteren Naturschutzbehörde zu benennen.
Zur Durchsetzung der genannten naturschutzrechtlichen Auflagen wird eine Sicherheitsleistung i.H.v. xxx € erhoben.
Wasserschutzzone
Da sich das Vorhaben in der Wasserschutzzone IIIA befindet, wurde die untere Wasserbehörde beteiligt. Für das geplante Vorhaben wurde eine wasserrechtliche Ausnahmegenehmigung mit Bescheid vom 03.12.2019 erteilt.
Hindernisbegrenzungsflächen nach dem Luftverkehrsgesetz
Aufgrund der zu beachtenden Hindernisbegrenzungsflächen des Verkehrslandeplatzes Aschaffenburg in Großostheim – Ringheim (LuftVG) wurde die Regierung von Mittelfranken als zuständige Luftverkehrsbehörde beteiligt. Hiernach liegt das Bauvorhaben etwa 2 km vom Bezugspunkt des Verkehrslandeplatzes Aschaffenburg-Großostheim entfernt. Gegen die Anlage mit dem höchsten Gebäudeteil eines Pufferspeichers mit 16,5 m über Grund wurden keine Einwände erhoben.
Stellplatznachweis
Gemäß der städtischen Garagen-, Stellplatz- und Abstellplatzsatzung sind für Wohneinheiten mit Wohnflächen bis 100 m² je 1 Stellplatz, für Wohnungen mit Wohnflächen bis 150 m² je 2 Stellplätze erforderlich. Für die Betriebswohnung sind hier 2 PKW-Stellplätze nachzuweisen.
Für Büroräume ist je 40 m² 1 PKW-Stellplatz nachzuweisen. Das vorliegende Bauvorhaben verfügt über Büroräume im Umfang von 22,68 m². Somit ergibt sich ein weiterer Bedarf im Umfang von 1 Stellplatz.
Für den gartenbaulichen Betrieb ist je 3 Beschäftige 1 Stellplatz nachzuweisen. Bei 5 – 10 Mitarbeitern ergibt sich ein zusätzlicher Bedarf von 3 Stellplätzen
Der Gesamtstellplatzbedarf liegt daher bei 6 PKW-Stellplätzen.
Zudem sind insgesamt 5 Fahrradabstellplätze nachzuweisen.
Auf dem Grundstück werden 6 PKW-Stellplätze und 5 Fahrradabstellplätze nachgewiesen.
Geplanter Radweg
Für einen möglichen Radwegeausbau entlang der Straße AB16 ist an der östlichen Grundstücksgrenze des Grundstückes Fl.-Nr. xxx, Gem. Leider eine entsprechende Teilfläche von jeglicher Bebauung freizuhalten. Der Zaun ist von der Grundstücksgrenze entsprechend abzurücken. Der betroffene Grundstückstreifen ist bis zu einer späteren Verwendung für einen Radwegeausbau zu begrünen.
Rückbauverpflichtung
Der Bauherr nutzt das Grundstück im Rahmen eines bestehenden und bis in das Jahr 2052 laufenden Erbbaurechtsvertrages. Eine Vertragsverlängerung ist grundsätzlich möglich. Die Baugenehmigung ergeht unabhängig dieses Erbbaurechtsverhältnisses.
Das Vorhaben ist nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung, zurückzubauen und die Bodenversiegelungen restlos zu beseitigen (§ 35 Abs. 5 BauGB). Hierüber ist vor Baubeginn eine Verpflichtungserklärung zu unterzeichnen.
Dem Umwelt- und Verwaltungssenat wird die Zustimmung zur Erteilung der beantragten Baugenehmigung vorgeschlagen.