Ausgangslage:
Durch die Corona-Pandemie sind weite Bereiche der örtlichen Wirtschaft betroffen. Besonders betroffen ist der Bereich des Gaststätten- und Hotel-, sowie Tourismusgewerbes, sowie die Schausteller.
Im Jahr 2020 ergab sich eine vergleichbare Situation. Die Bayerische Staatsregierung hat damals stufenweise Lockerungen beschlossen. Für den Bereich der Gastronomie wurde zunächst ab 18.05.2020 eine Öffnung der Außenbereiche und ab 25.05.2020 der Speisegaststätten im Innenbereich zugelassen.
Derzeit ist eine entsprechende Öffnungsperspektive noch nicht abzusehen, allerdings erfordert eine Betriebsöffnung eine entsprechende Vorbereitungszeit. Es müssen sowohl rechtliche, als auch organisatorische und personalwirtschaftliche Entscheidungen und Vorbereitungen seitens der Stadt Aschaffenburg aber auch der Betriebe getroffen werden. Insofern ist bereits jetzt eine Entscheidung über die Art und Weise der Umsetzung einer möglichen Öffnung dieser Wirtschaftsbereiche zu treffen.
Im Jahr 2020 wurde in 3 Ausschusssitzungen des Stadtrates das Thema „Förderung der örtlichen Gastronomie während der Corona-Pandemie“ behandelt:
- Sitzung des Umwelt- und Verwaltungssenates vom 20.05.2020
- Sitzung des Wirtschaftsförderungsausschusses vom 29.07.2020
- Sitzung des Haupt- und Finanzsenates vom 10.11.2020
In der Sitzung des Umwelt- und Verwaltungssenates wurden mehrere Maßnahmen vorgeschlagen und beschlossen, deren praktische Umsetzung in der Sitzung des Wirtschaftsförderungsausschusses noch einmal vorgestellt wurden. In der Sitzung des Haupt- und Finanzsenates wurde ein Erlass der Sondernutzungsgebühren, sowie verkehrsrechtliche Gebühren i.R.d. Corona-Pandemie beschlossen.
Von der SPD-Stadtratsfraktion liegt noch ein Antrag vom 07.07.2020 auf Verlängerung der im Jahr 2020 beschlossenen Maßnahmen (Freiflächenerweiterung für die Außengastronomie) vor. Mit Schreiben vom 14.07.2020 wurde mitgeteilt, dass zunächst die Erfahrungen des Jahres 2020 abzuwarten sind, bis über eine Verlängerung im Jahr 2021 entschieden werden kann.
Zwischenzeitlich liegen entsprechende Erfahrungen aus dem Vorjahr vor. Das Hilfeleistungsangebot wurde von allen Beteiligten positiv aufgenommen. Außer vereinzelten Beschwerden sind keine nennenswerten Probleme aufgetreten. Insgesamt haben sich die bereits im Jahr 2020 vorgeschlagenen und durchgeführten Maßnahmen bewährt. Aus den Erfahrungen des vergangenen Jahres sind allerdings Anpassungen, insbesondere in Bezug auf eine gastronomische Bewirtschaftung des Mainufers erforderlich.
Vorgesehene Maßnahmen:
Im Einzelnen werden folgende Maßnahmen vorgeschlagen:
1. Vorübergehende Erweiterung, bereits genehmigter Außengastronomieflächen:
Flächenüberschreitungen genehmigter Außengastronomiebereiche (Sondernutzungen) werden allgemein zugelassen, soweit folgende Vorgaben eingehalten werden:
- Keine Beeinträchtigung von Verkehrsflächen, vor allem Rettungswege
- Keine Überschreitung der max. zugelassenen Sitzplätze (Immissionsschutz)
- Bei Inanspruchnahme von Nachbarflächen, Einigung mit den betroffenen Nachbarn
Es handelt sich hier – wie im Jahr 2020 umgesetzt - um die Ausdehnung der bereits bisher genehmigten und genutzten Außengastronomie in die Fläche, um die Abstandsregelungen einhalten zu können. Eine Betriebsausweitung ist hiermit nicht verbunden.
Die Regelung umfasst auch die temporäre Erweiterung von bestehenden Biergärten, unabhängig davon, ob diese dem Baurecht oder dem Sondernutzungsrecht unterliegen. Die Erweiterung - wie vorgeschlagen - wird unbürokratisch geduldet. Bei berechtigten Beschwerden, z.B. von Nachbarn, ist der Betrieb wieder auf den genehmigten Umfang (Fläche) zurückzufahren.
2. Vorübergehende Nutzung von privaten, dem Gastronomiebetrieb zugeordneter PKW-Stellplätze zu gastronomischen Zwecken:
Nachdem die Gästezahlen der Gastronomiebetriebe zur Einhaltung der Abstandsregelungen
b.a.w. deutlich eingeschränkt sind, ist es vertretbar, den Stellplatznachweis vorübergehend
auf 50 % des regulären Stellplatzerfordernisses zu reduzieren. Diese Stellplätze stehen dann
– soweit in der Praxis geeignet - für eine Erweiterung der Außengastronomiefläche zur
Verfügung. Auf Privatgrund wird diese Nutzung – soweit die öffentliche Sicherheit und
Ordnung (z.B. Brandschutz) nicht beeinträchtigt wird - geduldet. Es gelten hierbei die
Vorgaben, gem. Ziffer 1 (Verkehrsflächen, Rettungswege, Sitzplatzzahl - Immissionsschutz).
3. Vorübergehende Inanspruchnahme öffentlicher Stellplätze vor genehmigten Gastronomiebetrieben:
Es wird im Einzelfall zugelassen, je Gastronomiebetrieb bis zu 2 öffentliche Stellplätze
(soweit aus Gründen der Sicherheit und Ordnung vertretbar) für eine gastronomische
Außenbereichsnutzung in Anspruch zu nehmen. Hierzu müssen allerdings im Einzelfall
Genehmigungen (insb. eine verkehrsbehördliche Anordnung) eingeholt werden. Bei
bereits genehmigten Außengastronomieflächen gelten die Vorgaben, gem. Ziffer 1
(Verkehrsflächen, Rettungswege, Sitzplatzzahl - Immissionsschutz). Bei Neubewilligungen
ist zumindest eine summarische Prüfung der Auswirkungen vorzunehmen und die temporäre
Genehmigung unter Widerrufsvorbehalt zu stellen.
4. Vorübergehende Inanspruchnahme öffentlicher Plätze vor oder in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang genehmigter Gastronomiebetriebe:
Es wird im Einzelfall zugelassen, öffentliche Plätze vor oder in einem unmittelbaren
räumlichen Zusammenhang genehmigter Gastronomiebetriebe in Anspruch zu
nehmen.
Hierfür kommen insbesondere in Betracht:
- Offenes Schöntal
- Schöntal (vor der Brunnenanlage am Eingang zur City-Galerie)
- Freihofsplatz
- Theaterplatz (Randbereich außerhalb der Sonnenuhr)
Hierfür ist entweder eine Sondernutzungserlaubnis oder eine Ausnahmegenehmigung von der städtischen Grünanlagensatzung erforderlich. Auch hier ist eine summarische Prüfung der Auswirkungen vorzunehmen und die temporäre Erlaubnis mit einem Widerrufsvorbehalt zu versehen.
In Abstimmung mit dem Garten- und Friedhofsamt kann eine Nutzung öffentlicher Grünflächen lediglich in der Zeit ab 10.05.2021 bis 03.10.2021 zugelassen werden, um dauerhafte Schäden für das öffentliche Grün, insbesondere für die Stadtbäume zu vermeiden.
Eventuell erforderliche Anschlüsse an das Entwässerungssystem der Stadt sind mit dem
Tiefbauamt abzustimmen.
5. Zusätzliche Bereitstellung weiterer Flächen im Stadtgebiet:
Bereits im Jahr 2020 wurden auf städtischen Grundstücken entlang des Mainufers Flächen für Gastronomiebetriebe mietfrei zur Verfügung gestellt. Dies kann in ähnlicher Form auch im Jahr 2021 erfolgen.
Die Voraussetzungen für eine Vergabe der Flächen sind, dass:
- geeignete städtische Flächen zur Verfügung stehen,
- Verkehrsflächen, vor allem Rettungswege, nicht beeinträchtigt werden,
- die Fläche ausschließlich an Gastronomiebetriebe vergeben wird, die ihren Firmensitz bereits vor Beginn der Corona-Beschränkungen (22.03.2020) in Aschaffenburg besaßen und als Gastronom tätig waren,
- die Fläche ausschließlich an Gastronomen vergeben wird, die nicht unter die Ziffern 1 - 4 fallen und somit keine Möglichkeit haben ihre Flächen am originären Standort zu erweitern,
- zur Müllvermeidung ausschließlich Mehrweggeschirr (bzw. Pfandsystem) eingesetzt wird,
- die Nutzer gewährleisten, dass bei entsprechenden Hochwasserlagen eine Räumung der Fläche binnen 24 Stunden erfolgen kann.
Um größere Menschenansammlungen im Bereich des Perth-Inch zu vermeiden soll eine Bewirtschaftung der Fläche durch verschiedene Gastronomen erfolgen. Zielsetzung ist es, eine unkontrollierte Nutzung der Fläche wie im Vorjahr mit massiven Beschwerden und erheblichem Personaleinsatz der Polizei zu vermeiden. Die Flächen am Mainufer können ortsansässigen Gastronomiebetrieben, die von coronabedingten Schließungen oder erheblichen Einschränkungen der Gastronomie betroffen sind, für gastronomische Zwecke mietfrei zur Verfügung gestellt werden. Es ist eine summarische Prüfung der Auswirkungen (z.B. Immissionsschutz) vorzunehmen und die temporäre Erlaubnis mit einem Widerrufsvorbehalt zu versehen.
6. Zulassung von Schaustellerbetrieben in der Innenstadt:
Es wird im innerstädtischen Bereich die Aufstellung von Einrichtungen örtlicher
Schaustellerbetriebe (insbesondere Imbissstände, Verkaufsstände, Karussells) zugelassen.
Hierfür vorgesehen sind vor allem Standorte, welche bereits im Jahr 2020 hierfür
bereitgestellt wurden, z.B. Standorte
- in der Herstallstraße
- auf dem Verbindungsweg zwischen Herstallturm und der City-Galerie
- auf dem Schlossplatz
- an der Sandkirche
7. Erlass von Sondernutzungsgebühren für Außengastronomieflächen und Geschäftssondernutzungen sowie straßenverkehrs- und gaststättenrechtlicher Gebühren im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie
In der Sitzung des Haupt- und Finanzsenates vom 10.11.2020 wurde, zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie, ein Erlass der Gebühren für Geschäftssondernutzungen und Sondernutzungen im Bereich der Außengastronomie sowie für Maßnahmen im Straßenverkehr und Genehmigungen von Haltverboten für das Jahr 2020 beschlossen.
Insgesamt ging es hier um Gebühren in folgendem Umfang:
- Sondernutzungsgebühren für die Außengastronomie i.H.v. ca. xxx €
- Sondernutzungsgebühren für Geschäftssondernutzungen (Geschäftsauslagen, Kleiderständer, Kundenstopper, etc.) i.H.v. ca. xxx €
- Gebühren für verkehrsrechtliche Anordnungen und Gestattungen nach dem Straßenverkehrsrecht, dem Gaststättenrecht und dem Landesstraf- und Verordnungsgesetz (LStVG) i.H.v. ca. xxx €
Es ist davon auszugehen, dass im Jahr 2021 mit einem ähnlichen Gebührenvolumen zu rechnen wäre.
Nachdem in diesem Jahr ebenfalls nur mit einer sukzessiven Wiederaufnahme des Betriebes und erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen für Gastronomie und Einzelhandel zu rechnen ist, wird empfohlen, die v.g. Gebühren für das Haushaltsjahr 2021 ebenfalls zu erlassen, um die betroffenen Betriebe zu entlasten.
8. Übernahme der Kosten für Corona-Hilfsmaßnahmen bis zu xxx € im Einzelfall im Zusammenhang mit der Einrichtung von Standplätzen im Rahmen dieses Maßnahmenpakets
Im Rahmen der Einrichtung geeigneter Standplätze im Zusammenhang mit der Bereitstellung zusätzlicher Flächen für die örtlichen Gastronomiebetriebe und Schausteller fallen teilweise Kosten, z.B. für den Anschluss an die Strom- oder Wasserversorgung oder an das Kanalnetz an. Die Stadt gibt zu den nachgewiesenen Anschlusskosten (Nettobetrag, nicht Strom- oder Wasserverbrauch oder Mietkosten für Technik) einen Zuschuss in Höhe der nachgewiesenen Anschlusskosten, maximal xxx €. Die Verwaltung erhebt keine Bescheidsgebühren.
Allgemeines zu den Erweiterungen:
Sämtliche vorgesehenen Maßnahmen stehen unter dem Vorbehalt, dass diese Form der wirtschaftlichen Betätigung im Rahmen der jeweils geltenden Infektionsschutzmaßnahmenverordnung zulässig ist und die notwendigen Hygieneschutzmaßnahmen eingehalten werden.
Die bisherige Genehmigungspraxis war auf einen Ausgleich der widerstreitenden Interessen (Öffentliche Hand/Anwohner/Wirtschaft, etc.) ausgelegt. Diese hielten sich bisher in der Waage, bzw. es wurden Nachbesserungen vorgenommen, um diese Interessen wieder in Ausgleich zu bringen. Die v.g. Maßnahmen sind darauf ausgelegt, vorübergehend Erleichterungen für Gastronomiebetriebe zu schaffen, um die gesetzlichen Abstands-regelungen zu wahren und erhebliche wirtschaftliche Nachteile der örtlichen Gastronomiebranche reduzieren zu können.
Die Gastronomiebetriebe werden vermutlich weiterhin b.a.w. deutlichen Beschränkungen aufgrund der geltenden Infektionsschutzmaßnahmen unterliegen. Hierdurch werden auch die Auswirkungen auf Dritte, z.B. hinsichtlich der Immissionen begrenzt. Die geplanten Erleichterungen sind zeitlich befristet auf die Saison 2021 begrenzt und lassen im Einzelfall abweichende Regelungen, insbesondere nachträglich beschränkende Maßnahmen zu, soweit diese zum Schutz Dritter (insb. Nachbarn) oder zur Wahrung öffentlicher Interessen (z.B. Rettungswege, etc.) erforderlich sind.
Jeder Betrieb ist - aufgrund völlig unterschiedlicher örtlicher Gegebenheiten - im Einzelfall zu betrachten. Eine pauschale Aussage für alle Betriebe lässt sich nicht treffen. Das vorgeschlagene Konzept stellt allerdings Instrumente zur Verfügung um kurzfristig Hilfe zur Selbsthilfe durch die Kommune gewähren zu können.
Dem Stadtrat wird vorgeschlagen dem Maßnahmenpaket zuzustimmen und die Verwaltung zu beauftragen, dieses Konzept umzusetzen.